Dr. Bopp zügelt

Seit dem letzten Blogartikel ist es schon ein Weilchen her. Das liegt daran, dass wir gerade zügeln. Wir zügeln nicht etwa ein Pferd oder unsere Zunge, sondern in eine andere Stadt.

Deutschsprachige Schweizer und Schweizerinnen sowie andere, die die Deutschschweiz gewohnt sind, verstehen nun, worum es geht. Wie Sie vielleicht wissen, habe ich Schweizer Wurzeln, und meine Familie wohnt in der Schweiz. Für alle anderen folgt hier die Erklärung:

Neben dem überall gebräuchlichen Verb zügeln gibt es in der Schweiz des Verb zügeln mit der Bedeutung umziehen. Dr. Bopp zieht also um (und dies nicht zum ersten Mal; siehe hier). Dieses zügeln kommt nicht vom allgemeindeutschen zügeln, sondern leitet sich direkt von ziehen/Zug ab. Zügeln im Sinne von umziehen wird nicht nur in den schweizerdeutschen Dialekten verwendet, sondern häufig auch im (eher informellen) schweizerischen Standarddeutsch. So finden sich zum Beispiel auf der deutschschweizerischen Website des schwedischen Möbelriesen diese Sätze:

Mit diesem Ratgeber kannst du deinen Umzug optimal planen. Freu dich auf viele Tipps rund ums Thema Zügeln.

Warum den Arbeitsplatz bei schönem Wetter nicht einfach ins Freie zügeln?

Wenn Schweizerinnen und Schweizer umziehen, dann zügeln sie. Dies tun sie an einem bestimmten Zügeltermin mit einem Zügelwagen oder Zügelauto und häufig auch mit Hilfe von Zügelleuten einer Zügelfirma. Auch bei uns haben – auf gut Schweizerisch gesagt – Zügelleute (die übrigens nicht wussten, dass sie anderswo so genannt werden) das eigentlichen Zügeln übernommen. Am alten Ort einpacken und in der neuen Wohnung einräumen mussten wir aber selbst. Da man in der Regel viel mehr Möbel, Dinge, Zeug und anderes hat, als man vorher je vermuten würde, ist das sehr zeitraubend. Das erklärt, warum ich den Blog und die Beantwortung von Fragen in den letzen Tagen etwas vernachlässigt habe: Ich hatte zügelfrei.

Mittlerweile ist alles eingeräumt und hängt das meiste, wo es hängen soll (außer den Lampen, den leidigen Lampen!). Die ziemliche stressige Züglerei haben wir also fast hinter uns, und ich kann mich zwar noch leicht ermüdet, aber mit frischem Mut wieder mit Sprachfragen beschäftigen. Und wer das Wort noch nicht kannte, hat nun einen schönen Helvetismus* gelernt.

*typisch schweizerischer sprachlicher Ausdruck

Dr. Bopp nimmt Auszeit

Bis zum 18. Juni werde ich Ihre Fragen nicht beantworten können und auch im Blog wird es still bleiben. Ich verweile in südlicheren Gefilden, dies bewusst ganz ohne Arbeitsgeräte. Urlaub.

Falls Sie Kommentare oder Fragen haben, schicken Sie sie einfach trotzdem (siehe hier). Ab dem 19. Juni bin ich wieder einsatzbereit und werde bereits eingegangene und neue Fragen wie immer gerne zu beantworten versuchen.

Tanti saluti

Dr. Bopp

Verinselt

Da ich seit heute beschwerdefrei bin und das Ganze schon länger als fünf Tage dauert, darf ich mich ab morgen wieder vorsichtig außer Haus wagen. Als einer der Letzten in meiner Umgebung war ich, soweit ich weiß, noch vom Virus verschont geblieben, doch vergangenes Wochenende kündigten sich Husten und Kopfschmerzen an und zeigte der Selbsttest zum ersten Mal zwei Streifen. Der zur Kontrolle durchgeführte zweite Test leider auch. Das hieß, dass ich in Isolierung oder Isolation musste – und übrigens auch wollte. Alles halb so schlimm, denn mit mehr als einer mittelschweren Grippe hatte ich es (sehr wahrscheinlich dank Impfungen und Boostern) nicht zu tun. Dies ist dann auch kein Aufruf zu Mitleidsbezeugungen, denn mit Hilfe von Paracetamol, heißem Kräutertee, Hustenbonbons und Schlaf übersteht man so etwas gut.

Während der Isolation fragte ich mich plötzlich, wo denn das n nach dem i geblieben ist. Ich bin nämlich davon ausgegangen, dass das sol in Isolation etwas mit solus = allein zu tun hat, dass man sozusagen solo sein muss. Dazu hätte die Vorsilbe in- gepasst (in solo), aber in  isolieren steht nur ein i, kein in. Die Frage war mir aber nie so wichtig, dass ich diese selbstgestrickte Wortherkunft einmal überprüft hätte.

Was viele schon wissen, wurde mir erst beim Griff zum Herkunftswörterbuch klar: Isolation gehört zu isoliert, das über das französische isolé auf das italienische isolato zurückgeht. Dieses isolato bedeutete zur Insel gemacht und übertragen auch absondern, von allem anderen abtrennen. Ich hätte es wissen können, denn ich kenne das italienische Wort isola = Insel (lat. insula), habe die Isola Bella im Lago Maggiore liegen sehen und weiß u. a. dank „L’amica geniale“ („Meine geniale Freundin“) , dass es eine Fähre Napoli – Isola d’Ischia gibt. Trotzdem bin ich nicht selbst darauf gekommen, dass isoliert ganz wörtlich einfach verinselt bedeutet.

Mir gefällt das Bild der Verinselung viel besser als das banalere Solosein, entsprechend viel besser fühlte ich mich dadurch allerdings auch nicht. Ab morgen bin ich dann wieder entinselt.

Bleiben Sie gesund oder werden Sie es schnell wieder!

Vom Hufeisen bis zum Kaminfeger: Wenn Begriffe etwas anderes bedeuten

Was haben das Hufeisen, der Fliegenpilz, das vierblättrige Kleeblatt, der Marienkäfer, das Schwein und der Schornsteinfeger gemein? Weshalb wundert sich wohl kaum jemand, dass ich hier etwas Unbelebtes, einen Pilz, eine besondere Erscheinungsform eines Schmetterlingsblütlers, ein Insekt, ein Haustier und eine Berufsbezeichnung zu einer Gruppe zusammenfasse? Es sind alles konkrete Begriffe, viel mehr Gemeinsames haben sie nicht, wenn man ihre wörtliche Bedeutung betrachtet.

Diese konkreten Begriffe verbindet, dass sie alle dieselbe übertragene Bedeutung haben: Sie stehen symbolisch für den abstrakten Begriff „Glück“. Es sind Glückssymbole, die vor allem zum Jahreswechsel immer wieder auftauchen. Sie sind meist schon alt, aber immer noch lebendig und einige haben es sogar schon zum Emoji geschafft.

Das Hufeisen, der Fliegenpilz, das vierblättrige Kleeblatt, der Marienkäfer, das Schwein und der Schornsteinfeger sind schöne Beispiele dafür, dass viele Wörter und Begriffe nicht einfach nur eine einzige Bedeutung haben und wie weit die neue Bedeutung von der ursprünglichen entfernt sein kann. Genau wie die ursprüngliche Bedeutung muss man auch die übertragene Verwendung lernen, denn sonst bleiben die Abbildungen eines Hufeisens, eines Schweinchens oder eines Kleeblattes auf einer Neujahrskarte unverständlich. So habe ich erst vor gar nicht so langer Zeit erfahren, was die Bedeutung der japanischen und chinesischen winkenden Katzen ist, die man auch bei uns immer häufiger sieht: Sie sollen Glück bringen (wenn sie mit der rechten Voderpfote winken). Davor waren diese winkenden Katzen für mich nur ein dekoratives Element, dem ich – aus Unkenntnis zu Unrecht – keine weitere Bedeutung zumaß.

Ob nun der Marienkäfer, das Schwein oder die winkende Katze das Glückssymbol Ihrer Wahl ist, aber auch wenn Sie Glückssymbolen gar nichts abgewinnen können: Ich wünsche allen alles Gute und viel Glück im neuen Jahr!

Und der Blog geht weiter!

Durch den Umzug bedingt und aus verschiedenen anderen Gründen (keiner hatte etwas mit einem Virus zu tun) gab es in letzter Zeit viel weniger Blogeinträge als üblich. Auch heute muss ich mich noch auf die Mitteilung beschränken, dass es bald weitergehen wird. Und genau das wollte ich hier eigentlich sagen:

Bald geht es weiter!

Natürlich sind auch Ihre Fragen und Kommentare weiterhin willkommen.

Dr. Bopp