Brutto und netto

Frage

Zurzeit suche ich zwei Wörter. Ich kann diese nirgenwo finden. Vielleicht können Sie mir weiterhelfen.

Die Pluralformen von Brutto und von Netto, sind dies Brutti und Netti?

Woher stammen diese Wörter? Aus dem Italienischen oder dem Lateinischen?

Antwort

Sehr geehrter Herr F.

es ist vielleicht gar nicht so erstaunlich, dass Sie die beiden Wörter nirgendwo finden können, denn es gibt sie eigentlich nicht. Die Wörter brutto und netto werden in der deutschen Standardsprache nur als Adverbien benutzt:

etwas brutto/netto auszahlen
das Salär beträgt brutto/netto

Sonst kommen sie eigentlich nur als erster Teil in Zusammensetzugen vor:

Bruttolohn/Nettolohn
Bruttogewicht/Nettogewicht
Bruttobetrag/Nettorbetrag
Bruttosozialprodukt
usw.

Wenn Sie sie als Nomen verwenden, insbesondere im Plural, dann handelt es sich wohl meistens um eine Abkürzung, die als umgangssprachlich gelten muss. Zum Beispiel:

die Bruttos und Nettos berechnen = die Brutto- und Nettobeträge berechnen

Wenn Sie dennoch darauf bestehen, brutto und netto als Nomen zu verwenden, empfehle ich Ihnen den Plural mit s zu bilden: Bruttos und Nettos. Ein Plural mit i klingt sehr förmlich und “offiziell”, was nicht so gut zum umgangssprachlichen Charakter passt. Es ist auch eine korrekte Art der Deutschen Pluralbildung, denn die Mehrzahlformen Kontos, Saldos und Pizzas sind ja auch richtig.

Die beiden Wörter stammen aus dem Italienischen. Das Wort netto bedeutet sauber, rein. Das Wort brutto bedeutet im modernen Italienischen hässlich, schlecht. Ein schönerer Gegensatz zu netto ergibt sich, wenn man eine im Italienischen veraltete Bedeutung von brutto hinzuzieht: schmutzig. Zu der Zeit, in der diese Begriffe ins Deutsche übernommen wurden, machte man also einen Unterschied zwischen dem schmutzigen und dem sauberen Gewicht. Das tun die Italienischsprachigen noch immer, denn im modernen Italienischen ist das Nettogewicht zwar das peso netto, aber das Bruttogewicht nicht etwa das peso brutto, sondern das peso lordo. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass lordo tatsächlich schmutzig bedeutet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Trennbare Verben

Eine Frage, die immer wieder einmal auftaucht und deren Beantwortung den meisten Muttersprachigen einiges Kopfzerbrechen bereiten kann:

Frage

In Singapur hatte ich eine interessante Diskussion mit einer Deutschstudentin. Ich konnte ihr leider nicht erklären, warum Verben teilweise im Satzbau getrennt werden (als Native-Speaker man macht es ja intuitiv richtig). Z.B. abfahren: Heute fährt Sven um 15 Uhr ab. Oder einkehren: Ich kehrte abends in eine Gastwirtschaft ein. Wie läßt sich dies grammatikalisch genau erklären und wie ist hier die Regel? Vielen Dank! G.

Antwort

Sehr geehrter Herr G.,

nicht nur in Singapur, sondern auch an anderen Orten wundern sich Anderssprachige über gewisse deutsche Verben. Es geht hier nämlich um die sogenannten trennbaren Verben. Wenn sie in einem Hauptsatz stehen, wird der erste Teil abgetrennt und ganz an den Schluss des Satzes gestellt:

abfahren: Heute fährt Sven um 15 Uhr ab.
einkehren: Ich kehrte abends in eine Gastwirtschaft ein.
herumtreiben: Er treibt sich wieder irgendwo herum.

Man erkennt die trennbaren Verben im Allgemeinen daran, dass sie auf dem ersten Teil betont sind:

abfahren
einkehren
herumtreiben

Untrennbare Verben werden auf dem Verbstamm betont:

verfahren: Heute verfährt Sven sich sicher wieder.
betreiben: Sie betreibt eine Gastwirtschaft.

Diese Unterscheidung kann ziemlich wichtig sein. Ein bekanntes Beispiel ist das folgende:

umfahren: Er umfährt den Polizisten.
umfahren: Er fährt den Polizisten um.

Damit ist aber noch nicht alles gesagt, denn die Trennung gilt nur in Hauptsätzen. In Nebensätzen bleiben auch die trennbaren Verben ungetrennt:

…, dass Sven heute um 15 Uhr abfährt.
…, als ich abends in eine Gastwirtschaft einkehrte.
…, wenn er sich wieder irgendwo herumtreibt.

…, obwohl Sven sich sicher wieder verfährt.
…, weil sie eine Gastwirtschaft betreibt.

Das zwingt uns manchmal (aber wirklich nur ganz selten), einen Satz in der geschriebenen Form umzuformulieren, da es sonst zu ziemlich ernsten Missverständnissen kommen kann:

Es ist besser, wenn du den Polizisten umfährst.

Sie finden diese Informationen auch in unserer Grammatik: Trennbare Verben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Altersgelder

Frage:

Ich habe eine kurze Frage. Auf Ihrer Internetseite fand ich den Hinweis, daß es für das Wort Altersgeld eine Pluralform gibt. Im Duden hingegen steht: Altersgeld = ohne Plural.

Wann kann man die Pluralform von Altersgeld bilden?

Antwort:

Sehr geehrter Herr K.,

gerne beantworte ich die Frage zu den Pluralformen von Altersgeld. Da unsere Angaben hier von den Angaben im Duden abweichen, versuche ich dies relativ ausführlich zu tun.

Die Pluralform Altersgelder ist relativ selten, wird aber in der Gesetzgebung und z.B. auch in der Versicherungsbranche verwendet. Zum Beispiel:

http://bundesrecht.juris.de/rag_18/
http://www.swisslife.com/slcom/de/home/gruppe/tradition/insurance.html

Als individuelle Person hat man Recht auf Altersgeld, kann man Altersgeld anfragen oder Altersgeld beziehen. In diesem Sinne hat das Wort keine Mehrzahl. Wenn es aber allgemein um die Gelder (!) geht, die für die Ausbezahlung des Altersgeldes bestimmt sind und/oder die an bestimmte Gruppen der Bevölkerung ausbezahlt werden, kann auch von den Altersgeldern gesprochen werden. In ähnlichem Sinne werden z.B. auch die Pluralformen Gelder, Spargelder, Witwengelder und Waisengelder verwendet. Sie können den Gebrauch der Pluralformen auch mit dem Wort Altersrente vergleichen, das in ganz ähnlicher Weise sowohl im Singular als auch im Plural (Altersrenten) verwendet wird.

Im Duden steht die Angabe “ohne Plural” wahrscheinlich deshalb, weil die Dudendefinition des Wortes Altersgeld nur die erste Bedeutung des Wortes (an eine Einzelperson ausbezahlte/auszubezahlende Rente) umfasst.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Kein e bei “lädt”?

Es folgt eine Frage, die uns Muttersprachler(innen) trotz ihrer Einfachheit in akuten Erklärungsnotstand bringt. Warum? Weil wir in Fällen wie diesen meist gar nicht wissen, dass es ein Problem überhaupt gibt. Ohne in der Grammatik nachzuschlagen hätte ich jedenfalls die Antwort nicht gewusst. Und für die Deutschlernenden mag die Frage ein Trost sein, wenn nicht immer alles ganz perfekt geht: Es gibt einfach viel zu viele Regeln und Ausnahmen.

Frage:

Warum konjugieren wir die er/sie/es-Form von laden als lädt? Der Verbstamm hat ein -d am Ende, dann müsste die Form doch lädet sein.

Antwort:

Sehr geehrte Frau J.,

die allgemeine Regel lautet tatsächlich, dass u.a. in der 3. Person Einzahl Indikativ Präsens bei Verbstämmen, die auf d enden, ein e eingeschoben wird:

baden -> er/sie/es badet (nicht badt)
enden -> er/sie/es endet (nicht endt)
reden -> er/sie/es redet (nicht redt)
usw.

Siehe Grammatik, e-Erweiterung.

So weit, so gut. Diese Regel ist nicht allzu kompliziert. Aber wie so oft geht es natürlich nicht ohne Ausnahmen: Wenn der Verbstamm umgelautet oder abgelautet wird, dann darf kein e eingeschoben werden:

laden -> er/sie/es lädt (nicht: lädet)
treten -> er/sie/es tritt (nicht: trittet)

Siehe Grammatik, Ausnahmen zur e-Erweiterung. Und wenn Sie unsicher sind, finden Sie die Wortformen von laden, treten und allen anderen Verben in den Flexionstabellen im Wörterbuch.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

in der Breite(n) Straße

Frage:

Ich habe eine Frage, durch die wir hier doch etwas in Streit gekommen sind: Heißt es für eine Adresse mit der Anschrift Breite Str.:

Ich wohne in der Breite Str. oder
Ich wohne in der Breiten Str.

Für eine Antwort wäre ich Ihnen (und meine Mitbewohner) sehr dankbar.

Antwort:

Sehr geehrter Herr K.,

die Grammatik eignet sich viel zu gut zum Streiten, als dass man das tatsächlich tun sollte. Einen eindeutigen Schiedsspruch werden Sie nämlich auch von mir nicht erhalten. Ich kann Ihnen leider nur eine dieser eher unbefriedigenden “Im-Prinzip-ja-aber-Antworten” geben.

IM PRINZIP werden in Eingennamen, die aus einem Adjektiv mit Endung und einem Nomen bestehenden, beide Teile ganz normal gebeugt. Zum Beispiel:

der Blaue Nil – die Quelle des Blauen Nils
das Deutsche Eck – am Deutschen Eck
das Rote Kreuz – das Internationale Komitee vom Roten Kreuz

und so auch z.B.

Alter Markt – am Alten Markt
die Breite Straße – in der Breiten Straße

ABER: In einigen Ortschaften, Städten oder Landstrichen wird von dieser Regel abgewichen. Eine der bekanntesten Ausnahmen ist, dass nur Nichtkölner sich am Alten Markt in Köln treffen. Kölner treffen sich nämlich offenbar am Alter Markt. Wahrscheinlich gehen sie auch nicht in der Breiten Straße einkaufen, sondern in der Breite Straße. Weshalb genau das so ist, kann ich hier nicht beurteilen (wahrscheinlich wird der Name als unveränderliches Ganzes erfahren). Entscheidend ist, dass, wenn dies in Köln allgemein üblich ist, es dort nicht als falsch bezeichnet werden sollte.

Ob Ich wohne in der Breite Straße richtig oder falsch ist, hängt also davon ab, wo sie wohnen. Ist Ihr Wohnort Köln, muss es wohl als richtig gelten. Läge die Straße zum Beispiel in Basel (wo man nicht in der Mittlere Straße sondern in der Mittleren Straße wohnt), wäre die Adressangabe in dieser Form falsch. Es bleibt mir also nicht viel anderes übrig als Ihnen zu raten, sich bei den Einheimischen ihres Wohnortes zu erkundigen. Und wenn dies auch zu keinem eindeutigen Resultat führt, würde ich mich an die allgemeine Regel (in der Breiten Straße) halten, da die unveränderliche Variante eigentlich eine Ausnahme ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

weitestgehend und weitgehendst

Eine Bemerkung eines Canoonet-Benutzers:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich gestatte mir den Hinweis, daß auf Ihrer Seite

http://www.canoonet.eu/services/OnlineGrammar/Wort/Adverb/Komparation.html

sich in der Passage:

Einige Adjektivadverbien haben zusätzlich eine unflektierte Superlativform:
baldigst, höflichst, freundlichst, weitgehendst

eine wirkliche Scheußlichkeit verbirgt: Das letzte Beispiel (“weitgehendst”)
ist “falscher Deutsch”, richtig ist bekanntlich das Wort “weitestgehend”.

Falls es für Sie von Interesse ist: In dem Buch “Schachmatt” ist immer von
einer “dunkelhäutigeren Nation” für die farbigen US-Amerikaner die Rede –
richtig wäre natürlich, von der “dunklerhäutigen Nation” zu schreiben…

Antwort:

Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir sind allerdings nicht damit einverstanden, dass “weitgehendst” falsch sei. Wenn der Begriff als eine eigenständige Bedeutungseinheit aufgefasst wird, kann er wie ein “gewöhnliches” Adjektiv gesteigert werden. Also

weitgehend, weitgehender, weitgehendst
neben:
weit gehend, weiter gehend, weitestgehend

Ähnliche, z.T. auch in Duden “Die deutsche Rechtschreibung” aufgeführte Fälle sind:

weitreichend, weitreichender, am weitreichendsten
(neben: weiter reichend, am weitesten reichend)
schwerwiegend, schwerwiegender, am schwerwiegendsten
(neben: schwerer wiegend, schwerstwiegend/am schwersten wiegend)

Zu “dunkelhäutiger”: Das Wort “dunkelhäutig” kann als eigenständiger Begriff mit eigener Bedeutung aufgefasst werden (z.B. wenn es um dunkle Haut als Gradmesser der ethnischen Herkunft geht). Dann kann der Gesamtbegriff gesteigert werden. Also: “dunkelhäutiger” und “dunkelhäutigste”.

Formen wie “weitreichendste” und “dunkelhäutiger” mögen für Sie Verstöße gegen die Logik und deshalb nicht korrekt sein, nach unserer Meinung, gemäß den Angaben in anderen Wörterbüchern und dem allgemeinen deutschen Sprachgebrauch sind sie aber nicht falsch. Wir teilen auch nicht Ihre Meinung, dass es sich hierbei um stilistische “Scheußlichkeiten” handelt. Diese Formen sind vielmehr ein Indiz dafür, dass sich die lebendige Sprache nicht immer an die strengen Regeln der Logik hält.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Restaurator – Restaurateur – Restaurant

Frage:

Ist es zulässig, den Begriff Restaurateure als Plural für Restaurator zu verwenden, oder ist lediglich Restauratoren zulässig?

Antwort:

Es ist nicht korrekt, Restaurateure als Plural von Restaurator zu verwenden. Die beiden Wörter Restaurator und Restaurateur bedeuten in der Regel nämlich nicht das Gleiche:

Ein Restaurator oder eine Restauratorin ist eine Person, die Dinge – meistens Kunstwerke – wiederherstelt. Ein Restaurateur oder eine Restaurateurin hingegen ist eine Person, die ein Restaurant führt, also ein(e) Gastwirt(in) oder Gastronom(in). Der Begriff Restaurateur ist in der Schweiz noch gebräuchlich, sonst gemäß den Wörterbücher veraltet.

Wenn Sie Menschen andeuten wollen, die etwas wiederherstellen, empfehlen wir Ihnen deshalb, die Begriffe Restaurator-Restauratoren bzw. Restauratorin-Restauratorinnen zu verwenden.

Der Begriff Restaurateur wird manchmal anstelle von Restaurator verwendet. Doch selbst wenn man diese Verwendung als richtig akzeptiert, sollten die Formen nicht vermischt werden: also entweder Restaurator-Restauratoren oder Restaurateur-Restaurateure.

Wie kommt es dazu, dass die beiden Begriffe manchmal durcheinander verwendet werden? Das hat natürlich damit zu tun, dass beide Wörter mit dem Verb restaurieren – wiederherstellen verwandt sind. Während Restaurator (mehr oder weniger) direkt auf das Lateinische zurückgeht, gelangte Restaurateur aus dem Französischen ins Deutsche. Dort bezeichnet es nicht nur jemanden, der etwas restauriert, sondern eben auch jemanden, der ein Restaurant führt. Und im Prinzip wird im Deutschen nur diese zweite Bedeutung als Berufsbezeichnung verwendet.

Den Begriff Restaurant und das davon abhängige Restaurateur gibt es übrigens noch nicht so lange. Eine Erklärung sagt, dass es von bouillon restaurant – stärkende Fleischbrühe komme, wobei bouillon oder restaurant langsam von der Bezeichnung des Gerichtes zur Bezeichnung des Ortes, an dem das Gericht verkauft wurde, übergegangen sei. Eine mindestens ebenso schöne Erklärung besagt, dass der erste Restaurateur im modernen Sinne, ein Monsieur Boulanger, in 1795 in Paris über der Tür seines Etablissements den folgenden Bibelspruch in lateinischer Sprache anbrachte: “Kommet her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken (= ego vos restaurabo). Dies soll dazu geführt haben, dass Boulanger restaurateur und seine Gaststube restaurant genannt wurden. Der Durchbruch der Institution Restaurant kam mit der Französischen Revolution: Der Adel wurden vertrieben oder guillotiniert. Der Not gehorchend boten die so arbeitslos gewordenen Köche der Adligen ihre Dienste als Restaurateure an.

Sowohl Restauratoren und Restauratorinnen als auch Restaurateure und Restaurateurinnen restaurieren also etwas. Bei Letzteren gilt das aber nur ganz spezifisch für den “inneren Menschen”, den sie mit Hilfe von Speise und Trank “wiederherstellen”.

zu Beginn dieses/diesen Jahres?

Auch am ersten Februar ist diese Frage noch aktuell, denn man kann ja bis am 31. Dezember über den Anfang dieses/diesen? Jahres reden. Hier die Antwort:

Sehr geehrter Herr B.,

Richtig ist:

zu Beginn dieses Jahres

Das Pronomen dieser/diese/dieses wird im Gegensatz zu Adjektiven immer stark dekliniert. Vergleichen Sie z. B.

trotz schlechten Wetters – trotz dieses Wetters

Sie finden diese Informationen unter dem Titel “dieses/jenes im Genitiv Singular” auf der folgenden Grammatikseite. Sie könnten diese Seite u. a. finden, indem sie im Suchfeld der Grammatik “dieser” eingeben und dann dem Grammatiklink ‘1.5.1.5.2: dieser / jener’ folgen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Sprachbezeichnungen “Deutsch” und “das Deutsche”

Eine Deutsch lernende Benutzerin von Canoo. net fragte uns etwas verwirrt, wie man denn nun eigentlich die Bezeichnung für die deutsche Sprache dekliniere. Die Verwirrung wird schnell verständlich, wenn man die Bezeichnung für die deutsche Sprache im Wörterbuch nachschlägt. Es gibt nämlich zwei Bezeichnungen:

  • Deutsch, im Genitiv mit oder ohne s, und
  • das Deutsche, wie ein Adjektiv dekliniert.

Bei meinen “Nachforschungen” bin ich darauf gestoßen, dass dies für alle von einem Adjektiv abgeleiteten Sprachbezeichnungen gilt. Eine Gewissensfrage an die Leser und Leserinnen deutscher Muttersprache: Hätten Sie es gewusst und den Unterschied auf Anhieb erklären können? Ich nicht.

Nun denn:

Deutsch, Französisch, Russisch usw.
Diese Bezeichnungen sind bis auf den Genitiv immer endungslos. Im Genitiv kann die Endung s verwendet werden. Man verwendet sie unter anderem dann, wenn eine bestimmte, näher gekennzeichnete Art der Sprache gemeint ist. Beispiele:

Mein Deutsch / das Französisch dieser Schüler könnte besser sein.
gepflegtes Deutsch / schlechtes Englisch schreiben
mit Touristenspanisch / in modernem Französisch
die Eigenheiten des gesprochenen Deutsch / Russisch oder
die Eigenheiten des gesprochenen Deutschs / Russischs

Ebenfalls diesen Formen verwendet man in Verbindung mit Verben, wenn die Kenntnis, die Beherrschung der Sprache gemeint ist:

Russisch können
Französisch lernen
Ungarisch studieren
Chinesisch verstehen
Deutsch sprechen (= die deutsche Sprache beherrschen)
aber:
deutsch sprechen (= sich in der deutschen Sprache äußern)

das Deutsche, das Französische, das Russische usw.
Diese Bezeichnungen stehen mit dem bestimmten Artikel und werden wie ein Adjektiv gebeugt. Sie werden eher dann verwendet, wenn die Sprache im Allgemeinen gemeint ist, oft im Gegensatz zu anderen Sprachen. Beispiele:

Das Deutsche ist eine germanische Sprache.
(auch: Deutsch ist eine germanische Sprache.)
aus dem Deutschen ins Französische übersetzen
Das sagt man im Spanischen anders als im Italienischen.
die Stellung des Spanischen als Fremdsprache
die Satzstruktur des Mittelhochdeutschen

Und dann gibt es noch die Fälle, in denen man beide Varianten verwenden kann: Ist es da verwunderlich, dass Deutsch / das Deutsche einen manchmal verwirren kann?

Steigerung von “optimal”

Herr P. schreibt:

Für “optimal” bietet Canoo-net die Steigerungsformen “optimaler”/”am optimalsten” an. Wenn etwas “optimal” ist, gibt’s allerdings keine Steigerung mehr!

mfG

Antwort:

Sehr geehrter Herr P.,

Wir danken Ihnen für Ihren Hinweis. Gemäß der strengen Schulgrammatik haben Sie recht. Das Adjektiv “optimal” ist ein sogenanntes absolutes Adjektiv, das in seiner Grundbedeutung nicht gesteigert werden kann.

Wir gehen aber davon aus, dass auch absolute Adjektive gesteigert werden können, wenn sie gefühlsmäßig, bewusst übertreibend oder in übertragenem Sinne verwendet werden. Hier ein Zitat, in dem (unserer Meinung nach) bewusst und richtig Steigerungsformen verwendet werden, um die ‘Absolutheit’ zu benachdrucken:

“Es sind die absolutesten Gegenpole, man kann sich keine absoluteren Gegensätze denken.”

Mehr zu diesem Punkt finden Sie in unseren Grammatikseiten unter Komparation, Steigerungslos.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp