Heute geht es einmal um etwas, das es im Deutschen gar nicht gibt: das Trema in Anaïs und Citroën.
Frage
Das Wort „Trema“ kommt aus dem Griechischen. Ist bekannt, ob diese Bezeichnung schon antik ist? Wann tritt dieser Begriff in der Sprachgeschichte zum ersten Mal auf? In welcher Sprache kommt er zum ersten Mal vor?
Antwort
Sehr geehrter Herr K.,
das Zeichen Trema stammt wie das Wort Trema aus dem Griechischen. Es bedeutet wörtlich Loch, Öffnug, dann auch Punkte, Löcher des Würfels. Es erhielt seinen Namen also durch seine Form, nicht wegen seiner Funktion. Es wurde schon im Altgriechischen verwendet, um die getrennte Aussprache zweier nebeneinanderstehender Vokale zu kennzeichnen. Das kam damals relativ häufig vor, weil man sich der scriptio continua bediente: In den antiken Texten trennte man die einzelnen Wörter nicht durch Zwischenräume voneinander, wasdaslesennichtgeradeeinfachermachte. Die Wortzwischenräume, die das Lesen stark vereinfachen, wurden im 7. Jahrhundert zuerst von irischen Mönchen verwendet und verbreitete sich in den folgenden Jahrhunderten in ganz Europa.
Zurück zu den Griechen. Sie verwendeten das Trema also, um die getrennte Aussprache von zwei nebeneinanderstehenden Vokalen anzugeben. Dies geschah, bedingt durch die scriptio continua, zwischen zwei Wörtern, aber auch im Wortinnern (wie immer noch im Neugriechischen). Das Trema wurde dann mit derselben Funktion in verschiedene europäische Sprachen übernommen. Heute unterscheidet es im Französischen zum Beispiel das einsilbige mais = aber vom zweisilbigen maïs = Mais. Im Niederländischen kommt es relativ häufig vor (zum Beispiel: coöperatie, geïnteresseerd). Im Spanischen gibt es unter anderem an, dass das u zwischen g und e oder i nicht stumm bleibt, sondern ausgesprochen wird (zum Beispiel: antigüedad, pingüino) und auch im Katalanischen verhindert es, dass zwei Vokale als Diphthong gelesen werden (zum Beispiel: ruïna, diürn).
Im Deutschen kommt das Trema nicht vor, außer in Eigennamen aus anderen Sprachen: Anaïs, Joël, Citroën. Auch die Inselgruppe Aleuten wird gelegentlich noch mit Trema geschrieben: Alëuten. Wenn als Diphthong lesbare Vokale aufeinanderstoßen, kommen wir also ohne Trema aus. Das ist meistens kein Problem, da auch ohne die beiden Punkte deutlich ist, wo die Silbengrenze liegen muss:
geimpft
Seineufer
beurteilen
Und auch bei
beinhalten
ist es in der Regel klar, dass zum Inhalt haben und nicht das Bein halten gemeint sein muss.
Es gibt aber mindestens einen Fall, bei dem das Trema vor allem auch für Deutschlernende nicht unpraktisch wäre: weibliche Substantive, die auf -ie enden:
Bakterie
Batterie
Das Schriftbild verrät hier nicht, dass der Wortausgang beim ersten Wort aus zwei Vokalen und beim zweiten Wort aus einem langen Vokal besteht. Hier könnte das Trema Abhilfe schaffen:
Bakterië
Batterie
Aber so weit wird es wohl nicht kommen, denn wirklich große Schwierigkeiten bereitet der Wortausgang -ie nun auch wieder nicht. (Die Deutschlernenden mögen mir diese Relativierung verzeihen!)
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass die Umlautpunkte, mit denen wir im Deutschen gar nicht sparsam umgehen, zwar gleich aussehen wie das Trema, aber eine ganz andere Entstehungsgeschichte haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp