Von Rumkugeln und Jamaikanern

Frage

Warum heißen Rumkugeln heutzutage Jamaicaner?

Antwort

Guten Tag J.,

Rumkugeln heißen vielerorts auch heute noch einfach Rumkugeln. Andere Bezeichnungen wie Streuselkugeln oder Jamaikaner kommen aber auch vor. Eine eindeutige Antwort, warum das so ist, muss ich Ihnen schuldig bleiben. Es gibt (mindestens) zwei Erklärungsmöglichkeiten:

Wenn die Rumkugeln Rum enthalten, kann Jamaikaner ein Kurzname für (echte) Jamaika-Rumkugeln sein. Dabei ist mit Jamaika-Rumkugeln gemeint, dass die Rumkugeln mit echtem Jamaika-Rum gemacht wurden.

Wenn die Kugeln keinen Rum enthalten, kann die Bezeichnung Jamaikaner genau aus diesem Grund gewählt worden sein. Ohne Rum ist eine Rumkugel ja eigentlich keine Rumkugel. Mit der Bezeichnung Jamaikaner (oder einem anderen „rumlosen“ Namen) wird nicht oder weniger stark der Eindruck geweckt, dass die Kugeln Rum enthalten.

Ich vermute, dass häufig die zweite Erklärung zutrifft. Nach dem deutschen Jugendschutzgesetz dürfen nämlich Rumkugeln mit mehr als einem Prozent Alkohol nicht an Jugendliche verkauft werden. Um diese Hürde zu umgehen, wird auf alkoholfreie Varianten (mit oder ohne Rumaroma) ausgewichen, die dann eigentlich einen anderen Namen tragen sollten.

Wenn Sie genau wissen wollen, ob die Süßigkeit Rum, Rumaroma oder keines von beidem enthält, informieren Sie sich am besten vor dem Kauf. Am besten schmecken meiner Meinung nach „natürlich“ die echten Rumkugeln (vorausgesetz, man hat das jeweils geltende gesetzliche Mindestalter erreicht …).

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wird die Datei im System oder ins System hochgeladen?

Frage

Ich würde gern wissen, ob man eine Datei „im System“ oder „ins System“ hochlädt. Oder wäre vielleicht „auf“ richtig? Der Satz wäre beispielsweise: „Die aktualisierte Datei habe ich bereits im/ins System hochgeladen. Ich schicke sie Ihnen aber auch im Anhang.“

Antwort

Guten Tag L.,

beide Formulierungen sind möglich. Sie haben aber nicht ganz die gleiche Bedeutung.

a) Wenn die Datei innerhalb des Systems hochgeladen wird, heißt es:

die Datei im System hochladen

Mit dem Dativ im System geben Sie den Ort an, an dem das Hochladen stattgefunden hat.

b) Wenn die Datei außerhalb des Systems steht und dann ins System importiert wird, heißte es:

die Datei ins System hochladen

Mit dem Akkusativ ins System geben Sie den Ort an, der das Ziel des Hochladens ist.

Den gleichen Unterschied gibt es zwischen auf dem System hochladen und auf das System hochladen.

Sie müssen also entscheiden, ob die Datei bereits im System steht und dort hochgeladen wird (→ im / auf dem) oder ob sie von außen importiert wird (→ ins / auf das).

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Getrenntes Subjekt? – „Tobias ist da und Sven“

Frage

Eine Grundregel in der Grammatik sagt, dass man Satzglieder nicht trennen kann. Wie ist die folgende Konstruktion vor diesem Hintergrund zu bewerten?  Sind die Sätze standardsprachlich nicht korrekt, da das Subjekt nicht zusammensteht? Ist „und Sven“ kein Teil des Subjekts, sondern ein Nachtrag?

Tobias ist da und Sven.
Tobias und Andreas sind da und Sven.

Antwort

Guten Tag Herr R.,

Satzglieder kann man tatsächlich nicht trennen. Ein Satzglied kann nur als Ganzes im Satz verschoben werden. Dennoch sind Ihre Bespielsätze nicht grundsätzlich falsch, auch wenn sie eher ungewöhnlich sind. Weshalb?

Schauen wir uns zuerst einmal den „gewöhnlichen“ Satz an:

Tobias und Sven sind da.

Die Wortgruppe Tobias und Sven ist ein mehrteiliges Subjekt, das nicht getrennt werden kann:

nicht: Tobias sind da und Sven.

Und nun zu Ihrem ersten Satz:

Tobias ist da und Sven.

Hier handelt es sich um die Zusammenziehung zweier mit und verbundener Teilsätze, von denen der zweite verkürzt ist (Ellipse):

Tobias ist da und Sven [ist da].

„Tobias“ und „Sven“ sind zwei eigenständige Subjekte in zwei separaten Teilsätzen.

Den Unterschied sieht man hier vor allem an der Verbform. Ein mehrteiliges Subjekt verlangt den Plural (Tobias und Sven sind). Bei der Zusammenziehung bleibt die nicht weggelassene Verbform unverändert (Tobias ist … und Sven [ist]).

Das gilt auch für den zweiten Beispielsatz. Auch hier haben wir es mit zusammengezogenen Teilsätzen mit je einem eigenen Subjekt zu tun.

Tobias und Andreas sind da und Sven [ist da].
Sven ist da und Tobias und Andreas [sind da].

Wenn ein betonter Nachtrag (mit Pause) gemeint ist, kann man dies am besten mit einem Gedankenstrich kennzeichnen:

Tobias ist da – und Sven.
Tobias und Andreas sind da – und Sven.

Wie dem grammatisch und orthografisch auch sei, Hauptsache ist, dass Sven auch da ist und es allen gefällt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das Perfekt mit Bezug auf die Gegenwart

Frage

Wäre es grammatikalisch unkorrekt, im folgenden zweiten Satz das Präteritum zu verwenden? Sollte man in diesem Fall immer das Perfekt verwenden?

Ich kenne dieses Buch. Ich las es gestern.

Antwort

Guten Tag Herr M.,

im zweiten Satz sollte tatsächlich das Perfekt verwendet werden. Verzeihen Sie bitte, wenn ich bei der Erklärung etwas aushole:

Die Hauptzeiten der Vergangenheit sind das Perfekt und das Präteritum. Welche der beiden man verwendet, ist oft keine grammatische, sondern eine (unbewusste) stilistische Entscheidung.

Das Präteritum wird in der allgemeinen und in der Dichtersprache verwendet. Es ist das Haupttempus der Erzählung. Es ist die Zeitform, die normalerweise für erfundene Erzählungen und Tatsachenberichte verwendet wird.

Hannibals Truppen überquerten die Alpen.
Während der Besatzungszeit hungerte die Bevölkerung.
Sie arbeitete als Marketingdirektorin.
Ich verschlief und kam zu spät zur Arbeit.

Das Präteritum hat hier die gleiche Bedeutung wie das Perfekt. Die Beispielsätze können auch im Perfekt verwendet werden, ohne dass sich dabei die Bedeutung verändert.

Hannibals Truppen haben die Alpen überquert.
Während der Besatzungszeit hat die Bevölkerung gehungert.
Sie hat als Marketingdirektorin gearbeitet.
Ich habe verschlafen und bin zu spät zur Arbeit gekommen.

Stilistisch ist es meist besser, in formelleren Texten und in Erzählungen das Präteritum zu verwenden. Das Perfekt kommt in der gesprochenen Sprache häufig vor. In der Allgemeinsprache wird dat Präteritum tendenziell häufiger im Norden des deutschen Sprachraums verwendet, das Perfekt häufiger im Süden.

Nun endlich zu Ihrem Fall: Während das Präteritum immer durch das Perfekt ersetzt werden kann, gilt das Umgekehrte nicht. Das Perfekt wird häufig verwendet, um Vergangenes auszudrücken, das im Sprechzeitpunkt noch wichtig oder aktuell ist:

Es hat lange nicht geregnet, deshalb sind die Wiesen gelb.
Der Wettlauf findet heute statt. Alle haben lange dafür trainiert.
Ich habe den Zaun neu gestrichen. Ist er nicht schön geworden?

Bei dieser Verwendung des Perfekts kann es nicht durch das Präteritum ersetzt werden:

nicht: Es regnete lange nicht, deshalb sind die Wiesen gelb.
nicht: Der Wettlauf findet heute statt. Alle trainierten lange dafür.
nicht: Ich strich den Zaun neu. Ist er nicht schön geworden?

Das gilt auch für Ihr Beispiel:

Ich kenne dieses Buch. Ich habe es gestern gelesen.

Es wird gesagt, dass die Ich-Person das Buch jetzt kennt, weil sie es gestern gelesen hat. Es geht also um etwas Vergangenes (lesen) mit Auswirkung auf die Gegenwart (kennen), deshalb sollte hier für den Ausdruck des Vergangenen das Perfekt gewählt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Groß oder klein am Satzanfang? – „der“/„Der“, „die“ und „das“ sind bestimmte Artikel

Frage

Welche Schreibweise ist hier jeweils richtig?

„obligatorisch“ ist ein anderes Wort für „verpflichtend“.
„Obligatorisch“ ist ein anderes Wort für „verpflichtend“.

„der“, „die“ und „das“ sind bestimmte Artikel.
„Der“, „die“ und „das“ sind bestimmte Artikel.

Die Frage ist, ob das erste Wort eines Satzes wirklich immer großzuschreiben ist. Oder wird es kleingeschrieben, wenn es in Anführungsstrichen steht (z. B. weil es als Begriff erklärt wird) und gleichzeitig einer kleinzuschreibenden Wortart angehört?

Mein Verständnis ist, dass in diesem Fall die Anführungsstriche den Satzanfang einnehmen, das dann folgende Wort eben nicht mehr den Satzanfang darstellt und somit gemäß seiner Wortartregeln klein- oder großzuschreiben ist. […]

Antwort

Guten Tag Frau S.,

dieser Fall ist nicht ausdrücklich geregelt. Sowohl die Groß- als auch die Kleinschreibung haben Vor- und vor allem Nachteile.

„obligatorisch“ ist ein anderes Wort für „verpflichtend“.
„der“, „die“ und „das“ sind bestimmte Artikel.

Ich würde die Kleinschreibung nicht empfehlen, weil das einleitende Anführungszeichen sonst nie als Satzanfang gilt. Ausnahmen sind gemäß §52(6) der Rechtschreibreglung:

Auslassungspunkte, Apostroph oder Zahlen zu Beginn eines Ganzsatzes gelten als Satzanfang; entsprechend bleibt die Schreibung des folgenden Wortes unverändert. Dies gilt auch für Überschriften, Werktitel und dergleichen. Beispiele:

… und gab keine Antwort.

‘s ist schade um sie.
52 volle Wochen hat das Jahr.

Wenn am Satzanfang, dann also eher mit Großschreibung. Das kann aber recht verwirrend aussehen:

„Obligatorisch“ ist ein anderes Wort für „verpflichtend“.
„Der“, „die“ und „das“ sind bestimmte Artikel.

Keine der Lösungen ist wirklich befriedigend. Es empfiehlt sich deshalb immer, so zu formulieren, dass das zitierte Wort nicht am Satzanfang steht. Zum Beispiel:

Das Wort „obligatorisch“ ist ein anderes Wort für „verpflichtend“.
Die Bedeutung von „obligatorisch“ ist „verpflichtend“.

Die Wörter „der“, „die“ und „das“ sind bestimmte Artikel.
Die bestimmten Artikel sind „der“, „die“ und „das“.

Kurzum, in solchen Fällen besser groß oder am besten gar nicht am Satzanfang.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Mehrere solche(r) Berichte – Genitiv oder gleicher Fall?

Frage

Ist der folgende Satz korrekt?

Demnach konnte er sich auf mehrere solcher schriftlicher Berichte stützen.

Die Präposition „auf“ verlangt hier den Akkusativ, aber „solcher“ und „schriftlicher“ stehen im Genitiv. Müsste es nicht heißen: „Demnach konnte er sich auf mehrere solche schriftliche Berichte stützen“?

Antwort

Guten Tag Herr F.,

die einfache Antwort lautet: Beides ist hier möglich.

mehrere solche schriftliche Berichte
mehrere solcher schriftlicher Berichte
auch: mehrere solcher schriftlichen Berichte1

Komplizierter wird es, wenn man erklären möchte, warum das so ist.

Wenn auf mehrere direkt ein Adjektiv folgt, ist mehrere ein Artikelwort, das zur nachfolgenden Wortgruppe gehört. Artikelwort und Wortgruppe stehen im gleichen Fall:

Er ist mit mehreren guten Freunden verreist.
Der Text enthält mehrere kleine Fehler.
Er konnte sich auf mehrere schriftliche Berichte stützen.

Wenn nach mehrere eine Wortgruppe mit einem „eigenen“ Artikelwort folgt, ist mehrere ein Pronomen und die Wortgruppe steht im Genitiv:

Er ist mir mehreren seiner Freunde verreist.
Der Text enthält mehrere dieser kleinen Fehler.
Er konnte sich auch mehrere der genannten schriftlichen Berichte stützen.

Das „Problem“ bei solche ist, dass es sich nicht einfach einer Wortklasse zuordnen lässt. Es hat die Eigenschaften eines Adjektivs, aber auch die Eigenschaften eines Pronomens und Artikelwortes.

So kann solch- zum Beispiel wie ein Adjektiv nach unbestimmten Artikelwörtern wie ein, kein, einige, mehrere stehen:

ein solcher Freund
keine solchen Fehler
einige/mehrere solche Berichte

Anders als ein Adjektiv kann solch- aber nur nach unbestimmten Artikelwörtern stehen, also:

nicht: *der solche Freund
nicht: *meine solchen Fehler
nicht: *diese solchen Berichte

Dann verhält es sich also wie ein „gewöhnliches“ Artikelwort.

Je nachdem ob man solche nun a) als Adjektiv oder b) als Artikelwort empfindet, seht die Wortgruppe, die es einleitet a) im gleichen Fall wie das unbestimmte Artikelwort vor ihm oder b) im Genitiv:

a) mehrere solche schriftliche Berichte
b) mehrere solcher schriftlicher Berichte
b) auch: mehrere solcher schriftlichen Berichte1

Ich ziehe hier die Übereinstimmung im Kasus vor, aber der Genitiv kommt ebenfalls häufig vor.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Zur Deklination des Adjektivs nach solch- siehe Kommentare.

Mit oder ohne Artikel: »auf (der) Grundlage«

Frage

Können Sie mir sagen, ob es bei „auf (der) Grundlage“ grundsätzlich falsch ist, den Artikel wegzulassen? (Im Internet findet sich das als eine Art Gerücht.) Kann man beispielsweise schreiben: „ auf Grundlage der Originalausgabe neu ediert“?

Zumindest kann man sicherlich schreiben „auf Basis der …“. – Sollte es dann nicht auch bei „Grundlage“ möglich sein?

Antwort

Guten Tag Frau G.,

die Formulierung auf Grundlage ist nicht grundsätzlich falsch, nur weniger üblich.

Im Prinzip stehen die Wörter Basis und Grundlage in einem Satz mit einem Artikelwort. Es müsste also heißen:

auf der Basis einer Vereinbarung
auf der Grundlage einer Vereinbarung

auf der Basis von Messdaten
auf der Grundlage von Messdaten

auf der Basis der Originalausgabe
auf der Grundlage der Originalausgabe

Im Deutschen gibt es aber viele feste Wendungen, die aus einer Präposition und einem artikellosen Substantiv bestehen (auf See, an Bord, gegen Abend, über Nacht, ohne Gewähr, außer Konkurrenz usw. siehe hier). Feste Wendungen können von den allgemeinen Grammatikregeln abweichen, sie sind aber „trotzdem“ richtig, weil sie gebräuchlich und akzeptiert sind. Ob etwas eine feste Wendung ist, hängt davon ab, ob es regelmäßig in dieser Weise verwendet wird.

Ein Blick in die Korpora (Textsammlungen) von IDS und  DWDS zeigt, dass auf Basis etwa gleich häufig bzw. etwas weniger häufig vorkommt als auf der Basis. Anders sieht es bei Grundlage aus: Die Wendung auf Grundlage kommt relativ häufig vor, aber auf der Grundlage ist weitaus gebräuchlicher.

Zusammenfassend: Sowohl auf Basis als auch auf Grundlage kommen regelmäßig vor. Man kann also sagen, dass beides ohne Artikel verwendet wird. Dabei ist auf Basis allgemein akzeptiert und es wird auch in den Wörterbüchern erwähnt. Bei Grundlage ist die Variante auf der Grundlage gebräuchlicher als auf Grundlage. Artikelloses auf Grundlage ist nicht falsch, aber weniger gebräuchlich.

Die obenstehenden Beispiele sind also auch ohne Artikel möglich:

auf Basis einer Vereinbarung
auf Grundlage einer Vereinbarung

auf Basis von Messdaten
auf Grundlage von Messdaten

auf Basis der Originalausgabe
auf Grundlage der Originalausgabe

Es liegt an Ihnen, ob Sie lieber das knappe auf Grundlage oder das üblichere auf der Grundlage wählen. Auf (der) Grundlage der Daten lässt sich sagen, dass beides möglich ist und dass beides als richtig anzusehen ist. Mir persönlich gefällt übrigens die Variante auf der Grundlage besser, doch das könnte einfach auf Gewohnheit beruhen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Eine halb wahre Geschichte oder eine halbwahre Geschichte?

Frage

Können Sie mir die richtige Schreibweise von halbwahr/halb wahr mitteilen?

Antwort

Guten Tag Frau P.,

bei Adjektivverbindungen mit halb an erster Stelle gibt es verschiedene Schreibweisen, die zum Teil von der jeweiligen Bedeutung von halb abhängig sind. Ich werde jedenfalls häufig unsicher, wie es genau sein sollte.

Wenn halb die Bedeutung nicht ganz hat, können Sie getrennt oder zusammenschreiben. Beides ist richtig:

das Glas ist halb voll / das Glas ist halbvoll
ein halb automatisches Dosiersystem / ein halbautomatisches Dosiersystem
eine halb wahre Geschichte / eine halbwahre Geschichte

Das Glas ist nicht ganz voll, das Dosiersystem nicht vollständige automatisch und die Geschichte nicht ganz wahr.

Wenn halb die abschwächende Bedeutung nicht sehr hat, schreibt man nur zusammen:

halbgebildetes Gerede
ein halblautes Gespräch
halblanges Haar

Das Gerede beruht auf mangelhaftem Wissen, das Gespräch ist nicht sehr laut und das Haar nicht sehr lang.

Aber schon bei diesen Beispielen ist zu sehen, dass es nicht immer ganz klar ist, wo der Übergang zwischen abstufendem nicht ganz und abschwächendem nicht sehr ist. Ist zum Beispiel halbfetter Käse nicht ganz fett oder nicht sehr fett? → Im Zweifelsfall eher zusammen (siehe aber unten).

Immer zusammen ist dann zu schreiben, wenn der zweite Teil der Zusammensetzung [so] allein nicht vorkommt:

nur halbherzig mitmachen
eine halbseitige Anzeige
zwei halbwüchsige Kinder

Und in diesen Fällen wird nur getrennt geschrieben:

In Verbindung mit einem zweiten halb (Bedeutung: teils) schreibt man nur getrennt:

halb lachend, halb ernst
ein halb wollenes, halb seidenes Gewebe
eine halb wahre, halb erlogene Geschichte

So viele Worte – und wirklich eindeutig ist es immer noch nicht. So könnte man zum Beispiel hierüber halb wahnsinnig werden, aber nicht halbwahnsinnig …

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Nicht unbedingt falsch: eine Grammatikübung, wo …

Frage

Bei einem der Beiträge hieß es in der Fragestellung: „Es handelt sich um eine Grammatikübung, wo jeweils das Adjektiv zu deklinieren ist.“ Wo wird also als Relativpronomen verwendet. Von einem Lehrer ganz offensichtlich. Nehmen Sie daran keinen Anstoß?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

der Relativanschluss wo ist standardsprachlich nicht richtig, wenn wo anstelle des einfachen Relativpronomens verwendet wird:

nicht: das Buch, *wo ich gelesen habe
sondern nur: das Buch, das ich gelesen habe

nicht: die Grammatikübung, *wo ich gemacht habe
sondern nur: die Grammatikübung, die ich gemacht habe

Man kann aber wo dann relativisch verwenden, wenn eine Ortsangabe gemacht wird. Dann steht wo für eine Verbindung von Präposition und Relativpronomen:

der Ort, wo ich sie getroffen habe
oder: der Ort, an dem ich sie getroffen habe

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen?
oder: Kennst du das Land, in dem die Zitronen blühen?

Das ist die Stelle im Text, wo das Rätsel gelöst wird.
oder: Das ist die Stelle im Text, an der das Rätsel gelöst wird.

Das gilt auch dann, wenn die Ortsangabe in übertragenem Sinne zu verstehen ist:

ein fester Freundeskreis, wo neue Gesichter nicht gerne gesehen werden
oder: ein fester Freundeskreis, in dem neue Gesichter nicht gerne gesehen werden

eine Grammatikübung, wo das Adjektiv zu deklinieren ist
oder: eine Grammatikübung, in der das Adjektiv zu deklinieren ist

Anders und etwas vereinfacht gesagt: Wenn man mit wo fragen kann, ist wo auch als Relativpronomen möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Leipziger Allerlei im Genitiv

Frage

Heute eine Frage zur (Weglassung der) Flexionsendung: Heißt es „wie im Falle des ‚Leipziger Allerlei‘“ oder „wie im Falle des Leipziger Allerleis“? „Leipziger Allerlei“ steht in dem betreffenden Text in Anführungszeichen, deshalb bin ich mir nicht sicher. Meiner Meinung nach müsste es „Allerleis“ heißen. Stimmen Sie mir zu?

Antwort

Guten Tag Herr A.,

richtig ist hier eigentlich die Beugung des Namens des Gerichtes:

im Falle des Leipziger Allerleis
im Falle des „Leipziger Allerleis“

Immer häufiger kommt aber bei Bezeichnungen dieser Art – wie bei Eigennamen mit Artikel (siehe hier) – auch in der Standardsprache die Variante ohne Genitiv-s vor:

im Falle des Leipziger Allerlei
im Falle des „Leipziger Allerlei“

Wie die Beispiele zeigen, spielt es dabei im Prinzip keine Rolle, ob der Name in Anführungszeichen steht oder nicht.

Ich würde hier die Varianten mit der Genitivendung empfehlen, aber bei Leipziger Allerlei ist die endungslose Variante mindestens ebenso üblich. Nicht empfehlen würde das Weglassen der Endung bei Gerichten u. Ä. die noch näher an „gewöhnlichen“ Wörtern liegen. Sie sagen und schreiben also besser nicht des Schwarzwälder Schinken oder eines Wiener Schnitzel, sondern des Schwarzwälder Schinkens und eines Wiener Schnitzels.

Ob mit oder ohne Genitiv-s: Hauptsache, es schmeckt!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Wer nicht weiß, was Leipziger Allerlei ist, schaut zum Beispiel hier nach.