Was immer bei Ihnen am gebräuchlichsten ist: Es möge gelten!
An Weihnachten, zu Weihnachten oder einfach nur Weihnachten
Ob Sie einen Weihnachtsbaum oder einen Christbaum schmücken oder ob bei Ihnen der Weihnachtsmann oder das Christkind die Geschenke darunterlegt, kann verraten, aus welcher Sprachregion Sie (ungefähr) kommen. Aber auch ob Sie etwas an Weihnachten tun, zu Weihnachten tun oder einfach Weihnachten tun, kann ein Hinweis auf Ihre sprachliche Herkunft sein.
In der Schweiz, in Süddeutschland und in Westdeutschland bis nach Westfalen geht man – wenn man geht – an Weihnachten in die Kirche. Im Norden und Osten Deutschlands und in Österreich tut man dies zu Weihnachten. In der nördlichen Hälfte Deutschlands wird daneben auch ganz ohne Präposition Weihnachten zur Kirche gegangen.
Wie diese Verteilung auf einer Karte aussieht, sehen Sie auf der entsprechenden Seite des Atlas zur deutschen Alltagssprache.
Natürlich sind dies verallgemeinernde Angaben. Durch die wachsende Mobilität und den Einfluss der Massenmedien verwischen solche regionalen Sprachgrenzen immer mehr. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie an Weihnachten sagen, obwohl Sie in einer Region wohnen, in der man gemäß der Karte zu Weihnachten sagt.
Ganz egal, ob das Wort Weihnachten bei Ihnen mit an, mit zu oder ohne Präposition steht: Schöne Feiertage!
Dr. Bopp
Stellte es sich als einen Fehler oder als ein Fehler heraus?
Frage
Ich habe eine Frage zur Verbvalenz. Auf die Schnelle habe ich leider auch online […] nichts gefunden, daher wende ich mich jetzt an Sie!
Es geht um Verben wie „herausstellen“. Was ist richtig?
Es stellte sich als einen Fehler heraus.
Es stellte sich als ein Fehler heraus.
Ich weiß nicht, ob ich den Nominativ oder den Akkusativ nehmen muss. Ein anderes Beispiel wäre: „Das Problem stellte sich als ein/einen Fehler heraus.“
[…]
Antwort
Guten Tag Herr M.,
es geht hier um das reflexive Verb sich herausstellen, das mit einer als-Gruppe steht. Dann gilt im heutigen Deutschen das Folgende:
Bei reflexiven und reflexiv verwendeten Verben kann eine als-Gruppe sich theoretisch auf das Subjekt oder auf das Reflexivpronomen sich beziehen. Wenn die als-Gruppe sich auf das Subjekt bezieht, steht sie im Nominativ. Wenn sie sich auf sich bezieht, steht sie im Akkusativ. Im heutigen Deutschen steht meistens der Nominativ (vgl. hier).
Worum es geht, ist wahrscheinlich mit Hilfe einiger Beispiele einfacher zu sehen:
Er spielt sich gern als der große Gönner auf.
Der Komponist empfand sich als ein Vertreter der Moderne.
Der Rottweiler hat sich als guter Wachhund bewährt.
Das Museum präsentiert sich als moderner und multimedialer Erlebnisraum.
Du zeichnest dich als perfekter Gastgeber aus.
Franz betrachtet sich als dein bester Freund.
Die Region stellt sich als einzigartiger Kulturraum dar.
Er empfiehlt sich als neuer Leiter des Chors.
Er empfand sich als deutscher Maler.
Er fühlt sich als großer Gönner.
Dieses Vorgehen erwies sich als ein großer Fehler.
Der Fremde gab sich als Deutscher zu erkennen.
Und entsprechend auch:
Das Problem stellte sich als ein Fehler heraus.
Seltener kommt auch der Akkusativ vor, wenn das Verb bei gleicher Bedeutung auch mit einem Akkusativobjekt stehen kann*:
Er stellt sich als guten, besorgten Vater hin.
üblicher: Er stellt sich als guter, besorgter Vater hin.Der Komponist empfand sich als einen Vertreter der Moderne.
üblicher: Der Komponist empfand sich als ein Vertreter der Moderne.Das Museum präsentiert sich als modernen und multimedialen Erlebnisraum.
üblicher: Das Museum präsentiert sich als moderner und multimedialer Erlebnisraum.Du zeichnest dich als perfekten Gastgeber aus.
üblicher: Du zeichnest dich als perfekter Gastgeber aus.Er sieht sich als den Retter der Menschheit.
üblicher: Er sieht sich als der Retter der Menschheit.
Wenn das Verb (mit einer gewissen Bedeutung) nur reflexiv verwendet wird, ist der Akkusativ veraltet oder er kommt gar nicht vor:
Er spielt sich gern als der große Gönner auf.
(Er spielt sich gern als den großen Gönner auf = veraltet)Der Rottweiler hat sich als guter Wachhund bewährt.
(Der Rottweiler hat sich als guten Wachhund bewährt = veraltet)Das Problem stellte sich als ein Fehler heraus.
(Das Problem stellte sich als einen Fehler heraus = veraltet)Dieses Vorgehen erwies sich als großer Fehler.
Wie so häufig sind die Übergänge bei selten, veraltet und gar nicht fließend. Im Allgemeinen gilt aber, dass man am besten den Nominativ wählt, wenn eine als-Gruppe bei einem reflexiven oder reflexiv verwendeten Verb steht. Das bietet sich als der einfachste Weg an.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
* Mit Akkusativobjekt:
Sie stellen ihn als guten, besorgten Vater hin.
Der Kritiker empfand ihn als einen Vertreter der Moderne.
Das Museum präsentiert den Saal als modernen und multimedialen Erlebnisraum.
Das zeichnet dich als perfekten Gastgeber aus.
Sie sahen ihn als den Retter der Menschheit.
Linksversetzung und Rechtsversetzung
Frage
In den letzten Jahren habe ich gelegentlich eine Satzstellung gehört, die ein Journalist beim Deutschlandfunk […] offenbar zum Markenzeichen entwickelt hat. Ist das eine klassische Form oder ein Trend, das Satzsubjekte voranzustellen und direkt mit einem Personalpronomen wieder aufzugreifen?
Der Präsident, er hat das Land verlassen.
Die Katze, sie begrüßt alle, die ins Haus kommen.
[…]
Antwort
Guten Tag Herr L.,
diese Konstruktion wird in der Regel Linksversetzung genannt. Dabei steht ein Ausdruck links vor einem vollständigen Satz, in dem er durch ein Pronomen oder ein anderes Verweiswort wiederaufgenommen wird. Wo möglich, stehen der Ausdruck und das Verweiswort im gleichen Fall.
Der Präsident, er hat das Land verlassen.
Die Linksversetzung kommt nicht nur beim Subjekt, sondern auch bei anderen Satzteilen vor. Hier ein paar Beispiele:
Diesen Vorschlag, den kannst du am besten gleich wieder vergessen.
Meiner Schwester, ihr musst du danken, nicht mir.
Mit diesem Lügner, mit dem rede ich nicht mehr.
Über eine solche Sache, darüber kann man besser schweigen.
Am ersten Adventssonntag, dann zünden wir die erste Kerze an.
Nach Sizilien, dahin zog es sie schon lange.
Die Linksversetzung kommt vor allem in der gesprochenen Sprache vor. Sie dient meist dazu, etwas besonders hervorzuheben. Bei längeren Ausdrücken kann die Linksversetzung auch der Verdeutlichung der Satzstruktur dienen:
Der Hund, der immer wieder hier herumschnüffelt und den ich schon viele Male weggejagt habe, er läuft schon wieder im Hof herum.
Es ist mir leider nicht bekannt, ob die Linksversetzung speziell im Journalismus oder ganz allgemein häufiger vorkommt als früher. Es könnte sich auch einfach um den persönlichen Sprachgebrauch des Journalisten handeln.
Neben der Linksversetzung gibt es übrigens auch die Rechtsversetzung. Dabei steht ein Ausdruck – wie könnte es anders sein – ganz rechts, also hinter einem vollständigen Satz:
Er hat das Land verlassen, der Präsident.
Den kannst du am besten gleich vergessen, diesen Vorschlag.
Mit dem rede ich nicht mehr, mit diesem Lügner.
Darüber kann man besser schweigen, über eine solche Sache.
Die erste Kerze zünden wir dann an, am ersten Adventssonntag.
Dahin zog es sie schon lange, nach Sizilien.
Auch die Rechtsversetzung gehört vor allem (aber nicht nur) zur gesprochenen Sprache.
Zur Linksversetzung und zur Rechtsversetzung, dazu gäbe es noch einiges zu sagen, aber für diesmal schließe ich es ab, dieses Thema.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Jede Menge trockene/trockener Äste
Frage
Ich hätte wieder einmal eine Frage, Sie können mir sicherlich helfen. Was ist richtig?
Am Waldrand fand er jede Menge trockene/trockener Äste.
Antwort
Guten Tag Frau R.
nach einer ungenauem Mengenangabe wie Anzahl, Fülle, Reihe, Menge usw. kann das Gemessene/Gezählte im Genitiv oder im gleichen Fall wie die Mengenangabe stehen. Dies allerdings nur dann, dann wenn es im Plural steht.
Mit Genitiv (partitiver Genitiv, häufig):
Wir haben Fragen zu einer Anzahl kleinerer Probleme.
Sie stellte eine Reihe neuer Produkte vor.
Eine Gruppe Demonstrierender besetzte das Gebäude.
Am Waldrand fand er eine große Menge trockener Äste.
Mit Kasusangleichnung (partitive Apposition; seltener):
Wir haben Fragen zu einer Anzahl kleineren Problemen.
Sie stellte eine Reihe neue Produkte vor.
Eine Gruppe Demonstrierende besetzte das Gebäude.
Am Waldrand fand er eine große Menge trockene Äste.
Es gibt sogar noch eine dritte Variante (häufig):
Wir haben Fragen zu einer Anzahl von kleineren Problemen.
Sie stellte eine Reihe von neuen Produkten vor.
Eine Gruppe von Demonstrierenden besetzte das Gebäude.
Am Waldrand fand er eine große Menge von trockenen Ästen.
Siehe auch die Angaben in der LEO-Grammatik.
In Ihrem Satz steht aber keine „gewöhnliche“ Mengenangabe, sondern die umgangssprachliche Wendung jede Menge = sehr viel. Das oben Gesagte gilt im Prinzip auch hier, aber am üblichsten ist doch die Kasusangleichung, das heißt, man formuliert gleich, wie wenn sehr viel stünde:
Am Waldrand fand er jede Menge trockene Äste.
(vgl. Am Waldrand fand er sehr viel[e] trockene Äste.)
Das ist eher umgangssprachlich. Etwas formeller gibt es, wie oben gezeigt, diese Varianten:
Am Waldrand fand er eine große Menge trockener Äste.
Am Waldrand fand er eine große Menge trockene Äste.
Am Waldrand fand er eine große Menge von trockenen Ästen.
Es sind also jede Menge verschiedene Formulierungen möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Sieh mal, der Baum! / Sieh mal den Baum!
Frage
Was ist richtig: „Sieh mal, der Baum!“ oder „Sieh mal, den Baum!“?
Antwort
Guten Tag Herr B.,
beides ist richtig. Einen Unterschied gibt es aber der Kommasetzung (und der Aussprache).
Sieh mal, der Baum!
Hier geht es um den Ausruf Sieh mal!, auf den separat im Nominativ folgt, was man beachten soll. Das Komma entspricht einer kurzen Pause in der gesprochenen Sprache. Man könnte auch einen Doppelpunkt oder ein zweites Ausrufezeichen verwenden:
Sieh mal: der Baum!
Sieh mal! Der Baum!
Beim zweiten Satz ist Baum direkt von sehen abhängig (Sieh mal wen oder was?):
Sieh mal den Baum!
Mit dieser eher umgangssprachlichen Äußerung ist gemeint:
Betrachte einmal den Baum!
Sieh dir einmal den Baum an!
Wenn Sie die Äußerung laut aussprechen, hören Sie wahrscheinlich, ob Sie eher Sieh mal, der Baum! (mit Pause) oder Sieh mal den Baum! (ohne Pause) meinen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Der Mond ist nicht aufgegangen, sondern unter – oder unter-?
Frage
In einem Beitrag schreiben Sie hier «klein» ohne Ergänzungsstrich:
Nicht-Substantive werden in Zusammensetzungen mit Bindestrich nur am Wortanfang großgeschrieben, sonst klein.
Früher hätte ich in so einem Fall einen Ergänzungsstrich verwendet, da es vollständig «kleingeschrieben» heißt. Andererseits deutet die Reihenfolge auf eine gewisse Selbständigkeit des Verbzusatzes hin, wir würden schließlich nicht sagen: «Das ist nicht zweiwertig, sondern drei-.» […] Was würden Sie sagen: Mit Ergänzungsstrich oder nicht?
Antwort
Guten Tag Herr P.,
Ihre Frage weist mich auf eine stilistisch nicht allzu schöne Formulierung hin. Da sie aber so im Artikel steht, sollte sie doch richtig geschrieben werden. Doch was ist richtig?
Wenn man den Satz einfach zu sonst kleingeschrieben erweitert, müsste tatsächlich ein Ergänzungsstrich stehen:
Nicht-Substantive werden nur dann großgeschrieben, sonst klein-.
Das sieht aber sehr gewöhnungsbedürftig aus. Ergänzungsstriche am Satzende sind zumindest unüblich.
Lässt man den Ergänzungsstrich weg, muss man den Satz ungefähr so ergänzen: sonst [schreibt man sie] klein:
Nicht-Substantive werden nur dann großgeschrieben, sonst klein.
Man kann auch sagen, dass diese Konstruktion (nur?) dann möglich ist, wenn der abtrennbare eines trennbaren Verbs noch eine relativ eigenständige Bedeutung hat und allein im Vorfeld stehen kann (vgl. hier):
Klein schreibt man Nicht-Substantive, wenn …
Diese Eigenständigkeit kann man dem abtrennbaren Teil auch in der Konstruktion zugestehen, um die es hier geht. Deshalb würde ich eher für die Schreibung ohne Ergänzungsstrich plädieren.
Am besten formuliert man ohnehin anders. Zum Beispiel:
Nicht-Substantive werden nur dann groß- und sonst kleingeschrieben.
Nicht-Substantive werden nur dann großgeschrieben, sonst kleingeschrieben.
Nicht-Substantive werden nur dann großgeschrieben. Sonst schreibt man sie klein.
Ebenso schreibt man besser nicht:
Der Mond ist nicht aufgegangen, sondern unter(-).
Sie hat den Fernseher nicht eingeschaltet, sonder aus(-).
sondern:
Der Mond ist nicht auf-, sondern untergegangen.
Sie hat den Fernseher nicht ein-, sondern ausgeschaltet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Ist man aufs Tiefste oder aufs tiefste getroffen?
Frage
Schreibt man „aufs Tiefste (tiefste) getroffen“ groß oder klein?
Antwort
Guten Tag Frau S.,
hier ist beides richtig, und zwar ohne jeglichen Bedeutungsunterschied:
aufs Tiefste getroffen
aufs tiefste getroffen
In festen Wendungen mit aufs oder auf das und einem Superlativ KANN das Adjektiv groß- oder kleingeschrieben werden, wenn man mit wie? fragen kann (siehe §58(E1) der Rechtschreibregelung). Folgendes ist also auch möglich:
auf das Tiefste getroffen
auf das tiefste getroffen
Hier noch ein paar Beispiele:
Sie haben sich aufs / auf das Köstlichste amüsiert.
Sie haben sich aufs / auf das köstlichste amüsiert.Alles ist aufs / auf das Beste geregelt. (wie?)
Alles ist aufs / auf das beste geregelt. (wie?)Wir heißen Sie aufs / auf das Herzlichste willkommen.
Wir heißen Sie aufs / auf das herzlichste willkommen.
Und damit Sie sich nicht aufs Höchste/höchste wundern, warum beides möglich ist, sei noch dies gesagt:
Die Großschreibung kann man damit erklären, dass das gesteigerte Adjektiv durch den Artikel das, mit dem es steht, substantiviert ist und somit großgeschrieben wird. Vgl.:
Wir hoffen aufs / auf das Beste. (worauf?)
Die Kleinschreibung lässt sich dadurch rechtfertigen, dass man diese Form wie den Superlativ mit am als eine Steigerungsform (einen absoluten Superlativ) interpretieren kann:
gut – besser – am besten / aufs beste
Beide Schreibweisen sind gut vertretbar – offenbar so gut, dass die Rechtschreibregelung die Wahl uns Schreibenden überlässt. Wählen Sie einfach, was Ihnen besser gefällt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Eine zunehmend wichtige/wichtigere Rolle?
Frage
Kürzlich las ich in einer wissenschaftlichen Publikation die Formulierung „eine zunehmend wichtige Rolle“. Da mir nur der Ausdruck „eine zunehmend wichtigere Rolle“ geläufig ist, stutzte ich. Nach kurzem Nachdenken befand ich aber die gelesene Variante für die bessere, da mir „zunehmend“ + Komparativ tendenziell pleonastisch erscheint. Wie sehen Sie das? Mögliche Beispiele wären:
Sie kamen in zunehmend größere Schwierigkeiten.
Sie kamen in zunehmend große Schwierigkeiten.
Man denke auch an einen Fall wie diesen, in dem man von der Verwendung von „zunehmend“, wie mir scheint, überhaupt Abstand nehmen sollte.
Sie wird zunehmend älter.
Sie wird zunehmend alt.
Sie wird älter.
Antwort
Guten Tag Herr K.,
was „richtig“ ist, hängt davon ab, wie viel und welche eigenständige Bedeutung man zunehmend zugesteht. Wörtlich genommen bedeutet es so etwas wie immer mehr. Dann passt in Ihren Beispielen die Grundstufe (Positiv) besser als die Höherstufe (Komparativ)
eine zunehmend wichtige Rolle
zunehmend große Schwierigkeiten
Sie wird zunehmend alt
Etwas weiter weg von der wörtlichen Bedeutung steht zunehmend, wenn es gleich wie immer (also ohne mehr) vor einem Komparativ verwendet wird. Dieses immer gibt vor einem Komparativ eine stetige Steigerung an:
ein zunehmend wichtigere Rolle
zunehmend größerer Schwierigkeiten
Sie wird zunehmend älter.
Ich halte diese Verwendung von zunehmend für (stilistisch) weniger gut, sie kommt aber auch häufig vor und ist entsprechend nicht als falsch anzusehen. Und beim letzten Beispiel haben Sie recht: Manchmal sollte man sich überlegen, zunehmend ganz einfach wegzulassen oder durch immer zu ersetzen.
NB: Sprache ist ist nicht Logik. Strikt wörtlich genommen ist eine zunehmend wichtigere Rolle entweder pleonastisch (es wird zweimal dasselbe ausgedrückt) oder es drückt eine immer schneller verlaufende (exponentielle) Steigerung aus. Im „normalen“ Sprachgebrauch wird aber zunehmend nicht nur mit der Bedeutung immer mehr vor einem Positiv, sondern auch wie einfaches immer vor einem Komparativ verwendet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp.
Mit oder ohne Komma: „Journalisten[,] aufgepasst!“?
Frage
Ich frage mich, ob hier ein Komma hinmuss:
Journalisten aufgepasst!
Eine Untersuchung bei Google zeigt, dass sich viel mehr Treffer für die Variante ohne Komma finden lassen. Ich war vor der Google-Suche fest davon überzeugt, dass nur die Variante mit Komma richtig ist.
Was ist nun richtig? Und um welche Wortart handelt es sich bei „aufgepasst“? […]
Antwort
Guten Tag Herr B.,
nach § 72 der Rechtschreibregelung werden u. A. durch Komma abgetrennt:
Ausdrücke als Zusätze mit besonderer kommunikativer Funktion (z. B. Anreden, Ausrufe)
Kinder, hört doch mal zu. Hört doch mal zu, Kinder. Hört, Kinder, doch mal zu. Du, stell dir vor, was mir passiert ist! Klaus, kommst du mit ins Kino? Heute wünsche ich dir, liebe Mama, alles Gute zum Geburtstag.
Das gilt nach meiner Interpretation auch für Ihr Beispiel:
Journalisten, aufgepasst!
= Journalisten, passt auf!
Die Form aufgepasst! ist ein Satzäquivalent, das für Passt auf! steht. Die Anrede Journalisten ist nicht von aufpassen abhängig, sondern eine direkte Anrede, die außerhalb der Aufforderung steht.
Die Wortform aufgepasst ist ein Partizip II (Partizp Perfekt). Bei einigen wenigen trennbaren Verben wird auch das Partizip II als Aufforderung verwendet (vgl. hier):
Weggetreten!
Stillgestanden!
Hereinspaziert!
Aufgepasst!
Wenn nun angegeben wird, an wen die Aufforderung oder das Kommando sich richtet, ist dies eine Anrede, die durch ein Komma abgetrennt werden sollte:
Abteilung, weggetreten!
Kompanie, stillgestanden!
Meine Damen und Herren, hereinspaziert!
Hereinspaziert, meine Damen und Herren!
Journalisten, aufgepasst!
Aufgepasst, liebe Kinder!
In der freien Sprachwildbahn wird das Komma bei dieser Art von Aufforderung allerdings häufig weggelassen. Es sollte aber aus den oben genannten Gründen gesetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp