Artikellos an Bord

Das Bild des vor der Insel Giglio verunglückten Kreuzfahrtschiffes ist jetzt schon ein Kandidat für das Medienbild des Jahres. Auch die Worte des Offiziers der Hafenbehörde von Livorno an den Kapitän der Costa Concordia sind inzwischen schon fast weltberühmt: „Vada a bordo!“ („Gehen Sie an Bord!“) Er ließ dieser Aufforderung noch einen Kraftausdruck folgen, den man übrigens nicht, wie ich an verschiedenen Stellen gelesen habe, ganz wörtlich mit einer vulgären Bezeichnung für den männlichen Körperteil übersetzen kann. Auf gut Deutsch bekräftige er seinen Befehl mit einem von Herzen kommenden „verdammt nochmal“.

Es geht hier nun nicht um Schuld- und Sicherheitsfragen. Sie sind gerade bei einem Ereignis, bei dem Menschen das Leben lassen mussten, etwas zu groß für einen Blogeintrag an dieser Stelle. Mir fiel bei den Worten „Vada a bordo!“ einfach auf, dass man offenbar auch in der italienischsprachigen Schifffahrt bei gewissen Ausdrücken auf den Artikel verzichtet: a bordo. Vgl.:

an Bord
von Bord gehen
über Bord gehen/werfen

Das Wort Bord erscheint sogar (fast?) nur in solchen Ausdrücken. Wüssten Sie auf Anhieb, ob es der, die oder das Bord ist? Gemäß z. B. DWDS ist dieses Nomen Bord männlich und wurde es früher auch ohne an, von oder über verwendet: der schwankende Bord.

Auch andere Substantive werden in Wendungen aus der Seefahrt ohne Artikel verwendet. Zum Beispiel:

an Deck, auf Deck, unter Deck
an Land
auf See, in See stechen
auf Grund laufen

Eine schöne Erklärung wäre, dass Ausdrücke und Befehle auf einem Schiff kurz und bündig sein mussten, damit man sie auch ganz oben in der Takelage und allgemein bei Sturmdröhnen und Wellendonnern verstehen konnte. Das mag eine Rolle gespielt haben, aber

– nicht alle Wendungen aus der Seefahrt sind nur ohne Artikel gebräuchlich:

am Bug
am Wind, im Wind segeln
über das Heck kentern
über die Toppen flaggen

– artikellose feste Wendungen dieser Art gibt es auch im Bereich der Landratten:

außer Haus
bei Tisch
gegen Abend
ohne Gewähr
zu Bett gehen

Es gibt also feste Wendungen, die ohne Artikel stehen. Es ist mir nicht gelungen, eine Erklärung oder sogar eine Regel zu finden, wann genau diese Artikellosigkeit auftritt. Ich weiß also nicht genau, warum es an Bord gehen und nicht an den Bord gehen heißt oder warum man sagt, dass der Kraftausdruck, der dem Befehl „Vada a bordo!“ folgte, artikellos von Herzen kam. Man muss diese Wendungen bewusst oder unbewusst lernen – wie a bordo zeigt, nicht nur im Deutschen.

Artikellos von Herzen

Frage

Warum heißt es eigentlich von Herzen und nicht vom Herzen? Eine Vermutung: Es handelt sich um einen feststehenden Ausdruck. Julius Cäsar soll einmal gesagt haben „ab imo pectore“, was unserem von ganzem Herzen entspricht. „Ab“ bedeutet im lateinischen von und wurde einfach 1:1 ins Deutsche übersetzt, ohne es unserer Grammatik anzupassen. Hätte man das getan, würde man vom Herzen sagen.

Antwort

Guten Tag T.,

es handelt sich tatsächlich um einen feststehenden Ausdruck, den es im Deutschen schon lange gibt. Eine „ungrammatische“ Übernahme aus dem Lateinischen bezweifle ich, zumal es im Deutschen ja auch die Wendungen von ganzem Herzen und noch wörtlicher aus tiefstem Herzen gibt.

Der Ausdruck ist nicht neu. So dichtete bereits Walther von der Vogelweide (ca. 1170-1230):

ir kumber manicvalter
der tuot mir von herzen wê
[König-Heinrichston, 9-10]

Aus ungefähr 1254 stammt die folgende Zeile von Rudolfs von Ems:

Nu ist mir von herzen lait
[Willehalm von Orlens, 10629]

Später schrieb zum Beispiel der Barockdichter Friedrich von Logau (1605-1655) in seinen „Sinngedichten“:

Deutsche mühen sich jetzt hoch, deutsch zu reden fein und rein;
Wer von Hertzen redet deutsch, wird der beste Deutsche seyn.
[Sinngedichte, II, 8, 13]

Wer die Freundschaft brechen kann, fing sie nie von Herzen an

Und auch bei Goethe geschah hin und wieder etwas von Herzen. So schrieb er 1768:

Wir lieben lange so, bis wir zuletzt erfahren,
Daß wir, statt treu zu sein, von Herzen närrisch waren.
[Die Laune des Verliebten, 4. Auftritt]

Den Ausdruck von Herzen gibt es also schon lange. Es ist deshalb schwierig, zu ergründen, weshalb man im übertragenen Sinne nicht vom Herzen sagen muss. Mir ist es leider nicht gelungen. Als einzige „Erklärung“ könnte ich anführen, dass dies bei festen Wendungen häufiger vorkommt. So kann etwas nicht nur von Herzen geschehen, es kann auch zu Herzen gehen. Auch hier fehlt eigentlich der Artikel. Ebenso zum Beispiel:

an Bord, auf See, außer Konkurrenz, gegen Abend, nach Laune, ohne Gewähr, über Nacht, zu Bett

Im übertragenen Sinne tut man also etwas von Herzen (wie?). Im wörtlich[er]en Sinne (woher?) braucht es dann wieder einen Artikel: Venen führen Blut zum Herzen, arterielles Blut kommt vom Herzen. Und auch wahre Schönheit, sagt ein in der Kosmetikindustrie selten verwendetes Sprichwort, kommt vom Herzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Dattelpalmen, Kamele, Dünen und Wadis

In den nächsten zweieinhalb Wochen werde ich Sie schmählich im Stich lassen. Statt mit Wortbeugung, Verbergänzungen, Kommasetzung und Etymologie werde ich mich mit Dattelpalmen, Kamelen, Dünen und Wadis beschäftigen. Da die Sprache meines Urlaubsziels, das Arabische, für mich ein Buch mit sieben Siegeln ist, werde ich meiner Berufsdeformation auch nicht über die Sprachgrenzen hinweg frönen können. Kurzum: Ferien! Und um wirklich nicht in Versuchung zu kommen, lasse ich den Laptop einfach zu Hause.

Damit auch Sie etwas von meinem Urlaub haben, hier noch eine Frage, die ich mir selbst gestellt habe: Fahre ich nach Oman oder in den Oman?

Offiziell fahre ich in das Sultanat Oman. Das ist in diesem Zusammenhang natürlich nur ein problemvermeidendes Ausweichmanöver. Nach dem Länderverzeichnis des Auswärtigen Amtes für den amtlichen Gebrauch in der Bundesrepublik Deutschland, Duden und Canoonet heißt es Oman. Der Name des Landes steht in der Regel ohne Artikel:

Ich fliege nach Oman.
Die Hauptstadt Omans ist Maskat.

Trotzdem hört und liest man häufiger der Oman und die Hauptstadt des Omans. Das ist nach den oben genannten Angaben standardsprachlich nicht korrekt. Bevor man aber alle, die Oman mit dem männlichen Artikel verwenden, eines groben Fehlers bezichtigt, sollte man wissen, dass die Liste der Staatenbezeichnungen des Eidgenössisches Departementes für auswärtige Angelegenheiten EDA angibt, dass in der Schweiz amtlich der Oman verwendet wird. Es gibt also auch hier wieder einmal mehr als nur eine einzige „Wörterbuchwahrheit“.

Ab dem 11. November bin ich wieder für Sie und Ihre Sprachfragen da. Dann werde ich, inschallah, wieder aus Oman zurückgekehrt sein. In der Zwischenzeit wird der Laden natürlich nicht zugesperrt: Unser Team sorgt dafür, dass die unter www.canoonet.eu angebotenen Sprachdienste wie immer vierundzwanzig Stunden am Tag online zur Verfügung stehen!

Wo bleibt der Artikel in Haus und Garten?

Frage

Schreibt man genießen im Haus und Garten oder genießen in Haus und Garten?

Antwort

Sehr geehrter Herr P.,

was gibt es denn, das man bei den derzeit im deutschen Sprachraum herrschenden Temperaturen und sonstigen Wetterverhältnissen sowohl im Haus als auch im Garten genießen könnte? Wenn es drinnen für etwas nicht zu warm ist, dann ist es bestimmt draußen zu kalt dafür. Doch mit einer Antwort statt einer nicht allzu seriösen Gegenfrage ist Ihnen wahrscheinlich mehr gedient:

Die folgenden beiden Formulierungen sind möglich. Ob Sie

genießen in Haus und Garten

oder

genießen im Haus und im Garten

sagen, ist vor allem eine Frage des Geschmacks oder des Stils. Beides ist richtig. Wenn Sie die Wendung ohne Artikel formulieren (mit in), sehen Sie Haus und Garten eher als abstrakte Einheit. Mit Artikel (im = in dem) sehen Sie das Haus und den Garten eher als konkrete Einheiten. Der Unterschied ist aber subtil – so subtil, dass die beiden Formulierungen meist ohne Bedeutungsunterschied gegeneinander ausgetauscht werden können. Andere Beispiele von solchen, mit und verbundenen Nomenpaaren, die mit oder ohne Artikel stehen können, sind:

die Anreise mit Zug und Bus
die Anreise mit dem Zug und dem Bus

das Interesse an Computer und Internet
das Interesse am Computer und am Internet

Küche und Bad renovieren
die Küche und das Bad renovieren

Sehen Sie hierzu auch diesen Abschnitt in der CanooNet-Grammatik. Es ist übrigens nicht möglich, das heißt standardsprachlich nicht üblich, bei Formulierung mit Artikel das zweite im wegzulassen:

nicht: genießen im Haus und Garten
sondern: genießen im Haus und im Garten

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Im Iran oder in Iran? Ländernamen und der Artikel

Frage

Heißt es in Iran oder im Iran?

Antwort

Guten Tag K.,

die Ländernamen Iran und Irak werden im Deutschen sowohl mit als auch ohne Artikel verwendet:

der Iran oder Iran
im Iran oder in Iran
in den Iran oder nach Iran
aus dem Iran oder aus Iran
die Hauptstadt des Iran[s] oder die Hauptstadt Irans

Beide Varianten sind im Standarddeutschen richtig. Nach dem Länderverzeichnis des Auswärtigen Amtes für den amtlichen Gebrauch in der Bundesrepublik Deutschland  wird in amtlichen Schriftstücken die Variante ohne Artikel verwendet. Außerhalb von amtlichen Schriftstücken ist aber, wie gesagt, auch die Variante mit Artikel richtig und gebräuchlich.

Ähnliches gilt für die folgenden Staatennamen:

der Jemen oder Jemen
der Kongo oder Kongo
der Kosovo oder Kosovo
der Libanon oder Libanon
der Niger oder Niger
der Senegal oder Senegal
der Tschad oder Tschad

Weibliche Ländernamen stehen immer mit dem Artikel:

die Elfenbeinküste
die Mongolei
die Schweiz
die Slowakei
die Türkei
die Dominikanische Republik

Auch Staatenbezeichnungen, die in der Mehrzahl stehen, werden immer vom bestimmten Artikel begleitet. Zum Beispiel:

die Malediven
die Niederlande
die Philippinen
die Seychellen
die Vereinigten Arabischen Emirate
die Vereinigten Staaten von Amerika

Das Nette oder, wenn man es nicht mehr weiß, das Ärgerliche an der Sache ist, dass fast nicht vorherzusagen ist, welche Ländernamen mit dem Artikel stehen. Man muss diese Ausnahmen einfach lernen oder nachschlagen. Nur bei den in der Mehrzahl stehenden Ländernamen ist es etwas einfacher: Sie enthalten entweder ein Wort im Plural (Staaten, Emirate) oder es ist eine Inselgruppe und der Name endet auf -en. Aber auch hier gibt es natürlich Ausnahmen, denn wer weiß zum Beispiel schon auf Anhieb, dass Lande in die Niederlande ein alter Plural von Land ist?

Fortgeschrittene könne sich an die Namen von Regionen und Landstrichen wagen. Dort gibt es nämlich auch noch Namen, die mit dem Artikel das stehen. Zum Beispiel das Burgund, das Elsass, das Saarland (vgl. hierzu Griechenland …) usw.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

In oder im Abschnitt B.2?

Frage

Ich habe eine Frage im Zusammenhang mit einer Formulierung für eine wissenschaftliche Arbeit. An einigen Stellen verweise ich auf andere Abschnitte. Wann muss ich in und wann im verwenden? Gibt es für die Verwendung einen eindeutigen Anhaltspunkt? Hier einige Beispiele:

Auf…wird in/im Abschnitt B.2 eingegangen.
Die…sind in/im Abschnitt B.2 dargestellt.
Die…werden in/im Abschnitt B.2 beschrieben.

Antwort

Sehr geehrt Frau B.,

Verweisungen auf Stellen in Büchern, Artikeln usw. mit nachgestellter Nummerierung (zum Beipsiel: Seite 23, Kapitel 5, Paragraph 7bis) können mit oder ohne Artikel stehen. Wenn sie ohne Artikel verwendet werden, bleiben sie ungebeugt. Zum Beispiel:

… ist auf Seite 23 oder auf der Seite 23 zu finden.
… steht in Kapitel 5–7 oder in den Kapiteln 5–7.
… wird in Paragraph 7bis oder im Paragraphen 7bis erläutert.

Das Gleiche gilt für Abschnitt, Gliederungspunkt usw. Sie können also sowohl in Abschnitt B.2 als auch im Abschnitt B.2 schreiben. Ebenso: in Abschnitt B.2–B.5 oder in den Abschnitten B.2–B.5.

Dies gilt übrigens nur bei nachgestellter Nummerierung. In anderen Fällen kann der Artikel in der Regel nicht weggelassen werden. Zum Beispiel:

im nächsten Abschnitt
im 11. Abschnitt

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Dem Ralf seine Eltern

Frage

Es gab Diskussionen zu folgendem Satz: Das sind dem Ralf seine Eltern. Mein Opa sagte, dieser Satz sei falsch. Richtig müsse es heißen: Das sind Ralfs Eltern. Ist denn der erste Satz so falsch?

Antwort

Sehr geehrter Herr H.,

wenn es um das Hoch- oder Standarddeutsche geht, hat Ihr Opa recht. Man sagt und schreibt:

Das sind Ralfs Eltern.
Das ist Tante Annas Auto.

Formulierungen wie die folgenden gelten im Standarddeutschen als nicht korrekt:

Das sind dem Ralf seine Eltern.
Das ist der Tante Anna ihr Auto

Diese Wendungen gelten als umgangssprachlich oder mundartlich. Woher stammen sie? In vielen Dialekten, vor allem im südlichen deutschen Sprachraum, gibt es (fast) keinen Genitiv. Standardsprachliche Formulierungen wie Ralfs Eltern sind dort also gar nicht möglich, denn Ralfs ist ja eine Genitivform. Besitzverhältnisse im weiteren Sinne werden deshalb mit von+Dativ oder eben dem … sein … bzw. der … ihr … ausgedrückt. Hinzu kommt, dass ebenfalls vor allem in den Dialekten des südlichen deutschen Sprachraums Personennamen in der Regel nur mit Artikel verwendet werden:

der Ralf
die Tante Anna
usw.

Das Fehlen des Genitivs und die Verwendung des Artikels bei Eigennamen führen zu Formulierungen wie dem Ralf seine Eltern. In den jeweiligen Dialekten und Varianten der Umgangssprache sind solche Formulierungen deshalb grammatisch richtig. Sätze mit dem Genitiv wie Wessen Auto ist das? – Das ist Tante Annas Auto (statt Wem sein Auto ist das? – Das ist der Tante Anna ihr Auto) sind dort falsch oder führen zumindest zu hochgezogenen Augenbrauen im Sinne von Was ist denn mit dem/der los? Wenn Sie zum Beispiel bayrisch, schwäbisch oder schweizerdeutsch reden, ist somit gegen dem Ralf seine Eltern gar nichts einzuwenden. Ganz im Gegenteil! Wenn Sie aber danach auf Hochdeutsch umschalten, gilt wie gesagt nur Ralfs Eltern als korrekt.

Sehen Sie hierzu auch diese Grammatikseite.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Geht man ins „Rheingold“ oder in „Das Rheingold“?

Frage

Meine Freundin fragte gestern ihre Mutter, ob sie mit ihr ins Rheingold komme, woraufhin die Mutter fragte, ob das eine Kneipe sei. Meine Freundin hat gelacht und sich gewundert, dass sie die Oper „Das Rheingold“ nicht kenne. Ich sagte, dass man dann auch nicht ins sagen dürfe sondern in „Das Rheingold“ sagen müsse. Können Sie mir sagen, wer recht hat und weswegen?

Antwort

Sehr geehrte Frau D.,

Ihre Freundin hat zwar recht, aber es ist nicht sehr erstaunlich, dass ihre Mutter zuerst meinte, es handle sich um ein Lokal. Die Formulierung ins „Rheingold“ gehen klingt relativ locker, sodass außer vielleicht eingefleischten Opernliebhabern und natürlich Bayreuthern nicht unbedingt jeder als Erstes an ein hehres Wagnerwerk denkt. Aber wie bereits gesagt: Sie hat recht.

Auch in diesem Satz steht ins einfach für in das. Wenn man die Oper „Das Rheingold“ besucht, kann man also sagen, dass man ins „Rheingold“ geht. Man kann übrigens auch sagen, dass man in „Das Rheingold“ geht. In ähnlicher Weise sind beide der folgenden Formulierungen korrekt:

Er tritt in der „Walküre“ auf, die ebenfalls zum „Ring des Nibelungen“ gehört.

oder seltener

Er tritt in „Die Walküre“ auf, die ebenfalls zu „Der Ring des Nibelungen“ gehört.

Werktitel werden üblicherweise gleich gebeugt wie normale Wortgruppen (ins „Rheingold“ gehen). Der gebeugte Artikel wird dabei aus dem Titel gelöst und kann wie ein „normaler“ Artikel mit einer Präposition verschmelzen (vgl. diese Rechschreibregel).

Wenn der Titel nicht gebeugt wird (in „Das Rheingold“ gehen), sollte man unbedingt Anführungszeichen verwenden. Aber auch bei der üblicheren, gebeugten Form empfiehlt sich die Verdeutlichung durch Anführungszeichen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

In beiderseitigem Einvernehmen oder im beiderseitigen Einvernehmen?

Frage

Wie ist die Redewendung richtig: in beiderseitigem Einvernehmen oder im beiderseitigen Einvernehmen? Die Frage ist, ob der bestimmte Artikel dem gebraucht oder nicht. Bei Google steht es 23.000 zu 12.300 für in beiderseitigem.

Antwort

Sehr geehrte Frau B.,

Wörterbücher wie zum Beispiel Duden und DWDS, die Mehrheit der Fundstellen auf Google und mein eigenes bescheidenes Sprachgefühl sind alle für die artikellose Variante in beiderseitigem Einvernehmen. Es gibt viele mehr oder weniger feste Wendungen, bei denen ein Substantiv ohne Artikel steht. Zum Beispiel:

in freundschaftlichem Einvernehmen
in hohem Maße
mit vorzüglicher Hochachtung
zu gegebener Zeit

Mit in beiderseitigem Einvernehmen liegen Sie also immer richtig.

Trotz dieses „3:0-Sieges“ der artikellosen Variante, ist die Variante mit Artikel (im beiderseitigen Einvernehmen) nicht falsch. Sie ist grammatikalisch korrekt formuliert und sie wird auch verhältnismäßig häufig verwendet. Sie ist allerdings weniger üblich und entspricht allerdings nicht der „offiziellen“ festen Wendung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wegfallende Artikelwörter

Frage

Heißt es:

Die anhaltend dynamische Entwicklung der Gruppe ist der beste Beweis dafür, dass wir mit unserer Unternehmensstrategie, unserer ausgeprägten Kundennähe und unserer hohen Servicebereitschaft auf dem richtigen Weg sind.

oder:

Die anhaltend dynamische Entwicklung der Gruppe ist der beste Beweis dafür, dass wir mit unserer Unternehmensstrategie, ausgeprägten Kundennähe und hohen Servicebereitschaft auf dem richtigen Weg sind.

Muss das unserer jedes Mal wiederholt werden?

Antwort

Sehr geehrte Frau K.,

das Wort unserer ist ein Artikelwort. Wiederholte Artikelwörter können im Prinzip nur dann wegfallen, wenn sie in einer Aufzählung stehen, die eine Einheit bezeichnen. Ein paar einfach Beispiele sollen die kurz erläutern.

Ich hole den Wein und den Flaschenöffner.
Nicht: Ich hole den Wein und Flaschenöffner.

Nicht etwas, dass es Probleme beim Öffnen der Flasche gäbe oder der Wein weniger gut schmecken würde, aber der zweite Satz ist so nicht richtig formuliert. Der Artikel den muss wiederholt werden, weil es sich bei Wein und Flaschenöffner um zwei unterschiedliche Einheiten handelt, die offensichtlich beide darauf bestehen, ein eigenes Artikelwort bei sich zu haben.

In anderen Situationen kann ein gemeinsames Artikelwort weggelassen werden, aber nur dann, wenn alle Elemente der Aufzählung die gleiche Person, Sache o. Ä. bezeichnen.

Ich schenke meinem Freund und meinem Nachbarn ein Glas ein.
Ich schenke meinem Freund und Nachbarn ein Glas ein.

Im ersten Fall schenkt man zwei Gläser ein, im zweiten Fall nur eines. Ein Freund und ein Nachbar sind zwei Personen. Ein Freund und Nachbar hingegen ist nur eine Person, die gleichzeitig Freund und Nachbar ist.

Im folgenden Satz ist eine solche Personalunion“ nicht möglich, außer wenn die Gentechnologie äußerst zweifelhafte Fortschritte macht. Deshalb muss das Artikelwort seine hier wiederholt werden:

Er verwöhnt seine Katze und seine Schildkröte sehr.
Nicht: Er verwöhnt seine Katze und Schildkröte sehr.

Diese Regel gilt auch in der Mehrzahl. Der Übergang zwischen einer Einheit und mehreren Einheiten ist dort allerdings oft fließender:

Sie mag die roten und die weißen Burgunderweine.
Sie mag die roten und weißen Burgunderweine.

Im ersten Satz werden die roten und die weißen Weine als separate Gruppen genannt. Im zweiten Satz werden durch das Weglassen des zweiten die alle Burgunderweine zu einer Einheit zusammengefasst (für diejenigen, die es immer ganz genau nehmen: alle Burgunderweine außer den Rosés).

Darf ich dir meine Brüder und meine Schwestern vorstellen?
Darf ich dir meine Brüder und Schwestern vorstellen?

Auch hier fasst der zweite Satz durch das Weglassen des Artikelwortes Brüder und Schwestern zu einer Einheit (Geschwister) zusammen.

Und somit sind wir endlich bei der obenstehenden Frage angelangt: Die drei mit unserer eingeleiteten Elemente im Beispielsatz bezeichnen nicht die gleiche Einheit. Es ist deshalb besser, das Artikelwort unser zu wiederholen:

Die anhaltend dynamische Entwicklung der Gruppe ist der beste Beweis dafür, dass wir mit unserer Unternehmensstrategie, unserer ausgeprägten Kundennähe und unserer hohen Servicebereitschaft auf dem richtigen Weg sind.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp