Die Kommasetzung bei »wenn nicht – so doch«

Frage

Ich möchte Sie gern zu folgendem Satz fragen, ob es vor der Konjunktion wenn“ ein Komma braucht und warum dies so ist bzw. nicht so ist.

Viele verbinden Anarchismus(,) wenn nicht mit »Chaos« und »Apokalypse«, so doch mit einer längst vergangenen Zeit.

Antwort

Guten Tag Frau F.,

hier sollte kein Komma vor wenn stehen. Die Fügung wenn nicht – so doch (ebenso zum Beispiel wenn nicht – dann und wenn auch – so doch) verbindet wie eine mehrteilige Konjunktion Satzteile miteinander. Wenn der erste Satzteil in den Satz integriert ist, steht kein Komma vor wenn. Vor so doch steht immer ein Komma:

Sie bereiteten uns ein wenn nicht opulentes, so doch sättigendes Mahl.

Ich habe wenn auch nur mit wenigen, so doch mit den wichtigsten Leuten gesprochen.

Viele verbinden Anarchismus wenn nicht mit »Chaos« und »Apokalypse«, so doch mit ­einer längst vergangenen Zeit.

Wenn die aufgezählten Satzteile nachgetragen sind, steht auch vor wenn ein Komma:

Sie bereiteten uns eine Mahlzeit, wenn nicht opulent, so doch sättigend.

Ich habe mit verschiedenen Leuten gesprochen, wenn auch nur mit wenigen, so doch mit den wichtigsten.

Viele verbinden Anarchismus mit Negativem, wenn nicht mit «Chaos» und «Apokalypse», so doch mit einer längst vergangenen Zeit.

Man kann die Kommasetzung bei wenn nicht – so doch mit derjenigen bei einer mehrteiligen Konjunktion wie nicht nur – sondern auch vergleichen (nur die Kommasetzung, nicht die Bedeutung):

Viele verbinden Anarchismus nicht nur mit »Chaos« und »Apokalypse«, sondern auch mit einer längst vergangenen Zeit.

Nicht vor jedem wenn muss also ein Komma stehen. Solche  Ausnahmefälle machen die Kommasetzung wenn auch nicht zu einem Ding der Unmöglichkeit, so doch häufig zu einer Herausforderung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Und auch schreibt man am Satzanfang besser nicht „und auch“

Frage

Irgendwie kommt mir folgender Satz komisch vor:

Und auch brauche ich Informationen …

Dabei ist „und“ Position 0, „auch“ Position 1 und das Verb steht auf Position 2 – alles in Ordnung – oder? Der Satz „Auch brauche ich mehr Geduld und Toleranz“ scheint mir richtig zu sein. Mit einem „Und“ davor hört es sich falsch an. Warum?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

Ihre Beispielsätze klingen mit und am Anfang tatsächlich seltsam. Richtig ist, dass sie ohne und so lauten:

Auch brauche ich Informationen …
Auch brauche ich mehr Geduld und Toleranz.

Weiter gilt, dass mit und selbstständige Sätze miteinander kombiniert werden können. Dabei kann man und nach einem Punkt an den Anfang des zweiten Satzes stellen. Da es eine Konjunktion ist, gehört es nicht zum Satz und nimmt die Position 0 ein:

Und auch brauche ich Informationen …
Und auch brauche ich mehr Geduld und Toleranz.

Das müsste theoretisch richtig sein, so klingt es aber nicht. Warum? Es ist unnötig doppelt ausgedrückt. Und und auch haben hier am Satzanfang dieselbe Funktion und drücken ungefähr dasselbe aus. Am Satzanfang hat allein stehendes auch (fast) die gleiche Funktion wie und, nämlich Sätze miteinander zu verknüpfen. Wir haben es bei den beiden Sätzen oben also mit einer doppelten Verknüpfung zu tun.

Wenn man auch ins Satzinnere verschiebt, hat es offenbar eine weniger starke verbindende Funktion, denn dann ist die Kombination mit und möglich:

Und ich brauche auch Informationen …
Und ich brauche auch mehr Geduld und Toleranz.

Und wenn man auch am Satzanfang durch ein anderes Wort ersetzt, wird es noch besser:

Und weiter/zusätzlich brauche ich Informationen …
Und außerdem brauche ich mehr Geduld und Toleranz.

Man sollte also Und auch am Satzfang vermeiden, da und und auch dort ungefähr die gleiche Funktion haben. Es reicht, eines von beiden zu wählen. Häufig ist es sowieso besser, mit Wörtern wie außerdem, weiter oder zusätzlich anzuschließen.

Ist Und auch am Satzanfang immer zu vermeiden? Es wäre natürlich viel zu schön, wenn es so einfach wäre. Die Einschränkung gilt dann, wenn auch allein an erster Stelle steht, das heißt, wenn nach ihm gleich das Verb folgt. Wenn auch Teil des Satzgliedes ist, das an erster Stelle vor dem Verb steht, ist Und auch möglich:

Und auch ich finde, dass es so nicht weitergehen kann.
Und auch mit der Wahlbeteiligung war die Kommission zufrieden.

Ganz ohne weiteren Zusammenhang, sehen diese Sätze vielleicht nicht allzu schön aus, aber im richtigen Kontext können sie gut passen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Ferienhäuser, -wohnungen und Wohnmobile“: Ergänzungsstrich und Komma in Aufzählungen

Frage

Ich habe eine Frage zu Ergänzungsstrichen. Müssen in Aufzählungen wie dieser die ersten beiden Begriffe mit einem „und“ verbunden werden oder kann man so formulieren?

Wir vermieten Ferienhäuser, -wohnungen und Wohnmobile.

Oder muss es so heißen:

Wir vermieten Wohnmobile, Ferienhäuser und -wohnungen.

Antwort

Guten Tag Herr O.,

es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, hier ohne und zu formulieren, aber es „holpert“ ein bisschen, und wenn man es ausspricht, ist nicht leicht verständlich, was genau gemeint ist. Es ist besser, Aufzählungen dieser Art ohne Weglassung zu formulieren oder alle Teile mit zum Beispiel und oder sowie zu verbinden:

besser nicht:
Wir vermieten Ferienhäuser, -wohnungen und Wohnmobile.
sondern:
Wir vermieten Ferienhäuser, Ferienwohnungen und Wohnmobile.

besser nicht:
Export-, Importfirmen und Produzenten sind vertreten.
sondern:
Export- und Importfirmen sowie Produzenten sind vertreten.
Exportfirmen, Importfirmen und Produzenten sind vertreten.

besser nicht:
ein-, mehrfarbig oder schwarzweiß
sondern:
ein- oder mehrfarbig oder schwarzweiß
einfarbig, mehrfarbig oder schwarzweiß

Nicht immer ist es also besser, so viel wie möglich abzukürzen. Wiederholung kann verdeutlichend sein.

In Aufzählungen wie den folgenden können aber dennoch problemlos Ergänzungsstrich und Komma kombiniert werden. Alle Elemente haben einen gemeinsamen Wortteil:

Wir vermieten Ferienhäuser, -wohnungen und -zimmer.
Export-, Import- und Produktionsfirmen sind verteten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Kann oder muss bei aufgezählten bloßen Infinitiven ein Komma stehen?

Frage

Ich habe mich gefragt, ob eine Reihung von Infinitivgruppen eine Auswirkung auf die Kommasetzung hat. Ich hoffe, dass Sie mir hiermit weiterhelfen können.

Es ist schön(,) zu tauchen.

Das Komma vor dem einfachen Infinitiv mit zu ist optional, auch wenn er durch es angekündigt wird.

Es ist schön(,) zu tauchen und zu schnorcheln.
Es ist schön(,) zu tauchen und die Unterwasserwelt zu genießen.

Ändert sich bei der Kommasetzung etwas, wenn mit und ein einfacher Infinitiv oder ein erweiterter Infinitiv hinzugefügt wird? Gilt das dann als einfacher Infinitiv mit zu, der näher beim übergeordneten Satz steht und dem noch irgendetwas folgt, oder bilden die Infinitivgruppen eine Einheit, die als erweiterter Infinitiv mit zu angesehen wird?

Antwort

Guten Tag Herr R.,

in der amtlichen Rechtschreibregelung steht Folgendes zu den Ausnahmen, bei denen das sonst obligatorische Komma fakultativ ist:

§ 75 E1: Wenn ein bloßer Infinitiv vorliegt, können in den Fallgruppen (2) und (3) die Kommas weggelassen werden, sofern keine Missverständnisse entstehen:
Den Plan(,) abzureisen(,) hatte sie schon lange gefasst. Die Angst(,) zu fallen(,) lähmte seine Schritte. Thomas dachte nicht daran(,) zu gehen.

Dazu passt Ihr erster Beispielsatz:

Es ist schön(,) zu tauchen.

Was genau ein „bloßer Infinitiv“ ist, wird nicht definiert. Bei den Beispielen findet sich aber immer nur ein einzelner Infinitiv Präsens Aktiv. Es ist deshalb üblich, davon auszugehen, dass in allen anderen Fällen ein Komma gesetzt werden sollte:

Es wäre schön, eingeladen zu werden (Infinitiv Präsens Passiv)
Es freut mich, mitgemacht zu haben (Infinitiv Perfekt Aktiv)
Es ist schön, zu tauchen und zu schnorcheln (Reihung bloßer Infinitive)

Entsprechend ebenfalls mit Komma:

Es ist schön, zu tauchen und die Unterwasserwelt zu genießen.

Diese Fälle sind, wie gesagt, nicht explizit in der Rechtschreibregelung erwähnt. Es ist aber immer zu empfehlen, ein fakultatives Komma zu setzen, wenn man zweifelt, ob es wirklich fakultativ ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das Semikolon bei Aufzählungen

Erwarten Sie hier keine ehernen Gesetze. Bei der Verwendung des Semikolons (Strichpunkts) in Aufzählungen haben Sie eine recht große Freiheit.

Frage

Wie verhält es sich, wenn innerhalb einer Aufzählung bei einem Aufzählungsglied ein weiteres Komma vorkommt? Die Frage habe ich mir gestern bei folgendem Satz gestellt:

Man kann sich mit anderen im Forum austauschen, neue Düfte entdecken; verschiedene Sammlungen anlegen, um seine Parfüms zu organisieren; interessante Artikel lesen und vieles mehr.

Ich habe Semikolons gesetzt, damit klar ist, dass es sich bei „verschiedene Sammlungen anlegen, um seine Parfüms zu organisieren“ um ein einzelnes Aufzählungsglied handelt. Eigentlich wäre das ja auch ohne Semikolons klar. Ist das Semikolon da eine passende Lösung?

Antwort

Guten Tag Herr V.,

die Aufzählung in Ihrem Satz ist auch ohne Semikolon oder Strichpunkt gut lesbar und verständlich:

Man kann sich mit anderen im Forum austauschen, neue Düfte entdecken, verschiedene Sammlungen anlegen, um seine Parfüms zu organisieren, interessante Artikel lesen und vieles mehr.

Sie können die Aufzählung aber auch mithilfe von Semikolons gliedern. Dabei gilt: Wenn das Semikolon in Aufzählungen verwendet wird, steht es üblicherweise zwischen allen gleichrangigen Elementen der Aufzählung. Sie sollten also zwischen allen Aufzählungsgliedern ein Semikolon verwenden:

Man kann sich mit anderen im Forum austauschen; neue Düfte entdecken; verschiedene Sammlungen anlegen, um seine Parfüms zu organisieren; interessante Artikel lesen und vieles mehr.

In der Rechtschreibregelung steht das folgende Beispiel für eine mögliche Verwendung des Semikolons bei Aufzählungen:

Unser Proviant bestand aus gedörrtem Fleisch, Speck und Rauchschinken; Ei- und Milchpulver; Reis, Nudeln und Grieß.

Andere Beispiele sind:

Die Abfahrtzeiten sind: Berlin Flughafen BER, 22.35; Halle, 00.30; Bayreuth Hbf 03.00; Nürnberg ZOB 4.10.

Satzzeichen mit mehr als einem Namen sind zum Beispiel: das Komma oder der Beistrich; das Semikolon oder der Strichpunkt; der Doppelpunkt oder das Kolon (veraltet); die Anführungszeichen oder Gänsefüßchen (umgangssprachlich).

Sie hat zu Hause einen Mann, der wegen seiner Hobbys „kaum Zeit hat“; zwei Pubertierende, die sich lieber langweilen, als auch nur das Geringste aufzuräumen; drei Katzen, die ganzjährig haaren, und einen Fulltime-Job, der sie vollständig in Anspruch nimmt. Sie fühlt sich zu Recht nicht allein für die Hausarbeit verantwortlich.

In keinem der Beispiele sind die Semikolons obligatorisch, das heißt, überall sind auch Kommas möglich. Es liegt in Ihrem Ermessen, wann Sie Semikolons für die Verdeutlichung komplexerer Aufzählungen verwenden möchten. Sie sollten dabei ggf. nur dafür sorgen, dass zwischen allen gleichrangigen Elementen der Aufzählung ein Semikolon steht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp