In beiderseitigem Einvernehmen oder im beiderseitigen Einvernehmen?

Frage

Wie ist die Redewendung richtig: in beiderseitigem Einvernehmen oder im beiderseitigen Einvernehmen? Die Frage ist, ob der bestimmte Artikel dem gebraucht oder nicht. Bei Google steht es 23.000 zu 12.300 für in beiderseitigem.

Antwort

Sehr geehrte Frau B.,

Wörterbücher wie zum Beispiel Duden und DWDS, die Mehrheit der Fundstellen auf Google und mein eigenes bescheidenes Sprachgefühl sind alle für die artikellose Variante in beiderseitigem Einvernehmen. Es gibt viele mehr oder weniger feste Wendungen, bei denen ein Substantiv ohne Artikel steht. Zum Beispiel:

in freundschaftlichem Einvernehmen
in hohem Maße
mit vorzüglicher Hochachtung
zu gegebener Zeit

Mit in beiderseitigem Einvernehmen liegen Sie also immer richtig.

Trotz dieses „3:0-Sieges“ der artikellosen Variante, ist die Variante mit Artikel (im beiderseitigen Einvernehmen) nicht falsch. Sie ist grammatikalisch korrekt formuliert und sie wird auch verhältnismäßig häufig verwendet. Sie ist allerdings weniger üblich und entspricht allerdings nicht der „offiziellen“ festen Wendung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ist die Sache die oder der Mühe wert?

Frage

Ist es der Mühe wert? Oder ist es vielleicht die Mühe wert? Ich weiß es nicht…

Wie Sie sehen, bin ich im Zweifel befangen, und um mich nicht zu verhaspeln, frage ich lieber gleich einen Gstudierten: Wenn es der Mühe wert ist, müsste es auch eines Versuches wert sein. Ebenso sollte Rom einer Reise wert sein. Viel gebräuchlicher hingegen scheint mir, dass Rom eine Reise und es einen Versuch wert ist. Ich vermute einmal, dass wohl beide Varianten vertretbar sind, allein welche ist die richtigere?

Antwort

Sehr geehrter Herr H.,

auch der „Gstudierte“ wusste nicht gleich die Antwort auf diese Frage. Zum Glück gibt es aber „gscheite“ Bücher, die einem wieder auf die Sprünge helfen. Der Ausdruck wert sein kann mit dem Akkusativ und mit dem Genitiv stehen. Mit dem Akkusativ (etwas wert sein) bedeutet er einen bestimmten Wert haben oder den Aufwand, die Mühe lohnen:

Das ist viel Geld wert.
Das ist keinen Cent wert.

Rom ist eine Reise wert
Das ist einen Versuch wert.

Mit dem Genitiv (einer Sache wert sein) ist die Bedeutung würdig sein, verdienen:

Sie sind unseres Vertrauens wert.
Ihr Verhalten ist größter Bewunderung wert.
Das ist nicht der Rede wert. (= Das ist es nicht würdig, erwähnt zu werden.)

Unsere Unsicherheit ist wohl darauf zurückzuführen, dass man viele Wörter mit beiden Bedeutungen von wert sein verwenden kann und dass die Bedeutungen die Mühe lohnen und würdig sein manchmal gar nicht so weit auseinanderliegen:

Diese Sache ist die Mühe wert. = Es lohnt sich, sich für diese Sache Mühe zu geben.
Diese Sache ist der Mühe wert. = Diese Sache verdient es, dass man sich Mühe gibt.

Je nachdem, welche dieser beiden Bedeutungen Sie eher meinen, verwenden Sie also den Akkusativ (die Mühe wert sein) oder den Genitiv (der Mühe wert sein).

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

für euch zwei Hübsche(n)?

Frage

Zu Ostern haben wir in unserer Familie eine Diskussion. Folgender Satz wurde hart diskutiert:

Liebe Oma und lieber Opa,
wir laden Euch zwei Hübsche am Mittwoch ein ….

Oder heißt es:

Liebe Oma und lieber Opa,
wir laden Euch zwei Hübschen am Mittwoch ein …

Antwort

Sehr geehrter Herr R.,

Hoffentlich haben Sie nicht allzu hart diskutiert. Beide Formulierungen sind nämlich möglich. Das substantivierte Adjektiv Hübsche wird hier als eine nähere Bestimmung oder Beifügung zu einem Personalpronomen (euch) verwendet. Im Prinzip gilt dabei, dass das Adjektiv stark gebeugt wird:

ich Armer (m.) resp. ich Arme (w.)
du Liebes
mir Unglücklichem (m.) resp. mir Unglücklicher (w.)
usw.

Im Plural wird hier aber manchmal auch schwach gebeugt. Im Nominativ Plural wird sogar häufiger schwach als stark gebeugt:

schwach: wir Deutschen neben stark: wir Deutsche
schwach: ihr zwei Hübschen neben stark: ihr zwei Hübsche

Im Akkusativ Plural – um einen solchen handelt es sich in Ihrem Beispielsatz – ist die schwache Beugung weniger üblich, sie kommt aber vor:

stark: für uns Deutsche neben selten schwach: für uns Deutschen
Stark: wir laden Euch zwei Hübsche ein neben selten schwach: wir laden euch zwei Hübschen ein.

In diesem Fall sind also beide Formen möglich, zumal es sich bei Ihrer Einladung um eine eher umgangssprachliche Formulierung handelt. Standardsprachlich ist allerdings im Akkusativ Plural die starke Form mit der Endung -e vorzuziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Liebe Auszubildende(n)?

Frage

Ich habe eine Frage zur Flexion von substantivisch verwendeten Partizipien: Wenn ich meine Azubis anschreiben möchte, heißt es dann Liebe Auszubildende oder Liebe Auszubildenden?

Antwort

Sehr geehrte Frau S.

Die richtige Anrede lautet in diesem Fall:

Liebe Auszubildende

Das Partizip wird hier wie ein substantiviertes Adjektiv verwendet. Es muss deshalb wie ein ohne Artikelwort stehendes Adjektiv gebeugt werden. Es hat die gleiche Endung wie das vor ihm stehende Adjektiv liebe.

Ohne Artikelwort stehende Adjektive werden stark gebeugt und Anreden stehen im Nominativ. Daraus folgt, dass die beiden Wörter in der Anrede die folgende Form haben müssen: Nominativ Plural starke Flexion.

  • Die Endug des Nominativ Plural der starken Flexion ist -e (vgl. Sie sind auszubildende Jugendliche)
    => Auszubildende
  • Die Regeln zur Deklination von substantivieren Adjektiven, die einem deklinierten Adjektiv folgen, stehen hier.
    => Liebe Auszubildende

Andere Beispiele sind:

Lieber Auszubildender
Liebe Studierende
Sehr geehrte Beamtinnen und Beamte

Die Anrede mit der Endung en (Liebe Auszubildenden) wird wohl in Anlehnung an die Pluralform mit Artikelwort (die Auszubildenden) oder Anreden mit anderen Wörter (zum Beispiel Liebe Kollegen) gebildet. Sie kommt recht häufig vor, ist aber als falsch anzusehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Der Vorstandsvorsitzende der Deutsche(n?) Post AG

Das liechtensteinische Bankgeheimnis und die deutsche Steuerhinterziehungsaffäre haben mich an eine schon etwas weiter zurückliegende Frage erinnert. Dabei geht es nicht darum, wie man die Bank nennt, die Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein „mitbesitzt“: Erbprinz Alois’ Bank, Erbprinzen Aloisens Bank oder dem Erbpinz Alois seine Bank? (Die erste Version ist die richtige; auch im Deutschen kann oder muss man manchmal im Genitiv einen Apostroph verwenden.) Nein, es geht hier um den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post AG – oder heißt es der Deutsche Post AG?

Frage

Bei meinen Kollegen ist folgende Diskussion aufgekommen: Heißt es

die Aktien der Deutsche Post AG
die Aktien der Deutschen Post AG
die Aktien von der Deutsche Post AG
die Aktien von Deutsche Post AG

Antwort

Sehr geehrte Frau K.,

die beiden folgenden Varianten sind korrekt:

die Aktien der Deutschen Post AG
die Aktien der Deutsche Post AG

Im Allgemeinen gelten Abkürzungen wie AG und GmbH in Firmennamen als Zusätze (fachsprachlich: Appositionen) zum eigentlichen Firmennamen. Für die Deutsche Post AG heißt das, dass Deutsche Post der Kern des Namens ist, der auch dekliniert wird:

die Aktien der Deutschen Post AG

Wenn aber die Rechtsform der Firma betont wird, dann ist AG resp. GmbH der Kern des Namens und bleibt Deutsche Post ungebeugt:

die Aktien der Deutsche Post Aktiengesellschaft

oder eben

die Aktien der Deutsche Post AG

Beide Varianten werden allgemein verwendet und kommen auch auf den Webseiten der Deutschen Post vor (mit n, ohne n). Die Formulierungen mit von anstelle des Genitivs sind stilistisch sehr unschön resp. falsch.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Nachtrag:

Die Antwort auf die am Anfang gestellte Frage lautet also, dass beides möglich ist:

der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post AG
der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Post AG

Die gebeugte Variante gefällt mir persönlich allerdings besser. Weil ich mich nicht so viel mit Aktien, Aktiengesellschaften und Ähnlichem beschäftige, ist das AG für mich eben doch nur ein Anhängsel.

Hompage des Musikverein Eintracht – Wo bleibt das s?

Frage

Gibt es irgend einen Grund, warum man sehr häufig schreibt: „Konzert des Musikverein XXX“ ohne dabei ein s nach Musikverein anzuhängen?

Antwort

Sehr geehrter Herr K.,

in mehrteiligen Namen von Institutionen, Betrieben, Vereinigungen usw. wird das zentrale Wort manchmal ohne Endung verwendet, auch wenn es im Genitiv steht und eigentlich eine Endung haben müsste. Zum Beispiel:

auf der Homepage des Musikverein Eintracht
die Präsidentin des Verband der Deutschen Möbelindustrie
im Auftrag des Zweiten Deutschen Fernsehen

Das hat vielleicht damit zu tun, dass man sich scheut, einen „feststehenden“ Namen durch die Verwendung einer Endung zu „verändern“. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass die Endung weggelassen wird, wie dies bei mit Artikel stehenden Personennamen geschehen muss:

Johann Sebastian Bachs Kompositionen
aber endungslos: die Kompositionen des Johann Sebastian Bach
(Siehe Regel)

Ob dies die Gründe sind oder ob es eine weitere Erklärung gibt, müssten genauere Untersuchungen ausweisen. Die Endungslosigkeit gilt hier in jedem Fall standardsprachlich als nicht korrekt. Richtig muss es also bei dieser Art von Eigennamen immer heißen:

auf der Homepage des Musikvereins Auenberg
die Präsidentin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie
im Auftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Blutbäder oder Blutbade?

Bemerkung

Anfang Jänner berichtete Ingrid Turnherr im ORF in der Nachrichtensendung „Zeit im Bild“ über Blutbäder im Irak. Grammatikalisch stimmt es so. Aber gefühlsmäßig hätte ich Blutbade gesagt um einen Unterschied zu Badeanstalten mit Bademeistern herzustellen.

Reaktion

Sehr geehrter Herr W.,

nach allen mir zur Verfügung stehenden Quellen lautet die korrekte Mehrzahlform von Blutbad: die Blutbäder. So auch in Canoonet. Dies entspricht der allgemeinen im Deutschen geltenden Regel, dass zusammengesetzte Wörter gleich gebeugt werden, wie der rechts stehende Wortbestandteil (siehe Wortbildung).

Das Wort Bad hat in allen Bedeutungen (Flüssigkeitsmenge, das Baden, Badezimmer, Badeanstalt) den Plural Bäder. Auch ein Bad in der Menge muss – wenn Prominente so gerne im Mittelpunkt stehen, dass sie es einfach nicht lassen können – in der Mehrzahl Bäder in der Menge lauten. Bei der Form Bäder handelt es sich also nicht nur um Badeanstalten, sondern ebenfalls um die Mehrzahl von Bad in anderen, auch übertragenen Bedeutungen. Ein neue, differenzierende Mehrzahlform anstelle von Blutbäder ist in diesem Sinne also gar nicht notwendig.

Es steht Ihnen im Rahmen der dichterischen Freiheit natürlich frei, trotzdem den Plural Blutbade zu verwenden. Strengere Grammatiker und Deutschlehrer werden Sie dann allerdings darauf hinweisen, dass dies nicht die grammatikalisch korrekte Mehrzahlform ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Einen anderen Aspekt zusammengesetzter Wörter behandelt der Blogeintrag Stahlaktenschrank.

Der Mercedes/die Mercedizes? Plural von Autonamen

Frage

[…] Die allerletzte Frage, die leider auch Canoo nicht beantworten konnte, ist die Frage, ob der Plural von Mercedes in nachfolgendem Beispielsatz korrekt ist:

Sie parkten ihre Mercedizes, um im benachbarten Freizeitpark zu grillieren.

Antwort

Sehr geehrter Herr D.,

Mercedizes klingt zwar ausgesprochen wissenschaftlich und gebildet, lässt sich aber weder durch historische noch durch moderne Wortbeugung erklären.

Der Autoname Mercedes geht auf Mercédès Jellinek, die Tochter des Geschäftsmannes und Autoliebhabers Emil Jellinek, zurück. Er ließ Anfang des letzten Jahrhunderts bei Daimler mehrere Autos bauen und verlangte, dass die Modelle nach dem Kosenamen seiner Tochter Mercedes genannt würden. Gehen wir noch weiter zurück: Der Name Mercedes ist spanisch. Es ist der Plural von merced, das unter anderem Gnade, Gunst bedeutet. Das spanische Wort wiederum geht auf das lateinische merces, mercedis zurück. Etymologisch gesehen handelt es sich also um einen Mädchennamen und weiter zurück um eine spanische Pluralform. Hier findet sich somit keine Begründung für eine Pluralform auf -izes. Im Deutschen kommt diese Pluralform eigentlich nur bei Fremdwörtern vor, die im Lateinischen einen Plural auf -ices haben.

Zurück in die Moderne: Im modernen Sprachgebrauch werden Pluralformen von Autonamen vielfach mit -s gebildet: Audis, BMWs, Smarts, Peugeots, Toyotas, Alfa Romeos usw. Andere wiederum sind endungslos: die Chrysler, die Rover, die Opel. Letzteres ist wohl so, weil männliche Wörter auf unbetontes -el und -er im deutschen meist einen endungslosen Plural haben (vgl. die Bäcker, die Computer, die Esel). Und bei Mercedes wird – wohl in Anlehnung an Busse, Ibisse, Atlasse usw. – häufig die Pluralform Mercedesse verwendet. Diese Form halte ich auch für die beste, da sie sich naht- und mühelos in die Sprachsystematik des Deutschen einordnet. In meinen Augen weniger schön aber ebenfalls recht häufig ist die blässliche, jegliches Risiko scheuende Pluralvariante ohne Endung: die Mercedes.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

unser beider Hund

Heute wieder einmal eine etwas spezialistischere Frage: Es geht um eine nicht mehr allzu häufig benutzte, aber deswegen nicht weniger schöne Ausdrucksweise mit dem Genitiv.

Frage
Als Kenner der alten Sprachen hat sich mir neulich ein Problem bei einer lebenden aufgetan. Es handelt sich um ein Problem aus meiner Muttersprache: Der Satz Unser beider Hund läuft schnell ist zwar nicht ganz alltäglich, aber erscheint doch den meisten als grammatikalisch korrekt.

Meine Frage dazu: Kann man die Kombination unser beider (respektive auch euer beider, unser aller etc. pp.) beugen? Im Deutschen habe ich beispielsweise mit dem Satz Ich liebe unser beider Hund ein Problem. Auch Ich liebe unseren beider Hund erscheint mir fremd. Ebenso Unsere beider Schlange … oder Unser beider Schlange …

Antwort
Sehr geehrter Herr H.,

Wortgruppen wie unser beider, unser aller usw. lassen sich beugen, aber nicht in dem Sinne, wie sie wahrscheinlich meinen. Es handelt sich um die Kombination eines Personalpronomens mit alle resp. beide. Solche Wortgruppen werden in folgender Weise gebeugt:

Nom: wir alle, wir beide
Akk: uns alle, uns beide
Dat: uns allen, uns beiden
Gen: unser aller, unser beider

In Ihrem Beispielsatz ist unser beider ein Genitivattribut, das das Nomen Hund bestimmt:

Wessen Hund? – unser beider Hund.

Im Normalfall werden Besitzverhältnisse im weiteren Sinne nicht durch Personalpronomen, sondern durch Possessivpronomen ausgedrückt:

Wessen Hund? – unser Hund.
Wessen Hund? – euer Hund.
Wessen Hund? – ihr Hund.

Nur in Verbindung mit aller und beider kommen die Genitivformen des Personalpronomens noch mit dieser Funktion vor:

Wessen Hund? – unser aller Hund.
Wessen Hund? – euer beider Hund.
Wessen Hund? – ihrer aller Hund.

Sie bemerken, dass in diesen Beispielen die Form des Personalpronomens sich nur in der dritten Person Plural von der Form des Possessivpronomens unterscheidet: ihr vs ihrer. Anders sieht es in einem anderen Kasus oder bei einem weiblichen Bezugswort aus.

Ohne wen oder was können wir nicht mehr leben?
– ohne unseren Freund, das Handy
– ohne unser aller Freund, das Handy

Wessen Unterstützung bieten wir an?
unsere Unterstützung.
unser beider Unterstützung.

Wie es für alle Genitivattribute gilt, verändern sich auch die Genitivattribute dieser Art nicht, wenn die Nomengruppe dekliniert wird:

Nom: Unser aller Interesse ist das faire Miteinander.
Akk: Es geht mir um unser aller Interesse.
Dat: Es ist in unser aller Interesse.
Gen: die Wahrung unser aller Interesses

Sie sehen also, dass unser beider Schlange und Ich liebe unser beider Hund korrekt formuliert sind. Es klingt wohl deshalb ziemlich fremd in den Ohren, weil unser beider, euer aller usw. zum gehobenen und literarischen Sprachgebrauch gehören, während die genannten Beispiele eher aus dem alltäglichen Sprachgebrauch stammen.

Falsch hingegen sind Ich liebe unseren beider Hund und unsere beider Schlange.

Möge diese schöne Ausdrucksweise noch lange unser aller die deutsche Sprache liebendes Auge erfreuen!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Die Sauregurkenzeit

Sie ist zwar schon bald wieder vorbei, aber auch bei den E-Mails zu Grammatik- und Rechtschreibfragen ist sie deutlich zu spüren: die Sauregurkenzeit. Es ist ja auch gut zu verstehen, dass viele in Ferienzeiten die (deutsche) Sprache vor allem für das Bestellen von Eis, kühlen Getränken, Tapas und was es sonst noch alles an den Sommer Erfrischendem und Versüßendem gibt. Auch wenn der Sommer dieses Jahr nicht ganz immer und nicht ganz überall so richtig mitspielen will: Ferien sind Ferien und Urlaub ist Urlaub. Wer mag sich dann schon den Kopf über komplizierten Mehrzahlformen und Kommaregeln zerbrechen?

Der Name Sauregurkenzeit stammt (zumindest nach meinen Quellen) aus der Zeit, als Gemüse und Früchte noch ganz ohne die Hilfe von Gewächshäusern auskommen mussten. Die Gurken wurden deshalb vor allem Mitten im Sommer geerntet und zur besseren Haltbarkeit in Essig eingelegt. Sonst war im Handel offenbar in dieser Zeit des Jahres auch früher schon nicht mehr viel los, so dass diese ruhige und ereignislose Periode Sauregurkenzeit genannt wurde. Im Niederländischen gibt es einen ähnlichen Ausdruck: komkommertijd. Das heißt so viel wie Gurkenzeit. Sogar in Holland wurden also die Gurken früher hauptsächlich im Sommer geerntet. Im Norwegischen soll es auch einen Ausdruck mit Gurken für diese Zeit geben, aber leider konnte ich ihn nicht finden.

Da ich es aus „berufsdeformatorischen“ Gründen doch nicht ganz lassen kann: Die Sauregurkenzeit darf auch mit Bindestrichen geschrieben werden: Saure-Gurken-Zeit. Das ist wohl so, weil sie sowohl als feststehender Ausdruck (zusammen) als auch als Zusammensetzung mit einer Wortgruppe (mit Bindestrich) interpretiert werden kann. Und auch bei der Beugung hat sie eine Besonderheit in petto: das Adjektiv darf mitgebeugt werden. Man kann in der Saure-Gurken-Zeit oder in der Sauren-Gurken-Zeit sagen. Das Gleiche gilt für das Ende der Saure-Gurken-Zeit und das Ende der Sauren-Gurken-Zeit. Bei der Schreibung ohne Bindestrich der Formen mit gebeugtem Adjektiv wird es dann irgendwie so kompliziert, dass die verschiedenen Wörterbücher zu unterschiedlichen Resultaten kommen. In diesem Fall würde ich einfach auf das Sommerloch ausweichen. Das bedeutet ungefähr das Gleiche und der Ausdruck ist eigentlich fast genauso schön.