Suppe als oder zur Vorspeise?

Auch bei der Verwendung der Präpositionen und Konjunktionen gibt es häufig keine hieb- und stichfesten Regeln, die immer und überall gelten. Das zeigt auch die Antwort auf die folgende Frage:

Frage

Wie sollte man bei einer Bestellung im Restaurant lieber sagen:

Zur Vorspeise nehme ich …
Als Vorspeise nehme ich …

Antwort

Guten Tag Herr M.,

die beste Wahl ist hier als:

Als Vorspeise nehme ich die Tagessuppe.

Das liegt daran, dass die Suppe die Vorspeise ist. Eine Vorspeise ist ein Gericht, nicht der Zeitpunkt, zu dem ein Gericht serviert wird. Das gilt auch für Hauptspeise und Nachspeise:

Mit Brot und einem Salat kann man die Muscheln auch als Hauptspeise servieren.
Als Nachspeise wurden frische Erdbeeren mit Schlagsahne gereicht.

Die Präposition zu passt dann gut, wenn angegeben wird, was diese Speisen begleitet:

Brot mit Butter zur Vorspeise reichen
einen italienischen Rotwein zur Hauptspeise einschenken
zur Nachspeise einen starken Kaffee mit Zucker nehmen

Ein bisschen anders sieht es bei Nachtisch und Dessert aus. Diese beiden Wörter werden häufig nicht als Bezeichnungen für ein Gericht, sondern auch als Namen für die „Etappe“ einer Mahlzeit angesehen. Deshalb steht hier neben als auch zum:

Es wurde Himbeereis als/zum Nachtisch serviert.
Als/Zum Dessert gibt es selbstgebackene Brownies.

Hüten Sie sich aber davor, diese Angaben als feste Regeln zu sehen, an die sich alle halten oder halten müssen! Vielleicht unter dem Einfluss von Nachtisch und Dessert hört und liest man auch immer wieder, dass ein Carpaccio zur Vorspeise oder ein frischer Fruchtsalat zur Nachspeise serviert wird. Das ist nicht unbedingt falsch, aber aus den oben genannten Gründen stilistisch weniger gelungen. Zur Streitfrage sollte es sowieso nicht werden, denn die Hauptsache ist ja, dass es schmeckt!

Mir freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Der Modus in Rezepten – Man nehme …

Und heute gleich noch einmal etwas zur Sprache in Kochrezepten:

Frage

Meine Frage dreht sich um die Stellung des Prädikats. In einem Deutschübungsbuch finden sich die folgenden Beispiele:

Bevor Sie den Teig in die Pfanne […] gießen, mischen Sie Rosinen dazu.
Nun erhitzen Sie die Pfanne.

Meines Erachtens handelt es sich bei diesen Sätzen um Aufforderungssätze (Imperativ der Höflichkeitsform), weshalb das finite Verb auch an erster Stelle stehen muss und am Ende ein Rufzeichen zu setzen ist. Also:

Mischen Sie Rosinen dazu, bevor Sie den Teig in die Pfanne geben!
Erhitzen Sie nun die Pfanne!

Sehe ich das so richtig?

Antwort

Guten Tag Frau S.,

Sie hätten recht, wenn Rezepte zwingend im Imperativ geschrieben werden müssten. Das ist aber nicht so. In Rezepten wird eine erstaunliche Vielfalt von Modi verwendet!

Früher kam in Rezepten häufig der Konjunktiv I in Verbindung mit dem unpersönlichen „man“ vor:

Man erhitze das Öl in einer Bratpfanne, röste die gehackten Zwiebeln kurz an und gebe dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu.
Man wasche das Gemüse gründlich, schneide Gurke und Tomaten in Würfel und gebe diese in eine große Salatschüssel.
Man mische Rosinen zum Teig und gieße ihn in die Pfanne.
Nun erhitze man die Pfanne.

Diese Art zu formulieren macht in der heutigen Sprache einen etwas altmodischen Eindruck. Stattdessen steht nun sehr häufig der Infinitiv:

Das Öl in einer Bratpfanne erhitzen, die gehackten Zwiebeln kurz anrösten und dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzugeben.
Das Gemüse gründlich waschen, Gurke und Tomaten in Würfel schneiden und diese in eine große Salatschüssel geben.
Rosinen zum Teig mischen und den Teig ihn in die Pfanne gießen.
Nun die Pfanne erhitzen.

Aber auch der Indikativ kommt hier manchmal vor, zum Beispiel im Deutschübungsbuch, aus dem Sie zitieren. Das Rezept ist dann sozusagen eine Beschreibung dessen, was getan wird:

Sie erhitzen das Öl in einer Bratpfanne, rösten die gehackten Zwiebeln kurz an und geben dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu.
Sie waschen das Gemüse gründlich, schneiden Gurke und Tomaten in Würfel und geben diese in eine große Salatschüssel.
Bevor Sie den Teig in die Pfanne gießen, mischen Sie Rosinen dazu.
Nun erhitzen Sie die Pfanne.

Der Imperativ wird ebenfalls verwendet, in der Regel aber ohne Ausrufezeichen (mit Ausrufezeichen sähe ein längeres Rezept wie eine Sammlung von Befehlen auf dem Exerzierhof einer Kaserne aus):

Erhitzen Sie das Öl in einer Bratpfanne, rösten Sie die gehackten Zwiebeln kurz an und geben Sie dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu.
Wasche das Gemüse gründlich, schneide Gurke und Tomaten in Würfel und gib diese in eine große Salatschüssel.
Mischen Sie Rosinen zum Teig und gießen Sie ihn in die Pfanne.
Erhitzen Sie nun die Pfanne.

Auch eine Mischung von Imperativ und Indikativ kommt vor:

Erhitzen Sie das Öl in einer Bratpfanne und rösten Sie die gehackten Zwiebeln kurz an [Imp]. Dann geben Sie die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu [Ind].
Mischen Sie Rosinen zum Teig und gießen Sie ihn in die Pfanne [Imp]. Nun erhitzen Sie die Pfanne [Ind].

Man könnte zwar sagen, dass Rezepte Aufforderungen sind, wie etwas zubereitet werden soll, sie stehen deswegen aber lange nicht immer im Imperativ. Es gibt eine erstaunliche Vielfalt: vom Konjunktiv I über den Infinitiv und den Indikativ bis hin zum ausrufezeichenlosen Imperativ. Man nehme einfach die Form, die am besten gefällt / Einfach die Form nehmen, die am besten gefällt / Sie nehmen einfach die Form, die am besten gefällt / Nehmen Sie einfach die Form, die am besten gefällt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

250 g Rote Bete(n)

Herr T.s Frage löst das Problem, was ich heute Abend u. a. kochen soll. Es gibt etwas, das ich schon länger nicht mehr gegessen habe, obwohl es mir sehr gut schmeckt: Rote Bete (die ich von zu Hause aus allerdings Randen nenne). Herr T. wollte mir jedoch keine Kochtipps geben, sondern etwas ganz anderes wissen:

Frage

Heißt es „250 g Rote Bete“ oder „250 g Rote Beten“ – also mit „Bete“ im Plural, so wie es ja auch heißen würde „250 g Möhren“ o. Ä.?

Antwort

Sehr geehrter Herr T.,

beide Formulierungen kommen vor:

a) 250 g Rote Beten (wie z. B. 250 g Möhren, Kartoffeln)
b) 250 g Rote Bete (wie z. B. 250 g Lauch/Porree, Brot)

a) Die Roten Beten kochen, schälen und in Würfel schneiden.
b) Die Rote Bete kochen, schälen und in Würfel schneiden.

Beide Varianten sind auch grammatisch vertretbar. Bei a) bezeichnet Rote Bete eine Wurzelknolle, d. h., es ist eine Gattungsbezeichnung. Man verwendet dann wie bei zum Beispiel Möhren und Kartoffeln den Plural. Bei b) bezeichnet Rote Bete eine Gemüsesorte, d. h., es ist eine Stoffbezeichnung. Als solche steht es wie zum Beispiel Lauch/Porree oder Brot im Singular.

Ein ganz schneller Blick ins Internet zeigt, dass zumindest in online verfügbaren Rezepten die Verwendung als Stoffbezeichnung im Singular häufiger vorzukommen scheint. Es ist also üblicher, Rote Bete sprachlich als eine Gemüsesorte wie Lauch zu behandeln und nicht wie bei den Kartoffeln die einzelnen Knollen vor sich zu sehen. Aber weit wichtiger ist: Hauptsache, es schmeckt!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Schnürchen, Rübchen und kleine Geschnittene

Pastagerichte gehören zumindest nördlich der Alpen nicht unbedingt zu den Klassikern des Weihnachtsmenüs. Dies ist also (noch?) nicht mein zur Adventszeit passender Blogartikel. Anlass zu diesem Thema war ein sehr gemütliches und sehr gutes Essen mit Freunden in einem ausgezeichneten italienischen Restaurant. Es gab unter anderem Ravioli mit Krebsfüllung an Zitronensauce (lecker!!). Dabei wurde mir spontan eine Frage zu diesem Gericht gestellt. Da ich nun einmal Sprachler bin, wurde ich nicht gefragt, wie ich diese Köstlichkeit zubereiten würde, vielmehr wollte man wissen, woher das Wort Ravioli kommt. Wir wussten alle, dass es das italienische Wort für gefüllte Teigtaschen ist – sie lagen ja vor uns auf dem Teller –, aber woher diese Bezeichnung im Italienischen kommt, wusste ich natürlich nicht. Ich habe es inzwischen herausgesucht und möchte Ihnen heute die Namen von ein paar bekannten und weniger bekannten italienischen Nudelsorten aufzeigen (Auwahlkriterium: Was mir schon einmal auf einer Speisekarte oder auf dem Teller begegnet ist und woran ich mich auch noch gut bis vage erinnern kann). Man soll ja hin und wieder auch einen Blick über die Sprachgrenze werfen.

  • Bucatini = kleine Gelochte (zu bucato – gelocht, durchlöchert)
  • Cannelloni = große Röhrchen (zu cannello – Rörchen, canna – Rohr)
  • Cappelletti = Hütchen (zu capello – Hut)
  • Conchiglie = Muscheln
  • Farfalle = Schmetterlinge (bei uns zu Hause hießen sie Kravättchen)
  • Fettuccine = Bändchen (kleine Bänder, zu fettuccia – Band)
  • Fusilli = Spindelchen (zu fuso – Spindel; hierzulande auch Spiralnudeln genannt)
  • Lasagne = breite Bandnudeln (das Wort geht irgendwie auf lateinisch lasanum – Kochgeschirr zurück)
  • Linguine = Züngelchen (zu lingua – Zunge)
  • Maccheroni = aus dem Süditalienischen, und dort entweder unbekannte Herkunft oder von griechisch makaría – ein mit Gerste zubereitetes Gericht; bei uns Makkaroni oder Hörnchen(nudeln) gennant.
  • Orecchiette = Öhrchen (zu orecchio/orecchia – Ohr)
  • Ravioli = Rübchen? (wahrscheinlich süditalienischer Diminutiv zu rapa – Rübe)
  • Rigatoni = Gestreifte (zu rigato – gestreift)
  • Spaghetti = Schnürchen (zu spago – Schnur)
  • Tagliatelle = kleine Geschnittene (zu tagliato – geschnitten)
  • Tortellini/Tortelloni = kleine/große Törtchen (über tortello zu torta – Torte)

Wie man sieht, lassen sich auch die Italiener bei der Bennennung ihrer Nudeln vor allem durch die Form inspirieren. Mit u. a. -elle, -ette, -etti, -ine, -ini, -oni, -ioli haben sie aber ein viel größeres Arsenal an Diminutivendungen als wir mit unseren -chen und -lein!

Ach ja: Bei den Nudeln im Titel handelt es sich also um Spaghetti, Ravioli und Tagliatelle.

Buon appetito!

Dottor Bopp

Warum einwecken eigentlich einrempeln heißen müsste

Der Winter hat vielerorts zwar noch immer nicht  richtig angefangen, aber die Zeit, im Sommer und Herbst Eingewecktes aufzumachen und zu genießen, kommt bestimmt. Mir fiel jedenfalls gerade gestern ein Weckglas in die Hände, so ein schönes mit Gummiring in Rotorange und dem Namen »Weck« in Relief auf dem Deckel.

Weckglas Weckglas

Das Glas stammt aus einer Zeit, in der man sich noch nicht darauf verlassen konnte, das ganze Jahr hindurch im Supermarkt frische Nahrungsmittel vorzufinden. Wenn etwas in den fruchtbaren Monaten üppig vorhanden war, wurde ein Teil davon durch Einkochen für die weniger üppigen Monate haltbar gemacht. Wie das genau vor sich ging und immer noch vor sich geht, soll hier nicht Thema sein. Ich wunderte mich nämlich gestern vielmehr, wieso ein Weckglas so heißt, wie es heißt. Die Nahrungsmittel werden ja nicht (auf)geweckt, sondern eher schlafen gelegt.

Das Weckglas heißt so, weil es von der Firma Weck kommt (und wenn es nicht von der Firma Weck kommt, darf es nicht so heißen). Wo man für das Einkochen Weckgläser benutzte, entstand für diesen Vorgang das Verb einwecken. Johann Carl Weck, der Gründer und Namensgeber der Firma Weck, war zwar indirekt auch der Namensgeber für das Weckglas, er war aber nicht dessen Erfinder. Er erwarb das Patent 1895 vom Unternehmer Albert Hüssener, der es von 1893 an genutzt hatte. Der eigentliche Erfinder war der Chemiker Rudolf Rempel. Er ließ Glas und Methode 1892 patentieren, starb aber schon im darauffolgenden Jahr nur vierunddreißig Jahre jung. Wenn das Weckglas nach seinem Erfinder hieße, wäre es also ein Rempelglas und Lebensmittel würden nicht eingeweckt, sondern eingerempelt.

Die Geschichte lief aber so, wie sie lief, und man spricht heute weder von einrempeln noch von einhüssenen. Vor allem in Österreich gibt es noch eine andere Bezeichnung, die ebenfalls von einem Namen abgeleitet ist: einrexen, nach den beim Einwecken verwendeten Rex-Gummiringen der Firma Rex-Gummitechniken. In der Schweiz bleibt es diesbezüglich ziemlich langweilig. Dort ist vor allem die Bezeichnung einmachen üblich.

Ob Sie nun Eingewecktes, Eingerextes, Eingemachtes oder gar nichts Eingekochtes in der Vorratskammer stehen haben: Ich wünsche ein gutes neues Jahr!

Eines der besten Schnitzel, das oder die …?

Frage

Ich habe eine grammatische Frage: Heißt es „Das ist eines der besten Schnitzel, das ich je gegessen habe“ oder „Das ist eines der besten Schnitzel, die ich je gegessen habe“?

Antwort

Sehr geehrter Herr L.,

richtig sind die folgenden Formulierungen:

Das ist das beste Schnitzel, das ich je gegessen habe.
Das ist eines der besten Schnitzel, die ich je gegessen habe.

Ob man das Relativpronomen das oder die wählt, hängt davon ab, auf welches vorhergehende Wort sich das Pronomen bezieht.

Beim ersten Satz bezieht sich das Relativpronomen auf die Wortgruppe das beste Schnitzel, also auf ein sächliches Wort in der Einzahl. Man wählt deshalb das entsprechende sächliche Relativpronomen der Einzahl: das.

Bei Konstruktionen der Art eine/einer/eines der … bezieht sich das Relativpronomen in der Regel auf das vorhergehende Substantiv im Plural, nicht auf eines. Nicht das mit eines bezeichnete Beispiel, sondern die Gruppe, zu der es gehört (hier: der besten Schnitzel), wird näher bestimmt. Man wählt deshalb die Pluralform des Relativpronomens: die.

Weitere Beispiele:

einer der letzten Menschen, die noch hier wohnen
eine der berühmtesten Künstlerinnen, die hier aufgetreten sind
einer der schönsten Städtenamen, die ich kenne
eines der Museen, die ich in Berlin besuchen werde
Sie ist eine der wenigen, denen er noch vertraut.

Ich hoffe für Sie, dass das Beispiel in Ihrer Frage nicht nur ein erdachtes Beispiel war. Ein gutes Schnitzel ist nie zu verachten (außer wenn man Schnitzel nicht mag). Eines der besten Schnitzel, die man je gegessen hat, ist natürlich noch viel besser. Ich würde es auch genießen, wenn es mir mit dem Relativpronomen das statt die angeboten würde! Grammatik ist gut, Kulinarik ist besser!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Calvados: kahle Rücken oder Armadaschiff

Im Urlaub schauen viele gerne einmal über die Grenze. So sind auch wir für ein paar Tage über Landes- und Sprachgrenze nach Frankreich gezogen. Dort stand ich vorgestern noch auf dem (oder der) Pont de Normandie, einer eleganten Brücke, die die Mündung der Seine zwischen Le Havre und Honfleur überspannt. Auf einem knapp zwei Meter breiten Trottoir, nur durch einen wenige Zentimeter hohen Betonrand vom mit 90 km/h vorbeirasenden Verkehr getrennt, kann man diese Brücke begehen. Das haben wir uns nicht zweimal sagen lassen. Wenn man irgendwo hinaufsteigen und hinunterschauen kann, ganz egal ob Kirchturm, Leuchtturm, Aussichtsturm, Wolkenkratzer oder eben in diesem Fall eine Brücke, dann muss ich hinauf. Dort stand ich also mehr als fünfzig Meter über der Seine, hielt meine Mütze fest (merke: auf einer hohen Brücke an der Küste ist es nicht windstill!), schaute um und unter mich und dachte: „Mann, ist das hoch!“ Wenn Sie einmal in der Gegend sind und keine Höhenangst haben: Der Pont de Normandie ist das Begehen wert.

In der Mitte der Brücke zeigten Tafeln an, dass wir auf der Grenze zwischen den Departements Calvados und Seine-Maritime standen. Und plötzlich schlug wieder einmal die Berufsdeformation zu: Woher kommt der Name Calvados? Er sieht ja eher spanisch als französisch aus.

Calvados-Schild
Foto Wikipedia . Foto P.v.B.

Der Name Calvados, den Liebhaber und Liebhaberinnen destillierter Wässer ja auch als Bezeichnung für den berühmten Apfelbranntwein aus dieser Region kennen, ist nicht typisch für die Normandie. Der Name Normandie geht auf das altfränkische nortman oder das altnordische nordmaðr zurück, die beide Nordmann bedeuten. Es kam im mittelalterlichen Latein ab dem 9. Jahrhundert vor und bezeichnete also das Gebiet der Nordmänner. Die Normandie war von einem Mischvolk besiedelt, das aus vom Norden eingedrungenen Skandinaviern und den ansässigen Franken entstanden war. Natürlich ist wie immer alles viel komplizierter, aber der Name Calvados kam bestimmt nicht mit den Wikingern in diese Region.

Es gibt zwei Erklärungen für den Ursprung des Namens: eine eher realistische und eine eher romantische. Nach der realistischeren, allgemein als wahrscheinlich anerkannten Erklärung stammt der Name von alten Seekarten. Mit dem lateinischen calva dorsa (kahle Rücken) sollen sie von See aus sichtbare kahle, also baumlose Hügel der Gegend angegeben haben. Die romantischere Erklärung sagt, dass der Name von Salvador komme. Salvador war der Name eines Schiffes, das zur „Unbesiegbaren Armada“ gehörte, der Kriegsflotte, die 1588 auf Befehl des spanischen Königs Philipp II. ausfuhr, um England zu erobern. England wurde nicht erobert und die Salvador strandete auf einem Felsen vor der Küste des heutigen Calvados. Über ein paar abenteuerliche Lautverschiebungen soll das Schiff dann Namensgeberin der Gegend geworden sein.

Vom Pont de Normandie aus habe ich beides gesehen: mehr oder weniger baumlose Hügel und einige Schiffe. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet könnten also beide Erklärungen zutreffen, aber auch mir scheint die erste Erklärung (calva dorsa) die wahrscheinlichere zu sein.

Pont de Normandie

So weit der Blick über die Grenze. Die nächsten Beiträge werden sich dann wieder mit „deutscheren“ Themen befassen.

 

Das Kaiserliche am Sherry

Beim Wort Sherry denke ich unwillkürlich an das Klischeebild gelangweilter Damen, die sich dem spätnachmittäglichen Alkoholgenuss hingeben, und natürlich an Miss Sophie, die in „Dinner for One“ Sherry zur Suppe servieren lässt. Ich bin kein großer Sherryliebhaber. Mir schmeckt vor allem die Fino genannte Variante, und das eigentlich nur auf einer andalusischen Terrasse zu den Tapas. Leider bin ich nicht allzu oft in Andalusien, bis jetzt genau ein Mal vor ungefähr zehn Jahren. Ich bin also alles andere als ein Sherrykenner, und wenn Sie önologische oder feinschmeckerische Betrachtungen zum Thema Sherry erwarten, muss ich Sie enttäuschen.

Wenn es nicht um den Geschmack geht, was ist dann kaiserlich am Sherry? Auf einem Kalenderblatt habe ich gelesen, wo die Bezeichnung Sherry herkommt. Der Wein verdankt seinen Namen der spanischen Stadt Jerez, die früher Xeres geschrieben wurde. Als die Engländer den Wein und den Namen im 16. Jahrhundert aus Andalusien auf ihre Insel mitnahmen, wurde das X noch als sch-Laut ausgesprochen. Der Name Xeres wiederum geht auf den arabischen Namen Sherish zurück. Andalusien stand ja jahrhundertelang unter maurischer Herrschaft. Die Weinproduktion lag übrigens auch in dieser Zeit nicht still. Die muslimischen Herrscher durften zwar keinen Alkohol trinken, aber wirtschaftlich war der Weinanbau dennoch interessant. Beim Geldverdienen wurde und wird zu allen Zeiten ein Auge zugedrückt.

Und nun kommen wir dann endlich zum Kaiserlichen: Gemäß dem Kalenderblatt und einigen etymologischen Wörterbüchern geht Sherish auf den lateinischen Namen (urb) Caesaris, Stadt des Cäsars, zurück. Wie Sie vielleicht wissen, kommt auch unser Wort Kaiser vom lateinischen Caesar. Und schon sieht man, dass der Sherry wortgeschichtlich gesehen ein wahrlich kaiserliches Getränk ist.

(Andere Quellen sagen allerdings, dass Sherish auf einen alten, evtl. phönizischen Namen Xera zurückgeht, den die Region schon in der Zeit vor den Römern trug.)

Interessant ist vielleicht noch, wo der Konsonant am Ende des Wortes geblieben ist. Die Engländer nannten den Wein aus Xeres anfänglich Sherris. Da dieses Wort als Mehrzahl angesehen wurde, verschwand das s am Wortende allmählich. Wir haben hier also wieder einmal einen kleinen Beweis dafür, dass der heutige Standard auf die Fehler unserer Vorfahren zurückgeht. Diese Erkenntnis verdiente es, mit einem Gläschen Sherry begossen zu werden, aber dafür ist es vor dem Mittagessen für mich noch etwas zu früh.

Griechischer Salat vs schottischer Whisky

Frage

Worin besteht der Unterschied zwischen einem „griechischen Salat“ und einem „Salat griechischer Machart“? Meiner Meinung nach kann ein Salat griechischer Machart von jedem gemacht werden, ein griechischer Salat jedoch muss in Griechenland gezogen und geerntet oder von einem Griechen zubereitet sein!

Antwort

Guten Tag F.,

griechischer Salat und Salat griechischer Machart bezeichnen sehr oft dasselbe. In Griechenland geernteten Salat nennt man zwar tatsächlich nur griechischen Salat, aber ein Salat griechischer Machart wird meistens ebenfalls einfach griechischer Salat genannt. Diese Bezeichnung hat sich für ein Salatgericht, das unter anderem Tomaten, Gurken, Feta und Oliven enthält, eingebürgert.

Geografische Adjektive bezeichnen nicht immer die direkte Herkunft, sondern manchmal, wie hier, die ursprüngliche oder sogar nur die vermeintliche Herkunft. Gerade bei Gerichten kommt dies häufiger vor:

griechischer Salat
französische Salatsauce
chinesische Nudeln
russische Eier
Wiener Schnitzel
Frankfurter Würstchen

All diese Gerichte müssen nicht aus dem entsprechenden Land oder der entsprechenden Stadt kommen. Sie können sie selbst in Ihrer Küche zubereiten, in Ihrem Lebensmittelgeschäft kaufen oder in einem Restaurant in Ihrer Umgebung bestellen.

Bezeichnungen dieser Art kommen auch im „Non-Food-Bereich“ vor (insbesondere Pflanzen- und Tiernamen):

Appenzeller Sennenhund (eine Hunderasse)
Sibirische Schwertlilie (eine Lilienart)
amerikanische Buchhaltung (Art der doppelten Buchführung)
englische Krankheit (Rachitis)
russisches Roulette (lebensgefährlich!)

Gewisse Namen sind allerdings geschützte geografische Angaben, das heißt, die Produkte müssen aus der im Namen genannten Region kommen. Zum Beispiel:

Bündnerfleisch
Dresdener Stollen
Nürnberger Lebkuchen
Kölnisch Wasser

Ganz allgemein ist man bei der Verwendung von geografischen Bezeichnungen an strengere Regeln gebunden, wenn man Produkte verkaufen will. Wenn es sich nicht um eine gebräuchliche Bezeichnung für etwas handelt, darf eine Herkunftsbezeichnung nur dann verwendet werden, wenn das Produkt auch tatsächlich aus der entsprechenden Region kommt. Toskanisches Olivenöl muss aus der Toskana kommen, spanische Wurst aus Spanien, schottischer Whisky aus Schottland usw.

Über die Begriffe italienischer Fußball und deutscher Fußball schreibe ich heute, „am Tag danach“, besser nichts .

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Mit frischem Bärlauch

Passend zur Saison (oder ist sie schon wieder vorbei?) gibt es heute eine Bärlauchfrage:

Frage

Wie heißt es richtig: „Frischkäsecreme mit frischem Bärlauch“ oder „Frischkäsecreme mit frischen Bärlauchblättern“? Bitte bedenken Sie, dass in die Frischkäsecreme mehrere Bärlauchblätter reinkommen 🙂

Antwort

Sehr geehrte Frau K.,

richtig ist beides, häufiger kommt vor:

Frischkäsecreme mit frischem Bärlauch

Man kann Bärlauch als Stoffbezeichnung wie zum Beispiel Kaffee, Weizen, Kohlrabi, Feldsalat, Spinat, Brunnenkresse usw. verwenden. Es steht dann in der Einzahl und hier ohne Artikel. Ob Sie die Frischkäsecreme mit einem halben, einem ganzen oder mehreren Bärlauchblättern zubereiten, spielt dabei keine Rolle. Letzteres gilt natürlich nur für die sprachliche Formulierung, nicht für den Geschmack!

Ihre Frage bringt mich auf die Idee, dieses Wochenende wieder einmal etwas mit Bärlauch zu essen. Mir gefällt der Knoblauchgeschmack der jungen Bärlauchblätter auch zum Beispiel im Salat zusammen mit jungem Spinat, an einer Vinaigrette, dazu frisches Brot – ich komme ganz vom Thema ab … Vielen Dank für diese Frage!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp