Von Rumkugeln und Jamaikanern

Frage

Warum heißen Rumkugeln heutzutage Jamaicaner?

Antwort

Guten Tag J.,

Rumkugeln heißen vielerorts auch heute noch einfach Rumkugeln. Andere Bezeichnungen wie Streuselkugeln oder Jamaikaner kommen aber auch vor. Eine eindeutige Antwort, warum das so ist, muss ich Ihnen schuldig bleiben. Es gibt (mindestens) zwei Erklärungsmöglichkeiten:

Wenn die Rumkugeln Rum enthalten, kann Jamaikaner ein Kurzname für (echte) Jamaika-Rumkugeln sein. Dabei ist mit Jamaika-Rumkugeln gemeint, dass die Rumkugeln mit echtem Jamaika-Rum gemacht wurden.

Wenn die Kugeln keinen Rum enthalten, kann die Bezeichnung Jamaikaner genau aus diesem Grund gewählt worden sein. Ohne Rum ist eine Rumkugel ja eigentlich keine Rumkugel. Mit der Bezeichnung Jamaikaner (oder einem anderen „rumlosen“ Namen) wird nicht oder weniger stark der Eindruck geweckt, dass die Kugeln Rum enthalten.

Ich vermute, dass häufig die zweite Erklärung zutrifft. Nach dem deutschen Jugendschutzgesetz dürfen nämlich Rumkugeln mit mehr als einem Prozent Alkohol nicht an Jugendliche verkauft werden. Um diese Hürde zu umgehen, wird auf alkoholfreie Varianten (mit oder ohne Rumaroma) ausgewichen, die dann eigentlich einen anderen Namen tragen sollten.

Wenn Sie genau wissen wollen, ob die Süßigkeit Rum, Rumaroma oder keines von beidem enthält, informieren Sie sich am besten vor dem Kauf. Am besten schmecken meiner Meinung nach „natürlich“ die echten Rumkugeln (vorausgesetz, man hat das jeweils geltende gesetzliche Mindestalter erreicht …).

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Leipziger Allerlei im Genitiv

Frage

Heute eine Frage zur (Weglassung der) Flexionsendung: Heißt es „wie im Falle des ‚Leipziger Allerlei‘“ oder „wie im Falle des Leipziger Allerleis“? „Leipziger Allerlei“ steht in dem betreffenden Text in Anführungszeichen, deshalb bin ich mir nicht sicher. Meiner Meinung nach müsste es „Allerleis“ heißen. Stimmen Sie mir zu?

Antwort

Guten Tag Herr A.,

richtig ist hier eigentlich die Beugung des Namens des Gerichtes:

im Falle des Leipziger Allerleis
im Falle des „Leipziger Allerleis“

Immer häufiger kommt aber bei Bezeichnungen dieser Art – wie bei Eigennamen mit Artikel (siehe hier) – auch in der Standardsprache die Variante ohne Genitiv-s vor:

im Falle des Leipziger Allerlei
im Falle des „Leipziger Allerlei“

Wie die Beispiele zeigen, spielt es dabei im Prinzip keine Rolle, ob der Name in Anführungszeichen steht oder nicht.

Ich würde hier die Varianten mit der Genitivendung empfehlen, aber bei Leipziger Allerlei ist die endungslose Variante mindestens ebenso üblich. Nicht empfehlen würde das Weglassen der Endung bei Gerichten u. Ä. die noch näher an „gewöhnlichen“ Wörtern liegen. Sie sagen und schreiben also besser nicht des Schwarzwälder Schinken oder eines Wiener Schnitzel, sondern des Schwarzwälder Schinkens und eines Wiener Schnitzels.

Ob mit oder ohne Genitiv-s: Hauptsache, es schmeckt!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Wer nicht weiß, was Leipziger Allerlei ist, schaut zum Beispiel hier nach.

Mit und ohne Artikel: (eine) Pizza essen

Frage

Ich hätte eine Frage zu den Wortgruppen. Ich habe vor kurzem erfahren, dass „Pizza essen“ eigentlich eine Wortgruppe ist, bzw. dass „essen“ zusammen mit „Pizza“ eine Einheit bildet. […] Wie ist es zum Beispiel mit „Salat mitbringen“, ist das auch eine Wortgruppe? Und kann man zum Beispiel sagen: „Kauf Pizza!“, oder „Ich bringe Salat mit“, also ohne Artikel?

Antwort

Guten Tag Frau C.,

dass Pizza in Pizza essen ohne Artikel verwendet wird, hat nicht so viel damit zu tun, dass man es als eine Wortgruppe bezeichnen kann (auch eine Pizza essen ist eine Wortgruppe). Das Substantiv Pizza wird hier als Stoffbezeichnung verwendet. Stoffbezeichnungen stehen ohne Artikel, wenn eine unbestimmte Menge eines Stoffes gemeint ist (vgl. hier)

Hier ein paar Beispiele aus dem gleichen Bereich:

Brot backen
Salat mitbringen
Käse und Wurst kaufen
Wein trinken
Glas ist zerbrechlich
Pizza essen

Ähnlich wie diese Wörter kann Pizza als Stoffbezeichnung (ohne Artikel) oder als Gattungsbezeichnung verwendet werden. Als Gattungsbezeichnung ist dann ein Stück, ein Exemplar, eine Sorte oder eben einer dieser würzig belegten Fladenbrote nach ursprünglich italienischem Rezept gemeint. Dann kann man sie mit Artikel und/oder im Plural verwenden:

ein Brot backen / Brote backen
einen Salat mitbringen / Salate mitbringen
einen Käse und eine Wurst kaufen / Käse und Würste kaufen
einen Wein trinken / verschiedene Weine trinken
ein Glas zerbrechen / ein paar Gläser zerbrechen
eine Pizza essen / zwei Pizzas essen

Das gilt für viele Stoffbezeichnungen. Es gibt keine Liste aller Wörter, die in dieser Weise verwendet werden können. Stoffbezeichnungen sind, wie das Beispiel Pizza zeigt, nicht nur die üblichen „Verdächtigen“ wie Milch, Bier, Fleisch, Brot, Leder, Wolle, Eisen und Regen.

Wenn Sie eine unbestimmte Menge oder Anzahl Pizzas meinen, können Sie also sagen:

Weißt du, wo es hier Pizza gibt?
Man kann dort auch Pizza kaufen.
Sie kann gut Pizza backen.
Kauf Pizza!

Die Pizza möge schmecken!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Suppe als oder zur Vorspeise?

Auch bei der Verwendung der Präpositionen und Konjunktionen gibt es häufig keine hieb- und stichfesten Regeln, die immer und überall gelten. Das zeigt auch die Antwort auf die folgende Frage:

Frage

Wie sollte man bei einer Bestellung im Restaurant lieber sagen:

Zur Vorspeise nehme ich …
Als Vorspeise nehme ich …

Antwort

Guten Tag Herr M.,

die beste Wahl ist hier als:

Als Vorspeise nehme ich die Tagessuppe.

Das liegt daran, dass die Suppe die Vorspeise ist. Eine Vorspeise ist ein Gericht, nicht der Zeitpunkt, zu dem ein Gericht serviert wird. Das gilt auch für Hauptspeise und Nachspeise:

Mit Brot und einem Salat kann man die Muscheln auch als Hauptspeise servieren.
Als Nachspeise wurden frische Erdbeeren mit Schlagsahne gereicht.

Die Präposition zu passt dann gut, wenn angegeben wird, was diese Speisen begleitet:

Brot mit Butter zur Vorspeise reichen
einen italienischen Rotwein zur Hauptspeise einschenken
zur Nachspeise einen starken Kaffee mit Zucker nehmen

Ein bisschen anders sieht es bei Nachtisch und Dessert aus. Diese beiden Wörter werden häufig nicht als Bezeichnungen für ein Gericht, sondern auch als Namen für die „Etappe“ einer Mahlzeit angesehen. Deshalb steht hier neben als auch zum:

Es wurde Himbeereis als/zum Nachtisch serviert.
Als/Zum Dessert gibt es selbstgebackene Brownies.

Hüten Sie sich aber davor, diese Angaben als feste Regeln zu sehen, an die sich alle halten oder halten müssen! Vielleicht unter dem Einfluss von Nachtisch und Dessert hört und liest man auch immer wieder, dass ein Carpaccio zur Vorspeise oder ein frischer Fruchtsalat zur Nachspeise serviert wird. Das ist nicht unbedingt falsch, aber aus den oben genannten Gründen stilistisch weniger gelungen. Zur Streitfrage sollte es sowieso nicht werden, denn die Hauptsache ist ja, dass es schmeckt!

Mir freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Der Modus in Rezepten – Man nehme …

Und heute gleich noch einmal etwas zur Sprache in Kochrezepten:

Frage

Meine Frage dreht sich um die Stellung des Prädikats. In einem Deutschübungsbuch finden sich die folgenden Beispiele:

Bevor Sie den Teig in die Pfanne […] gießen, mischen Sie Rosinen dazu.
Nun erhitzen Sie die Pfanne.

Meines Erachtens handelt es sich bei diesen Sätzen um Aufforderungssätze (Imperativ der Höflichkeitsform), weshalb das finite Verb auch an erster Stelle stehen muss und am Ende ein Rufzeichen zu setzen ist. Also:

Mischen Sie Rosinen dazu, bevor Sie den Teig in die Pfanne geben!
Erhitzen Sie nun die Pfanne!

Sehe ich das so richtig?

Antwort

Guten Tag Frau S.,

Sie hätten recht, wenn Rezepte zwingend im Imperativ geschrieben werden müssten. Das ist aber nicht so. In Rezepten wird eine erstaunliche Vielfalt von Modi verwendet!

Früher kam in Rezepten häufig der Konjunktiv I in Verbindung mit dem unpersönlichen „man“ vor:

Man erhitze das Öl in einer Bratpfanne, röste die gehackten Zwiebeln kurz an und gebe dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu.
Man wasche das Gemüse gründlich, schneide Gurke und Tomaten in Würfel und gebe diese in eine große Salatschüssel.
Man mische Rosinen zum Teig und gieße ihn in die Pfanne.
Nun erhitze man die Pfanne.

Diese Art zu formulieren macht in der heutigen Sprache einen etwas altmodischen Eindruck. Stattdessen steht nun sehr häufig der Infinitiv:

Das Öl in einer Bratpfanne erhitzen, die gehackten Zwiebeln kurz anrösten und dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzugeben.
Das Gemüse gründlich waschen, Gurke und Tomaten in Würfel schneiden und diese in eine große Salatschüssel geben.
Rosinen zum Teig mischen und den Teig ihn in die Pfanne gießen.
Nun die Pfanne erhitzen.

Aber auch der Indikativ kommt hier manchmal vor, zum Beispiel im Deutschübungsbuch, aus dem Sie zitieren. Das Rezept ist dann sozusagen eine Beschreibung dessen, was getan wird:

Sie erhitzen das Öl in einer Bratpfanne, rösten die gehackten Zwiebeln kurz an und geben dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu.
Sie waschen das Gemüse gründlich, schneiden Gurke und Tomaten in Würfel und geben diese in eine große Salatschüssel.
Bevor Sie den Teig in die Pfanne gießen, mischen Sie Rosinen dazu.
Nun erhitzen Sie die Pfanne.

Der Imperativ wird ebenfalls verwendet, in der Regel aber ohne Ausrufezeichen (mit Ausrufezeichen sähe ein längeres Rezept wie eine Sammlung von Befehlen auf dem Exerzierhof einer Kaserne aus):

Erhitzen Sie das Öl in einer Bratpfanne, rösten Sie die gehackten Zwiebeln kurz an und geben Sie dann die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu.
Wasche das Gemüse gründlich, schneide Gurke und Tomaten in Würfel und gib diese in eine große Salatschüssel.
Mischen Sie Rosinen zum Teig und gießen Sie ihn in die Pfanne.
Erhitzen Sie nun die Pfanne.

Auch eine Mischung von Imperativ und Indikativ kommt vor:

Erhitzen Sie das Öl in einer Bratpfanne und rösten Sie die gehackten Zwiebeln kurz an [Imp]. Dann geben Sie die Tomatenpaste und den Knoblauch hinzu [Ind].
Mischen Sie Rosinen zum Teig und gießen Sie ihn in die Pfanne [Imp]. Nun erhitzen Sie die Pfanne [Ind].

Man könnte zwar sagen, dass Rezepte Aufforderungen sind, wie etwas zubereitet werden soll, sie stehen deswegen aber lange nicht immer im Imperativ. Es gibt eine erstaunliche Vielfalt: vom Konjunktiv I über den Infinitiv und den Indikativ bis hin zum ausrufezeichenlosen Imperativ. Man nehme einfach die Form, die am besten gefällt / Einfach die Form nehmen, die am besten gefällt / Sie nehmen einfach die Form, die am besten gefällt / Nehmen Sie einfach die Form, die am besten gefällt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

250 g Rote Bete(n)

Herr T.s Frage löst das Problem, was ich heute Abend u. a. kochen soll. Es gibt etwas, das ich schon länger nicht mehr gegessen habe, obwohl es mir sehr gut schmeckt: Rote Bete (die ich von zu Hause aus allerdings Randen nenne). Herr T. wollte mir jedoch keine Kochtipps geben, sondern etwas ganz anderes wissen:

Frage

Heißt es „250 g Rote Bete“ oder „250 g Rote Beten“ – also mit „Bete“ im Plural, so wie es ja auch heißen würde „250 g Möhren“ o. Ä.?

Antwort

Sehr geehrter Herr T.,

beide Formulierungen kommen vor:

a) 250 g Rote Beten (wie z. B. 250 g Möhren, Kartoffeln)
b) 250 g Rote Bete (wie z. B. 250 g Lauch/Porree, Brot)

a) Die Roten Beten kochen, schälen und in Würfel schneiden.
b) Die Rote Bete kochen, schälen und in Würfel schneiden.

Beide Varianten sind auch grammatisch vertretbar. Bei a) bezeichnet Rote Bete eine Wurzelknolle, d. h., es ist eine Gattungsbezeichnung. Man verwendet dann wie bei zum Beispiel Möhren und Kartoffeln den Plural. Bei b) bezeichnet Rote Bete eine Gemüsesorte, d. h., es ist eine Stoffbezeichnung. Als solche steht es wie zum Beispiel Lauch/Porree oder Brot im Singular.

Ein ganz schneller Blick ins Internet zeigt, dass zumindest in online verfügbaren Rezepten die Verwendung als Stoffbezeichnung im Singular häufiger vorzukommen scheint. Es ist also üblicher, Rote Bete sprachlich als eine Gemüsesorte wie Lauch zu behandeln und nicht wie bei den Kartoffeln die einzelnen Knollen vor sich zu sehen. Aber weit wichtiger ist: Hauptsache, es schmeckt!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Schnürchen, Rübchen und kleine Geschnittene

Pastagerichte gehören zumindest nördlich der Alpen nicht unbedingt zu den Klassikern des Weihnachtsmenüs. Dies ist also (noch?) nicht mein zur Adventszeit passender Blogartikel. Anlass zu diesem Thema war ein sehr gemütliches und sehr gutes Essen mit Freunden in einem ausgezeichneten italienischen Restaurant. Es gab unter anderem Ravioli mit Krebsfüllung an Zitronensauce (lecker!!). Dabei wurde mir spontan eine Frage zu diesem Gericht gestellt. Da ich nun einmal Sprachler bin, wurde ich nicht gefragt, wie ich diese Köstlichkeit zubereiten würde, vielmehr wollte man wissen, woher das Wort Ravioli kommt. Wir wussten alle, dass es das italienische Wort für gefüllte Teigtaschen ist – sie lagen ja vor uns auf dem Teller –, aber woher diese Bezeichnung im Italienischen kommt, wusste ich natürlich nicht. Ich habe es inzwischen herausgesucht und möchte Ihnen heute die Namen von ein paar bekannten und weniger bekannten italienischen Nudelsorten aufzeigen (Auwahlkriterium: Was mir schon einmal auf einer Speisekarte oder auf dem Teller begegnet ist und woran ich mich auch noch gut bis vage erinnern kann). Man soll ja hin und wieder auch einen Blick über die Sprachgrenze werfen.

  • Bucatini = kleine Gelochte (zu bucato – gelocht, durchlöchert)
  • Cannelloni = große Röhrchen (zu cannello – Rörchen, canna – Rohr)
  • Cappelletti = Hütchen (zu capello – Hut)
  • Conchiglie = Muscheln
  • Farfalle = Schmetterlinge (bei uns zu Hause hießen sie Kravättchen)
  • Fettuccine = Bändchen (kleine Bänder, zu fettuccia – Band)
  • Fusilli = Spindelchen (zu fuso – Spindel; hierzulande auch Spiralnudeln genannt)
  • Lasagne = breite Bandnudeln (das Wort geht irgendwie auf lateinisch lasanum – Kochgeschirr zurück)
  • Linguine = Züngelchen (zu lingua – Zunge)
  • Maccheroni = aus dem Süditalienischen, und dort entweder unbekannte Herkunft oder von griechisch makaría – ein mit Gerste zubereitetes Gericht; bei uns Makkaroni oder Hörnchen(nudeln) gennant.
  • Orecchiette = Öhrchen (zu orecchio/orecchia – Ohr)
  • Ravioli = Rübchen? (wahrscheinlich süditalienischer Diminutiv zu rapa – Rübe)
  • Rigatoni = Gestreifte (zu rigato – gestreift)
  • Spaghetti = Schnürchen (zu spago – Schnur)
  • Tagliatelle = kleine Geschnittene (zu tagliato – geschnitten)
  • Tortellini/Tortelloni = kleine/große Törtchen (über tortello zu torta – Torte)

Wie man sieht, lassen sich auch die Italiener bei der Bennennung ihrer Nudeln vor allem durch die Form inspirieren. Mit u. a. -elle, -ette, -etti, -ine, -ini, -oni, -ioli haben sie aber ein viel größeres Arsenal an Diminutivendungen als wir mit unseren -chen und -lein!

Ach ja: Bei den Nudeln im Titel handelt es sich also um Spaghetti, Ravioli und Tagliatelle.

Buon appetito!

Dottor Bopp

Warum einwecken eigentlich einrempeln heißen müsste

Der Winter hat vielerorts zwar noch immer nicht  richtig angefangen, aber die Zeit, im Sommer und Herbst Eingewecktes aufzumachen und zu genießen, kommt bestimmt. Mir fiel jedenfalls gerade gestern ein Weckglas in die Hände, so ein schönes mit Gummiring in Rotorange und dem Namen »Weck« in Relief auf dem Deckel.

Weckglas Weckglas

Das Glas stammt aus einer Zeit, in der man sich noch nicht darauf verlassen konnte, das ganze Jahr hindurch im Supermarkt frische Nahrungsmittel vorzufinden. Wenn etwas in den fruchtbaren Monaten üppig vorhanden war, wurde ein Teil davon durch Einkochen für die weniger üppigen Monate haltbar gemacht. Wie das genau vor sich ging und immer noch vor sich geht, soll hier nicht Thema sein. Ich wunderte mich nämlich gestern vielmehr, wieso ein Weckglas so heißt, wie es heißt. Die Nahrungsmittel werden ja nicht (auf)geweckt, sondern eher schlafen gelegt.

Das Weckglas heißt so, weil es von der Firma Weck kommt (und wenn es nicht von der Firma Weck kommt, darf es nicht so heißen). Wo man für das Einkochen Weckgläser benutzte, entstand für diesen Vorgang das Verb einwecken. Johann Carl Weck, der Gründer und Namensgeber der Firma Weck, war zwar indirekt auch der Namensgeber für das Weckglas, er war aber nicht dessen Erfinder. Er erwarb das Patent 1895 vom Unternehmer Albert Hüssener, der es von 1893 an genutzt hatte. Der eigentliche Erfinder war der Chemiker Rudolf Rempel. Er ließ Glas und Methode 1892 patentieren, starb aber schon im darauffolgenden Jahr nur vierunddreißig Jahre jung. Wenn das Weckglas nach seinem Erfinder hieße, wäre es also ein Rempelglas und Lebensmittel würden nicht eingeweckt, sondern eingerempelt.

Die Geschichte lief aber so, wie sie lief, und man spricht heute weder von einrempeln noch von einhüssenen. Vor allem in Österreich gibt es noch eine andere Bezeichnung, die ebenfalls von einem Namen abgeleitet ist: einrexen, nach den beim Einwecken verwendeten Rex-Gummiringen der Firma Rex-Gummitechniken. In der Schweiz bleibt es diesbezüglich ziemlich langweilig. Dort ist vor allem die Bezeichnung einmachen üblich.

Ob Sie nun Eingewecktes, Eingerextes, Eingemachtes oder gar nichts Eingekochtes in der Vorratskammer stehen haben: Ich wünsche ein gutes neues Jahr!

Eines der besten Schnitzel, das oder die …?

Frage

Ich habe eine grammatische Frage: Heißt es „Das ist eines der besten Schnitzel, das ich je gegessen habe“ oder „Das ist eines der besten Schnitzel, die ich je gegessen habe“?

Antwort

Sehr geehrter Herr L.,

richtig sind die folgenden Formulierungen:

Das ist das beste Schnitzel, das ich je gegessen habe.
Das ist eines der besten Schnitzel, die ich je gegessen habe.

Ob man das Relativpronomen das oder die wählt, hängt davon ab, auf welches vorhergehende Wort sich das Pronomen bezieht.

Beim ersten Satz bezieht sich das Relativpronomen auf die Wortgruppe das beste Schnitzel, also auf ein sächliches Wort in der Einzahl. Man wählt deshalb das entsprechende sächliche Relativpronomen der Einzahl: das.

Bei Konstruktionen der Art eine/einer/eines der … bezieht sich das Relativpronomen in der Regel auf das vorhergehende Substantiv im Plural, nicht auf eines. Nicht das mit eines bezeichnete Beispiel, sondern die Gruppe, zu der es gehört (hier: der besten Schnitzel), wird näher bestimmt. Man wählt deshalb die Pluralform des Relativpronomens: die.

Weitere Beispiele:

einer der letzten Menschen, die noch hier wohnen
eine der berühmtesten Künstlerinnen, die hier aufgetreten sind
einer der schönsten Städtenamen, die ich kenne
eines der Museen, die ich in Berlin besuchen werde
Sie ist eine der wenigen, denen er noch vertraut.

Ich hoffe für Sie, dass das Beispiel in Ihrer Frage nicht nur ein erdachtes Beispiel war. Ein gutes Schnitzel ist nie zu verachten (außer wenn man Schnitzel nicht mag). Eines der besten Schnitzel, die man je gegessen hat, ist natürlich noch viel besser. Ich würde es auch genießen, wenn es mir mit dem Relativpronomen das statt die angeboten würde! Grammatik ist gut, Kulinarik ist besser!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Calvados: kahle Rücken oder Armadaschiff

Im Urlaub schauen viele gerne einmal über die Grenze. So sind auch wir für ein paar Tage über Landes- und Sprachgrenze nach Frankreich gezogen. Dort stand ich vorgestern noch auf dem (oder der) Pont de Normandie, einer eleganten Brücke, die die Mündung der Seine zwischen Le Havre und Honfleur überspannt. Auf einem knapp zwei Meter breiten Trottoir, nur durch einen wenige Zentimeter hohen Betonrand vom mit 90 km/h vorbeirasenden Verkehr getrennt, kann man diese Brücke begehen. Das haben wir uns nicht zweimal sagen lassen. Wenn man irgendwo hinaufsteigen und hinunterschauen kann, ganz egal ob Kirchturm, Leuchtturm, Aussichtsturm, Wolkenkratzer oder eben in diesem Fall eine Brücke, dann muss ich hinauf. Dort stand ich also mehr als fünfzig Meter über der Seine, hielt meine Mütze fest (merke: auf einer hohen Brücke an der Küste ist es nicht windstill!), schaute um und unter mich und dachte: „Mann, ist das hoch!“ Wenn Sie einmal in der Gegend sind und keine Höhenangst haben: Der Pont de Normandie ist das Begehen wert.

In der Mitte der Brücke zeigten Tafeln an, dass wir auf der Grenze zwischen den Departements Calvados und Seine-Maritime standen. Und plötzlich schlug wieder einmal die Berufsdeformation zu: Woher kommt der Name Calvados? Er sieht ja eher spanisch als französisch aus.

Calvados-Schild
Foto Wikipedia . Foto P.v.B.

Der Name Calvados, den Liebhaber und Liebhaberinnen destillierter Wässer ja auch als Bezeichnung für den berühmten Apfelbranntwein aus dieser Region kennen, ist nicht typisch für die Normandie. Der Name Normandie geht auf das altfränkische nortman oder das altnordische nordmaðr zurück, die beide Nordmann bedeuten. Es kam im mittelalterlichen Latein ab dem 9. Jahrhundert vor und bezeichnete also das Gebiet der Nordmänner. Die Normandie war von einem Mischvolk besiedelt, das aus vom Norden eingedrungenen Skandinaviern und den ansässigen Franken entstanden war. Natürlich ist wie immer alles viel komplizierter, aber der Name Calvados kam bestimmt nicht mit den Wikingern in diese Region.

Es gibt zwei Erklärungen für den Ursprung des Namens: eine eher realistische und eine eher romantische. Nach der realistischeren, allgemein als wahrscheinlich anerkannten Erklärung stammt der Name von alten Seekarten. Mit dem lateinischen calva dorsa (kahle Rücken) sollen sie von See aus sichtbare kahle, also baumlose Hügel der Gegend angegeben haben. Die romantischere Erklärung sagt, dass der Name von Salvador komme. Salvador war der Name eines Schiffes, das zur „Unbesiegbaren Armada“ gehörte, der Kriegsflotte, die 1588 auf Befehl des spanischen Königs Philipp II. ausfuhr, um England zu erobern. England wurde nicht erobert und die Salvador strandete auf einem Felsen vor der Küste des heutigen Calvados. Über ein paar abenteuerliche Lautverschiebungen soll das Schiff dann Namensgeberin der Gegend geworden sein.

Vom Pont de Normandie aus habe ich beides gesehen: mehr oder weniger baumlose Hügel und einige Schiffe. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet könnten also beide Erklärungen zutreffen, aber auch mir scheint die erste Erklärung (calva dorsa) die wahrscheinlichere zu sein.

Pont de Normandie

So weit der Blick über die Grenze. Die nächsten Beiträge werden sich dann wieder mit „deutscheren“ Themen befassen.