Mehrere solche(r) Berichte – Genitiv oder gleicher Fall?

Frage

Ist der folgende Satz korrekt?

Demnach konnte er sich auf mehrere solcher schriftlicher Berichte stützen.

Die Präposition „auf“ verlangt hier den Akkusativ, aber „solcher“ und „schriftlicher“ stehen im Genitiv. Müsste es nicht heißen: „Demnach konnte er sich auf mehrere solche schriftliche Berichte stützen“?

Antwort

Guten Tag Herr F.,

die einfache Antwort lautet: Beides ist hier möglich.

mehrere solche schriftliche Berichte
mehrere solcher schriftlicher Berichte
auch: mehrere solcher schriftlichen Berichte1

Komplizierter wird es, wenn man erklären möchte, warum das so ist.

Wenn auf mehrere direkt ein Adjektiv folgt, ist mehrere ein Artikelwort, das zur nachfolgenden Wortgruppe gehört. Artikelwort und Wortgruppe stehen im gleichen Fall:

Er ist mit mehreren guten Freunden verreist.
Der Text enthält mehrere kleine Fehler.
Er konnte sich auf mehrere schriftliche Berichte stützen.

Wenn nach mehrere eine Wortgruppe mit einem „eigenen“ Artikelwort folgt, ist mehrere ein Pronomen und die Wortgruppe steht im Genitiv:

Er ist mir mehreren seiner Freunde verreist.
Der Text enthält mehrere dieser kleinen Fehler.
Er konnte sich auch mehrere der genannten schriftlichen Berichte stützen.

Das „Problem“ bei solche ist, dass es sich nicht einfach einer Wortklasse zuordnen lässt. Es hat die Eigenschaften eines Adjektivs, aber auch die Eigenschaften eines Pronomens und Artikelwortes.

So kann solch- zum Beispiel wie ein Adjektiv nach unbestimmten Artikelwörtern wie ein, kein, einige, mehrere stehen:

ein solcher Freund
keine solchen Fehler
einige/mehrere solche Berichte

Anders als ein Adjektiv kann solch- aber nur nach unbestimmten Artikelwörtern stehen, also:

nicht: *der solche Freund
nicht: *meine solchen Fehler
nicht: *diese solchen Berichte

Dann verhält es sich also wie ein „gewöhnliches“ Artikelwort.

Je nachdem ob man solche nun a) als Adjektiv oder b) als Artikelwort empfindet, seht die Wortgruppe, die es einleitet a) im gleichen Fall wie das unbestimmte Artikelwort vor ihm oder b) im Genitiv:

a) mehrere solche schriftliche Berichte
b) mehrere solcher schriftlicher Berichte
b) auch: mehrere solcher schriftlichen Berichte1

Ich ziehe hier die Übereinstimmung im Kasus vor, aber der Genitiv kommt ebenfalls häufig vor.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Zur Deklination des Adjektivs nach solch- siehe Kommentare.

Leipziger Allerlei im Genitiv

Frage

Heute eine Frage zur (Weglassung der) Flexionsendung: Heißt es „wie im Falle des ‚Leipziger Allerlei‘“ oder „wie im Falle des Leipziger Allerleis“? „Leipziger Allerlei“ steht in dem betreffenden Text in Anführungszeichen, deshalb bin ich mir nicht sicher. Meiner Meinung nach müsste es „Allerleis“ heißen. Stimmen Sie mir zu?

Antwort

Guten Tag Herr A.,

richtig ist hier eigentlich die Beugung des Namens des Gerichtes:

im Falle des Leipziger Allerleis
im Falle des „Leipziger Allerleis“

Immer häufiger kommt aber bei Bezeichnungen dieser Art – wie bei Eigennamen mit Artikel (siehe hier) – auch in der Standardsprache die Variante ohne Genitiv-s vor:

im Falle des Leipziger Allerlei
im Falle des „Leipziger Allerlei“

Wie die Beispiele zeigen, spielt es dabei im Prinzip keine Rolle, ob der Name in Anführungszeichen steht oder nicht.

Ich würde hier die Varianten mit der Genitivendung empfehlen, aber bei Leipziger Allerlei ist die endungslose Variante mindestens ebenso üblich. Nicht empfehlen würde das Weglassen der Endung bei Gerichten u. Ä. die noch näher an „gewöhnlichen“ Wörtern liegen. Sie sagen und schreiben also besser nicht des Schwarzwälder Schinken oder eines Wiener Schnitzel, sondern des Schwarzwälder Schinkens und eines Wiener Schnitzels.

Ob mit oder ohne Genitiv-s: Hauptsache, es schmeckt!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Wer nicht weiß, was Leipziger Allerlei ist, schaut zum Beispiel hier nach.

Titel und Eigenname im Genitiv: im Leben des Pater[s] Pio

Frage

Ich bin Korrektorin und versuche mich gerade zu rechtfertigen, warum ich den Titel „Ein Tag im Leben des Pater Bio“ (ohne Genitiv-s bei „Pater“) habe durchgehen lassen. […] Ich selbst hätte zwar das Genitiv-s gesetzt, es klang aber ohne nicht völlig falsch, und ich hatte wohl auch Hochachtung vor dem Autor, der sich im Gegensatz zu mir in Kirchenbelangen auskennt.

Antwort

Guten Tag Frau Z.,

bei erweiterten Eigennamen im Genitiv ist es gar nicht so einfach, ob und wie man beugen soll. Entscheidend ist dabei, ob ein Artikel mitspielt oder nicht.

Verwandtschaftsbezeichnungen, Berufsbezeichnungen, Anredeformen, Titel u. Ä. gehören zum Namen, wenn sie ohne Artikelwort verwendet werden. Dekliniert wird der ganze Name:

Tante Annas Cabriolet
König Arthurs Tafelrunde
die Tafelrunde König Arthurs
Pater Browns Geheimnisse
Pater Pios Leben

Wenn sie von einem Artikelwort begleitet werden, sind Verwandtschaftsbezeichnungen, Berufsbezeichnungen, Anredeformen, Titel u. Ä. in der Regel nicht Teil des Namens und werden gebeugt. Der Name ist Apposition und bleibt ungebeugt:

das Cabriolet meines Onkels Anton
die Tafelrunde des Königs Arthur
die Geheimnisse des Paters Brown
das Leben des Paters Pio

In formeller oder gehobener Sprache können solche Verbindungen aber auch mit Artikel als Ganzes als Name aufgefasst werden. Allgemein gilt, dass nachgestellte Personennamen mit Artikel im heutigen Deutschen ungebeugt bleiben:

das Spielzeugauto des kleinen Joachim
das sagenhafte Reich der Kleopatra

Entsprechend bleiben auch diese Verbindungen endungslos, wenn sie als Ganzes als Eigennamen aufgefasst werden:

das Vermögen des Onkel Dagobert
die Tafelrunde des König Arthur
die Geheimnisse des Pater Brown
das Leben des Pater Pio

Immer zum Namen gerechnet wird übrigens der Titel Doktor, auch wenn er mit einem Artikel daherkommt:

der Blog des Doktor Bopp

Sie haben also Ein Tag im Leben des Pater Pio zu Recht durchgehen lassen. Es klingt nicht falsch, weil es in eher gehobenem/formellem Sprachgebrauch möglich ist, die Verbindung ‘Titel + Name’ auch mit Artikel als Ganzes wie einen Eigennamen zu behandeln. In „neutralerem“ Sprachgebrauch hätte auch ich Ein Tag im Leben des Paters Pio gewählt – oder ohne Artikel: Ein Tag in Pater Pios Leben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wenn der Genitiv nicht passt: „mittels welches“

Frage

Ich hätte eine Frage zum Kasus bei Verwendung der Präposition „mittels“ und zur Deklination des Pronomens „welcher“. Der fragliche Satz lautet in etwa:

a) Die Vorrichtung weist einen Hebel auf, mittels welches der Sitz verstellt werden kann.
b) Die Vorrichtung weist einen Hebel auf, mittels welchen der Sitz verstellt werden kann.
c) Die Vorrichtung weist einen Hebel auf, mittels welchem der Sitz verstellt werden kann.

Die Präposition „mittels“ wird normalerweise mit dem Genitiv verwendet. Das wäre dann also „mittels welches“ oder „mittels welchen“ […] Zudem gibt es noch die Regel, dass der Dativ verwendet wird, wenn der Genitiv nicht erkennbar ist. Welche Formulierung ist nach Ihrer Ansicht richtig?

Antwort

Guten Tag Frau S.,

das Relativpronomen welcher/welche/welches wird je nach der Form nur selten oder gar nicht im Genitiv verwendet. Selten ist die Verwendung der Genitivform welcher (Singular weiblich und Plural):

die Frau, welcher wir gedenken
(üblicher: deren/derer wird gedenken)
die Vorrichtungen, mittels welcher …
(üblicher: mittels deren/derer …)

Nicht gebraucht wird die Genitivform welches (Singular männlich und sächlich). Das gilt auch für die Genitivform welchen. Man weicht dann auf die Genitivform dessen von der/die/das aus:

der Mann, dessen wir gedenken
(nicht: welches o. welchen wir gedenken)
das Instrument, mittels dessen …
(nicht: mittels welches o. welchen …)

Es hier ist standarsprachlich nicht üblich, auf den Dativ auszuweichen (mittels welchem), da es die Möglichkeit gibt, dessen zu verwenden.

Für Ihren Satz bedeutet dies, dass Sie zum Beispiel wie folgt formulieren können:

Die Vorrichtung weist einen Hebel auf, mittels dessen der Sitz verstellt werden kann.
Die Vorrichtung weist einen Hebel auf, mit dem der Sitz verstellt werden kann.
Die Vorrichtung weist einen Hebel auf, mit welchem der Sitz verstellt werden kann

Dasselbe oder Ähnliches gilt auch für andere allein stehende Pronomen wie zum Beispiel dieser, keiner, jeder, alles.

nicht: Ich bediene mich dieses statt jenes.
sondern: Ich bediene mich dieser statt jener Sache.

nicht: Das kommt im Leben jedes vor.
sondern: Das kommt im Leben eines jeden / jedes Menschen vor.

nicht: das Beste alles
sondern: das Beste von allem

Das ist bei weitem nicht alles, was es zu diesem Thema zu sagen gäbe. Eine Schlussfolgerung dieses könnte sein – nein – eine Schlussfolgerung hieraus könnte sein: Wen wundert es, dass der Genitiv es manchmal schwer hat, wenn er sich so „zickig“ verhält!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

So schön es klingt, „inbegriffen der Voruntersuchung“ ist nicht richtig

Frage

Ich habe ein Frage zur Kommasetzung:

Sie erreichte, dass die Angelegenheit ? inbegriffen der Voruntersuchung ruhte, bis ihre Schwester in Irland war.

Kann ich davon ausgehen, dass das Komma vor „inbegriffen“ freigestellt ist?

Antwort

Guten Tag Frau G.,

bei dieser Kommafrage muss eigentlich zuerst eine Fallfrage behandelt werden, und zwar im Zusammenhang mit inbegriffen.

Wenn inbegriffen oder einbegriffen mit der Bedeutung einschließlich verwendet wird, sollte es nach dem Substantiv stehen, das eingeschlossen werden soll.

Die Teilnahme kostet 35 Euro, Verpflegung und Unterkunft inbegriffen.

Weiter gilt, dass dieses Substantiv im Nominativ steht, wenn es wie in Ihrem Satz an das Subjekt angebunden wird:

Aus persönlichen Gründen warf fast der gesamte Vorstand, der Vorsitzende inbegriffen, das Handtuch.
Die ganze Familie, mein Hund inbegriffen, wird mich begleiten.
Der größte Teil der Büroeinrichtung, ein ergonomischer Sessel inbegriffen, wird zum Kauf angeboten.

Wie die Beispiele zeigen, wird eine solche Wortgruppe vorn und hinten durch Komas abgetrennt.

Für Ihren Satz bedeutet dies alles, dass wie folgt formuliert und geschrieben werden sollte:

Sie erreichte, dass die Angelegenheit, die Voruntersuchung inbegriffen, ruhte, bis ihre Schwester in Irland war.

Man verwendet also inbegriffen anders als die Präpositionen einschließlich und inklusive, die beide mit dem Genitiv stehen:

Sie erreichte, dass die Angelegenheit, einschließlich/inklusive der Testamentseröffnung, ruhte, bis ihre Schwester in Irland war.

Auch ohne Kommas:

Sie erreichte, dass die Angelegenheit einschließlich/inklusive der Voruntersuchung ruhte, bis ihre Schwester in Irland war.

Es ist verständlich, dass inbegriffen bzw. einbegriffen manchmal wie einschließlich verwendet wird, denn große Bedeutungsunterschiede gibt es nicht. Vorangestelltes inbegriffen oder einbegriffen mit Genitiv gilt aber trotzdem nicht als richtig.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das Wohlergehen eines Knirpses wie mir / wie meiner / wie ich?

Frage

Ich hätte wieder einmal eine (zumindest für mich grad sehr) knifflige Frage. Der Satz lautet:

Es war ein magischer Ort, wo man sich für das Wohlergehen eines Knirpses wie mir interessierte.

Hier tönt „wie mir“ für mich seltsam, aber „wie ich“ irgendwie auch. Was ist richtig?

Antwort

Guten Tag Frau S.,

Die Frage ist nicht nur für Sie knifflig, sie tauch immer wieder auf. Auch ich habe keine einfache Antwort, die ich mit voller Überzeugung präsentieren kann.

In Formulierungen dieser Art kommt der Dativ wie mir zwar vor und er klingt auch gar nicht so falsch, aber er gilt hier standardsprachlich als nicht korrekt. In einer wie-Gruppe wie dieser gilt im Prinzip die Übereinstimmung im Kasus:

ein Knirps wie der kleine Schlingel
einen Knirps wie den kleinen Schlingel
einem Knirps wie dem kleinen Schlingel
eines Knirpses wie des kleinen Schlingels

ein Knirps wie ich/du/er/sie
einen Knirps wie mich/dich/ihn/sie
einem Knirps wie mir/dir/ihm/ihr

Und wie steht es in der zweiten Beispielgruppe mit dem Genitiv? – Wenn die wie-Gruppe sich auf ein Genitivattribut bezieht und kein Artikelwort enthält, steht sie im Nominativ, nicht im Genitiv. Das ist u. a. bei Eigennamen und Pronomen der Fall:

das Leben eines Knirpses wie ich (nicht: wie meiner, wie mir)

das Leben eines Bengels wie du (nicht: wie deiner, wie dir)
das Leben eines Mannes wie er (nicht: wie seiner, wie ihm)
das Leben einer Frau wie sie (nicht: wie ihrer, wie ihr)

das Leben eines Knirpses wie Leon (nicht: wie Leons)
das Leben einer Politikerin wie Thatcher (nicht: wie Thatchers)

Demnach muss es ist hier also heißen:

Es war ein magischer Ort, wo man sich für das Wohlergehen eines Knirpses wie ich interessierte.

Das klingt tatsächlich ein bisschen ungewohnt. Wenn Sie das „stört“, können Sie auf eine andere Formulierung ausweichen (das würde ich auch tun). Je nachdem was genau gemeint ist, ginge zum Beispiel:

Es war ein magischer Ort, wo man sich für das Wohlergehen eines Knirpses, wie ich es war, interessierte.
Es war ein magischer Ort, wo man sich für das Wohlergehen des Knirpses, der ich war, interessierte.

Manche Fragen übersteigen auch das Sprachgefühl eines Linguisten wie ich – oder eben eines Linguisten, wie ich es bin.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Aufgrund einer Erkältung oder etwas Ähnlichem?

Frage

Ich bin unsicher, welcher  Kasus in diesem Satz bei „etwas Ähnliches“ verwendet wird:

Das Kind fühlt sich sich aufgrund einer Erkältung oder etwas Ähnlichem unwohl.

Spontan würde ich hier den Dativ „etwas Ähnlichem“ für richtig halten. Müsste aber nicht der Genitiv stehen, weil Grippe ja auch Genitiv ist?

Das Kind fühlt sich sich aufgrund einer Erkältung oder etwas Ähnlichen unwohl.

Was ist hier richtig?

Antwort

Guten Tag Herr S.,

der zweite Satz ist nicht möglich. Wir stoßen hier wieder einmal an die Grenzen dessen, was im Deutschen mit dem Genitiv möglich ist. Im Genitiv kann nämlich nicht etwas Ähnlichen stehen. Als Begründung kann hier diese „Genitivregel“ genannt werden:

Eine Nominalgruppe kann nur dann im Genitiv stehen, wenn sie von einem gebeugten Artikelwort oder Adjektiv begleitet wird und mindestens ein Wort mit der Genitivendung er oder (e)s enthält (Ausnahmen: u. A. Eigennamen).

Die Wortgruppe etwas Ähnlichen enthält kein Wort mit einer Genitivendung er oder (e)s. Die Formulierung aufgrund etwas Ähnlichen ist deshalb nicht möglich.

Der erste Satz ist – zumindest standardsprachlich – auch nicht zu empfehlen, weil aufgrund den Genitiv oder eine von-Gruppe verlangt. Die von-Gruppe steht dann, wenn der Genitiv nicht möglich bzw. nicht ersichtlich ist.

mit Genitiv: aufgrund einer Krankheit
mit von-Gruppe: aufgrund von etwas Ähnlichem

Für Ihren Beispielsatz müssen Sie also auf eine andere Formulierung ausweichen. Am einfachsten ist es, einfach von zu ergänzen:

Das Kind fühlt sich sich aufgrund einer Erkältung oder von etwas Ähnlichem unwohl.
Das Kind fühlt sich sich aufgrund von einer Erkältung oder etwas Ähnlichem unwohl.
Das Kind fühlt sich sich aufgrund von Erkältung oder etwas Ähnlichem unwohl.

Da dies nicht immer zu stilistischen Meisterwerken führt, kann es oft auch helfen, ganz anders zu formulieren:

Das Kind fühlt sich unwohl, weil es eine Erkältung oder etwas Ähnliches hat.

Noch ein Beispiel, wie man besser nicht formuliert:

nicht: die Verlosung eines Geschenks oder etwas Ähnlichem

Sondern:

die Verlosung eines Geschenks oder von etwas Ähnlichem
die Verlosung von einem Geschenk oder etwas Ähnlichem
verlosen wir ein Geschenk oder etwas Ähnliches
wird ein Geschenk oder etwas Ähnliches verlost

Natürlich ist oder etwas Ähnlichem nicht immer falsch. Es kann oder muss stehen, wenn die Konstruktion den Dativ verlangt:

an einer Erkältung oder etwas Ähnlichem leiden
den Nagel mit einem Hammer oder etwas Ähnlichem einschlagen
Sie standen vor einem Eisentor oder etwas Ähnlichem.

Mit freundlichen Grüßen (oder etwas Ähnlichem)

Dr. Bopp

Des Öfteren?

Frage

Bei dem Mehrwortausdruck „des Öfteren“ hat mein Analysierer Probleme mit dem Wort „Öfteren“. Mir persönlich kam es nicht unvertraut vor, ich konnte aber auf Anhieb keine Erklärung für diese Wortform finden. […] Bei „des Weiteren“ hat mein Tool kein Problem, „Weiteren“ als substantiviertes Adjektiv im Komparativ mit der Flexionsendung „-en“ zu erkennen. Aber „oft“ ist ein Adverb und Adverbien gelten doch als unflektierbar? […]

Antwort

Guten Tag Herr H.,

die Form öfteren in des Öfteren kann wie weiteren in des Weiteren als Genitivform analysiert werden (es sind Adverbialgenitive). Bei des Öfteren handelt es sich um eine feste Wendung, die auf die Verwendung des Komparativs öfter als Adjektiv zurückgeht. Standardsprachlich ist diese Verwendung nicht mehr gebräuchlich, in der Umgangssprache kommt sie aber noch vor:

ihre öfteren Besuche
nach öfterer Wiederholung

Auch die heute nur selten vorkommende Superlativform öftesten geht auf die adjektivische Verwendung von oft bzw. öfter zurück:

die am öftesten gehörte Antwort
So tituliert er sich am liebsten und am öftesten.

Im heutigen Standarddeutschen werden oft und öfter nur als Adverbien und entsprechend ungebeugt verwendet. Die Superlativform am öftesten kommt – wie gesagt – nur selten vor. Normalerweise wird hierfür am häufigsten verwendet.

Daneben kam und kommt manchmal noch die Form öfterer (statt öfter) vor. Dieser doppelte Komparativ lässt sich dadurch erklären, dass öfter häufig nicht vergleichend, sondern verstärkend verwendet wird und dann (fast) die gleiche Bedeutung hat wie einfaches oft:

Das haben wir schon oft / öfter gehört.
Sie war oft / öfter in Talkshows zu sehen.

Zu dem so als Positiv empfundenen öfter wurde eine Komparativform öfterer und eine Superlativform öfterst gebildet.

Die Männchen schreien stärker, volltönender und öfterer als die Weibchen
und dieses ist der öfterste Fall

Diese Formen gelten standardsprachlich als nicht korrekt.

Im heutigen Standarddeutschen gibt es also nur das Adverb oft mit seiner Komparativform öfter (und dem Superlativ am häufigsten). Adjektivisch gebeugte Formen trifft man auch an, aber sie sind veraltet oder gelten als umgangssprachlich. Ausnahme: des Öfteren.

Ihr Analysierer hat wahrscheinlich deshalb Mühe mit mit der Form Öfteren, weil sie nicht nach heute geltenden Regeln gebildet wurde. Sie setzt ein Adjektiv oft voraus, das es in der heutigen Standardsprache nicht gibt.

Viel mehr zur Geschichte von oft und seinen Steigerungsformen finden Sie hier.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Auch standardsprachlich passt oft ein »von« statt des Genitivs

Frage

Ich habe eine Frage zu folgendem Satz:

Er hatte einer Bemerkung von(?) Elisabeths Kollegen entnommen, dass seine Frau …

oder nur:

Er hatte einer Bemerkung Elisabeths Kollegen entnommen, dass seine Frau …

Letzteres klingt irgendwie falsch. Umgangssprachlich ist „von Elisabeths Kollegen“ heute sicher ok, aber in der Schriftsprache? Natürlich könnte ich auch „der Kollegen Elisabeths“ schreiben, aber vielleicht würden viele das heute als altmodisch und geschwollen ansehen.

Antwort

Guten Tag Frau G.,

Sie können hier am besten Ihrem Sprachempfinden folgen. Formulierungen mit von anstelle des Genitivs sind nämlich lange nicht immer nur umgangssprachlich.

Nicht möglich ist diese Formulierung:

NICHT: eine Bemerkung Elisabeths Kollegen

Eine Substantivgruppe kann u. a. nur dann im Genitiv stehen, wenn sie mindestens ein gebeugtes Artikelwort oder Adjektiv enthält (Teil der Genitivregel).

die Reparatur der Fahrräder
NICHT:
die Reparatur Fahrräder

der Preis natürlichen Mineralwassers
NICHT: der Preis Mineralwassers

Auch die Substantivgruppe Elisabeths Kollegen enthält kein Artikelwort oder Adjektiv. Man weicht in solchen Fällen auch in der Standardsprache häufig auf eine Formulierung mit von aus:

die Reparatur von Fahrrädern
der Preis von Mineralwasser

Entsprechend auch:

eine Bemerkung von Elisabeths Kollegen

Bei dieser Formulierung ist allerdings nicht deutlich, ob es um eine Bemerkung eines Kollegen oder um eine Bemerkung mehrerer Kollegen geht.

Ihr weiterer Vorschlag ist möglich, weil die Substantivgruppe ein gebeugtes Artikelwort enthält:

eine Bemerkung der Kollegen Elisabeths

Es ist klar, dass es sich um mehrere Kollegen handelt. Es klingt aber tatsächlich ein bisschen gehoben.

Sie haben also vorerst zwei Möglichkeiten:

Er hatte einer Bemerkung von Elisabeths Kollegen entnommen … (nicht eindeutig)

Er hatte einer Bemerkung der Kollegen Elisabeths entnommen … (vielleicht ein bisschen gehoben/veraltend)

Damit sind wir aber noch nicht am Ende unserer Möglichkeiten. Es gibt noch weitere Formulierungen, die eindeutig und auch standardsprachlich vertretbar sind:

Er hatte einer Bemerkung der Kollegen von Elisabeth entnommen …

Er hatte einer Bemerkung von Elisabeths Mitarbeitern entnommen …

Nicht jede Wortgruppe mit von, die anstelle eines Genitivs steht, ist umgangssprachlich. Siehe auch hier.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Warum es zu unser aller Bestem und nicht zu unser aller Besten ist

Frage

Eine Freundin und ich sind uns unsicher, wie es richtig heißen muss: „Das ist zu unser aller Bestem“ oder „Das ist zu unser aller Besten“? Unser Tipp ist, dass „unser aller Bestem“ korrekt ist, da man hier ja […] den Dativ verwendet.

Antwort

Guten Tag Herr U.,

richtig ist hier tatsächlich:

zu unser aller Bestem

Ein (substantiviertes) Adjektiv wird schwach gebeugt, wenn ein Artikelwort vor ihm steht, dessen Endung den Fall schon angibt:

das Beste für uns alle
zum (= zu dem) Besten der Kinder
zu unserem Besten

Ein (substantiviertes) Adjektiv wird stark gebeugt, wenn kein Artikelwort vor ihm steht, dessen Endung den Fall schon angibt:

nichts Bestes
für dein Bestes
zu Susannes Bestem

Das bringt uns zum Unterschied zwischen zu unserem Besten und zu unser aller Bestem:

Im Gegensatz zu unserem ist die Wendung unser aller kein Possessivartikel. Es ist der Genitiv von wir alle:

Nom.: wir alle
Akk.: uns alle
Dat.: uns allen
Gen.: unser aller

Als solches ist es ein Genitivattribut zum substantivierten Adjektiv Bestes:

zu wessen Bestem?
zum Besten aller
zum Besten unser aller

Wenn ein Genitivattribut vorangestellt wird, fällt der Artikel weg (hier: zum → zu). Es steht dann kein gebeugtes Artikelwort mehr vor dem substantivierten Adjektiv, so dass die starken Endungen zum Zug kommen:

unser aller Bestes
für unser aller Bestes

Also auch im Dativ:

zu unser aller Bestem

wie zum Beispiel auch:

zu Susannes Bestem
zu Herrn U.s Bestem

Mehr zu unser aller und unser beider finden Sie in diesem (nicht mehr ganz taufrischen) Blogartikel.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp