Frage
In einem Artikel der Yellowpress heißt es:
… das Topmodel ist glücklich mit seinem Freund.
Ist das richtig oder heißt es „mit ihrem Freund“
Antwort
Sehr geehrte Frau S.,
streng nach der Grammatik stimmt die Form seinem. Nach der allgemeinen Regel richtet sich die Form des besitzanzeigenden Wortes (Possessivs) nach dem grammatischen Geschlecht (Genus) des Wortes, auf das es sich bezieht:
der Wald und seine Funktionen
die Wiese und ihre Bewohner
Auch bei Lebewesen gilt im Prinzip diese Übereinstimmung nach dem grammatischen Geschlecht. So heißt es zum Beispiel
die Amsel mit ihrem schwarzen Federkleid
obwohl viele auch ohne Ornithologiestudium wissen, dass nur die Amselmännchen schwarz sind.
Ein bisschen anders sieht es bei Menschen aus. Auch hier gilt im Prinzip die Übereinstimmung nach dem grammatischen Geschlecht:
Das Topmodel ist glücklich mit seinem Freund.
Das Mädchen spielt mit seiner Schwester.
Bevor Sie nun vielleicht anfangen sich zu wundern oder gar zu ärgern, kommt das große Aber. Diese Übereinstimmung des Possessivums mit dem grammatischen Geschlecht war gang und gäbe, als man unverheiratete Frauen noch ungeniert Fräulein nannte:
Er hätte nicht sagen können, ob das Fräulein mit seinem traurigen oder mit seinem erschrockenen Gesicht hübscher aussah.
Nach dieser artigen Rede setzte das Fräulein seinem Vater die Blumenkrone auf, und er umarmte es zärtlich.
Im heutigen Deutsch hingegen ist die Übereinstimmung mit dem natürlichen Geschlecht in solchen Fällen immer üblicher:
Das Topmodel ist glücklich mit ihrem Freund.
Das Mädchen spielt mit ihrer Schwester.
Die Form seinem in Ihrem Beispiel ist also nicht falsch, aber immer weniger üblich. Persönlich empfehle ich hier immer die Übereinstimmung mit dem natürlichen Geschlecht, also ihrem. Nur wenn die Bezeichnung Topmodel sich entgegen dem üblichen Sprachgebrauch auf einen Mann bezieht, ist mit seinem Freund die einzige richtige Formulierung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp