Die Polizei, dein(e) Freund(in) und Helfer(in)

Frage

Weshalb heißt es nicht: Die Polizei, deine Freundin und Helferin? Die scheint mir ein weiblicher Artikel.

Antwort

Sehr geehrter Herr M.,

die Polizei ist tatsächlich ein weibliches Wort. Trotzdem kann mit der männlichen Bezeichnung Freund und Helfer auf sie verwiesen werden. Wenn eine Personenbezeichnung wie hier Freund und Helfer sich auf eine weibliche Sache, Institution usw. (hier: Polizei) bezieht, kann im Deutschen sowohl die weibliche als auch die männliche Personenbezeichnung gewählt werden. Zum Beispiel:

Die Firma XY ist Lieferantin dieses Produktes. oder
Die Firma XY ist Lieferant dieses Produktes.

die Stadtverwaltung als Arbeitgeberin oder
die Stadtverwaltung als Arbeitgeber

Man könnte also auch sagen: Die Polizei, deine Freundin und Helferin. Der Slogan ist aber nicht mehr ganz taufrisch. Er stammt aus einer Zeit, in der es noch weniger Polizistinnen gab und die Polizei noch mehr eine Männerdomäne war als heute. Es gab noch keine Kommissarin. Sie kam erst lange nach dem Alten und Derrik – vom übermännlichen Schimanski ganz zu schweigen. Damals fand man wohl, dass Freundin und Helferin einfach zu wenig männlich, stramm und schnurrbärtig klang. Ob man heute eher die weibliche Form wählen würde? Sie kommt zwar manchmal vor, aber wenn sie nicht in einem feministischen Umfeld verwendet wird, ist sie doch meist ironisch bis zynisch gemeint.

Zu diesem Thema gibt es übrigens einen früheren Blogeintrag.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Die Universität als Antragsteller oder Antragstellerin?

Frage

Der Dekan ist der Antragsteller und die Dekanin die Antragstellerin. Wie verhält es sich aber mit der Universität? Ist sie Antragsteller oder Antragstellerin? Und wenn sie als Antragstellerin auftritt, was ist dann das Institut?

Antwort

Sehr geehrte Frau T.,

wenn ein Wort, das eigentlich eine Personenbezeichnung ist (hier: Antragsteller), sich im übertragenen Sinne auf eine weibliche Sache (hier: Universität) bezieht, kann sowohl die weibliche also auch die männliche Form der Personenbezeichnung verwendet werden:

Antragstellerin ist die Universität B. oder
Antragsteller ist die Universität B.

Andere Beispiele:

Die Firma XY ist Lieferantin dieses Produktes. oder
Die Firma XY ist Lieferant dieses Produktes.

die Stadtverwaltung als Arbeitgeberin oder
die Stadtverwaltung als Arbeitgeber

Die Geschichte ist eine Lehrmeisterin für die Zukunft. oder
Die Geschichte ist ein Lehrmeister für die Zukunft.

Klingt das nicht sehr emanzipiert? Dem ist aber leider nicht ganz so, denn das Umgekehrte gilt nämlich nicht. Wenn eine Sache männlich oder sächlich ist, kann sich nur eine männliche Personenbezeichung auf sie beziehen:

Der Antragsteller ist das Institut B.
Der Betrieb XY ist Lieferant dieser Produkte.
das Stadttheater als Arbeitgeber
Der Neid ist ein Spielverderber des Glück.

Man könnte argumentieren, dass hier auch die weiblichen Formen verwendet werden können müssten, aber das ist in der deutschen Sprache schlichtweg nicht üblich. Es wäre natürlich auch möglich, umgekehrt die Verwendung von männlichen Personenbezeichnungen für weibliche Sachen zu „verbieten“, aber das ginge wohl auch etwas zu weit.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Die Semmel

Frage

Ich hätte eine Frage und zwar: Schreibt man 1 Paar Wienerle im Semmel oder 1 Paar Wienerle in der Semmel?

Antwort

Sehr geehrte Frau K.,

im Standarddeutschen ist Semmel weiblich: die Semmel. Sehen Sie hierzu die Angaben auf Canoonet. Richtig ist somit: 1 Paar Wienerle in der Semmel. Falls Sie es noch etwas hochdeutscher formulieren wollen, lautet die Formulierung: 1 Paar Wiener Würstchen in der Semmel. Wienerle gilt nämlich als umgangssprachlich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

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So weit die „offizielle“ Antwort. Mit der Semmel bewegen wir uns aber im Bereich des Essens und der Küche. Es gibt wohl keinen anderen Bereich – mit Ausnahme vielleicht der Namen für einheimische Blumen und andere Pflanzen – in dem Bezeichnungen so viele regionale Varianten kennen. Es ist deshalb nicht unmöglich, dass es Regionen gibt, in denen man mundartlich oder umgangssprachlich die Wiener Würstchen nicht in die, sondern in das Semmel klemmt. Irgendwie kann ich mir in den Semmel nicht vorstellen, denn das klingt nicht mehr so lecker. Bei uns zu Hause war es das Semmeli, aber das heißt nicht viel, denn alles auf -li ist dort eine sächliche Verkleinerungsform (wie im Hochdeutschen alles auf -lein und -chen). Eine nicht verkleinerte Form kenne ich im Zürichdeutschen nicht.

Das ist aber noch nicht alles. Die „Übersetzung“ des vor allem im süddeutschen Sprachraum verwendeten Wortes Semmel ins Allgemeindeutsche lautet Brötchen. Aber was für ein Brötchen? Um gleich wieder in die Schweiz zurückzukehren: Gemäß vielen Quellen soll die Semmel in der Schweiz Weggli heißen. Nein! In einem Land, in dem sich die über zwanzig Kantone erst vor einigen Jahren auf einen gemeinsamen Schuljahresbeginn einigen konnten, ist diese Aussage nur schon wegen des Teils „in der Schweiz“ nicht haltbar. Es gibt wohl beinahe so viele Bezeichnungen für die verschiedenen Arten von Brötchen, wie es Kantone gibt, in denen man Deutsch spricht. Was in Zürich ein Semmeli ist, ist im Apenzellerland ein Bürli. Das Wort Bürli verwenden die Zürcher auch (es ist dunkler und knuspriger als ein Semmeli), aber was der Zürcher einfach ein Bürli nennt, ist beim Appenzell ein St. Galler Bürli. In der Zentralschweiz, aber auch in anderen Gebieten, nennt man ein Semmeli ein Mutschli (das ist allerdings auch noch ein Käse, sonst wäre es ja viel zu einfach …). Weggli bezeichnet übrigens nur eine Brötchenart, die man andernorts Milchbrötchen nennt.

Dieser Exkurs sollte nur dazu dienen, anzuzeigen, dass das Wort Semmel an verschiedenen Orten verschieden verwendet wird und unterschiedliche Arten von Brötchen bezeichnen kann. Machen Sie einmal einen Test. Sie kennen wahrscheinlich verschiedene Arten von Brötchen mit unterschiedlichen Namen. Fragen Sie nun ein paar andere Leute, wie sie diese Brötchen nennen. Tun Sie dies vielleicht nicht gerade bei Ihren Geschwistern oder der alten Schulfreundin, die Sie schon seit vor dem Kindergarten kennen, sondern am besten bei Menschen, die in einem anderen Dorf aufgewachsen sind. Es würde mich nicht wundern, wenn Sie sich dann über die Antwort wundern.

So haben sich auch einmal ein paar niederländische Freunde in einem Kölner Restaurant darüber gewundert, dass der „studierte“ Deutschsprachige ihnen die Antwort schuldig bleiben musste, als sie wissen wollten, was die auf der Menükarte stehenden Röggelchen denn seien. Davon hatte ich noch nie gehört. Wissen Sie es? Da es in diesem Beitrag um Brötchen geht, ist die Lösung des Rätsels nicht gar so schwierig: ein Röggelchen ist ein Roggenbrötchen („aus zwei zusammengebackenen Hälften bestehend“ präzisiert mein Wörterbuch).

Auf der oder auf dem Plaza de España?

Frage

Seit einer Weile versuche ich herauszufinden, ob es eine feste Regel gibt, die den Gebrauch des Artikels für fremde Namen von Gebäuden, Plätzen, Straßen usw. gibt. Sagt man zum Beispiel die Plaza de España, weil der Lehnbegriff weiblich ist (la plaza), oder behält man den für ein deutsches Wort (in diesem Fall der Platz) stehenden Artikel bei und sagt entsprechend der Plaza de España?

Antwort

Sehr geehrte Frau B.,

wie schon ein früherer Blogeintrag erläutert, gibt es keine feste Regeln dafür, welches Geschlecht Fremdwörter im Deutschen erhalten. Es gibt verschiedene Tendenzen, die sich zum Teil widersprechen, so dass es häufig Wörter gibt, die mit mehr als einem Artikel verwendet werden. Ganz besonders gilt dies im Bereich, der Sie interessiert: Namen von Plätzen, Straßen usw. Hier sind zwei Tendenzen wichtig, die Sie ganz richtig bereits erwähnt haben:

  • Der Name hat das gleiche Geschlecht wie in der Ursprungssprache.
  • Der Name hat des gleiche Geschlecht wie seine deutsche Übersetzung.

Bei Namen wie zum Beispiel die Calle Mayor und die Rue de Rivoli ergeben sich daraus keine Probleme, denn calle und rue sind wie die deutsche Übersetzung Straße weiblich. Auch dann, wenn Substantive in der Ursprungssprache kein Geschlecht haben, ist es einfach, da dann nur die zweite Tendenz wirkt: der Trafalgar Square wie der Platz.

Wo diese Tendenzen einander aber widersprechen, sind in der Regel beide Varianten als richtig anzusehen:

die Plaza de España – wie sp. la plaza (weiblich)
der Plaza de España – wie dt. der Platz

die Place de la Concorde – wie frz. la place (weiblich)
der Place de la Concorde – wie dt. der Platz

der Ponte Vecchio – wie it. il ponte (männlich)
die Ponte Vecchio – wie dt. die Brücke

Keine der beiden Tendenzen ist „logischer“ oder „besser“ als die andere. Welche Variante man wählt, hängt vor allem von der Kenntnis der Sprache ab, aus der der Name stammt. Für jemanden, der gut Französisch kann, klingt Wir treffen uns am Place de la Concorde vielleicht seltsam oder sogar falsch. Umgekehrt kann für jemanden, der kein Französisch spricht, Wir treffen uns an der Place de la Concorde sehr gestelzt klingen (so ähnlich wie Zwei Espressi, bitte).

Sie können also sowohl So gelangen Sie zum Ponte Vecchio als auch So gelangen Sie zur Ponte Vecchio sagen, ohne dass man Ihnen einen Verstoß gegen die Grammatik des Deutschen vorwerfen darf. Innerhalb eines Textes, eines Buches usw. sollte man allerdings immer die gleiche Variante verwenden.

Sehen Sie hierzu auch die entsprechende Grammatikseite.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Geschlecht von Fremdwörtern

Frage

Immer wieder frage ich mich, wer denn bestimmt, welches Genus Fremdwörter bekommen. Insbesondere Begriffe der Informationstechnologie werden zwar häufig im Deutschen verwendet, doch oft mit verschiedenem Genus. Beispiele: der/das Bookmark (Canoonet sagt sogar noch die Bookmark), der/das Tab, der/das Blog etc. Kann man sagen, dass falls es eine deutsche Entsprechung gibt, das Fremdwort das Genus von diesem Wort übernimmt, Bsp. das Lesezeichen -> das Bookmark? der Reiter -> der Tab?

Antwort

Sehr geehrte Frau R.,

wieso sagt man der Star, der Cognac, die E-Mail, das Electronic Banking, das Cello, der oder das Weblog, der oder die Benchmark usw.? Bei der Festlegung des Geschlechts von Fremdwörtern gibt es wie bei vielen anderen sprachlichen Phänomenen keine festen Regeln. Es gibt aber verschiedene, unterschiedlich starke Tendenzen oder Strategien, die – wie könnte es auch anders sein – sich zum Teil widersprechen.

Eine nicht unwichtige Tendenz ist das „Ursprungsprinzip“: Ein Nomen hat das gleiche Geschlecht wie in der Sprache, aus der es übernommen wird:

der Boulevard – frz. le boulevard
die Allee – frz. une allée
die Paella – sp. la paella
der Risotto – it. il risotto

Das ist aber bei weitem nicht immer so. Gerade bei einer Sprache wie dem Englischen, in der Nomen in der Regel kein Geschlecht haben, kann dieses Prinzip gar nicht funktionieren. Aber auch bei Wörtern aus Sprachen wie dem Französischen, Spanischen und Italienischen spielen andere Tendenzen eine Rolle.

Die zweite wichtige Tendenz ist – wie Sie richtig erkannt haben – die Übertragung des Geschlechts der deutschen Übersetzung auf das Lehnwort. So sucht Deutschland den Superstar, weil es der Stern ist. Dieses Prinzip gilt auch in anderen Sprachen. So nennt man Brad Pitt oder Russel Crowe in Frankreich une grande star und auch Silvester Stallone war selbst in seinen besten Rambo-Zeiten in Italien una grande star hollywoodiana. Dies ist so, weil die nächtlich funkelnden Himmelskörper in diesen Sprachen weiblich sind. Das finden wir vielleicht etwas komisch, aber umgekehrt wundert man sich in den romanischsprachigen Ländern nicht weniger darüber, dass wir für zum Beispiel Catherine Deneuve, Sophia Loren und Cameron Diaz ein männliches Wort verwenden. Doch ich schweife ab. Hier noch weitere Beispiele für das „Übersetzungsprinzip“:

die Soap – die Seife, die Seifenoper
das Shirt – das Hemd
die Bouillon – die Brühe (frz. le bouillon)
der Chef de Cuisine – der Küchenchef, der Leiter (frz. le chef de cuisine))
das Chef d’Œuvre – das Meisterwerk (frz. le Chef d’œuvre)
der Computer – der Rechner
das Direct Banking – das Bankieren

Die letzten beiden Beispiele zeigen , dass auch die Form des Lehnwortes (-er resp. -ing) eine Rolle spielen kann. Sehen Sie hierzu und zu weiteren Tendenzen die entsprechende Grammatikseite.

Gerade bei neueren Lehnwörtern können mehrere Tendenzen einen Einfluss haben , sodass das Wort mit mehr als nur einem Genus verwendet wird:

der Grappa – Übersetzung: der Branntwein, der Schnaps
die Grappa – Ursprung: la grappa
der Benchmark – Übersetzung: der Maßstab
die Benchmark – Form: die Marke
das Weblog – Übersetzung: das Log, das Logbuch
der Weblog – ???

Ob eine der Tendenzen letzlich „gewinnt“ und welche das ist, bestimmt der Sprachgebrauch. Vielfach gibt es dabei dann wieder regionale Varianten wie zum Beispiel bei E-Mail: Neben die E-Mail gibt es im südlichen deutschen Sprachraum auch das E-Mail …

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp