Kein Komma vor „aber“: „Dies gilt besonders (aber nicht nur) für sie“?

Frage

Ich bin soeben über folgenden Satz gestolpert und frage mich, wie dieser zu behandeln ist:

Dies gilt besonders (aber nicht nur) für die Jugendhilfe, deren Stellung und Aufgaben erheblich ausgeweitet wurden.

Ohne die Klammer müsste – sofern ich mich nicht täusche? – vor dem „aber“ ein Komma stehen. Es in die Klammer hineinzuziehen, wirkt allerdings kontraintuitiv (salopp gesprochen: Es sieht einfach sehr merkwürdig aus). Da ich diesbezüglich keine Regelungen finden konnte, wollte ich fragen, ob Sie weiterhelfen können?

Antwort

Guten Tag Herr K.,

dieser Satz kommt ohne ein Komma vor aber aus:

Dies gilt besonders (aber nicht nur) für die Jugendhilfe …

Das ergibt sich indirekt aus zum Beispiel den folgenden Beispielsätzen in § 86 der amtlichen Rechtschreibregelung:

Eines Tages (es war mitten im Sommer) hagelte es.

Wir gingen in die Hütte (einen kalten Raum mit kleinen Fenstern) und zündeten ein Feuer an.

Sie isst gern Obst (besonders Apfelsinen und Bananen).

In diesen Beispielen steht kein Komma, wenn der Einschub in Klammern steht. Die Klammern ersetzen jeweils das Komma.

Ganz so einfach ist es aber doch nicht. Kommas fallen bei Einschüben in Klammern nur dann weg, wenn ohne den Einschub kein Komma steht. Das ist in den Beispielsätzen oben so:

Eines Tages (es war mitten im Sommer) hagelte es.
vgl. Eines Tages hagelte es.

Wir gingen in die Hütte (einen kalten Raum mit kleinen Fenstern) und zündeten ein Feuer an.
vgl. Wir gingen in die Hütte und zündeten ein Feuer an.

Sie isst gern Obst (besonders Apfelsinen und Bananen).
vgl. Sie isst gern Obst.

Dies gilt besonders (aber nicht nur) für die Jugendhilfe …
vgl. Dies gilt besonders für die Jugendhilfe …

ABER: Wenn ein Komma zum Restsatz gehört, das heißt, wenn es auch ohne den Einschub stehen muss, wird es auch mit dem Einschub geschrieben:

Wir gingen in die Hütte (einen kalten Raum mit kleinen Fenstern), wo wir ein Feuer anzündeten.
vgl. Wir gingen in die Hütte, wo wir ein Feuer anzündeten.

Sie isst gern Obst (wenn möglich aus biologischem Anbau), besonders Apfelsinen und Bananen.
vgl. Sie isst gern Obst, besonders Apfelsinen und Bananen.

Dies gilt besonders (das ist nicht erstaunlich), aber nicht nur für die Jugendhilfe.
vgl. Dies gilt besonders, aber nicht nur für die Jugendhilfe.

Und alles was hier über Einschübe in Klammern steht, gilt auch für Einschübe in paarigen Gedankenstrichen:

Dies gilt besonders – aber nicht nur – für die Jugendhilfe …

Dies gilt besonders – das ist nicht erstaunlich –, aber nicht nur für die Jugendhilfe.

Ganz gleich ist das Vorgehen aber doch nicht immer, weil man nie zwei Kommas, aber doch einen Gedankenstrich und ein Komma aufeinander folgen lassen kann. Das zeigt der folgende abschließende Satz:

Zum Glück macht man es doch meistens richtig, so hoffe ich, ohne dass man allzu lange nachdenken muss.

Zum Glück macht man es doch meistens richtig – so hoffe ich –, ohne dass man allzu lange nachdenken muss.

Wirklich?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ein verkürzter Satz und man setzt kein Komma vor „und“

Frage

Ich denke nicht, dass die folgenden Sätze standardsprachlich richtig sind. Deshalb lässt sich die Kommafrage möglicherweise nicht eindeutig beantworten, aber vielleicht wissen Sie Rat.

Noch ein Tor(,) und wir sind Meister.
Ein kurzes Nicken(,) und ich komme Dir zu Hilfe.
Ein kleiner Fehler(,) und ich wusste nicht mehr weiter.
Ein kleiner Fehler(,) und alles war umsonst.

Ich denke, dass das Komma vor „und“ nur zu rechtfertigen wäre, wenn der erste Satz ebenfalls ein eigenständiger Satz wäre (§ 73). Auch dann wäre der zweite Satz aber doch abhängig vom ersten, oder?

Antwort

Guten Tag Herr R.,

in Ihren Beispielen handelt es sich beim ersten Teilsatz jeweils um einen verkürzten, also keinen vollständigen oder selbständigen Satz. Verkürzte Sätze sind auch standardsprachlich möglich und akzeptiert.

Vor und sollte hier kein Komma stehen. Nach § 73 der Rechtschreibregelung und den dort angegebenen Beispielen ist ein Komma vor und bei der Reihung von selbständigen Sätzen möglich. Man schreibt deshalb am besten:

Noch ein Tor und wir sind Meister.
Ein kurzes Nicken und ich komme Dir zu Hilfe.
Ein kleiner Fehler und ich wusste nicht mehr weiter.
Ein kleiner Fehler und alles war umsonst.

Wenn eine Pause o. Ä. angegeben werden soll, kann dies zum Beispiel mit einem Gedankenstrich geschehen:

Nur noch ein Tor – und wir sind Meister.
Ein kleiner Fehler – und alles war umsonst!

Wenn die Sätze nicht verkürzt sind, handelt es sich um selbständige Sätze, auch wenn sie sinngemäß eng mit dem anderen Satz verknüpft sind:

Es fehlt nur noch ein Tor.
Ein kurzes Nicken genügt.
Es war nur ein kleiner Fehler.

Dann kann man nach § 73 ein Komma vor und setzen:

Es fehlt nur noch ein Tor(,) und wir sind Meister.
Ein kurzes Nicken genügt(,) und ich komme Dir zu Hilfe.
Es war nur ein kleiner Fehler(,) und ich wusste nicht mehr weiter.
Es war nur ein kleiner Fehler(,) und alles war umsonst.

Verkürzte Sätze sind auch standardsprachlich möglich(,) und die Kommafrage lässt sich diesmal sogar eindeutig beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

NB: Das hier Gesagte gilt nur für das fakultative Komma (kann-Komma) bei der Reihung von Hauptsätzen mit und, oder usw. Dass die Sache ganz anders aussieht, wenn es um Satzgefüge mit (verkürzten) Nebensätzen geht, können Sie hier nachlesen.

Das Komma, wenn jemand etwas zu tun vermag oder wenn jemand vermag(,) etwas zu tun

Frage

Uns treibt eine Kommafrage um. Braucht es das Komma im untenstehenden Satz oder kann man es weglassen?

Unsere Berater vermochten, das Unternehmen vor großen wirtschaftlichen Rückschlägen zu bewahren.

Antwort

Sehr geehrter Herr K.,

in diesem Satz kann man die Infinitivgruppe durch ein Komma abtrennen, um die Gliederung des Satzes zu verdeutlichen (siehe hier). Der Satz ist aber auch ohne Komma gut verständlich und korrekt geschrieben:

Unsere Berater vermochten, das Unternehmen vor großen wirtschaftlichen Rückschlägen zu bewahren.

Unsere Berater vermochten das Unternehmen vor großen wirtschaftlichen Rückschlägen zu bewahren.

Das Komma ist dann obligatorisch, wenn die Infinitivgruppe durch ein es angekündigt wird:

Unsere Berater vermochten es, das Unternehmen vor großen wirtschaftlichen Rückschlägen zu bewahren.

Und hier noch ein paar zusätzliche Informationen:

Umgekehrt darf man kein Komma setzten, wenn die Infinitivgruppe in den übergeordneten Satz eingebettet ist:

Unsere Berater haben das Unternehmen vor großen wirtschaftlichen Rückschlägen zu bewahren vermocht.

Unsere Berater werden das Unternehem vor großen wirtschaflichen Rückschlägen zu bewahren vermögen.

Mit etwas Mühe gelingt es auch, die Infinitivgruppe um den übergeordneten Satz herum zu legen. Auch dann werden keine Kommas gesetzt:

Das Unternehmen vermochten unsere Berater vor großen wirtschaftlichen Rückschlägen zu bewahren.

Es geht sogar noch komplexer – und auch dann ohne Kommas:

Das Unternehmen haben unsere Berater vor großen wirtschaftlichen Rückschlägen zu bewahren vermocht.

Das sieht komplizierter aus, als es ist. Zusammenfassend gilt Folgendes:

Wenn der übergeordnete Satz und die Infinitivgruppe sauber getrennt nebeneinander stehen, kann man ein Komma setzen. Nur wenn dabei im übergeordneten Satz ein andkündigendes es (oder ein wiederaufnehmendes das) steht, muss ein Komma gesetzt werden.

Wenn die Infinitivgruppe in den übergeordneten Satz eingebettet ist, ihn umschlingt oder mit ihm verflochten ist, kommt man in der Regel gar nicht in Versuchung, Kommas zu setzen. Das ist genau richtig, denn dann sollte kein Komma stehen.

Dass ganz Ähnliches auch für Infinitivgruppen bei zum Beispiel versprechen und verlangen gilt, können Sie in diesem schon etwas älteren Blogartikel lesen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wo denken Sie, fehlt hier ein Komma?

Frage

Setze ich in diesem Satz nach „warum“ ein Komma?

Warum denken Sie, verlagert das Unternehmen die Forschungsabteilung von Bonn nach Großbritannien?

Antwort

Guten Tag Herr B.,

der Einschub denken Sie sollte vorn und hinten durch ein Komma abgetrennt werden. Der Fragesatz lautet:

Warum verlagert das Unternehmen die Forschungsabteilung von Bonn nach Großbritannien?

In diesen Fragesatz wird denken Sie eingeschoben:

Warum, denken Sie, verlagert das Unternehmen die Forschungsabteilung von Bonn nach Großbritannien?

Es wird nicht gefragt, warum die angesprochene Person etwas denkt (nicht: warum denken Sie?), sondern warum ihrer Meinung nach etwas geschieht (warum verlagert …?).

Es folgen noch ein paar Beispiele für Einschübe dieser Art, bei denen das erste Komma häufig nicht gesetzt wird, obwohl es dort stehen sollte:

Was, meinst du, will ich dir damit sagen?
Wie, findest du, soll es nun weitergehen?
Und woher, vermutet ihr, kam das Geld für die Reise?
Für wie viele Leute, behauptet er, ist hier Platz?
Wo, sagst du, habt ihr übernachtet?
Wo, denken Sie, fehlt hier ein Komma?

Diese Konstruktion ist verwandt mit einer anderen Konstruktion, die jedoch bei genauerem Hinsehen viel komplexer ist:

Was denkst du, dass ich dir damit sagen will?
Wie findest du, dass es jetzt weitergehen soll?
Wo sagst du, dass ihr übernachtet habt?

Nicht alle halten Formulierungen dieser zweiten Art für grammatisch einwandfrei, aber sie kommen vor. Man könnte sie sogar zum Anlass dazu nehmen, das oben verteidigte Komma mit besonderer grammatischer (Über)genauigkeit wieder in Frage zu stellen. Doch das führt hier zu weit. Mehr zu dieser Konstruktion finden Sie hier.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Die Kommasetzung bei »wenn nicht – so doch«

Frage

Ich möchte Sie gern zu folgendem Satz fragen, ob es vor der Konjunktion wenn“ ein Komma braucht und warum dies so ist bzw. nicht so ist.

Viele verbinden Anarchismus(,) wenn nicht mit »Chaos« und »Apokalypse«, so doch mit einer längst vergangenen Zeit.

Antwort

Guten Tag Frau F.,

hier sollte kein Komma vor wenn stehen. Die Fügung wenn nicht – so doch (ebenso zum Beispiel wenn nicht – dann und wenn auch – so doch) verbindet wie eine mehrteilige Konjunktion Satzteile miteinander. Wenn der erste Satzteil in den Satz integriert ist, steht kein Komma vor wenn. Vor so doch steht immer ein Komma:

Sie bereiteten uns ein wenn nicht opulentes, so doch sättigendes Mahl.

Ich habe wenn auch nur mit wenigen, so doch mit den wichtigsten Leuten gesprochen.

Viele verbinden Anarchismus wenn nicht mit »Chaos« und »Apokalypse«, so doch mit ­einer längst vergangenen Zeit.

Wenn die aufgezählten Satzteile nachgetragen sind, steht auch vor wenn ein Komma:

Sie bereiteten uns eine Mahlzeit, wenn nicht opulent, so doch sättigend.

Ich habe mit verschiedenen Leuten gesprochen, wenn auch nur mit wenigen, so doch mit den wichtigsten.

Viele verbinden Anarchismus mit Negativem, wenn nicht mit «Chaos» und «Apokalypse», so doch mit einer längst vergangenen Zeit.

Man kann die Kommasetzung bei wenn nicht – so doch mit derjenigen bei einer mehrteiligen Konjunktion wie nicht nur – sondern auch vergleichen (nur die Kommasetzung, nicht die Bedeutung):

Viele verbinden Anarchismus nicht nur mit »Chaos« und »Apokalypse«, sondern auch mit einer längst vergangenen Zeit.

Nicht vor jedem wenn muss also ein Komma stehen. Solche  Ausnahmefälle machen die Kommasetzung wenn auch nicht zu einem Ding der Unmöglichkeit, so doch häufig zu einer Herausforderung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Ferienhäuser, -wohnungen und Wohnmobile“: Ergänzungsstrich und Komma in Aufzählungen

Frage

Ich habe eine Frage zu Ergänzungsstrichen. Müssen in Aufzählungen wie dieser die ersten beiden Begriffe mit einem „und“ verbunden werden oder kann man so formulieren?

Wir vermieten Ferienhäuser, -wohnungen und Wohnmobile.

Oder muss es so heißen:

Wir vermieten Wohnmobile, Ferienhäuser und -wohnungen.

Antwort

Guten Tag Herr O.,

es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, hier ohne und zu formulieren, aber es „holpert“ ein bisschen, und wenn man es ausspricht, ist nicht leicht verständlich, was genau gemeint ist. Es ist besser, Aufzählungen dieser Art ohne Weglassung zu formulieren oder alle Teile mit zum Beispiel und oder sowie zu verbinden:

besser nicht:
Wir vermieten Ferienhäuser, -wohnungen und Wohnmobile.
sondern:
Wir vermieten Ferienhäuser, Ferienwohnungen und Wohnmobile.

besser nicht:
Export-, Importfirmen und Produzenten sind vertreten.
sondern:
Export- und Importfirmen sowie Produzenten sind vertreten.
Exportfirmen, Importfirmen und Produzenten sind vertreten.

besser nicht:
ein-, mehrfarbig oder schwarzweiß
sondern:
ein- oder mehrfarbig oder schwarzweiß
einfarbig, mehrfarbig oder schwarzweiß

Nicht immer ist es also besser, so viel wie möglich abzukürzen. Wiederholung kann verdeutlichend sein.

In Aufzählungen wie den folgenden können aber dennoch problemlos Ergänzungsstrich und Komma kombiniert werden. Alle Elemente haben einen gemeinsamen Wortteil:

Wir vermieten Ferienhäuser, -wohnungen und -zimmer.
Export-, Import- und Produktionsfirmen sind verteten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Kann oder muss bei aufgezählten bloßen Infinitiven ein Komma stehen?

Frage

Ich habe mich gefragt, ob eine Reihung von Infinitivgruppen eine Auswirkung auf die Kommasetzung hat. Ich hoffe, dass Sie mir hiermit weiterhelfen können.

Es ist schön(,) zu tauchen.

Das Komma vor dem einfachen Infinitiv mit zu ist optional, auch wenn er durch es angekündigt wird.

Es ist schön(,) zu tauchen und zu schnorcheln.
Es ist schön(,) zu tauchen und die Unterwasserwelt zu genießen.

Ändert sich bei der Kommasetzung etwas, wenn mit und ein einfacher Infinitiv oder ein erweiterter Infinitiv hinzugefügt wird? Gilt das dann als einfacher Infinitiv mit zu, der näher beim übergeordneten Satz steht und dem noch irgendetwas folgt, oder bilden die Infinitivgruppen eine Einheit, die als erweiterter Infinitiv mit zu angesehen wird?

Antwort

Guten Tag Herr R.,

in der amtlichen Rechtschreibregelung steht Folgendes zu den Ausnahmen, bei denen das sonst obligatorische Komma fakultativ ist:

§ 75 E1: Wenn ein bloßer Infinitiv vorliegt, können in den Fallgruppen (2) und (3) die Kommas weggelassen werden, sofern keine Missverständnisse entstehen:
Den Plan(,) abzureisen(,) hatte sie schon lange gefasst. Die Angst(,) zu fallen(,) lähmte seine Schritte. Thomas dachte nicht daran(,) zu gehen.

Dazu passt Ihr erster Beispielsatz:

Es ist schön(,) zu tauchen.

Was genau ein „bloßer Infinitiv“ ist, wird nicht definiert. Bei den Beispielen findet sich aber immer nur ein einzelner Infinitiv Präsens Aktiv. Es ist deshalb üblich, davon auszugehen, dass in allen anderen Fällen ein Komma gesetzt werden sollte:

Es wäre schön, eingeladen zu werden (Infinitiv Präsens Passiv)
Es freut mich, mitgemacht zu haben (Infinitiv Perfekt Aktiv)
Es ist schön, zu tauchen und zu schnorcheln (Reihung bloßer Infinitive)

Entsprechend ebenfalls mit Komma:

Es ist schön, zu tauchen und die Unterwasserwelt zu genießen.

Diese Fälle sind, wie gesagt, nicht explizit in der Rechtschreibregelung erwähnt. Es ist aber immer zu empfehlen, ein fakultatives Komma zu setzen, wenn man zweifelt, ob es wirklich fakultativ ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Es gibt solche die gut und solche die schlecht sind“ – Wie viele Kommas?

Frage

Weil ich weder im Duden noch im amtlichen Regelwerk eine Antwort finde, stelle ich mir (immer noch) diese Kommafrage: Setzt man im folgenden Satz hinter „gut“ ein Komma? Falls ja: Handelt es sich bei diesem Komma um ein Muss- oder Kann-Komma?

Es gibt Dinge, Handlungen und Eigenschaften, die gut[,] und solche, die schlecht sind.

Antwort

Guten Tag Herr B.,

wir haben es hier mit verkürzten Sätzen (Auslassungssätzen) zu tun. Im Prinzip werden die Kommas in verkürzten Sätzen gleich gesetzt, wie wenn sie in ihrer vollen Länge dastehen:

Wir waren, so meine Mutter, nie wirklich arm.
(Wir waren, so sagt meine Mutter, nie wirklich arm.)

Gut, dass es dich gibt.
(Es ist gut, dass es dich gibt.)

Habe ich recht? – Ich vermute, dass nicht, denn …
(Habe ich recht? – Ich vermute, dass du nicht recht hast, denn …)

Ich schicke die Hose, weil zu klein, zurück.
(Ich schicke die Hose, weil sie zu klein ist, zurück.)

Wenn nicht jetzt, wann dann?
(Wenn wir es nicht jetzt tun, wann tun wir es dann?)

Bei einer gewissen Art von verkürzten Nebensätzen sind die Kommas fakultativ. Das gilt dann, wenn sie „formelhaft“ sind. Es geht dabei um Wendungen wie wie bereits gesagt, wie folgt, wenn irgendwie möglich, falls erforderlich. Zum Beispiel:

Ich werde mich(,) wie bereits gesagt(,) an den Kosten beteiligen.
Bitte geben Sie mir(,) wenn möglich(,) noch diese Woche Bescheid.

Beim Satz in Ihrer Frage handelt es sich nicht um eine solche formelhafte Wendung. Der verkürzte Nebensatz muss also durch Kommas abgetrennt werden:

Es gibt Dinge, Handlungen und Eigenschaften, die gut, und solche, die schlecht sind.
(Es gibt Dinge, Handlungen und Eigenschaften, die gut sind, und solche, die schlecht sind.)

Das Komma vor und schließt den ersten, verkürzten Relativsatz ab. Das Komma noch solche trennt den zweiten Relativsatz ab.

Das sind ziemlich viele Kommas für wenig Text, aber manchmal geht es nicht anders. Man kann es noch bunter treiben, wie diese abschließenden Beispiele zeigen:

Wir haben Mitglieder, die häufig, solche, die selten, und solche, die gar nie mitmachen.
Die Rechtschreibregelung kennt viele Kommas, die obligatorisch, einige, die fakultativ, und keine, die „gefühlt“ sind.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das Komma bei Infinitivgruppen und Nebensätzen mit „weder … noch …“

Diese Kommafrage taucht immer wieder auf, wahrscheinlich deshalb, weil man manchmal so viele Kommas setzen muss.

Frage

Wenn man weiterhin an der Regel festhalten möchte, dass der erweiterte Infinitiv durch ein Komma abgetrennt wird, was macht man dann mit diesem Satz:

Bisher gelingt es weder die Krankheit aufzuhalten noch sie zu heilen.

Wie viele Kommas müssen stehen? […]

Bisher gelingt es, weder die Krankheit aufzuhalten noch sie zu heilen.
Bisher gelingt es, weder die Krankheit aufzuhalten, noch sie zu heilen.
Bisher gelingt es weder, die Krankheit aufzuhalten, noch, sie zu heilen.

[…] Die letzte Variante sorgt zwar für logische Konsistenz in der Gesamtkonstruktion, scheint aber mit Kanonen auf Spatzen geschossen zu sein.

Antwort

Guten Tag Frau V.,

die Kommasetzung bei weder – noch mit Infinitivgruppen und Nebensätzen richtet sich danach, ob weder – noch zum übergeordneten Satz gehört oder nicht. In Ihrem Beispiel gehört weder – noch zum übergeordneten Satz. Dann wird „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, das heißt, die Infinitivgruppen werden einzeln vom übergeordneten Satz abgetrennt:

Bisher gelingt es weder, die Krankheit aufzuhalten, noch, sie zu heilen.

Anders sieht die Kommasetzung aus, wenn weder – noch zu den Infinitivgruppen gehört, das heißt, wenn weder – noch die Infinitivgruppen zu einer Einheit verbinden:

Bisher gelingt beides nicht, weder die Krankheit aufzuhalten noch sie zu heilen.

Hier noch einige Beispiele mit  weder – noch, das zum übergeordneten Satz gehört:

  1. Ich wusste weder, dass sie verheiratet waren, noch, dass sie Kinder hatten.
  2. Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht weder, wenn du verhindert bist, noch, wenn die Veranstaltung durch äußere Umstände nicht stattfinden kann.
  3. Sie haben weder reagiert, um sich zu bedanken, noch, um weitere Fragen zu stellen.

Mit weder – noch, das die Infinitivgruppen oder Nebensätze direkt verbindet:

  1. Ich wusste es nicht, weder dass sie verheiratet waren noch dass sie Kinder hatten.
  2. Es besteht keine Rückzahlungsverpflichtung, weder wenn du verhindert bist noch wenn die Veranstaltung durch äußere Umstände nicht stattfinden kann.
  3. Sie haben kaum reagiert, weder um sich zu bedanken noch um weitere Fragen zu stellen.

In den bisher gezeigten Beispielen gehören die Infinitivgruppen bzw. Nebensätze dann zusammen, wenn der übergeordnete Satz bereits in irgendeiner Weise verneint ist und gewissermaßen eine Erläuterung in Form von mit weder – noch verneinten Infinitivgruppen oder Nebensätzen folgt (Beispiele d, e, f). Das ist häufig, aber nicht immer so. Siehe zum Beispiel:

  1. Bisher gelingt es uns, weder zu viel auszugeben noch zu wenig einzukaufen.
    (vgl. Es gelingt uns, x und y nicht zu tun.)

Hier wird gesagt: Wir haben uns vorgenommen, nicht zu viel auszugeben und nicht zu wenig einzukaufen, und das gelingt uns.

Mit anderer Kommasetzung ist auch die Bedeutung deutlich anders:

  1. Bisher gelingt es uns weder, zu viel auszugeben, noch, zu wenig einzukaufen.
    (vgl. Es gelingt uns nicht, x und y zu tun.)

In diesem nicht allzu realistischen Satz wird gesagt: Wir haben uns vorgenommen, zu viel auszugeben und zu wenig einzukaufen, und das gelingt uns nicht.

Die Kommasetzung hängt bei den Sätzen g und h also davon ab, ob die Infinitivgruppen verneint werden (g) oder ob der übergeordnete Satz verneint wird (h). Hiermit sind wir allerdings schon fast auf der Ebene der Spitzfindigkeiten angelangt. Es lohnt sich dann häufig, eine andere Formulierung zu wählen – nicht nur wegen eventueller Zweifel bei der Kommasetzung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Ich lebe in Amerika und du?“ – Fehlt hier ein Satzzeichen?

Frage

Ich suche jetzt schon ewig nach einer Quelle und finde nichts.

Ich lebe in Amerika, und du?
Ich lebe in Amerika und du?

Steht hier vor „und du“ ein Komma? Ich hoffe, Sie können helfen.

Antwort

Guten Tag Frau S.,

wieder einmal gilt, dass es mehr als nur eine Lösung gibt. Das ist vielleicht der Grund dafür, dass Sie keine Quelle finden konnten, die diesen Fall beschreibt.

Am besten verwenden Sie hier einen Punkt statt eines Kommas:

Ich lebe in Amerika. Und du?
Ich heiße Andrea. Und du?

Hier wird nämlich eine Aussage, die einen Punkt verlangt, mit einer Frage verbunden, die mit einem Fragezeichen abgeschlossen wird.

Ich lebe in Amerika. Und wo lebst du?
Ich heiße Andrea. Und wie heißt du?

Es wird manchmal gesagt, und dürfe nicht am Satzanfang stehen. Das ist höchstens eine stilistische „Regel“, die für die (formalere) geschriebene Sprache gelten kann. In der weniger formalen und vor allem in der gesprochenen Sprache hingegen fangen Sätze häufig mit und an. Sollte Ihnen der Punkt vor und dennoch widerstreben, könnten Sie ihn durch einen Bindestrich ersetzen:

Ich lebe in Amerika – und du?
Ich heiße Andrea – und du?

Die Schreibung mit Komma würde ich aus dem oben erwähnten Grund nicht wählen, aber sie ist nicht gänzlich ausgeschlossen. Das Komma lässt sich dann dadurch rechtfertigen, dass und zwei selbstständige Sätze (einen Aussagesatz und einen Fragesatz) miteinander verbindet. Bei dieser Argumentation wäre theoretisch auch die Schreibung ohne Komma möglich, doch davon würde ich gänzlich abraten, weil dann noch weniger deutlich ist, dass nur der Teil nach und zur Frage gehört.

Wie so oft gibt es mehrere Argumentations- und Schreibweisen, sie sind nur nicht alle gleich empfehlenswert. Hier haben Sie also bei der Zeichensetzung die Qual oder, positiver betrachtet, die Freiheit der Wahl. Ich würde den Punkt wählen. Und Sie?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp