Aus Angst oder vor Angst?

Frage

Erlauben Sie bitte die folgende Frage: Wo liegt in Bezug auf die Semantik der Unterschied zwischen „aus Angst“ und „vor Angst“?

Antwort

Guten Tag Herr M.,

man kann sagen, dass aus Angst den Grund für eine bewusste Handlung angibt. Man hat Angst und diese Angst ist die Ursache für eine bewusste Reaktion:

aus Angst schweigen
aus Angst handeln
aus Angst vor etwas flüchten

Mit vor Angst gibt man den Grund für eine unwillkürliche Reaktion an. Man hat Angst und diese Angst löst eine Reaktion aus, auf die man selbst keinen Einfluss hat:

vor Angst zittern
vor Angst weinen
vor Angst außer sich sein

Die Trennung wird aber nicht immer von allen genau so eingehalten. Sie ist auch nicht immer so eindeutig. So wäre es zum Beispiel bei einem verängstigten Hund schwierig zu entscheiden, ob er sich bewusst aus Angst oder unbewusst vor Angst hinter dem Sofa versteckt.

Auch der bildliche Sprachgebrauch, dessen wir uns häufig bedienen, steht einer genauen Trennung im Weg. Wenn wir aus Angst wegrennen, haben wir Angst und beschließen wir selbst, wegzurennen. Wenn wir vor Angst wegrennen, haben wir Angst und rennen unwillkürlich weg, ohne dass wir dies vorher bewusst entscheiden. Im ersten Fall entscheiden wir selbst, im zweiten Fall übernimmt bildlich die Angst die Entscheidung. Und wenn die Angst groß genug ist oder unerwartet schnell aufkommt, lässt sich wahrscheinlich kaum entscheiden, ob wir nun aus oder vor Angst wegrennen.

Mehr hierzu und dass es auch für zum Beispiel aus/vor Freude, aus/vor Zorn, aus/vor Leidenschaft, aus Überzeugung und vor Anstrengung gilt, finden Sie in diesem schon ziemlich alten Blogartikel.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Bopp

Mit oder ohne „bei“: Der Wert liegt bei[?] unter 10 Prozent?

Frage

Könnten Sie mir bitte sagen, welcher der beiden folgenden Sätze korrekt ist?

Der Wert liegt bei unter 10 Prozent.
Der Wert liegt unter 10 Prozent.

Antwort

Guten Tag Frau F.,

im Prinzip reicht in den folgenden Fällen eine Formulierung ohne bei:

Der Wert liegt unter 10 Prozent.
Der Wert liegt über 10 Prozent.
Der Wert liegt zwischen 10 und 15 Prozent.

Die Präposition bei kommt dann zum Zug, wenn unmittelbar ein Zahlenwert folgt:

Der Wert liegt bei 10 Prozent.

Ebenso zum Beispiel:

Die Temperatur liegt unter 20 Grad.
Die Temperatur liegt über 20 Grad.
Die Temperaturen liegen zwischen 18 und 25 Grad.

Die Temperatur liegt bei 20 Grad.

Man kommt also bei Formulierungen dieser Art immer mit nur einer Präposition aus.

Soweit die „Logik“ und die Deutlichkeit eines einfachen Systems. Wie so oft hält sich aber die Sprache hier weder an die Logik noch an ein genau abgegrenztes System. In der Sprachrealität werden unter und über in solchen Angaben häufig  mit bei kombiniert (was, ehrlich gesagt, auf Anhieb auch in meinen Ohren ganz akzeptabel klingt):

Der Wert liegt bei über 10 Prozent.
Die Temperatur liegt bei unter 20 Grad.

Das kommt so oft vor, dass ich es zwar als zu wortreich, stilistisch weniger gelungen und nicht empfehlenswert bezeichnen würde, aber nicht als grundsätzlich falsch. Und wer zweifelt, weicht einfach auf zum Beispiel übersteigen oder höher/tiefer sein als aus.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Inklusive meiner, mir, mich oder ich?

Die Wörter einschließlich und inklusive rufen immer wieder die Frage auf, welcher Fall ihnen folgen soll. Deshalb nicht zum ersten (und nicht zum letzten?) Mal hier im Blog:

Frage

Ist inklusive mir korrekt oder muss es anders heißen? Muss eventuell ein anderes Objektpronomen hin wie zum Beispiel meiner?

Antwort

Guten Tag Herr B.,

die Präposition inklusive verlangt standardsprachlich ebenso wie einschließlich den Genitiv, wenn er ersichtlich ist (vgl. hier und hier). Es müsste also heißen:

inklusive meiner / einschließlich meiner
Es hat viele, inklusive/einschließlich meiner, tief berührt.

Das klingt aber sehr gehoben, veraltet oder unnatürlich. Etwas weniger gehoben, aber für den alltäglichen Sprachgebrauch kaum passender sind:

inklusive/einschließlich meiner selbst
inklusive/einschließlich meiner Person
Es hat viele, inklusive/einschließlich meiner selbst, tief berührt.

Häufig wird hier der Dativ gewählt, aber das gilt im Allgemeinen als umgangssprachlich:

inklusive/einschließlich mir
Es hat viele, inklusive/einschließlich mir, tief berührt.

Das ist noch nicht alles: Seltener werden inklusive und einschließlich auch als Konjunktion verwendet. Der Fall des nachfolgenden Wortes hängt dann nicht mehr von inklusive oder einschließlich, sondern vom Verb ab:

Es hat viele, inklusive/einschließlich mich, tief berührt
Viele, inklusive/einschließlich ich, finden das problematisch.

Diese Verwendung als Konjunktion ist aber in der Standardsprache nicht vorgesehen.

Wenn es nicht gehoben sein soll und nicht umgangssprachlich sein darf, weicht man am besten auf eine andere Formulierung aus. Zum Beispiel:

Es hat viele, auch mich, tief berührt.
Viele Menschen, ich eingeschlossen, finden das problematisch.
Ich misstraue allen, auch mir (selbst).

Eine Frage stellt sich mir jedes Mal ein bisschen dringender, wenn es wieder um inklusive und einschließlich geht: Wäre es nicht an der Zeit, in Wörterbüchern und Grammatiken dem tatsächlichen Sprachgebrauch zu folgen und bei einschließlich und inklusive anzugeben, dass sie auch mit dem Dativ oder auch als Konjunktion verwendet werden können? Bis es so weit ist, würde ich aber in formelleren Zusammenhängen statt einerseits einschließlich/inklusive meiner oder andererseits einschließlich/inklusive mir auf eine Formulierung mit zum Beispiel auch ich, auch mich oder auch mir ausweichen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Suppe als oder zur Vorspeise?

Auch bei der Verwendung der Präpositionen und Konjunktionen gibt es häufig keine hieb- und stichfesten Regeln, die immer und überall gelten. Das zeigt auch die Antwort auf die folgende Frage:

Frage

Wie sollte man bei einer Bestellung im Restaurant lieber sagen:

Zur Vorspeise nehme ich …
Als Vorspeise nehme ich …

Antwort

Guten Tag Herr M.,

die beste Wahl ist hier als:

Als Vorspeise nehme ich die Tagessuppe.

Das liegt daran, dass die Suppe die Vorspeise ist. Eine Vorspeise ist ein Gericht, nicht der Zeitpunkt, zu dem ein Gericht serviert wird. Das gilt auch für Hauptspeise und Nachspeise:

Mit Brot und einem Salat kann man die Muscheln auch als Hauptspeise servieren.
Als Nachspeise wurden frische Erdbeeren mit Schlagsahne gereicht.

Die Präposition zu passt dann gut, wenn angegeben wird, was diese Speisen begleitet:

Brot mit Butter zur Vorspeise reichen
einen italienischen Rotwein zur Hauptspeise einschenken
zur Nachspeise einen starken Kaffee mit Zucker nehmen

Ein bisschen anders sieht es bei Nachtisch und Dessert aus. Diese beiden Wörter werden häufig nicht als Bezeichnungen für ein Gericht, sondern auch als Namen für die „Etappe“ einer Mahlzeit angesehen. Deshalb steht hier neben als auch zum:

Es wurde Himbeereis als/zum Nachtisch serviert.
Als/Zum Dessert gibt es selbstgebackene Brownies.

Hüten Sie sich aber davor, diese Angaben als feste Regeln zu sehen, an die sich alle halten oder halten müssen! Vielleicht unter dem Einfluss von Nachtisch und Dessert hört und liest man auch immer wieder, dass ein Carpaccio zur Vorspeise oder ein frischer Fruchtsalat zur Nachspeise serviert wird. Das ist nicht unbedingt falsch, aber aus den oben genannten Gründen stilistisch weniger gelungen. Zur Streitfrage sollte es sowieso nicht werden, denn die Hauptsache ist ja, dass es schmeckt!

Mir freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ist „zum Bahnhof“ in „den Weg zum Bahnhof erklären“ eine Ortsbestimmung?

Frage

Ich habe eine Frage zu den Satzgliedern:

Ich erklärte ihm den Weg zum Bahnhof.

Handelt es sich bei „zum Bahnhof“ um eine Lokalbestimmung?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

in diesem Satz ist die ganze Nomengruppe den Weg zum Bahnhof das Akkusativobjekt:

– Wen oder was erklärte ich ihm?
– den Weg zum Bahnhof

Die Nomengruppe besteht aus dem Kern Weg und einer näheren Bestimmung, einem Attribut. Dieses Attribut hat die Form einer Präpositionalgruppe: zum Bahnhof. Es sieht also genau gleich aus wie eine Ortsbestimmung (lokale Adverbialbestimmung):

– Wohin gehe ich mit ihm?
– Ich gehe mit ihm zum Bahnhof
→ zum Bahnhof = Ortsbestimmung

Hier ist es aber keine Ortsbestimmung, sondern – wie gesagt – ein Attribut:

– Welchen Weg erkläre ich ihm?
– Ich erkläre ihm den Weg zum Bahnhof
→ zum Bahnhof = Attribut zu „Weg“

Man sieht den Unterschied auch, wenn man die Wortstellung ändert. Eine Ortsbestimmung ist ein selbstständiges Satzglied und kann als solches allein an erster Stelle vor dem Verb stehen:

Zur Wohnung seiner Eltern gehe ich mit ihm.

Ein Attribut hingegen bleibt beim Wort, das es näher bestimmt, das heißt, üblicherweise wird die ganze Nomengruppe an die erste Stelle vor das Verb verschoben:

Den Weg zur Wohnung seiner Eltern erkläre ich ihm.

Dann hören die Unterschiede aber schon bald auf. Die Adverbialbestimmung zum Bahnhof und das Attribut zum Bahnhof sind zwar satzbautechnisch verschieden, ihre Form ist aber identisch und ihre Bedeutung ist mehr oder weniger gleich, nämlich die Angabe eines Ziels.

Präpositionalgruppen erfüllen häufiger die Rolle eines Attributs, das die Bedeutung einer Adverbialbestimmung hat. Zum Beispiel:

Lokal:

Das Hotel am Bahnhof wird renoviert.
Die Buslinien ins Zentrum sind unterbrochen.

Temporal:

Wie verbringen wir die Zeit bis zum Mittagessen?
Die Sitzung am Donnerstag war die letzte vor den Ferien.

Modal:

Sie aßen einen Apfelkuchen mit Schlagsahne als Nachtisch.
Die Annahme der Vorlage ohne Gegenstimmen war überraschend.

Kausal/Final

Die Aufregung wegen ihrer Bemerkung ist übertrieben.
Sie hatten ihr Spargeld für schlechte Zeiten bereits aufgebraucht.

Mehr über Präpsitionalgruppen als Attribut zu einem Nomen finden Sie auf dieser Seite in der LEO-Grammatik.

Eine ähnliche Frage gab es schon vor vielen Jahren einmal im Blog: Eintritt ins/im Museum. Es kann eben leicht verwirrend sein, wenn eine Wortgruppe im Satz eine andere Funktion hat, als man nach ihrer Form erwarten würde. Die Präpositionalgruppe zum Bahnhof sieht aus wie eine eigenständige lokale Adverbialbestimmung, in unserem Beispiel ist sie aber „nur“ ein unselbstständiges Attribut. Auf den ersten Blick scheinen hier die Form und Bedeutung einerseits und die Funktion im Satz andererseits nicht übereinzustimmen. Deshalb kann der Weg zum Verständnis der Satzstruktur hier etwas länger sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

An etwas leiden und unter etwas leiden

Frage

Zurzeit beschäftige ich mit dem Verb „leiden“. Unter dem Duden-Eintrag „leiden“ finden wir folgende Beispiele:

• an Rheuma, an Bronchitis leiden
• sie leidet an einem hartnäckigen Ekzem, unter ständigen Kopfschmerzen
• sie leidet sehr unter seiner Unzuverlässigkeit, unter ihrer Einsamkeit, unter ihrem Chef
•  er litt an, unter dem Gefühl der Unsicherheit

Wie man den Beispielen entnehmen kann, steht das Verb „leiden“ mal in Verbindung mit der Präposition „an“, mal mit der Präposition „unter“. Wann verwende ich welche Präposition? […]

Antwort

Guten Tag Herr B.,

es gibt keine strenge Abgrenzung zwischen leiden an und leiden unter. Den Bedeutungsunterschied könnte man wie folgt zu beschreiben versuchen:

an X leiden = man hat das Leiden X
unter X leiden = X verursacht, dass man leidet

Wenn man ein Leiden hat (leiden an), kann dieses Leiden Beschwerden verursachen (leiden unter). Der Übergang ist häufig fließend, denn wenn man ein Leiden hat, leidet man häufig auch darunter. Zum Beispiel:

Ich leide an Kopfschmerzen
= Ich habe häufig/regelmäßig Kopfschmerzen
Ich leide unter Kopfschmerzen
= Kopfschmerzen verursachen mir Beschwerden

Ich leide an Schlafstörungen
= Schlafstörungen sind meine Krankheit
Ich leide unter Schlafstörungen
= Schlafstörungen bewirken, dass ich leide

Aber nicht immer ist beides möglich. Es gibt Formulierungen, in denen nur die eine oder nur die andere Variante in Frage kommt:

Sie leiden an Selbstüberschätzung.

Wer das „Leiden“ hat, das man Selbstüberschätzung nennt, empfindet deswegen keine Beschwerden (im Gegenteil).

Die Natur leidet unter dem Massentourismus.

Der Massentourismus ist nicht ein Leiden oder eine Krankheit der Natur. Er verursacht aber Leiden/Schaden für die Natur.

Ob man an oder unter etwas leidet, hängt davon ab, ob angegeben wird, welches Leiden jemand/etwas hat (leiden an), oder ob etwas als als Ursache von Leiden genannt wird (leiden unter). In vielen, aber nicht allen Fällen sind beide Sehensweisen möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Von Montag bis Donnerstag“ und „ab Montag bis Donnerstag“

Frage

Ich habe eine Frage, die mich seit längerer Zeit beschäftigt. Ist dieser Gebrauch korrekt: „Heute ist ab 8 Uhr bis 12 Uhr geöffnet.“ oder „Die Angebote sind ab Montag bis Freitag gültig.“

Aus meiner Sicht erfüllt „ab“ als temporale Präposition den Zweck einen Anfangspunkt anzugeben, jedoch KEINEN Endpunkt. Es müsste „von-bis“ heißen. Auf zahlreichen Anzeigen, Plakaten und Prospekten findet man jedoch „ab-bis“.

Antwort

Guten Tag Herr B.,

Ihr Zweifel ist berechtigt. Im Allgemeinen gibt man mit ab (wie mit von … an) einen Zeitpunkt an, der Anfangspunkt eines zeitlichen Ablaufs oder Zustandes ist:

Das Geschäft ist erst ab 8 Uhr geöffnet.
Ab dem 1. Februar sind wir wieder erreichbar.
Die Angebote sind ab Montag vier Tage lang gültig.

Mit von … bis … werden der Anfangs- und der Endpunkt eines zeitlichen Ablaufs oder Zustandes angegeben:

Das Geschäft ist heute von 8 bis 12 Uhr geöffnet.
Wir sind von Montag bis Freitag erreichbar.
Die Angebote sind von Montag bis Donnerstag gültig

In den meisten Fällen, in denen ab … bis … steht, wäre es deshalb besser, von … bis … zu verwenden.

Das ist aber keine festzementierte Regel. Wenn der Anfangspunkt betont wird und der Endpunkt als zusätzliche Information gemeint ist, sind auch Formulierungen mit ab … bis … gut vertretbar:

Ein Geschäft darf erst ab 8 Uhr und bis spätestens 17 Uhr geöffnet sein.
Wir sind ab nächstem [o. nächsten] Montag bis zum Monatsende täglich erreichbar.
Die Angebote sind ab Montagmorgen gültig, und dies bis Donnerstagabend.

Die Verbindung ab … bis … ist also nicht ausgeschlossen, es ist aber in den in der Regel stilistisch besser, sie nicht anstelle von von … bis … zu verwendet. Es ist also meist besser von Montag bis Donnerstag als ab Montag bis Donnerstag zu sagen und zu schreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Sich kümmern ohne „um“?

Frage

Braucht „sich kümmern“ unbedingt ein Objekt? Ich höre immer öfter den Satz „Ich kümmere mich“ und vermisse danach ein „um die Kinder/diese Sache/Angelegenheit“ oder wenigstens ein „darum“. Was sagt die deutsche Grammatik dazu?

Antwort

Guten Tag Frau S.,

was sich kümmern genau braucht, hängt von der Sprachebene ab. In der Standardsprache gehört sich kümmern (sorgen für, sich befassen mit) zu den Verben, die obligatorisch mit einem Präpositionalobjekt stehen. Es verlangt ein Objekt mit um oder ein stellvertretendes darum:

sich um jemanden/etwas kümmern

Ich kümmere mich um die Kinder.
Wer kümmert sich um die Verpflegung?
Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten!

Ich kümmere mich um sie.
Wer kümmert sich darum?
Kümmere dich darum!

In der Umgangssprache hingegen (und nicht nur dort) wird sich kümmern manchmal ohne um oder darum verwendet:

Ich kümmere mich.
Wer kümmert sich und an wen kann man sich wenden?

In der Standardsprache ist die Verwendung von sich kümmern ohne um/darum aber, wie gesagt, nicht üblich. Sie erwarten also zu Recht ein um, wenn Sie sich kümmern hören oder lesen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Ohne um kommt das nicht reflexive kümmern (angehen, betreffen) aus, das mit einem Akkusativobjekt steht:

etwas kümmert jemanden
Was kümmert mich ihre Meinung?
Wie wir es organisieren, braucht euch nicht zu kümmern.

Sich auf, für oder zu etwas committen

Frage

Heißt es „sich auf etwas committen“ oder „sich zu etwas committen“? Ist beides möglich im Sinne von „sich auf etwas verständigen“ bzw. „sich zu etwas bekennen“?

Antwort

Guten Tag Frau K.,

nach zum Beispiel DWDS und PONS heißt es „sich zu etwas committen“. Das stimmt mit der Präposition überein, die auch bei den deutschen Entsprechungen „sich zu etwas verpflichten“ und „sich zu etwas bekennen“ steht. Verben aus anderen Sprachen übernehmen häufig die Konstruktion eines deutschen Verbs mit gleicher oder ähnlicher Bedeutung. Das „zu“ kann aber auch eine direkte Übersetzung des „to“ im englischen „to commit to something“ sein.

In der freien Sprachwildbahn kommen allerdings auch die Formulierungen „sich auf etwas committen“ und „sich für etwas committen“ vor, dies vielleicht unter dem Einfluss von deutschen Konstruktionen wie „sich auf etwas festlegen“ bzw. „sich (bedingungslos) für etwas einsetzen“.

Der Gebrauch von „sich committen“ hat sich offensichtlich im Deutschen noch nicht stabilisiert. Das gilt nicht nur für die Präposition, mit der das Verb verwendet wird, sondern auch für seine Bedeutung. Nicht alle verwenden „sich committen“ mit der gleichen Bedeutung. Das kann einen Einfluss auf die Wahl der Präposition haben. Wirklich falsch ist also keine der Präpositionen. Wenn ich dieses Verb überhaupt verwenden würde*, wählte ich „sich zu etwas committen“, weil für mich „sich committen“ am nächsten bei „sich verpflichten“ steht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

* Ich halte es für unwahrscheinlich, dass ich dieses Verb je verwenden werde, aber ausschließen kann ich es natürlich nicht – und außerdem ist das eine Frage des Stils, nicht der Grammatik.

„An“ oder „von“: Ist es ein Feuerwerk an Einfällen oder von Einfällen?

Frage

Ich lese immer wieder die Präposition „an“, wo ich eher einen Genitiv oder evtl. ein zusammengesetztes Substantiv setzen würde, zum Beispiel „ein Feuerwerk an Einfällen“, „eine Variation an Veranstaltungen“, „das Angebot an Wohnungen“. Wie ist das: Lässt sich das Wort “an” einfach mit dem Genitiv vertauschen? […]

Antwort

Guten Tag Frau W.,

wie so häufig bei Sprachlichem lautet die Antwort ja und nein. Manchmal kann oder sollte eine Formulierung mit „an“ statt eines Genitivattributs oder einer Präpositionalgruppe mit „von“ stehen.

Mit „an“ wird eine unbestimmte Menge als Attribut zu bestimmten Substantiven angegeben (z. B. „ein Mangel an [innovativen] Ideen“). Dieselbe Funktion/Bedeutung kann der Genitiv resp. die Präposition „von“ haben (z. B. „eine Flut innovativer Ideen“, „eine Flut von [innovativen] Ideen“). Es hängt dabei vom Substantiv ab, ob „an“ üblich, möglich oder ungebräuchlich ist.

  • In der Regel mit „an“ bei z. B. diesen Substantiven:

die Armut an Bodenschätzen
die Armut an hochwertigen Bodenschätzen
der Bedarf an Hilfskräften
der Gehalt an Silber
der Mangel an Ideen
der Reichtum an Bodenschätzen
ein Überfluss an Konsumgütern

  • Mit „an“ oder „von“ resp. Genitiv bei z. B. diesen Substantiven:

das Angebot an/von Wohnungen
das Angebot an/von bezahlbaren Wohnungen / das Angebot bezahlbarer Wohnungen
ein Übermaß an/von Freude
eine Vielfalt an/von Herausforderungen
der Zuwachs an/von Neukunden

  • Üblicherweise nicht mit „an“ bei z. B. diesen Substantiven:

ein Heer von Ameisen
ein Heer von fleißigen Ameisen / eine Heer fleißige[r] Ameisen
eine Vielzahl von Vorschriften
eine Flut von Beschwerden

  • Bei Substantiven, die im übertragenen Sinne verwendet werden, kommen ebenfalls häufig verschiedene Formulierungen vor:

ein Feuerwerk an/von Einfällen
ein Feuerwerk an/von guter Laune / ein Feuerwerk guter Laune
ein ganzer Reigen an/von Sehenswürdigkeiten
ein Schatz an/von Weisheit

Es gibt also keine feste Regel, wann „an“ und „von“ resp. der Genitiv bei dieser Art von Angaben mit unbestimmten Mengen zu verwenden sind. Entscheidend ist der Gebrauch und entsprechend groß ist die Variation, der man in der Sprachrealität begegnen kann. Häufig ist beides gebräuchlich. Bei Zweifel hilft oft – aber leider nicht immer – ein Blick ins Wörterbuch. Was dort steht, gilt als akzeptiert.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Auch ohne übergeordnetes Substantiv kann „an“ bei der Angabe unbestimmter Mengen erscheinen:

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