Ist „Ihr Einverständnis vorausgesetzt“ auch „Ihr Einverständnis voraussetzend“?

Frage

Es gibt die Ausdrücke „Ihr Einverständnis vorausgesetzt“ und „Ihr Einverständnis voraussetzend“. In meinen Augen bedeuten sie nicht dasselbe. Bei Ersterem muss ich noch auf das Einverständnis warten, bei Letzterem setze ich es einfach voraus.

Allerdings sind nicht alle derselben Meinung wie ich. Was meinen Sie dazu?

Antwort

Guten Tag Frau K.,

im Prinzip haben Sie recht: Mit Ihr Einverständnis vorausgesetzt ist in der Regel gemeint, dass das Einverständnis noch gegeben werden muss. Ihr Einverständnis voraussetzend bedeutet, dass davon ausgegangen wird, dass man einverstanden ist. Es gibt also einen wesentlichen Unterschied:

Ihr Einverständnis vorausgesetzt werde ich Ihre Anfrage an die zuständige Stelle weiterleitet.
= Unter der Voraussetzung/Bedingung, dass Sie einverstanden sind …

Ihr Einverständnis voraussetzend habe ich Ihre Anfrage an die zuständige Stelle weitergeleitet.
= In der Annahme / Davon ausgehend, dass Sie einverstanden sind …

ABER: Wie Sie selbst festgestellt haben, sind bei diesen sehr ähnlich aussehenden Formulierungen nicht alle derselben Meinung, wenn es darum geht, was sie genau bedeuten. Ich vermute, dass dies daran liegt, dass vorausgesetzt unterschiedlich verstanden werden kann:

Einerseits kann vorausgesetzt mit der Bedeutung verstanden werden, das es als Einleitung eines Bedingungssatzes hat (vorausgesetzt [dass] = unter der Bedingung, dass):

Vorausgesetzt, dass Sie Ihr Einverständnis geben …
= Falls Sie Ihr Einverständnis geben …

Andererseits kann vorausgesetzt wörtlich als das Partizip des Verbs voraussetzen verstanden werden (voraussetzen = als gegeben annehmen):

Ich habe Ihr Einverständnis vorausgesetzt …
= Ich bin davon ausgegangen, dass Sie einverstanden sind …

Obwohl „Ihr Einverständnis vorausgesetzt“ üblicherweise die erste Bedeutung hat, ist es nicht auszuschließen, dass manchmal auch die zweite gemeint ist.

Diese Zweideutigkeit könnte auch einen Einfluss auf die sehr ähnlich klingende Wendung „Ihr Einverständnis voraussetzend“ haben. Bei den Beispielen, die ich an verschiedenen Orten finden konnte ist nicht immer klar, ob das Einverständnis als gegeben angenommen oder noch erwartet wird.

Man kann hier allerlei Begründungen anführen, weshalb welche Wendung welche Bedeutung haben „muss“, aber in der Sprachrealität halten sich nicht alle daran. Ich würde deshalb empfehlen, in wichtigen Fällen auf eine Formulierung auszuweichen, die von allen gleich verstanden wird. Zum Beispiel:

Ihr Einverständnis vorausgesetzt
→ falls Sie zustimmen / einverstanden sind

Ihr Einverständnis voraussetzend
→ davon ausgehend, dass Sie zustimmen / einverstanden sind

Ihre Zustimmung voraussetzend melde ich mich jetzt ins Wochenende ab.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Hasauf spielen: Was tut man, wenn man Hasauf spielt?

Frage

Ich bin ein großer Bewunderer des deutschen Schriftstellers Jakob Wassermann und lese gerade sein Buch „Der goldene Spiegel – Erzählungen in einem Rahmen“. Ich bin auf einen Ausdruck gestoßen, den ich nicht wirklich verstehe: „Sie wollen Hasauf spielen.“ Leider kann ich die Übersetzung von „Hasauf“ nicht finden. Könnten Sie mir bitte bei dieser Übersetzung helfen?

Antwort

Guten Tag Herr M.,

den Ausdruck „Hasauf spielen“ kenne auch ich nicht. Ich kann ihn auch in keinem historischen oder Dialektwörterbuch finden (außer im DWB in einem Beispielsatz bei „spielen“, und dies ohne weitere Erklärung1). Wenn die Wörterbücher nichts hergeben, muss man sich die Texte genauer anschauen.

Die wenigen Stellen in älteren Texten, in denen „Hasauf“ vorkommt, lassen keine eindeutige Interpretation zu, außer dass diese Wendung nicht positiv gemeint sein kann:

Jedoch werden die Deutschen allwege von diesen Nationen gering geschätzt, und nicht anders genannt als die Vollsäufer, stolze Federhansen, hohe Pocher, Gotteslästerer, Hans Muffmaff mit dem Bettelsack, die gern Hasauf spielen.2

»Wer seid ihr?« gellte eine drohende Stimme aus dem Haufen. — »Ja, wer seid ihr?« wiederholte der Riese Hennecke; »Eier- und Käsebettler vielleicht? Muttersöhne und Milchmäuler?« — »Die wollen Hasauf spielen,« schrie Gutschmied. […] »Heraus mit der Sprache, ihr Schweiger!« rief Hennecke und ballte die Faust.3

Das „Has(e)“ in „Hasauf“ legt die folgende Interpretation nahe:

Hasauf spielen = die Flucht ergreifen, flüchten

Das passt zum Bild des Hasen als Feigling, wie es heute noch in „das Hasenpanier ergreifen“, „Hasenfuß“ und „Angsthase“ vorkommt.

Ein weiteres, stärkeres Indiz, das in dieselbe Richtung zeigt, kommt aus dem Niederländischen. Es gibt oder besser gab dort die heute nicht mehr gebräuchliche Redewendung „haas-op spelen“ mit der Bedeutung „flüchten“ (vgl. hier und hier).

Ich kann also nicht mit Sicherheit sagen, dass „Hasauf spielen“ wirklich „flüchten, wegrennen“ bedeutete. Ich bin aber der Meinung, dass diese Deutung durch das Bild des Hasen und die wörtliche Entsprechung in einer nahe verwandten Sprache stark unterstützt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Falls jemand  die Wendung „Hasauf spielen“ kennt, wären Herr M. und  ich froh, mehr darüber zu erfahren.


Siehe DWB, Bedeutung II/7/d/ε
Gustav Freitag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, 1859-67, Bd. 3, Der Dreißigjährige Krieg
3 Jakob Wassermann, Der goldene Spiegel: Erzählungen in einem Rahmen, 1911

Hop[p] oder top[p]?

Frage

Wie schreibt man „Hopp oder Top“? Der Satz heißt: „Am Ende war es hop oder top“. Ich tendiere zur Großschreibung, aber das ist rein subjektiv.

Antwort

Guten Tag Frau D.,

diesem Ausdruck begegnet man in verschiedener Form. Vor vielen Jahren gab es einmal eine Quizsendung, die den Namen „Hopp oder Top“ trug. Die Sängerin Beatrice Egli singt einen Schlager mit dem Titel „Hopp oder Topp“. Auch die entweder englisch beeinflusste oder aus Analogiegründen gewählte Schreibung „hop oder top“ kommt häufiger vor.

Was ist richtig? Der Ausdruck bedeutet „entweder sehr gut oder sehr schlecht“, „alles oder nichts“ (oder manchmal auch „der Tod oder die Gladiolen“, wie der damalige niederländische FC-Bayern-Trainer Louis van Gaal es vor gut einem Jahrzehnt ausdrückte). Der erste Teil ist die Interjektion „hopp“, mit der unter anderem zum Springen aufgefordert wird. Man kann es hier als eine Art Aufforderung verstehen, im übertragenen Sinne in den Abgrund oder in den Mülleimer zu springen. Der zweite Teil ist das Adektiv „top“, also „hervorragend“, „von höchster Güte“ und nicht etwa „topp“ wie in „topp, die Wette gilt“. Daraus ergibt sich die folgende Schreibweise:

hopp oder top
Am Ende war es hopp oder top.

Häufig auch allein stehend:

Hopp oder top!

Richtig ist also die Schreibung „hopp oder top“.  Sie sieht aber weniger einheitlich und entsprechend weniger griffig aus als „hop oder top“ bzw. „hopp oder topp“. Es ist deshalb auch nicht gleich hopp oder top, wenn man sich bei diesem umgangssprachlichen Ausdruck einmal in der Anzahl p täuscht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Fragen aller Art[en]?

Frage

So einfach wie die Frage daherkommt, so wenig weiß ich die Antwort: Wir sagen im Deutschen „Er nutzt Medien aller Art“, „Er liest Geschichten aller Art“, aber nie bzw. sehr selten „Medien aller Arten“, „Geschichten aller Arten“. Können Sie den Unterschied erklären?

Antwort

Guten Tag Herr S.,

die Antwort ist nicht so einfach, weil sich hier keine eindeutige Regel zitieren lässt. Richtig ist hier vor allem, was gebräuchlich ist.

Im Allgemeinen gilt:

  • Wenn „all…“ jedes Individuum oder jedes Element einer bestimmten Gruppe/Anzahl/usw. bezeichnet, steht der Plural:

alle Passagiere
alle Buntstifte
alle Erwartungen
alle Arten von Geschichten

  • Wenn „all…“ etwas in seiner Gesamtheit bezeichnet, steht der Singular:

alles Geld
alles Gute
mit aller Kraft
alles Reden hilft nichts

Das würde dafür sprechen, dass es „Medien aller Arten“ oder „Geschichten aller Arten“ heißen müsste. Es geht ja nicht um eine Art in ihrer Gesamtheit, sondern um jede mögliche Art. Dennoch ist hier der Singular üblich. Warum?

Es gibt Ausnahmen zur genannten Unterscheidung zwischen

  • jedes Element → „all“ mit Plural
  • Gesamtheit → „all“ mit Singular

Dabei handelt es sich um feste Wendungen, die zum Teil auf einen älteren Sprachgebrauch zurückgehen. Dann wird „aller/alle/alles“ wie „jeder/jede/jedes“ im Singular verwendet:

Geschichten aller Art
auf alle Weise
Aller Anfang ist schwer

Theoretisch kann auch auf die sonst übliche Weise formuliert werden:

Geschichten aller Arten
auf alle Weisen
Alle Anfänge sind schwer

Das ist aber nicht gebräuchlich, weil man hier die bekannten festen Wendungen vorzieht. Ich versuche alle Arten von Sprachfragen zu beantworten – oder mit der festen Wendung ausgedrückt: Sprachfragen aller Art.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Im Urlaub in Urlaub fahren

Frage

Immer wieder sehe ich die beiden Varianten „Wohin fährst Du in den Urlaub?“ und „Wohin fährst Du im Urlaub?“. Die Antwort ist klar mit Akkusativ: „ans Meer“, „in die Berge“ usw. Könnten Sie mit den Unterschied erklären oder ist eine Version falsch?

Antwort

Guten Tag Frau S.,

auch wenn einige meinen, „im Urlaub“ sei hier falsch, sind beide Versionen als richtig anzusehen. Es gibt aber einen leichten Bedeutungsunterschied:

Die Formulierungen „in (den) Urlaub fahren“ ist eine feste Wendung. Sie drückt aus, dass jemand sich für den Urlaub irgendwohin begibt:

Wohin fährst du in den Urlaub? (= Was ist dein Urlaubsziel?)
Ich fahre in die Eifel in den Urlaub.
irgendwohin in (den) Urlaub fahren

Die Formulierung „im Urlaub“ ist eine Zeitangabe (wann?). Man gibt an, dass etwas während des Urlaubs geschieht.

Wohin fährst du im Urlaub? (= Wohin fährst du während des Urlaubs?)
Ich fahre im Urlaub in die Eifel.
im Urlaub irgendwohin fahren

Vgl.

Was machst du im Urlaub?
Ich bleibe im Urlaub zu Hause.

Bei der Angabe des Urlaubsziels ist „irgendwohin in (den) Urlaub fahren/gehen/reisen“ üblich. Wenn man angibt, was man während seines Urlaubs (unter anderem) tut, ist aber auch „im Urlaub irgendwohin fahren“ möglich. Dasselbe gilt für „irgendwohin in die Ferien fahren“ und „in den Ferien irgendwohin fahren“, wenn Sie aus einer  Sprachregion kommen, in denen man in solchen Fällen eher „Ferien“ als „Urlaub“ sagt.

Mögen wir bald wieder im Urlaub überallhin in Urlaub fahren können!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Bahnbrechende Ideen und sich Bahn brechende Ideen

Frage

Ich kenne das Adjektiv „bahnbrechend“. In meiner Zeitung steht: „Er habe Verständnis, dass sich diese Emotionen haben bahnbrechen müssen, sagte der Vereinsvorsitzende.“ Das Verb „bahnbrechen“ habe ich jedoch in keinem Nachschlagewerk gefunden. Gibt es das überhaupt oder müsste es „Bahn brechen“ heißen?

Antwort

Guten Tag Herr S.,

die Wendung (die ich ehrlich gesagt in meinem ganzen Leben noch nie gebraucht und deshalb zur Sicherheit nachgeschlagen habe) lautet:

sich Bahn brechen
= sich durchsetzen
Neue Ideen brechen sich Bahn.
= Neue Ideen setzen sich durch.

Wenn man so formuliert, dass die Wendung als Partizipgruppe vor einem Substantiv steht, wird wie folgt geschrieben:

eine sich Bahn brechende Idee
= eine Idee, die sich durchsetzt

Das Adjektiv „bahnbrechend“, das Sie in Ihrer Frage anführen, hat eine eigene Bedeutung erhalten, nämlich „umwälzend“, „eine ganz neue Entwicklung einleitend“:

eine bahnbrechende Idee
= eine umwälzende Idee; eine Idee, die eine ganz neue Entwicklung einleitet

Bei bahnbrechenden Ideen ist nicht immer gesagt, dass sie sich Bahn brechen. Nicht jede umwälzende Idee setzt sich auch durch.

Zurück zu Ihrer Frage: Der im Artikel zitierte Vereinsvorsitzende meinte wahrscheinlich, dass die Emotionen sich haben durchsetzen müssen. Richtig ist dann die Getrenntschreibung:

Die Emotionen brechen sich Bahn.
= Die Emotionen setzen sich durch.
Die Emotionen haben sich Bahn brechen müssen.
Er habe Verständnis dafür, dass diese Emotionen sich Bahn haben brechen müssen.
auch: Er habe Verständnis dafür, dass diese Emotionen sich haben Bahn brechen müssen.

Sie haben also recht, dass im Artikel nicht „bahnbrechen“, sondern besser „Bahn brechen“ stehen sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ungebeugtes ein: die ein oder andere Strahlungsquelle

Frage

Ich habe eine Frage zur Formulierung „die ein- oder andere Strahlungsquelle“. Ist mein gefühlsmäßig gewählter Bindestrich nach „ein“ (wegen Auslassung der Endung „e“ bei ein[e]) richtig oder ist „die ein oder andere Strahlungsquellen“ die richtige Schreibweise? […]

Antwort

Guten Tag Frau S.,

das Zahlwort „ein“ bleibt häufig ungebeugt, wenn es durch zum Beispiel „oder“,  „bis“ oder „und“ mit „zwei“ oder „andere“ verbunden ist:

mit ein oder zwei Freunden (auch: mit einem oder zwei Freunden)
die ein oder andere Frage (auch: die eine oder andere Frage)
für ein bis zwei Personen (selten: für eine bis zwei Personen)
das ein und andere Mal (selten: das eine und andere Mal)
ein um das andere Mal (selten: eines um das andere Mal)

Das gilt auch für die Wendung „ein und dasselbe“:

ein und dieselbe Ursache (selten: eine und dieselbe Ursache)
aus ein und derselben Quelle (selten: aus einer und derselben Quelle)
mit ein und demselben Partner (selten: mit einem und demselben Partner)

Auch wenn diese Formulierungen streng „logisch-grammatisch“ gesehen falsch sind – „ein“ müsste eigentlich gebeugt werden –, sind sie auch standardsprachlich sehr üblich und gelten entsprechend als korrekt.

Da das endungslose „ein“ hier als ungebeugt angesehen wird, fehlt ihm nichts. Es ist deshalb nicht notwendig, einen Auslassungsstrich oder einen Apostroph zu schreiben. Richtig ist hier also weder „ein- oder andere“ noch „ein’ oder andere“, sondern einfach „ein oder andere“:

die ein oder andere Strahlungsquelle

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ist alles total Banane oder total banane?

Frage

Kürzlich hat mich jemand darauf hingewiesen, dass […] „total Banane sein“ falsch geschrieben sei: „Banane“ werde  hier adjektivisch genutzt und sei daher kleinzuschreiben. Das ist durchaus nachvollziehbar. Er begründete dies mit „wurst / wurscht sein“, was ebenfalls kleinzuschreiben wäre. Auf duden.de sehe ich das bestätigt. Die adjektivisch genutzte „Banane“ fehlt hier allerdings.
[…]
Lange Einleitung, kurze Frage: Schreibt man „Banane/banane sein“ und „Wurst/wurst sein“ groß oder klein?

Antwort

Guten Tag Herr U.,

das Wort „Wurst“ wird im Sinne von „egal“ kleingeschrieben. Die Kleinschreibung „wurst/wurscht sein“ ergibt sich aus der zur amtlichen Rechtschreibregelung gehörenden Wörterliste. Dort steht:

wurst, wurscht [sein § 56(1)]

Obwohl hier einige Nachschlagwerke auch heute noch die Schreibung mit großen W angeben, wird also nach der amtlichen Wörterliste kleingeschrieben:

Es war ihm wurst, was wir davon hielten.
Das war und ist mir wurscht!

Nun zu „Banane/banane sein“ („dumm, verrückt, unsinnig, schlecht sein“ vgl. hier). In diesem Fall kann man darüber diskutieren, ob „Banane“ in der besagte Redewendung bereits „keine substantivischen Merkmale“ mehr aufweist, das heißt, ob „Banane“ in § 56.1 mitgemeint ist oder nicht. Ich würde die Kleinschreibung empfehlen, auch wenn sie sehr gewöhungsbedürftig aussieht:

total banane sein
Das ist total banane.
Das sieht banane aus.

Das gilt auch für zum Beispiel „klasse“, „scheiße“, „spitze“ und eben „wurst/wurscht“.

Ich würde die Großschreibung bei „Banane sein“ aber nicht rot anstreichen, weil das Wort mit dieser Verwendung noch nicht so bekannt und gebräuchlich ist wie zum Beispiel „klasse“, „spitze“ oder „wurst“ (keine substantivischen Merkmale mehr?). In der Praxis wird auch meistens großgeschrieben: „total Banane sein“. Außerdem ist es eine sehr umgangssprachliche Wendung, dann sind solche Rechtschreibfinessen ohnehin ziemlich nebensächlich. In zum Beispiel einem Schüleraufsatzes wäre aber der ganze Ausdruck anzustreichen, da er – wie gesagt – sehr umgangssprachlich ist. Dort sieht er eher banane aus.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Viel Wohnen und wenig Essen: Unterkunft und Logis

Den meisten ist die Wendung Kost und Logis wahrscheinlich bekannt, trotzdem liest man immer wieder auch Unterkunft und Logis. Das hat im DaF-Unterricht (DaF = Deutsch als Fremdsprache) von Frau K. zu Fragen geführt.

Frage

Im Lehrbuch […] steht folgender Satz: „… sie bekam Unterkunft und Logis und ein monatliches Taschengeld.“

Gestern habe ich mit meinen Schülern diesen Satz in einem Artikel über Au-pair-Mädchen im Ausland gelesen und da hat jemand gefragt, was der Unterschied zwischen Unterkunft und Logis ist. Ich war ganz perplex und konnte im Moment nichts Vernünftiges antworten. […] In allen Wörterbüchern steht, dass Logis ein Synonym für Unterkunft ist. […] Dass es sich in einem Lehrbuch um einen Fehler handelt, kommt eigentlich nicht in Frage. Also zerbreche ich mir den Kopf und hoffe sehr, dass Sie mich retten.

Antwort

Guten Tag Frau K.,

auch Lehrbücher sind nicht unfehlbar. Die Lösung des „Rätsels“ ist nämlich, dass im Lehrbuch, das Sie zitieren, ein sonderbarer Satz steht. Sie haben richtig recherchiert: Logis und Unterkunft sind hier dasselbe.

Das Wort Logis kommt aus dem Französischen, wo es eine alte Ableitung von loge ist, das wiederum mit unserem Wort Laube verwandt ist. Das erklärt vielleicht auch, warum eine Loge meist nur klein und das Logis häufig nicht besonders fürstlich ist. Logis wird im Deutschen mit der Bedeutung Unterkunft verwendet.

Eine feste Wendung ist Kost und Logis, womit Verpflegung und Unterkunft gemeint ist. Es geht dann meist darum, ob Angestellte, Untermieterinnen, Reiseteilnehmer, Au-pairs, auswärts wohnende Neffen usw. selbst für Verpflegung und Unterkunft aufkommen müssen oder nicht.

Sie hatte freie Kost und Logis
Er war bei seinem Onkel in Kost und Logis

Im Lehrbuch müsste also eigentlich stehen:

… sie bekam Kost und Logis und ein monatliches Taschengeld

oder:

… sie bekam Unterkunft und Verpflegung und ein monatliches Taschengeld

Natürlich sind auch die Kombinationen Kost und Unterkunft oder Verpflegung und Logis möglich, aber bei der Verbindung Unterkunft und Logis wird eigentlich nur ausgiebig gewohnt und wenig gegessen. Wenn man ihr begegnet, kann man deshalb davon ausgehen, dass es sich um eine falsche Zusammenziehung handelt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Alle[r] guten Dinge sind drei

Frage

„Aller guten Dinge sind drei.“ Warum hat „all“ die Endung „er“? „Dinge“ ist doch ein Nomen im Plural.

Antwort

Guten Tag Frau L.,

auch wenn der Satz so ohne ein Subjekt auskommen muss, heißt es tatsächlich aller guten Dinge und nicht alle guten Dinge:

Aller guten Dinge sind drei

Die Endung -er in aller ist hier die Endung des Genitivs Plural. Die Wortgruppe aller guten Dinge steht im Genitiv. Es handelt sich um einen sonst veralteten Genitiv in einer festen Redewendung mit der ungefähren Bedeutung: Von allen guten Dingen gibt es drei.

Was im heutigen Deutschen kaum mehr vorkommt, war früher weniger selten: das Verb sein mit einem partitiven Genitiv. Man verwendete es vor allem bei Zahlen:

Ihrer sind fünf
Seiner Begleiter waren zwanzig

Auch mit ungenauen Mengenangaben kam und kommt dieser Genitiv gelegentlich noch vor:

Der Fragen sind viele
Der Schwierigkeiten sind genug

Diese Art, das Verb sein mit einem partitiven Genitiv zu verbinden, kommt heute außer in (scherzhaft gemeintem) gehobenem Sprachgebrauch oder einer festen Wendung wie Aller guten Dinge sind drei kaum mehr vor.

Zu guter Letzt noch ein Beispiel, das besser zum gestrigen Dreikönigstag gepasst hätte:

Die heil’gen drey König‘ sind kommen allhier,
Es sind ihrer drey und sind nicht ihrer vier; …
Goethe, Epiphaniasfest

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp