Stellte es sich als einen Fehler oder als ein Fehler heraus?

Frage

Ich habe eine Frage zur Verbvalenz. Auf die Schnelle habe ich leider auch online […] nichts gefunden, daher wende ich mich jetzt an Sie!

Es geht um Verben wie „herausstellen”. Was ist richtig?

Es stellte sich als einen Fehler heraus.
Es stellte sich als ein Fehler heraus.

Ich weiß nicht, ob ich den Nominativ oder den Akkusativ nehmen muss. Ein anderes Beispiel wäre: „Das Problem stellte sich als ein/einen Fehler heraus.“
[…]

Antwort

Guten Tag Herr M.,

es geht hier um das reflexive Verb sich herausstellen, das mit einer als-Gruppe steht. Dann gilt im heutigen Deutschen das Folgende:

Bei reflexiven und reflexiv verwendeten Verben kann eine als-Gruppe sich theoretisch auf das Subjekt oder auf das Reflexivpronomen sich beziehen. Wenn die als-Gruppe sich auf das Subjekt bezieht, steht sie im Nominativ. Wenn sie sich auf sich bezieht, steht sie im Akkusativ. Im heutigen Deutschen steht meistens der Nominativ (vgl. hier).

Worum es geht, ist wahrscheinlich mit Hilfe einiger Beispiele einfacher zu sehen:

Er spielt sich gern als der große Gönner auf.
Der Komponist empfand sich als ein Vertreter der Moderne.
Der Rottweiler hat sich als guter Wachhund bewährt.
Das Museum präsentiert sich als moderner und multimedialer Erlebnisraum.
Du zeichnest dich als perfekter Gastgeber aus.
Franz betrachtet sich als dein bester Freund.
Die Region stellt sich als einzigartiger Kulturraum dar.
Er empfiehlt sich als neuer Leiter des Chors.
Er empfand sich als deutscher Maler.
Er fühlt sich als großer Gönner.
Dieses Vorgehen erwies sich als ein großer Fehler.
Der Fremde gab sich als Deutscher zu erkennen.

Und entsprechend auch:

Das Problem stellte sich als ein Fehler heraus.

Seltener kommt auch der Akkusativ vor, wenn das Verb bei gleicher Bedeutung auch mit einem Akkusativobjekt stehen kann*:

Er stellt sich als guten, besorgten Vater hin.
üblicher: Er stellt sich als guter, besorgter Vater hin.

Der Komponist empfand sich als einen Vertreter der Moderne.
üblicher: Der Komponist empfand sich als ein Vertreter der Moderne.

Das Museum präsentiert sich als modernen und multimedialen Erlebnisraum.
üblicher: Das Museum präsentiert sich als moderner und multimedialer Erlebnisraum.

Du zeichnest dich als perfekten Gastgeber aus.
üblicher: Du zeichnest dich als perfekter Gastgeber aus.

Er sieht sich als den Retter der Menschheit.
üblicher: Er sieht sich als der Retter der Menschheit.

Wenn das Verb (mit einer gewissen Bedeutung) nur reflexiv verwendet wird, ist der Akkusativ veraltet oder er kommt gar nicht vor:

Er spielt sich gern als der große Gönner auf.
(Er spielt sich gern als den großen Gönner auf = veraltet)

Der Rottweiler hat sich als guter Wachhund bewährt.
(Der Rottweiler hat sich als guten Wachhund bewährt = veraltet)

Das Problem stellte sich als ein Fehler heraus.
(Das Problem stellte sich als einen Fehler heraus = veraltet)

Dieses Vorgehen erwies sich als großer Fehler.

Wie so häufig sind die Übergänge bei selten, veraltet und gar nicht fließend. Im Allgemeinen gilt aber, dass man am besten den Nominativ wählt, wenn eine als-Gruppe bei einem reflexiven oder reflexiv verwendeten Verb steht. Das bietet sich als der einfachste Weg an.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

* Mit Akkusativobjekt:

Sie stellen ihn als guten, besorgten Vater hin.
Der Kritiker empfand ihn als einen Vertreter der Moderne.
Das Museum präsentiert den Saal als modernen und multimedialen Erlebnisraum.
Das zeichnet dich als perfekten Gastgeber aus.
Sie sahen ihn als den Retter der Menschheit.

Nicht immer ist „(sich) erhellen“ sehr erhellend

Frage

Ich verwende in einer Publikation die beiden Sätze:

Dieser Zusammenhang erhellt [sich] auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, erhellt [sich] bereits daraus, dass …

Ich hatte hier ursprünglich die reflexive Form verwendet, die Herausgeber haben nun allerdings vorgeschlagen, das „sich“ jeweils wegzulassen.

Eine Internet-Recherche führt zu keinem völlig eindeutigen Befund. Allgemein scheint eher das Weglassen als korrekt erachtet zu werden. […] Ist nur eine Variante richtig oder ggf. beides möglich?

Antwort

Guten Tag Herr K.,

das „Problem“ mit erhellen ist, dass das Verb zwei verschiedene Verwendungsarten mit zwei verschiedenen Konstruktionen hat:

a) deutlich, verständlich werden; sich [als Folgerung] ergeben (intransitiv)
b) deutlich machen, erklären (transitiv)

Es sieht so aus, als ob Sie in den beiden Sätzen das Verb erhellen mit der ersten Bedeutung verwenden. Mit dieser Bedeutung steht erhellen ohne sich:

Dieser Zusammenhang erhellt auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, erhellt bereits daraus, dass …

Diese Verwendung von erhellen ist eher gehoben und formal.

Man kann aber auch sagen, dass Sie erhellen mit der zweiten Bedeutung, deutlich machen, erklären, verwenden. Dann muss es in den beiden Sätzen reflexiv sein (sich erhellen = sich erklären, sich verdeutlichen):

Dieser Zusammenhang erhellt sich auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, erhellt sich bereits daraus, dass …

Es gibt also zwei Verbvarianten. Welche der beiden Sie verwenden (sollten), ist unklar. In einem gehobeneren oder formaleren Kontext würde man intransitives erhellen (deutlich werden; sich ergeben) ohne sich erwarten, insbesondere in Verbindung mit (dar)aus. Man kann aber auch das andere erhellen (deutlich machen; erklären) mit sich verwenden. Beides ist vertretbar.

Um der möglichen Verwirrung vorzubeugen, würde ich entweder – entgegen Ihrer Sprachintuition –  erhellen ohne sich verwenden oder auf eine andere Konstruktion ausweichen. Zum Beispiel:

Dieser Zusammenhang ergibt sich auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, verdeutlicht/erklärt sich bereits daraus, dass …

Aus dem hier Gesagten erhellt, dass dass Verb erhellen mit seinen Varianten nicht immer so deutlich erhellend ist. Und es erhellt, warum das so ist. Wer das noch versteht, muss sprachlich hell sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp