„Ungeheuer“ in „Das steht dir Ungeheuer gut“

Frage

Das Problem:

Diese Farbe steht dir ungeheuer gut.
Diese Farbe steht dir Ungeheuer gut.

Eine Gegenüberstellung dieser Art wird gerne verwendet, um die Relevanz der Großschreibung zu veranschaulichen.

Frage: Was ist „dir Ungeheuer“ grammatisch gesehen? Es ist wohl eine Pronominalphrase. Aber was ist darin „Ungeheuer“? Ist das eine Apposition? […]

Antwort

Guten Tag Herr S.,

richtig ist hier üblicherweise die Kleinschreibung, weil mit ungeheuer nicht  Monstrum, sondern außerordentlich gemeint ist.

Die Farbe steht dir ungeheuer (= außerordentlich) gut.
Die Farbe steht dir Ungeheuer (= Monstrum) gut.

Das ist aber nicht Ihre Frage. Sie möchten wissen, was Ungeheuer grammatisch gesehen ist, wenn scherzhaft oder ausnahmsweise doch das Substantiv gemeint ist.

Im Satz Diese Farbe steht dir Ungeheuer gut ist dir Ungeheuer das Dativobjekt. Es ist eine Pronomengruppe (Pronominalphrase), die aus dem Kern dir und der Apposition (näheren Bestimmung) Ungeheuer besteht. Es handelt sich dabei um eine enge Apposition, die ohne Pausen gesprochen und ohne Kommas geschrieben wird:

Diese Farbe steht dir Ungeheuer gut.

Vgl.

Damit hast du Schurke nichts zu tun.
Ich muss ein ernstes Wörtchen mit euch frechen Schlingeln reden.
Sie haben ein offenes Ohr für uns Bewohner.
Habt Erbarmen mit mir armem Sünder!
Was ist mit euch Deutschen los?

Im Satz, um den es geht, könnte man Ungeheuer auch als direkte Anrede verwenden. Das Dativobjekt ist dann nur dir. Die Anrede gehört nicht zur eigentlichen Satzstruktur. Sie steht im Nominativ, wird mit Pausen gesprochen und mit Kommas geschrieben:

Diese Farbe steht dir, Ungeheuer, gut.

Vgl.

Diese Farbe steht dir, du Ungeheuer, gut.
Damit hast du, [du] Schurke, nichts zu tun.
Ich muss ein ernstes Wörtchen mit euch, [ihr] freche Schlingel, reden.
Was ist mit euch, Deutsche, los?

Es handelt sich also beim großgeschriebenen Ungeheuer in Ihrer Frage um eine Apposition (nähere Bestimmung) zum Pronomen dir. Die beiden Wörter bilden zusammen eine Pronomengruppe (Pronominalphrase), die im Satz das Dativobjekt ist. Trotz der vielen Fachbegriffe ist es hoffentlich nicht ungeheuer kompliziert.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Warum „Sich zu schämen, gibt es keinen Grund” nicht richtig ist

Frage

Ich habe eine Frage zur Topikalisierung [ungefähr: im Satz an die erste Stelle vor das Verb stellen].

Es gibt keinen Grund, sich zu schämen.
Sich zu schämen, gibt es keinen Grund.

Der zweite Satz kommt mir falsch vor. Es ist ein betonter Objektsatz, ich wüsste deshalb  nicht, was daran grammatikalisch falsch sein sollte, in voranzustellen. Wenn man die Infinitivgruppe mit dafür ankündigt, ist er sicher richtig:

Dafür, sich zu schämen, gibt es keinen Grund.

Ist der Satz ohne das Verweiswort dafür grammatikalisch richtig?

Antwort

Guten Tag Herr T.,

es geht hier um die Besetzung des Vorfeldes, das heißt darum, was in einem Satz vor der finiten Verbform steht. Dort können im Prinzip alle Arten von Satzgliedern stehen.

Dort können im Prinzip alle Arten von Satzgliedern stehen.
Im Prinzip können alle Arten von Satzgliedern dort stehen.
Alle Arten von Satzgliedern können im Prinzip dort stehen.

Nicht im Vorfeld stehen können u. a. Wörter oder Wortgruppen, die keine vollständigen Satzglieder sind.

Nicht: Alle Arten können von Satzgliedern im Prinzip dort stehen.
Nicht: Von Satzgliedern können alle Arten im Prinzip dort stehen.

Diese Sätze sind nicht möglich, weil alle Arten von Satzgliedern als Ganzes ein Satzglied ist und ein Satzglied nur als Ganzes verschoben werden kann.

Das ist auch in Ihrem ersten Beispielsatz der Fall. Die Infinitivgruppe sich zu schämen ist nicht ein Objekt, sondern ein Attribut zu einem Substantiv.

Es gibt keinen Grund, sich zu schämen.
Wen oder was gibt es?
keinen Grund, sich zu schämen

Die Infinitivgruppe sich zu schämen bestimmt als Attribut das Substantiv Grund näher (mehr dazu hier). Es ist Teil des Akkusativobjekts keinen Grund, sich zu schämen. Das Akkusativobjekt kann nur als Ganzes ins Vorfeld verschoben werden (auch wenn das ohne Kontext zu einem eher seltsamen Satz führt):

Keinen Grund, sich zu schämen, gibt es.
nicht: Sich zu schämen, gibt es keinen Grund.

Bei einer Formulierung mit dafür hingegen ist die Erststellung im Satz möglich. Es liegt ihr aber eine andere Konstruktion zugrunde:

Es gibt keinen Grund dafür, sich zu schämen (keinen Grund für Scham)
Wofür gibt es keinen Grund?
dafür, sich zu schämen (für Scham)

Die Präpositionalgruppe dafür, sich zu schämen ist ein individuell erfragbares Satzglied. Entsprechend kann sie ins Vorfeld verschoben werden:

Dafür, sich zu schämen, gibt es keinen Grund.

Die Infinitivgruppe kann im zweiten Satz oben nicht an erster Stelle stehen, weil sie kein eigenständiges Satzglied, sondern „nur“ eine nähere Bestimmung innerhalb eines Satzgliedes ist. Der Satz Sich zu schämen, gibt es keinen Grund ist also nicht richtig, aber wenn er trotzdem einmal rausrutscht: Es gibt keinen Grund, sich zu schämen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Subjektloses „lassen“

Auch wenn der Titel irgendwie wie „respektloses Handeln“ klingt, ist nichts Negatives gemeint. Ich bin indirekt über eine Frage von Herrn B. auf etwas gestoßen, das ich noch nicht kannte: Sätze mit lassen ohne ein Subjekt. Es ging in der Frage um den Satz

Über Geschmack lässt sich nicht streiten

der offensichtlich ohne ein Subjekt auskommt. Er enthält kein Satzglied, nach dem mit wer oder was? gefragt werden könnte.

Es gibt im Deutschen nur wenige strenge Regeln wie zum Beispiel:

  • In einem Aussagehauptsatz steht die konjugierte Verbform immer an zweiter Stelle (Zweitstellung der finiten Verbform)
  • Ein vollständiger Satz hat immer ein Subjekt.

Vor allem bei der zweiten Regel werden aber immer ein paar Ausnahmen angegeben. Die bekanntesten sind:

  • Imperativsätze in der 2. Person sind subjektlos:

Komm!
Mach nicht so viel Lärm!
Helft mir, bitte!

  • Einige unpersönliche Verben können ohne Subjekt stehen.

Mir ist langweilig/schlecht/übel …
Schon jetzt graut uns vor ihrem nächsten Besuch.
Auf dem Karussell wird ihm immer schwindlig.

  • Das Passiv intransitiver oder intransitiv verwendeter Verben hat kein Subjekt:

Dem armen Tropf kann geholfen werden.
Davon wird viel gesprochen.
Den ganzen Abend wurde viel gegessen und getrunken.

Mit der letzten Gruppe sind die folgenden Beispiele verwandt:

  • Passivähnliche Formulierungen mit einem intransitiven Verb können ohne Subjekt stehen:

Dir ist nicht zu helfen.
Mit Verlusten war zu rechnen.
Daran lässt sich kaum zweifeln.
Über Geschmack lässt sich nicht streiten.

Dieses subjektlose lassen kannte ich noch nicht – jedenfalls nicht bewusst. Unbewusst habe ich wie die meisten den Satz Über Geschmack lässt sich nicht streiten ohne Subjekt verwendet, ohne dass mir das aufgefallen wäre.

Hier spielt auch die erste Regel, die ich oben erwähnt habe, eine Rolle: In vielen der oben stehenden Sätze kommt ein sogenanntes Platzhalter-es zum Zug, wenn kein anderes Satzglied an erster Stelle vor der konjugierten Verbform steht:

Es ist mir langweilig.
Es wird viel davon gesprochen.
Es war mit Verlusten zu rechnen.
Es lässt sich kaum daran zweifeln.

Dieses es sieht wie ein unpersönliches Subjekt aus, es hat aber vor allem die Funktion, die Zweitstellung des Verbs aufrechtzuerhalten. Sobald ein anderes Satzglied an die erste Stelle tritt, fällt es weg. Die Regel der Verbzweitstellung scheint also noch stärker zu sein als die Regel, dass ein vollständiger Satz immer ein Subjekt hat.

Ist eine Regel mit relativ vielen Ausnahmen immer noch eine Regel? Darüber lässt sich diskutieren.

Ist „zum Bahnhof“ in „den Weg zum Bahnhof erklären“ eine Ortsbestimmung?

Frage

Ich habe eine Frage zu den Satzgliedern:

Ich erklärte ihm den Weg zum Bahnhof.

Handelt es sich bei „zum Bahnhof“ um eine Lokalbestimmung?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

in diesem Satz ist die ganze Nomengruppe den Weg zum Bahnhof das Akkusativobjekt:

– Wen oder was erklärte ich ihm?
– den Weg zum Bahnhof

Die Nomengruppe besteht aus dem Kern Weg und einer näheren Bestimmung, einem Attribut. Dieses Attribut hat die Form einer Präpositionalgruppe: zum Bahnhof. Es sieht also genau gleich aus wie eine Ortsbestimmung (lokale Adverbialbestimmung):

– Wohin gehe ich mit ihm?
– Ich gehe mit ihm zum Bahnhof
→ zum Bahnhof = Ortsbestimmung

Hier ist es aber keine Ortsbestimmung, sondern – wie gesagt – ein Attribut:

– Welchen Weg erkläre ich ihm?
– Ich erkläre ihm den Weg zum Bahnhof
→ zum Bahnhof = Attribut zu „Weg“

Man sieht den Unterschied auch, wenn man die Wortstellung ändert. Eine Ortsbestimmung ist ein selbstständiges Satzglied und kann als solches allein an erster Stelle vor dem Verb stehen:

Zur Wohnung seiner Eltern gehe ich mit ihm.

Ein Attribut hingegen bleibt beim Wort, das es näher bestimmt, das heißt, üblicherweise wird die ganze Nomengruppe an die erste Stelle vor das Verb verschoben:

Den Weg zur Wohnung seiner Eltern erkläre ich ihm.

Dann hören die Unterschiede aber schon bald auf. Die Adverbialbestimmung zum Bahnhof und das Attribut zum Bahnhof sind zwar satzbautechnisch verschieden, ihre Form ist aber identisch und ihre Bedeutung ist mehr oder weniger gleich, nämlich die Angabe eines Ziels.

Präpositionalgruppen erfüllen häufiger die Rolle eines Attributs, das die Bedeutung einer Adverbialbestimmung hat. Zum Beispiel:

Lokal:

Das Hotel am Bahnhof wird renoviert.
Die Buslinien ins Zentrum sind unterbrochen.

Temporal:

Wie verbringen wir die Zeit bis zum Mittagessen?
Die Sitzung am Donnerstag war die letzte vor den Ferien.

Modal:

Sie aßen einen Apfelkuchen mit Schlagsahne als Nachtisch.
Die Annahme der Vorlage ohne Gegenstimmen war überraschend.

Kausal/Final

Die Aufregung wegen ihrer Bemerkung ist übertrieben.
Sie hatten ihr Spargeld für schlechte Zeiten bereits aufgebraucht.

Mehr über Präpsitionalgruppen als Attribut zu einem Nomen finden Sie auf dieser Seite in der LEO-Grammatik.

Eine ähnliche Frage gab es schon vor vielen Jahren einmal im Blog: Eintritt ins/im Museum. Es kann eben leicht verwirrend sein, wenn eine Wortgruppe im Satz eine andere Funktion hat, als man nach ihrer Form erwarten würde. Die Präpositionalgruppe zum Bahnhof sieht aus wie eine eigenständige lokale Adverbialbestimmung, in unserem Beispiel ist sie aber „nur“ ein unselbstständiges Attribut. Auf den ersten Blick scheinen hier die Form und Bedeutung einerseits und die Funktion im Satz andererseits nicht übereinzustimmen. Deshalb kann der Weg zum Verständnis der Satzstruktur hier etwas länger sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Was ist „einen Euro“ in „Der Wert beträgt einen Euro“?

Frage

Im Duden steht, dass der adverbiale Akkusativ verwendet wird bei: Zeitdauer, Strecke, Gewicht. Alter kommt dazu. Wie ist es mit Wert? Beispiel: „Der Wert beträgt ungefähr einen Euro“.

Antwort

Guten Tag Frau K.,

bei Verben wie dauern, kosten, betragen, messen und wiegen, deren Ergänzung eine Zeit- oder Maßangabe ist, handelt es sich bei der Ergänzung um einen Adverbialakkusativ (= eine Wortgruppe mit einem Substantiv im Akkusativ als Kern, die die Funktion einer Adverbialbestimmung hat):

Die Sitzung dauerte einen halben Tag.
Ein einfaches Ticket kostet einen Euro zwanzig.
Der Wert beträgt einen Euro.
Die Strecke misst einen Kilometer.
Ein Sack Kohlen wiegt einen Zentner.

Die Maßangabe ist obligatorisch und sie steht im Akkusativ, sie gilt aber „trotzdem“ nicht als Akkusativobjekt, sondern als Adverbialbestimmung. Das liegt daran, dass man diese Angaben anders als ein Akkusativobjekt nicht durch ein Personalpronomen ersetzen kann:

nicht: Die Sitzung dauerte ihn.
nicht: Ein einfaches Ticket kostet ihn.
nicht: Der Wert beträgt ihn.
nicht: Die Strecke misst ihn.
nicht: Ein Sack Kohlen wiegt ihn.

Es ist auch nicht möglich, Formulierungen dieser Art in eine Konstruktion mit einem als Adjektiv verwendeten Partizip umzuformen:

nicht: Die einen Tag gedauerte Sitzung.
nicht: Ein einen Euro zwanzig gekostetes einfaches Ticket.
nicht: Der einen Euro betragene Wert.
nicht: Die einen Kilometer gemessene Strecke.
nicht: Ein einen Zentner gewogene Sack Kohlen.

Es ist aber möglich, wie bei anderen Adverbialbestimmungen mit wie … zu fragen:

Wie lange dauerte die Sitzung?
Wie viel kostet ein einfaches Ticket?
Wie viel beträgt der Wert?
Wie viel misst die Strecke?
Wie viel wiegt ein Sack Kohle?

Dasselbe gilt übrigens auch für Verbindungen wie alt sein oder wert sein, die auch mit einer obligatorischen Ergänzung im Akkusativ stehen. Auch hier handelt es sich um einen Adverbialakkusativ (vgl. hier)

Unsere Küken sind schon einen Monat alt.
Das Bild ist diesen großen Betrag nicht wert.

Nicht alles, was im Akkusativ steht und (obligatorisch oder fakultativ) zu einem Verb gehört, ist also ein Akkusativobjekt. Manchmal ist es auch ein adverbialer Akkusativ. Das gilt vor allem für Zeit-, Maß-, Mengen- und – als abschließende Antwort auf Ihre Frage – auch für Wertangaben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das ist ein Haus – Was ist „Das“?

Was ein Haus ist, dürfte bekannt sein. Es geht um die Frage nach der Funktion und Wortklasse von „Das“ in „Das ist ein Haus“.

Frage

In dem Satz „Das ist ein (Haus, Apfel, Tisch, etc.)“ übernimmt das Wort „Das“ vermutlich die Funktion des Subjekts. Um welche Wortart handelt es sich aber dabei? Die klassischen Definitionen im Internet schließen Nomen, (Demonstrativ-)Pronomen und Artikel aus. Handelt es sich um einen Sonderfall oder bin ich ganz auf dem Holzweg?

Antwort

Guten Tag Herr K.,

Sie sind nicht auf dem Holzweg. Im Satz „Das ist ein Haus“ hat das tatsächlich die Funktion des Subjekts. Es ist das Subjekt in einem Gleichsetzungssatz:

  • Das = Subjekt
  • ist = Verb (Kopula)
  • ein Haus = Prädikativ (prädikativer Nominativ, Gleichsetzungsnominativ)

Dabei wird das gewöhnlich als Demonstrativpronomen bezeichnet. Es weist stellvertretend auf etwas hin (hier auf Haus). Wie die sächlichen Demonstrativpronomen dies und jenes oder das sächliche Fragepronomen welches kann es sich auch auf nicht Sächliches und nicht im Singular Stehendes beziehen:

Das ist ein Apfel.
Dies/Jenes ist ein Apfel.
Welches ist der leckerste Apfel?

Das ist meine Zahnbürste.
Dies/Jenes ist meine Zahnbürste.
Welches ist deine Zahnbürste?

Das sind meine Möbel.
Dies/Jenes sind meine Möbel.
Welches sind deine Möbel?

Eine weitere Besonderheit ist erwähnenswert: In den letzten Beispielen steht das Verb im Plural. In Gleichsetzungssätzen steht das Verb im Plural, wenn das Subjekt und der Gleichsetzungsnominativ nicht den gleichen Numerus haben:

Mein größter Besitz sind meine Kinder.
Eine gute Idee wären optische Warnsignale.
Wer sind diese Leute?
Das sind meine Möbel.

Siehe auch hier unter „Subjekt und Gleichsetzungsnominativ mit unterschiedlichem Numerus“.

Wir haben es bei diesem das also tatsächlich mit einer Art Sonderfall zu tun.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Nebensätze und was ohne sie übrig bleibt

Frage

Ich habe drei Fragen zum folgenden Satz:

Dass wir klein sind(,) bedeutet(,) dass wir schnell und flexibel reagieren können.

  1. Müssen die Kommas gesetzt werden?
  2. Was ist „bedeutet“ für eine Satzart? Es steht ja allein.
  3. Was für eine Art Sätze sind die anderen Teilsätze?

Antwort

Guten Tag Frau K.,

Nebensätze werden durch Kommas abgetrennt. Das gilt auch für die beiden dass-Sätze in diesem Satz:

Dass wir klein sind, bedeutet, dass wir schnell und flexibel reagieren können.

Zwischen den Kommas steht dann tatsächlich ganz einsam und allein die Verbform „bedeutet“. Was bedeutet dies für die Satzanalyse?

Nebensätze haben im Gesamtsatz meistens die Funktion eines Satzteils. Sie können die Rolle des Subjekts, eines Objekts, einer Adverbialbestimmung usw. haben. In Ihrem Satz ist der erste dass-Satz das Subjekt des Gesamtsatzes (ein Subjektsatz). Der zweite dass-Satz ist das Akkusativobjekt des Gesamtsatzes (ein Objektsatz). Der Gesamtsatz ist ein Aussagesatz mit den folgenden Satzteilen:

Subjekt: Dass Gott heilig ist
Prädikat: bedeutet
Objekt: dass er von jeder Sünde und Unvollkommenheit getrennt ist

Da Nebensätze im Gesamtsatz die Rolle eines Satzteils haben (können) und Satzteile häufig obligatorisch sind, steht vor, nach oder zwischen den Kommas lange nicht immer ein vollständiger Satz. Manchmal besteht das, was nach dem Weglassen von Nebensätzen übrig bleibt, aus nur einer einzigen Verbform.

Dass man dich lobt, heißt, dass du es gut gemacht hast.
Was du gibst, ist, was du kriegst.
Was du gesagt hast, bleibt, was du gesagt hast.
Weil es ein Nebensatz ist, gilt, dass ein Komma stehen muss.

Wie einige der Beispiele zeigen, sind solche Formulierungen stilistisch nicht immer die allerschönste Lösung. Dennoch: Dass der Feiertag morgen schön und sonnig sein möge, ist, was ich Ihnen wünsche.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Es“ oder „so viel“: Was ist das Subjekt in „Es wurde so viel verlangt“?

Frage

Gegeben ist ein einfacher Passivsatz:

In der Firma wurde immer so viel verlangt, dass ich abends todmüde war.

Die Frage ist, was das Subjekt des Hauptsatzes ist. Zunächst dachte ich, dass es das weggelassene „es“ sein muss: „Es wurde in der Firma so viel verlangt …“. Dann fiel mir ein, dass das Verb „verlangen“ ein Akkusativobjekt („viel“) hat. Dann müsste „viel“ das Subjekt im Passivsatz sein. Leider konnte ich dazu keine Erläuterung finden, mit der ich mit Sicherheit die eine oder andere Lösung als richtig oder falsch beurteilen konnte.

Antwort

Guten Tag Frau S.,

in Ihrem Satz ist tatsächlich die Pronomengruppe „so viel“ das Subjekt. Bei einem transitiven Verb (= einem Verb mit Akkusativobjekt) wird das Akkusativobjekt im Passiv zum Subjekt (vgl. hier):

Aktiv:
Man verlangte in der Firma so viel
(Man verlangte wen oder was?)

Passiv:
So viel wurde in der Firma verlangt …
(Wer oder was wurde verlangt?)

Dass „so viel“ das Subjekt ist, sieht man auch dann gut, wenn Sie „so viel“ durch „so viele Dinge“ ersetzen. Das Verb wird dann in den Plural gesetzt, weil es in Numerus und Person mit dem Subjekt übereinstimmen muss:

In der Firma wurde immer so viel verlangt, dass ich abends todmüde war.
In der Firma wurden immer so viele Dinge verlangt, dass ich abends todmüde war.

Das Subjekt ist hier also „so viel“. Aber wenn „so viel“ das Subjekt ist, was ist dann „Es“ am Anfang der folgenden Formulierung?

Es wurde in der Firma immer so viel verlangt …

Dieses „es“ ist das sogenannte Platzhalter-es. In einem deutschen Aussagesatz muss immer ein Satzteil vor dem gebeugten Verb stehen. Das ist eine der wenigen „ehernen Gesetzte“ der deutschen Grammatik. Es ist so stark, dass man den Satz mit einem völlig bedeutungslosen „es“ beginnt, wenn sonst nichts vor der gebeugten Verbform steht. Mehr dazu finden Sie hier und hier.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Was für ein Akkusativ steht in „einen Meter fünfzig groß“?

Frage

Nicht umsonst heißt es: „Deutsche Sprache, schwere Sprache“. […] Ich bin durch Zufall auf Ihre Seite aufmerksam geworden und hoffe, dass Sie Licht ins Dunkel bringen können. Es geht um folgenden Satz:

Mein Bruder ist einen Meter fünfzig groß.

Ist dieses „einen Meter fünfzig groß“ ein Akkusativobjekt, ein Akkusativadverb oder beides?

Antwort

Guten Tag Frau B.,

in „Mein Bruder ist einen Meter fünfzig groß“ ist die Angabe „einen Meter fünfzig“ eine Adverbialbestimmung im Akkusativ, auch Adverbialakkusativ oder adverbialer Akkusativ genannt. Es ist kein Akkusativobjekt. Das kann man zum Beispiel dann sehen, wenn man den Satz in seine Satzteile zerlegt:

Mein Bruder = Subjekt
ist = Kopulaverb
einen Meter fünfzig groß = Prädikativ

Das Prädikativ ist hier eine Adjektivgruppe. Sie besteht aus dem Kern „groß“ und dem Attribut „einen Meter fünfzig“. Das Attribut, das „groß“ näher bestimmt („wie groß?“), ist ein Adverbialakkusativ.

Diese Art von Adjektivgruppen kommt bei Maßangaben u. Ä. vor:

einen Kilometer lang
einen Zentner schwer
einen Monat alt

Siehe auch hier und hier.

In der Beschreibung des einen Meter fünfzig großen Bruders steht also ein adverbialer Akkusativ. Das gilt auch für die Angaben „11 Jahre alt“ oder „42 Kilo schwer“. Nur sieht man ihnen wie den meisten Maßangaben dieser Art den Akkusativ gar nicht an, weil er sich nicht vom Nominativ unterscheidet. Vielleicht sind die Adverbialakkusative deshalb nicht so bekannt, obwohl sie relativ häufig vorkommen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp