Was ist „einen Euro“ in „Der Wert beträgt einen Euro“?

Frage

Im Duden steht, dass der adverbiale Akkusativ verwendet wird bei: Zeitdauer, Strecke, Gewicht. Alter kommt dazu. Wie ist es mit Wert? Beispiel: „Der Wert beträgt ungefähr einen Euro“.

Antwort

Guten Tag Frau K.,

bei Verben wie dauern, kosten, betragen, messen und wiegen, deren Ergänzung eine Zeit- oder Maßangabe ist, handelt es sich bei der Ergänzung um einen Adverbialakkusativ (= eine Wortgruppe mit einem Substantiv im Akkusativ als Kern, die die Funktion einer Adverbialbestimmung hat):

Die Sitzung dauerte einen halben Tag.
Ein einfaches Ticket kostet einen Euro zwanzig.
Der Wert beträgt einen Euro.
Die Strecke misst einen Kilometer.
Ein Sack Kohlen wiegt einen Zentner.

Die Maßangabe ist obligatorisch und sie steht im Akkusativ, sie gilt aber „trotzdem“ nicht als Akkusativobjekt, sondern als Adverbialbestimmung. Das liegt daran, dass man diese Angaben anders als ein Akkusativobjekt nicht durch ein Personalpronomen ersetzen kann:

nicht: Die Sitzung dauerte ihn.
nicht: Ein einfaches Ticket kostet ihn.
nicht: Der Wert beträgt ihn.
nicht: Die Strecke misst ihn.
nicht: Ein Sack Kohlen wiegt ihn.

Es ist auch nicht möglich, Formulierungen dieser Art in eine Konstruktion mit einem als Adjektiv verwendeten Partizip umzuformen:

nicht: Die einen Tag gedauerte Sitzung.
nicht: Ein einen Euro zwanzig gekostetes einfaches Ticket.
nicht: Der einen Euro betragene Wert.
nicht: Die einen Kilometer gemessene Strecke.
nicht: Ein einen Zentner gewogene Sack Kohlen.

Es ist aber möglich, wie bei anderen Adverbialbestimmungen mit wie … zu fragen:

Wie lange dauerte die Sitzung?
Wie viel kostet ein einfaches Ticket?
Wie viel beträgt der Wert?
Wie viel misst die Strecke?
Wie viel wiegt ein Sack Kohle?

Dasselbe gilt übrigens auch für Verbindungen wie alt sein oder wert sein, die auch mit einer obligatorischen Ergänzung im Akkusativ stehen. Auch hier handelt es sich um einen Adverbialakkusativ (vgl. hier)

Unsere Küken sind schon einen Monat alt.
Das Bild ist diesen großen Betrag nicht wert.

Nicht alles, was im Akkusativ steht und (obligatorisch oder fakultativ) zu einem Verb gehört, ist also ein Akkusativobjekt. Manchmal ist es auch ein adverbialer Akkusativ. Das gilt vor allem für Zeit-, Maß-, Mengen- und – als abschließende Antwort auf Ihre Frage – auch für Wertangaben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das ist ein Haus – Was ist „Das“?

Was ein Haus ist, dürfte bekannt sein. Es geht um die Frage nach der Funktion und Wortklasse von „Das“ in „Das ist ein Haus“.

Frage

In dem Satz „Das ist ein (Haus, Apfel, Tisch, etc.)“ übernimmt das Wort „Das“ vermutlich die Funktion des Subjekts. Um welche Wortart handelt es sich aber dabei? Die klassischen Definitionen im Internet schließen Nomen, (Demonstrativ-)Pronomen und Artikel aus. Handelt es sich um einen Sonderfall oder bin ich ganz auf dem Holzweg?

Antwort

Guten Tag Herr K.,

Sie sind nicht auf dem Holzweg. Im Satz „Das ist ein Haus“ hat das tatsächlich die Funktion des Subjekts. Es ist das Subjekt in einem Gleichsetzungssatz:

  • Das = Subjekt
  • ist = Verb (Kopula)
  • ein Haus = Prädikativ (prädikativer Nominativ, Gleichsetzungsnominativ)

Dabei wird das gewöhnlich als Demonstrativpronomen bezeichnet. Es weist stellvertretend auf etwas hin (hier auf Haus). Wie die sächlichen Demonstrativpronomen dies und jenes oder das sächliche Fragepronomen welches kann es sich auch auf nicht Sächliches und nicht im Singular Stehendes beziehen:

Das ist ein Apfel.
Dies/Jenes ist ein Apfel.
Welches ist der leckerste Apfel?

Das ist meine Zahnbürste.
Dies/Jenes ist meine Zahnbürste.
Welches ist deine Zahnbürste?

Das sind meine Möbel.
Dies/Jenes sind meine Möbel.
Welches sind deine Möbel?

Eine weitere Besonderheit ist erwähnenswert: In den letzten Beispielen steht das Verb im Plural. In Gleichsetzungssätzen steht das Verb im Plural, wenn das Subjekt und der Gleichsetzungsnominativ nicht den gleichen Numerus haben:

Mein größter Besitz sind meine Kinder.
Eine gute Idee wären optische Warnsignale.
Wer sind diese Leute?
Das sind meine Möbel.

Siehe auch hier unter „Subjekt und Gleichsetzungsnominativ mit unterschiedlichem Numerus“.

Wir haben es bei diesem das also tatsächlich mit einer Art Sonderfall zu tun.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Nebensätze und was ohne sie übrig bleibt

Frage

Ich habe drei Fragen zum folgenden Satz:

Dass wir klein sind(,) bedeutet(,) dass wir schnell und flexibel reagieren können.

  1. Müssen die Kommas gesetzt werden?
  2. Was ist „bedeutet“ für eine Satzart? Es steht ja allein.
  3. Was für eine Art Sätze sind die anderen Teilsätze?

Antwort

Guten Tag Frau K.,

Nebensätze werden durch Kommas abgetrennt. Das gilt auch für die beiden dass-Sätze in diesem Satz:

Dass wir klein sind, bedeutet, dass wir schnell und flexibel reagieren können.

Zwischen den Kommas steht dann tatsächlich ganz einsam und allein die Verbform „bedeutet“. Was bedeutet dies für die Satzanalyse?

Nebensätze haben im Gesamtsatz meistens die Funktion eines Satzteils. Sie können die Rolle des Subjekts, eines Objekts, einer Adverbialbestimmung usw. haben. In Ihrem Satz ist der erste dass-Satz das Subjekt des Gesamtsatzes (ein Subjektsatz). Der zweite dass-Satz ist das Akkusativobjekt des Gesamtsatzes (ein Objektsatz). Der Gesamtsatz ist ein Aussagesatz mit den folgenden Satzteilen:

Subjekt: Dass Gott heilig ist
Prädikat: bedeutet
Objekt: dass er von jeder Sünde und Unvollkommenheit getrennt ist

Da Nebensätze im Gesamtsatz die Rolle eines Satzteils haben (können) und Satzteile häufig obligatorisch sind, steht vor, nach oder zwischen den Kommas lange nicht immer ein vollständiger Satz. Manchmal besteht das, was nach dem Weglassen von Nebensätzen übrig bleibt, aus nur einer einzigen Verbform.

Dass man dich lobt, heißt, dass du es gut gemacht hast.
Was du gibst, ist, was du kriegst.
Was du gesagt hast, bleibt, was du gesagt hast.
Weil es ein Nebensatz ist, gilt, dass ein Komma stehen muss.

Wie einige der Beispiele zeigen, sind solche Formulierungen stilistisch nicht immer die allerschönste Lösung. Dennoch: Dass der Feiertag morgen schön und sonnig sein möge, ist, was ich Ihnen wünsche.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Es“ oder „so viel“: Was ist das Subjekt in „Es wurde so viel verlangt“?

Frage

Gegeben ist ein einfacher Passivsatz:

In der Firma wurde immer so viel verlangt, dass ich abends todmüde war.

Die Frage ist, was das Subjekt des Hauptsatzes ist. Zunächst dachte ich, dass es das weggelassene „es“ sein muss: „Es wurde in der Firma so viel verlangt …“. Dann fiel mir ein, dass das Verb „verlangen“ ein Akkusativobjekt („viel“) hat. Dann müsste „viel“ das Subjekt im Passivsatz sein. Leider konnte ich dazu keine Erläuterung finden, mit der ich mit Sicherheit die eine oder andere Lösung als richtig oder falsch beurteilen konnte.

Antwort

Guten Tag Frau S.,

in Ihrem Satz ist tatsächlich die Pronomengruppe „so viel“ das Subjekt. Bei einem transitiven Verb (= einem Verb mit Akkusativobjekt) wird das Akkusativobjekt im Passiv zum Subjekt (vgl. hier):

Aktiv:
Man verlangte in der Firma so viel
(Man verlangte wen oder was?)

Passiv:
So viel wurde in der Firma verlangt …
(Wer oder was wurde verlangt?)

Dass „so viel“ das Subjekt ist, sieht man auch dann gut, wenn Sie „so viel“ durch „so viele Dinge“ ersetzen. Das Verb wird dann in den Plural gesetzt, weil es in Numerus und Person mit dem Subjekt übereinstimmen muss:

In der Firma wurde immer so viel verlangt, dass ich abends todmüde war.
In der Firma wurden immer so viele Dinge verlangt, dass ich abends todmüde war.

Das Subjekt ist hier also „so viel“. Aber wenn „so viel“ das Subjekt ist, was ist dann „Es“ am Anfang der folgenden Formulierung?

Es wurde in der Firma immer so viel verlangt …

Dieses „es“ ist das sogenannte Platzhalter-es. In einem deutschen Aussagesatz muss immer ein Satzteil vor dem gebeugten Verb stehen. Das ist eine der wenigen „ehernen Gesetzte“ der deutschen Grammatik. Es ist so stark, dass man den Satz mit einem völlig bedeutungslosen „es“ beginnt, wenn sonst nichts vor der gebeugten Verbform steht. Mehr dazu finden Sie hier und hier.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Was für ein Akkusativ steht in „einen Meter fünfzig groß“?

Frage

Nicht umsonst heißt es: „Deutsche Sprache, schwere Sprache“. […] Ich bin durch Zufall auf Ihre Seite aufmerksam geworden und hoffe, dass Sie Licht ins Dunkel bringen können. Es geht um folgenden Satz:

Mein Bruder ist einen Meter fünfzig groß.

Ist dieses „einen Meter fünfzig groß“ ein Akkusativobjekt, ein Akkusativadverb oder beides?

Antwort

Guten Tag Frau B.,

in „Mein Bruder ist einen Meter fünfzig groß“ ist die Angabe „einen Meter fünfzig“ eine Adverbialbestimmung im Akkusativ, auch Adverbialakkusativ oder adverbialer Akkusativ genannt. Es ist kein Akkusativobjekt. Das kann man zum Beispiel dann sehen, wenn man den Satz in seine Satzteile zerlegt:

Mein Bruder = Subjekt
ist = Kopulaverb
einen Meter fünfzig groß = Prädikativ

Das Prädikativ ist hier eine Adjektivgruppe. Sie besteht aus dem Kern „groß“ und dem Attribut „einen Meter fünfzig“. Das Attribut, das „groß“ näher bestimmt („wie groß?“), ist ein Adverbialakkusativ.

Diese Art von Adjektivgruppen kommt bei Maßangaben u. Ä. vor:

einen Kilometer lang
einen Zentner schwer
einen Monat alt

Siehe auch hier und hier.

In der Beschreibung des einen Meter fünfzig großen Bruders steht also ein adverbialer Akkusativ. Das gilt auch für die Angaben „11 Jahre alt“ oder „42 Kilo schwer“. Nur sieht man ihnen wie den meisten Maßangaben dieser Art den Akkusativ gar nicht an, weil er sich nicht vom Nominativ unterscheidet. Vielleicht sind die Adverbialakkusative deshalb nicht so bekannt, obwohl sie relativ häufig vorkommen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp