Was ist besser: „mit nach Hause nehmen“ oder „nach Hause mitnehmen“?

Frage

Neulich wurde mir folgender Satz gesagt: „Ich nehme das Buch nach Hause mit.“ Ich würde in diesem Fall sagen: „Ich nehme das Buch mit nach Hause.“ Welcher der beiden Sätze wäre zu bevorzugen?

Antwort

Guten Tag Frau K.,

beide Formulierungen sind möglich und richtig. Was ist der Unterschied? Es geht hier rein grammatisch betrachtet um zwei unterschiedliche Konstruktionen, die (fast) die gleiche Bedeutung haben.

Die erste Konstruktion wird mit dem Verb mitnehmen und der Adverbialbestimmung nach Hause gebildet:

nach Hause mitnehmen
Ich nehme das Buch nach Hause mit.
Ich will das Buch nach Hause mitnehmen.
Ich habe das Buch nach Hause mitgenommen.

Die zweite Konstruktion wird mit dem Verb nehmen und der komplexen Adverbialbestimmung mit nach Hause gebildet:

mit nach Hause nehmen
Ich nehme das Buch mit nach Hause.
Ich will das Buch mit nach Hause nehmen.
Ich habe das Buch mit nach Hause genommen.

Ähnlich zum Beispiel auch:

in seine Heimat zurückfahren
zurück in seine Heimat fahren

auf den Turm hinaufsteigen
hinauf auf den Turm steigen

ins Tal hinunterführen
hinunter ins Tal führen

Die beiden Konstruktionen sind jeweils eng miteinander verwandt. Genaueres dazu kann ich so schnell nicht finden (eine gründlichere Untersuchung wäre bestimmt interessant). Sie scheinen dann möglich zu sein, wenn eine Richtung angegeben wird und ein selbständiges Adverb beteiligt ist, das auch Teil eines trennbaren Verbs sein kann (hinauf, hinunter, mit, zurück u.a.m.).

Und nun endlich zu Ihrer eigentlichen Frage: Beide Formulierungen sind korrekt. Es gibt keine Richtlinie, was zu bevorzugen ist. Sie können also wählen, was Ihnen im jeweils gegebenen Zusammenhang besser zusagt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Nicht immer ist „(sich) erhellen“ sehr erhellend

Frage

Ich verwende in einer Publikation die beiden Sätze:

Dieser Zusammenhang erhellt [sich] auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, erhellt [sich] bereits daraus, dass …

Ich hatte hier ursprünglich die reflexive Form verwendet, die Herausgeber haben nun allerdings vorgeschlagen, das „sich“ jeweils wegzulassen.

Eine Internet-Recherche führt zu keinem völlig eindeutigen Befund. Allgemein scheint eher das Weglassen als korrekt erachtet zu werden. […] Ist nur eine Variante richtig oder ggf. beides möglich?

Antwort

Guten Tag Herr K.,

das „Problem“ mit erhellen ist, dass das Verb zwei verschiedene Verwendungsarten mit zwei verschiedenen Konstruktionen hat:

a) deutlich, verständlich werden; sich [als Folgerung] ergeben (intransitiv)
b) deutlich machen, erklären (transitiv)

Es sieht so aus, als ob Sie in den beiden Sätzen das Verb erhellen mit der ersten Bedeutung verwenden. Mit dieser Bedeutung steht erhellen ohne sich:

Dieser Zusammenhang erhellt auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, erhellt bereits daraus, dass …

Diese Verwendung von erhellen ist eher gehoben und formal.

Man kann aber auch sagen, dass Sie erhellen mit der zweiten Bedeutung, deutlich machen, erklären, verwenden. Dann muss es in den beiden Sätzen reflexiv sein (sich erhellen = sich erklären, sich verdeutlichen):

Dieser Zusammenhang erhellt sich auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, erhellt sich bereits daraus, dass …

Es gibt also zwei Verbvarianten. Welche der beiden Sie verwenden (sollten), ist unklar. In einem gehobeneren oder formaleren Kontext würde man intransitives erhellen (deutlich werden; sich ergeben) ohne sich erwarten, insbesondere in Verbindung mit (dar)aus. Man kann aber auch das andere erhellen (deutlich machen; erklären) mit sich verwenden. Beides ist vertretbar.

Um der möglichen Verwirrung vorzubeugen, würde ich entweder – entgegen Ihrer Sprachintuition –  erhellen ohne sich verwenden oder auf eine andere Konstruktion ausweichen. Zum Beispiel:

Dieser Zusammenhang ergibt sich auch aus dem im ersten Kapitel Gesagten.
Dass weitere Interpretationen möglich sind, verdeutlicht/erklärt sich bereits daraus, dass …

Aus dem hier Gesagten erhellt, dass dass Verb erhellen mit seinen Varianten nicht immer so deutlich erhellend ist. Und es erhellt, warum das so ist. Wer das noch versteht, muss sprachlich hell sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wann steht was: für etwas schwärmen und von etwas schwärmen?

Frage

Können Sie mir mir erklären, was der Unterschied zwischen „schwärmen für“ und „schwärmen von“ ist? In einem Übungsbuch steht, dass im Satz „Viele junge Mädchen schwärmen für Pferde und Reiten“ nur die Präposition „für“ korrekt ist und nicht „von“. Warum ist das so?

Antwort

Guten Tag Herr T.,

es gibt einen Unterschied zwischen für jemanden/etwas schwärmen  und von jemandem/etwas schwärmen:

Wenn man für jemanden/etwas schwärmt, mag man jemanden/etwas sehr gern; man verehrt jemanden/etwas schwärmerisch:

für Taylor Swift schwärmen = großer Fan der Sängerin sein

für Pferde und Reiten schwärmen = Pferde und Reiten sehr mögen

Wenn man von jemandem/etwas schwärmt, äußert man sich in schwärmerischen Worten über diese Person/darüber:

von Taylor Swift schwärmen =  sich schwärmerisch über die Sängerin äußern, sehr positiv über sie reden

von Pferden und Reiten schwärmen = sich schwärmerisch über Pferde und Reiten äußern, sehr positiv darüber reden

Die Unterscheidung ist aber nicht immer so streng. Mit für jemanden/etwas schwärmen kann manchmal auch gemeint sein, dass man schwärmerisch über jemanden/etwas redet.

Dann noch zum Satz im Übungsbuch: Ohne weiteren Zusammenhang ist es wahrscheinlicher, dass gemeint ist, dass viele junge Mädchen für Pferde und Reiten schwärmen, also Pferde und Reiten sehr mögen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch gemeint sein könnte, dass sie von Pferden und Reiten schwärmen, also sehr positiv über Pferde und Reiten reden. In dem Lückentext passt aber rein grammatisch nur für Pferde, nicht von Pferde, weil es ja von Pferden heißen müsste.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Sich zu etwas entschließen und sich für etwas entscheiden

Frage

Meine Frage betrifft das Verb „sich entschließen“, das grundsätzlich mit der Präposition „zu“ benutzt wird. Wäre aber auch der folgende Gebrauch korrekt: „sich entschließen für“?

Antwort

Guten Tag Herr S.,

allgemein üblich ist:

sich zu etwas entschließen
Er kann sich nicht dazu entschließen, Paris zu verlassen.
Sie entschlossen sich zur Flucht.

Seltener kommt auch vor:

sich für etwas entschließen

Das ist meist dann der Fall, wenn sich für etwas entscheiden gemeint ist. Auch wenn sich entschließen und sich entscheiden eigentlich nicht die gleiche Bedeutung haben, ist es nicht immer einfach, sie eindeutig voneinander zu unterscheiden. Dennoch ist es standardsprachlich im Allgemeinen besser sich zu etwas entschließen und sich für etwas entscheiden zu verwenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Mit jemandem kontaktieren?

Frage

Würden Sie „kontaktieren mit“ akzeptieren oder nur, wie gewohnt, mit Akkusativ, das heißt „Kontakt aufnehmen mit“? Der Duden scheint die Form mit „mit“ zu akzeptieren, was mich wundert.

Antwort

Guten Tag Frau D.,

auch mich wundert es, dass im Online-Duden und im Deutschen Universalwörterbuch desselben Verlages beim Eintrag kontaktieren u. a. die Angabe „(auch:) mit jemandem kontaktieren“ zu finden ist. Ich kenne nur das transitive jemanden kontaktieren und halte mit jemandem kontaktieren für zumindest unüblich. Hier ein paar Beispiele:

Kontaktieren Sie uns bitte, wenn Sie Fragen haben.
Er kontaktierte die Redaktionen der Lokalblätter.
Wer hat dich in dieser Sache kontaktiert?
Die Behörden seien bereits kontaktiert worden.

Mir gefällt das Verb kontaktieren nicht sehr gut und ich verwende deshalb lieber zum Beispiel mit jemandem Kontakt aufnehmen:

Nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf, wenn Sie Fragen haben.
Er nahm Kontakt mit den Redaktionen der Lokalblätter auf.
Wer hat in dieser Sache Kontakt mit dir aufgenommen?
Es sei bereits Kontakt mit den Behörden aufgenommen worden.

Ich vermute, dass unter dem Einfluss von Wendungen wie mit jemandem Kontakt aufnehmen, mit jemandem in Kontakt stehen, mit jemandem Kontakt haben auch mit jemandem kontaktieren gesagt wird.

Auch in anderen Wörterbüchern steht nur jemanden kontaktieren (zum Beispiel hier). Aber wie Dr. Bopp zu sagen pflegt: Dass ein Wort nicht im Wörterbuch steht, bedeutet nicht unbedingt, dass es das Wort nicht gibt. Aus diesem Grund habe ich in verschiedenen Textkorpora gesucht und unter hunderten von Sätzen mit kontaktieren nur eine Handvoll Beispiele für mit jemandem kontaktieren gefunden (eines sogar reflexiv: „Außerdem will die […] Stiftung sich mit Veteranenverbänden in den USA, Großbritannien und Frankreich kontaktieren“).

Ich komme deshalb zum Schluss, dass mit jemandem kontaktieren statt jemanden kontaktieren nur selten vorkommt und  dann wahrscheinlich unter dem Einfluss von mit jemandem Kontakt aufnehmen verwendet wird. Es sollte im Prinzip vermieden werden. Da es aber – warum auch immer – in Duden angegeben wird, kann man es streng genommen in z. B. Schulaufsätzen nicht rot anstreichen, sondern „nur“ als unüblich markieren. Wer Genaueres zum Wörterbucheintrag kontaktieren in Duden wissen möchte, sollte die Duden-Redaktion kontaktieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Sich an etwas erinnern, sich einer Sache erinnern, sich etwas erinnern oder sich auf etwas erinnern?

Frage

Heißt es „sich erinnern“ oder nur „erinnern“? Zum Beispiel: „Er erinnert den Sommer.“

Antwort

Guten Tag B.,

zuerst dachte ich, die Antwort sei kurz und einfach. Ich hatte aber nicht mit der regionalen Vielfalt der deutschen Sprache gerechnet.

Allgemein ist die folgende Wendung gebräuchlich:

sich an etwas/jemanden erinnern

Er erinnert sich an den Sommer.
Ich erinnere mich noch gut daran.
Erinnerst du dich noch an den Spielplatz im Wald?
Die Kinder erinnerten sich nicht mehr an die früheren Nachbarn.

Damit ist aber nicht alles gesagt. Einige in Norddeutschland oder in Österreich Ansässige haben sich hier vielleicht schon gewundert. Vor allem in Norddeutschland kommt regional auch vor:

etwas/jemanden erinnern

Er erinnert den Sommer.
Ich erinnere mich das noch gut.
Erinnerst du noch den Spielplatz im Wald?
Die Kinder erinnern die früheren Nachbarn nicht mehr.

Gemäß einigen Wörterbüchern kommt vor allem in Österreich auch diese Konstruktion vor:

sich auf etwas/jemanden erinnern

Dafür konnte ich allerdings so schnell keine „echten“ Beispiele finden. Aber wenn es im Wörterbuch steht, kommt es in der Sprachrealität bestimmt auch vor (vgl. hier).

Als korrekt, aber veraltet oder gehoben gilt die Verwendung von sich erinnern mit dem Genitiv:

sich einer Sache/jemandes erinnern

Er erinnert sich des Sommers.
Ich erinnere mich dessen noch gut.
Erinnerst du noch des Spielplatzes im Wald?
Die Kinder erinnerten sich nicht mehr der früheren Nachbarn.

Allgemein üblich und standardsprachlich einwandfrei erinnert man sich an den Sommer (sich an etwas erinnern). Wer es gern gehoben hat, darf sich des Sommers erinnern (geh./veraltend: sich einer Sache erinnern). In der norddeutschen Umgangssprache kann man sich regional auch den Sommer erinnern (ndt. Umgs.: etwas erinnern). Ob man sich in der österreichischen Umgangssprache wirklich auch auf den Sommer erinnert, kann ich leider nicht mit Sicherheit sagen  (öster. Umgs.: sich auf etwas erinnern). Eine erstaunliche Variantenvielfalt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Eine Genitivkonstruktion besonderer Art

Frage

Könnten Sie mir erklären, warum es „Ihr Anliegen war rein beruflicher Natur“ und nicht „berufliche Natur“ heißt?

Antwort

Guten Tag F.,

es gibt im Deutschen eine Reihe von mehr oder weniger festen Wendungen, in denen das Verb sein mit einem Genitiv steht. Je nach Grammatik und Beschreibung werden sie „adverbialer Genitiv“,„prädikativer Genitiv“ oder noch anders genannt. Ich beschränke mich hier darauf, die Konstruktion „sein mit einer Genitivergänzung“ zu nennen. Die Diskussion über die genaue Einteilung und Benennung überlasse ich den Grammatiktreibenden.

Ein paar Beispiele:

der Meinung sein, dass …
Ich bin nicht deiner Meinung.
anderer Ansicht sein
der gleichen Überzeugung sein
natürlichen/ausländischen/römischen Ursprungs sein
männlichen/weiblichen Geschlechts sein
christlichen/islamischen/jüdischen Glaubens sein
guten/frohen/erwartungsvollen Mutes sein
guter/bester/schlechter Laune sein

Es ist nicht möglich, eine vollständige Liste aller Formulierungen dieser Art aufzustellen. Es geht nicht nur um ein paar wenige feste Wendungen, sondern um relativ viele „mehr oder weniger feste“ Ausdrücke. Die folgenden Substantive stehen häufiger in einer solchen Genitivkonstruktion:

Abkunft, Abstammung, Alter, Ansicht, Art, Auffassung, Blut, Charakter, Datum, Geschlecht, Format, Glauben, Herkunft, Herzen, Hoffnung, Jahrgang, Laune, Meinung, Mut, Natur, Sinn, Stand, Überzeugung, Ursprung, Willen, Zuschnitt

Wie die Beispiele oben zeigen, werden die Substantive in dieser Konstruktion meistens mit einem Adjektiv oder Artikelwort kombiniert. Während zum Beispiel Hoffnung praktisch nur mit gut erscheint (guter Hoffnung sein), können andere wie Abstammung und Herkunft mit Adjektiven aller Art stehen, die eine Herkunft angeben (italienischer, bayerischer, asiatischer, lokaler, jüdischer, einfacher, gutbürgerlicher, adliger, unbekannter u.v.a.m. Herkunft sein). Noch breiter ist die Palette der möglichen Ergänzungen bei Substantiven wie Art und Natur.

In Ihrem Beispiel handelt es sich ebenfalls um eine solche Konstruktion:

beruflicher Natur sein
Ihr Anliegen war rein beruflicher Natur.

Es ist nicht möglich, hier den Nominativ berufliche Natur zu verwenden. Es wird nicht angegeben, was das Anliegen ist, sondern wie das Anliegen ist:

– Was ist ihr Anliegen?
– Ihr Anliegen ist eine gesunde Natur.
= Sie wollen eine gesunde Natur.

– Wie ist ihr Anliegen?
– Ihr Anliegen ist beruflicher Natur
= Ihr Anliegen hat mit dem Beruf zu tun.

Mit Genitivkonstruktionen wie rein beruflicher Natur sein wird angegeben, wie jemand oder etwas ist. Sie sind nur mit gewissen Substantiven in Kombination mit gewissen Artikelwörtern, Adjektiven oder Gruppen von Adjektiven möglich. Dennoch kann man nicht genau angeben, welche oder wie viele Konstruktionen dieser Art verwendet werden. Diese Frage ist nicht nur grammatischer, sondern auch stilistischer Natur.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Auf dem oder auf den Markt einkaufen gehen?

Frage

Der Satz: „Anna geht häufig auf dem Markt einkaufen“ klingt für mich besser als „Anna geht häufig auf den Markt einkaufen“. Würden Sie hier nach der Wechselpräposition „auf“ auch den Dativ wählen?

Antwort

Guten Tag Herr M.,

die Frage lautet, in welchem Kasus Ortsbezeichnungen bei einkaufen gehen stehen. Gibt man an, wo man einkaufen geht (mit Dativ) oder wohin man einkaufen geht (mit Akkusativ)? Beides ist vertretbar:

a) gehen, um irgendwo einzukaufen:
Wo kaufe ich ein? – Ich kaufe auf dem Markt ein.

b) irgendwohin gehen, um einzukaufen
Wohin gehe ich? – Ich gehe auf den Markt.

Im ersten Fall ist die Ortsangabe von einkaufen abhängig, im zweiten Fall ist sie von gehen abhängig.

Grammatisch ist beides vertretbar, aber kommt auch beides vor? Die Antwort auf diese Frage ist ein „klares Jein“. Im Internet und im DWDS-Korpus kommt einkaufen gehen sehr viel häufiger mit dem Dativ vor. Hier ein paar Beispiele:

Im Supermarkt können Sie aber noch in Ruhe einkaufen gehen.
… in einem normalen Kaufhaus Strumpfhosen einkaufen geht
in dem Supermarkt, in dem meine Freundin immer einkaufen geht
Rodeo Drive, die Straße, in der die Stars einkaufen gehen
Wenn [er] in der Markthalle am Hafen einkaufen geht
Vom Franzosen […], der meist nur einmal pro Woche in einem Hypermarché einkaufen geht
bei der Entscheidung, wo man einkaufen geht
Was tun, wenn mein Kind im Internet einkaufen geht?
in Hamburg/Leipzig/Innsbruck/Zürich einkaufen gehen

Selten sind Fundstellen, in denen einkaufen gehen mit dem Akkusativ steht. Hier ein paar Beispiele:

wenn Sie in den Supermarkt einkaufen gehen
wenn ich mit meiner Geldbörse auf den Markt einkaufen gehe
Du gehst in die Stadt einkaufen, wie immer.
dürfen […] einmal im Monat Gewisses in die Schweiz einkaufen gehen
Er muß nur, bevor er in den Intershop einkaufen geht, einen Weg zur Bank machen
da die Liechtensteiner ins benachbarte Ausland einkaufen gingen
ehemalige Kunden, die […] heimlich nach Dubraucke einkaufen gehen

Der langen Rede kurzer Sinn: Richtig ist bei einkaufen gehen sowohl der Dativ als auch der Akkusativ. Sehr viel üblicher sind aber Formulierungen mit dem Dativ. Ich würde also eher auf dem Markt einkaufen gehen wählen als auf den Markt einkaufen gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wenn (es) jemanden nach etwas verlangt

Frage

Ich habe nirgends im Internet die reflexive Form des Verbs „verlangen“ gefunden. Beispiel: „Es verlangt mich nach Liebe“. […]

Ich las jetzt den Satz: „Sie nahmen sich, wonach ihnen verlangte.“ Richtig müsste es doch heißen: „… wonach es sie verlangte.“ Aber warum? Mit welcher Begründung?

Antwort

Guten Tag Frau B.,

im Satz Es verlangt mich nach Liebe steht nicht eine reflexive Verwendung von verlangen (nicht *sich verlangen), sondern eine unpersönliche Verwendung des Verbs mit einem Akkusativ:

jemanden verlangt (es) nach jemandem/etwas

Die Bedeutung dieser Wendung ist: jemand sehnt sich nach jemandem/etwas, jemand hat ein Bedürfnis nach etwas.

Beispiele:

Es verlangt mich nach Liebe.
Mich verlangt (es) nach Liebe.

Es verlangt mich nach dir.
Mich verlangt (es) nach dir.

Es verlangte ihn nach Ruhe.
Ihn verlangte (es) nach Ruhe.

Es verlangt sie nicht danach, dieses Risiko einzugehen.
Sie verlangt es nicht danach, dieses Risiko einzugehen.

Siehe auch die Angaben im DWDS (Bedeutung 5).

Wie die Beispiele zeigen, gehört diese Verwendung von verlangen eher zum gehobenen Sprachgebrauch. Ich verwende diese Konstruktion jedenfalls in meinem „normalen“ Leben nie.

Der Satz, den Sie zitieren, müsste also tatsächlich mit dem Akkusativ und nicht mit dem Dativ stehen:

Sie nahmen sich, wonach es sie verlangte.

Dieser Satz steht übrigens besser mit es, weil ohne es undeutlich wird, ob es sich bei sie um einen Akkusativ Plural oder um einen Nominativ Singular handelt (das könnte sich nur aus dem weiteren Kontext ergeben).

Wenn man sich weniger gehoben ausdrücken möchte, gibt es andere Möglichkeiten wie zum Beispiel

Ich sehne mich nach dir.
Er verlangte nach Ruhe.
Sie nahmen sich, wonach sie sich sehnten.1

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

1 Bei dieser Umformung kommt die Vermutung auf, dass mit „Sie nahmen sich, wonach ihnen verlangte“ etwas anderes gemeint war: „Sie nahmen sich (alles), was sie wollten/begehrten.“ Wenn dies tatsächlich zutrifft, ist nicht nur ihnen, sondern die ganze Wendung jemanden sehnt es nach etwas nicht richtig gewählt.

An etwas leiden und unter etwas leiden

Frage

Zurzeit beschäftige ich mit dem Verb „leiden“. Unter dem Duden-Eintrag „leiden“ finden wir folgende Beispiele:

• an Rheuma, an Bronchitis leiden
• sie leidet an einem hartnäckigen Ekzem, unter ständigen Kopfschmerzen
• sie leidet sehr unter seiner Unzuverlässigkeit, unter ihrer Einsamkeit, unter ihrem Chef
•  er litt an, unter dem Gefühl der Unsicherheit

Wie man den Beispielen entnehmen kann, steht das Verb „leiden“ mal in Verbindung mit der Präposition „an“, mal mit der Präposition „unter“. Wann verwende ich welche Präposition? […]

Antwort

Guten Tag Herr B.,

es gibt keine strenge Abgrenzung zwischen leiden an und leiden unter. Den Bedeutungsunterschied könnte man wie folgt zu beschreiben versuchen:

an X leiden = man hat das Leiden X
unter X leiden = X verursacht, dass man leidet

Wenn man ein Leiden hat (leiden an), kann dieses Leiden Beschwerden verursachen (leiden unter). Der Übergang ist häufig fließend, denn wenn man ein Leiden hat, leidet man häufig auch darunter. Zum Beispiel:

Ich leide an Kopfschmerzen
= Ich habe häufig/regelmäßig Kopfschmerzen
Ich leide unter Kopfschmerzen
= Kopfschmerzen verursachen mir Beschwerden

Ich leide an Schlafstörungen
= Schlafstörungen sind meine Krankheit
Ich leide unter Schlafstörungen
= Schlafstörungen bewirken, dass ich leide

Aber nicht immer ist beides möglich. Es gibt Formulierungen, in denen nur die eine oder nur die andere Variante in Frage kommt:

Sie leiden an Selbstüberschätzung.

Wer das „Leiden“ hat, das man Selbstüberschätzung nennt, empfindet deswegen keine Beschwerden (im Gegenteil).

Die Natur leidet unter dem Massentourismus.

Der Massentourismus ist nicht ein Leiden oder eine Krankheit der Natur. Er verursacht aber Leiden/Schaden für die Natur.

Ob man an oder unter etwas leidet, hängt davon ab, ob angegeben wird, welches Leiden jemand/etwas hat (leiden an), oder ob etwas als als Ursache von Leiden genannt wird (leiden unter). In vielen, aber nicht allen Fällen sind beide Sehensweisen möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp