Frage
Heißt es „sich erinnern“ oder nur „erinnern“? Zum Beispiel: „Er erinnert den Sommer.“
Antwort
Guten Tag B.,
zuerst dachte ich, die Antwort sei kurz und einfach. Ich hatte aber nicht mit der regionalen Vielfalt der deutschen Sprache gerechnet.
Allgemein ist die folgende Wendung gebräuchlich:
sich an etwas/jemanden erinnern
Er erinnert sich an den Sommer.
Ich erinnere mich noch gut daran.
Erinnerst du dich noch an den Spielplatz im Wald?
Die Kinder erinnerten sich nicht mehr an die früheren Nachbarn.
Damit ist aber nicht alles gesagt. Einige in Norddeutschland oder in Österreich Ansässige haben sich hier vielleicht schon gewundert. Vor allem in Norddeutschland kommt regional auch vor:
etwas/jemanden erinnern
Er erinnert den Sommer.
Ich erinnere mich das noch gut.
Erinnerst du noch den Spielplatz im Wald?
Die Kinder erinnern die früheren Nachbarn nicht mehr.
Gemäß einigen Wörterbüchern kommt vor allem in Österreich auch diese Konstruktion vor:
sich auf etwas/jemanden erinnern
Dafür konnte ich allerdings so schnell keine „echten“ Beispiele finden. Aber wenn es im Wörterbuch steht, kommt es in der Sprachrealität bestimmt auch vor (vgl. hier).
Als korrekt, aber veraltet oder gehoben gilt die Verwendung von sich erinnern mit dem Genitiv:
sich einer Sache/jemandes erinnern
Er erinnert sich des Sommers.
Ich erinnere mich dessen noch gut.
Erinnerst du noch des Spielplatzes im Wald?
Die Kinder erinnerten sich nicht mehr der früheren Nachbarn.
Allgemein üblich und standardsprachlich einwandfrei erinnert man sich an den Sommer (sich an etwas erinnern). Wer es gern gehoben hat, darf sich des Sommers erinnern (geh./veraltend: sich einer Sache erinnern). In der norddeutschen Umgangssprache kann man sich regional auch den Sommer erinnern (ndt. Umgs.: etwas erinnern). Ob man sich in der österreichischen Umgangssprache wirklich auch auf den Sommer erinnert, kann ich leider nicht mit Sicherheit sagen (öster. Umgs.: sich auf etwas erinnern). Eine erstaunliche Variantenvielfalt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp