Schwach oder stark: keine 100 gebrauchte/gebrauchten Fahrzeuge?

Frage

Wie dekliniere ich hier richtig:

In fünf Jahren wird es keine 200 000 neu geschaffene / geschaffenen Sozialwohnungen geben.

Aktuell werden keine 100 gebrauchte / gebrauchten Fahrzeuge dieses Typs im Netz angeboten.

Antwort

Guten Tag Herr B.,

nach der gebeugten Form keine wird ein Adjektiv schwach gebeugt, das heißt, es hat die Endung en:

keine neuen Sozialwohnungen
keine neu geschaffenen Sozialwohnungen
keine 200 000 neu geschaffenen Sozialwohnungen
In fünf Jahren wird es keine 200 000 neu geschaffenen Sozialwohnungen geben.

keine gebrauchten Fahrzeuge
keine 100 gebrauchten Fahrzeuge
Aktuell werden keine 100 gebrauchten Fahrzeuge dieses Typs im Netz angeboten.

Das gilt auch, wenn keine umgangssprachlich vor einer Zahlenangabe die Bedeutung nicht oder nicht einmal hat. Vor allem wenn keine für (noch) nicht einmal steht, kommt manchmal allerdings auch die starke Endung e vor wie nach nicht oder einer unverneinten Zahlenangabe:

Aktuell werden keine 100 gebrauchte Fahrzeuge diese Typs im Netz angeboten. [??]
Vgl. : Aktuell werden nicht einmal 100 gebrauchte Fahrzeuge diese Typs im Netz angeboten.
Vgl. : Aktuell werden 100 gebrauchte Fahrzeuge diese Typs im Netz angeboten.

Die Fragezeichen in eckigen Klammern sollen angeben, dass ich Formulierungen wie keine 100 gebrauchte nicht empfehlen würde, auch wenn sie vielleicht manchen gar nicht so falsch in den Ohren klingen. Und wenn es unbedingt richtig sein soll, ist nicht einmal hundert ohnehin besser als keine 100.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Nein, dies ist keine doppelte Verneinung

Frage

Ich habe eine Frage zum Thema „doppelte Verneinung“. In einer bayrischen Online-Zeitung stand vor kurzem folgende Überschrift:

#Faktenfuchs: Nein, beim Impfen werden keine Mikrochips eingesetzt

Ich habe daraufhin geschrieben: „… es werde also doch Chips eingesetzt.“ Die Antwort der Zeitung war: „Bei dieser Überschrift handelt es sich nicht um eine doppelte Verneinung. Das Satzzeichen trennt die beiden Sätze voneinander.”

Da laust mich doch der A….. – Hat sich unsere Sprache schon so verselbständigt, dass nun jeder schreibt, wie er will? Wann endlich wird es für solche Fälle Klarheit geben? Es kann doch nicht so schwer sein. Andere Sprachen können das doch auch!

Antwort

Guten Tag Herr S.,

die Zeitung hat recht. Es handelt sich hier nicht um eine doppelte Verneinung, auch wenn zwei verneinende Elemente vorkommen. Es handelt sich um eine negative Antwort oder Entgegnung, die aus zwei separat zu betrachtenden Teilen besteht. Die Überschrift, die Sie zitieren, ist als Antwort auf eine Frage oder als Entgegnung auf eine Aussage zu verstehen:

– Werden bei der Impfung Mikrochips eingesetzt?
– Nein, bei der Impfung werden keine Mikrochips eingesetzt.

– Bei der Impfung werden Mikrochips eingesetzt.
– Nein, bei der Impfung werden keine Mikrochips eingesetzt.

Die Antwort oder Entgegnung besteht aus zwei Teilen: aus der Antwortpartikel „nein“ und einem verneinten Satz. Hier werden zwei einfache Verneinungen nebeneinandergestellt. Dass sie separat zu betrachten sind, zeigt in der Schrift das Komma und in der gesprochenen Sprache eine kurze Pause an. Vielleicht illustrieren ein paar einfache Beispiele etwas besser, dass wir häufig so formulieren:

– Geht es dir gut?
Nein, mir geht es nicht gut.

– Hast du jemanden gesehen?
Nein, ich habe niemanden gesehen.

– Ich habe recht.
Nein, du hast nicht recht.

Es kommen jeweils zwei verneinende Wörter vor, aber es handelt sich bei diesen Äußerungen nicht um doppelte Verneinungen. Die verneinende Wirkung von „nein“ erstreckt sich nämlich nicht auf den ihm folgenden Satz. Es ist eine selbstständige Einheit, die sozusagen als eigenständiger Satz betrachtet werden kann. Das ist ohne Zweifel klar und gilt allgemein für das Deutsche. Niemand würde wie folgt verneinend formulieren:

– Ich habe recht.
– Nein, du hast recht.

Diese Entgegnung ist nicht möglich, weil die verneinende Wirkung von „nein“ beim Komma stoppt, so dass das Nachfolgende eine eigene Verneinung benötigt, wenn es verneint zu verstehen ist:

– Ich habe recht.
Nein, du hast nicht recht.

Das gilt nicht nur für das Deutsche, sondern auch für andere Sprachen. So enthalten die folgenden Übersetzungen von „Nein, du hast nicht recht“ auch jeweils zwei verneinende Elemente: „No, you are not right“; „Nee, je hebt niet gelijk“, „No, non hai ragione“, „Non, tu n’as pas raison“, „Ne, nemáš pravdu“.

Im Gegensatz dazu haben wir es bei den folgenden Beispielen mit einer doppelten Verneinung zu tun, die zu zumindest standardsprachlich zu einer Bejahung wird:

Bei der Impfung werden nicht keine Mikrochips eingesetzt.
(= Es werden Mikrochips eingesetzt)
Du hast nie nicht recht.
(= Du hast immer recht)
Mir geht es nicht nicht gut.
(= Mir geht es gut)
Niemand hat mich nicht gesehen.
(= Alle haben mich gesehen)

Hier stehen die beiden Verneinungen nicht separat nebeneinander. Sie haben beide denselben Wirkungsbereich und heben sich dadurch gegenseitig auf.

Die Tatsache, dass in einer Äußerung zwei Verneinungen vorkommen, bedeutet nicht immer, dass es sich um eine doppelte Verneinung mit bejahender Bedeutung handelt. Wenn die verneinten Elemente selbstständig nebeneinanderstehen, wie dies bei „nein“ und einem verneinten Satz der Fall ist, heben sie sich nicht gegenseitig auf. Sie sind als Wiederholung zu verstehen und bleiben verneint.

Die Überschrift, die Sie bemängeln, bedeutet somit eindeutig, klar und in Übereinstimmung mit der deutschen Grammatik, dass bei der Impfung keine Mikrochips eingesetzt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Ich denke nicht, dass“ und „Ich denke, dass nicht“

Frage

Heute geht es um eine Frage, die mir in meinem direkten Umfeld gestellt wurde: Ob es richtig sei, „Ich denke nicht, dass …“ zu sagen. Logisch gesehen sei es doch eigentlich falsch und es müsse besser „Ich denken, dass … nicht …“ heißen.

Antwort

Egal ob es vielleicht an der einen oder anderen Logikecke hapert oder nicht, im Deutschen (und in anderen Sprachen) sind beide Formulierungen üblich und richtig:

Ich denke, dass es nicht falsch ist.
Ich denke nicht, dass es falsch ist.

Beide Sätze bedeuten ungefähr dasselbe. Sie sind beide eine Verneinung von „Ich denke, dass es falsch ist“.

Bei gewissen Verben wie denken, erwarten, finden, glauben, hoffen und möchten (eigentl. Konj. II von mögen) kann sowohl a) der einleitende übergeordnete Satz als auch b) der Nebensatz verneint werden:

a) Ich denke nicht, dass es richtig ist.
b) Ich denke, dass es nicht richtig ist.

a) Wir erwarten nicht, dass es noch regnen wird.
b) Wir erwarten, dass es nicht mehr regnen wird.

a) Ich finde nicht, dass ihr mitkommen solltet.
b) Ich finde, dass ihr nicht mitkommen solltet.

a) Sie glaubt nicht, dass du ihr helfen wirst.
b) Sie glaubt, dass du ihr nicht helfen wirst.

a) Ich hoffe nicht, dass jemand etwas merkt.
b) Ich hoffe, dass niemand etwas merkt.

a) Seine Eltern möchten nicht, dass er sitzenbleibt.
b) Seine Eltern möchten, dass er nicht sitzenbleibt.

Die Sätze haben jeweils fast die gleiche Bedeutung. Die Sätze a) sind höchstens etwas subjektiver, das heißt, der Nachdruck liegt stärker auf dem Subjekt des Hauptsatzes und dessen Auffassung, dass etwas nicht geschieht, nicht so ist, nicht gelingt usw. Die Sätze b) wirken in dieser Hinsicht neutraler.

Ich denke nicht, dass eine der beiden Formulierungen falsch ist – oder etwas „neutraler“: Ich denke, dass keine der beiden Formulierung falsch ist.

Ein „nicht“, das nicht das Gegenteil ausdrückt: „bevor … nicht“

Frage

Mir sind heute der Satz „Wir fahren nicht los, bevor der Tank voll ist“ und der bedeutungsgleiche Satz „Wir fahren nicht los, bevor der Tank nicht voll ist“ aufgefallen. Gibt es da etwas Interessantes zu sagen, dass die Bedeutung trotz Verneinung gleich bleibt?

Antwort

Guten Tag Herr B.,

dieses nicht ist tatsächlich erstaunlich, denn üblicherweise drücken eine Aussage mit nicht und eine Aussage ohne nicht nicht dasselbe, sondern ziemlich genau das jeweilige Gegenteil aus. Dieses nicht ist auch nicht ganz unumstritten. Da seine Funktion nicht die Verneinung ist und man es auch weglassen kann, halten manche es für überflüssig oder sogar falsch. Doch eins nach dem anderen:

Verneinte Satzgefüge mit bevor und ehe haben oft die Bedeutung eines Bedingungssatzes. Der Nebensatz gibt eine Bedingung an, die erfüllt sein muss. Dabei muss der Hauptsatz verneint sein. Und nun kommt der interessanten Aspekt: Der Nebensatz kann ohne Bedeutungsunterschied mit oder ohne nicht stehen:

Ich bezahle nichts, bevor ich (nicht) eine detaillierte Abrechnung erhalte.
Bevor ich (nicht) eine detaillierte Abrechnung erhalte, bezahle ich nicht.
Ehe ich (nicht) mit allen Parteien gesprochen habe, treffe ich keine Entscheidungen.
Wir fahren nicht los, ehe der Tank (nicht) voll ist.

Die Verwendung dieses weglassbaren nicht im Nebensatz wird von einigen als umgangssprachlich oder falsch angesehen. Sie erklärt sich aus der speziellen konditionalen Bedeutung solange nicht, wenn nicht dieser temporalen (zeitlichen) Konjunktionen:

Solange ich nicht mit allen Parteien gesprochen habe, treffe ich keine Entscheidungen.
Wir fahren nicht los, solange der Tank nicht voll ist.

Man sollte diese spezielle Konstruktion wenigstens tolerieren, denn in einigen Fällen kann das nicht kaum weggelassen werden, ohne dass ein recht ungewöhnlich klingender Satz entsteht:

Du erhältst kein Geld, bevor du nicht sagst, was du damit machen willst.
Du erhältst kein Geld, bevor du sagst, was du damit machen willst. ??

Mir gefällt dieses weglassbare nicht sehr gut, weil es eine sprachliche Eigenartigkeit ist, die sich nicht auf Anhieb erklären lässt, wenig mit Logik zu tun hat, trotzdem gut verständlich ist und die Sprache ein bisschen abwechslungsreicher macht. Man sollte es nicht verurteilen, ehe man nicht auch diesen Aspekt berücksichtigt hat.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ebenso wenig wie (nicht)?

Frage

Ich habe grade nach Erläuterungen zu Konstruktionen mit „ebenso … wie“ gesucht und bin leider noch nicht fündig geworden. Es geht um folgenden Satz:

Sie lassen sich ebenso wenig auf ein Minimum reduzieren, wie sie nie ein Maximum erreichen.

Gemeint ist sicher, dass sie „nie“ ein Maximum erreichen. Da der Bezug auf „ebenso wenig“ gegeben ist, müsste es, denke ich, heißen:

Sie lassen sich ebenso wenig auf ein Minimum reduzieren, wie sie je ein Maximum erreichen.

Stimmt das und haben Sie einen Hinweis auf das Warum für mich?

Antwort

Sehr geehrte Frau D.,

bei dieser Art der Formulierung kommen viele ins Zweifeln:

Ich bin ebenso wenig schuld, wie du schuld bist
Ich bin ebenso wenig schuld, wie du nicht schuld bist.

Sie lassen sich ebenso wenig auf ein Minimum reduzieren, wie sie nie ein Maximum erreichen
Sie lassen sich ebenso wenig auf ein Minimum reduzieren, wie sie je ein Maximum erreichen.

Das liegt daran, dass nicht klar ist, ob die Verneinung ebenso wenig sich nur auf den ersten oder auch auf den zweiten Teilsatz erstreckt. Das folgende Beispiel zeigt, dass das für die Formulierung nicht unwichtig ist:

Ich bin nicht schuld. Du bist nicht schuld.
a) ebenso wenig verneint beide Teile:
→ Ich bin ebenso wenig schuld, wie du schuld bist.
b) ebenso wenig verneint nur ersten Teil:
→ Ich bin ebenso wenig schuld, wie du nicht schuld bist.

Ich bin nicht schuld. Du bist schuld.
a) ebenso wenig verneint beide Teile:
→ Ich bin ebenso wenig schuld, wie du nicht schuld bist.
b) ebenso wenig verneint nur ersten Teil:
→ Ich bin ebenso wenig schuld, wie du schuld bist.

Bevor Sie nun anfangen mit einfachen und doppelten Verneinungen zu jonglieren: Es ist nicht wirklich wichtig, genau zu verstehen, wie die Beispiele oben konstruiert sind. Deutlich ist, dass bei Formulierungen dieser Art große Undeutlichkeit entstehen kann. Man könnte nun versuchen, der Sache mit mathematisch präziser Logik zu begegnen, doch diese Vorgehensweise funktioniert in der Sprache häufig nicht. So gibt es auch hier keine allgemeine Regel oder Konvention, die diese Fälle eindeutig abdeckt. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist es deshalb meistens besser, anders zu formulieren. Zum Beispiel:

Ich bin nicht schuld, ebenso wenig wie du schuld bist.
Ich bin ebenso wenig schuld wie du.

Sie lassen sich nicht auf ein Minimum reduzieren, ebenso wenig wie sie je ein Maximum erreichen.
Sie erreichen nie ein Maximum und lassen sich ebenso wenig auf ein Minimum reduzieren.

Ich hoffe, dass es nun ebenso wenig unklar ist, wie es vorher unklar/klar[?] war. Man sollte wirklich besser nicht so formulieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Kontrafaktische Relativsätze

Meistens versuche ich ja, die Fachterminologie maßvoll zu verwenden. Bei diesem Fachausdruck konnte ich es mir dennoch nicht verkneifen. Ganz so trocken wie es klingt, ist es aber nicht. Es geht um eine schöne Verwendung des Konjunktivs.

Frage

Ab und an stößt man während des Lesens auf den freien Konjunktiv II, der auch in negativen Relativsätzen nicht selten auftritt:

In diesem Wald lebte niemand, der ein edler Kerl gewesen wäre.
Es gibt nichts, was ihn nicht zu faszinieren wüsste.
Auf ihn wartete zu Hause keine anmutige Gattin, die ihn umsorgt hätte und behutsam mit ihm umgegangen wäre.

Warum findet hierbei der Indikativ eher selten Verwendung? […] Ich möchte hierbei noch anmerken, dass auch ich mich nicht selten zu derartigen Sätzen hinreißen lassen, weil sie nun einmal besser klingen:

Es ist kein Mensch anwesend, der ihr gefiele.

Könnte man hier nun auch den Indikativ anwenden?

Antwort

Sehr geehrter Herr M.,

es handelt sich hier um besondere Nebensätze im Konjunktiv II, die zu den sogenannten kontrafaktischen (irrealen) Relativsätzen gehören. Sie sind von einem übergeordneten Satz abhängig, der verneint ist und dessen Verneinung sich auch auf den Relativsatz bezieht.

In diesem Wald lebte niemand, der ein edler Kerl gewesen wäre.
= Es gab niemanden, für den gilt, dass er in diesem Wald lebte und ein edler Mensch war.

Es gibt nichts, was ihn nicht zu faszinieren wüsste.
Es gibt nichts, für das gilt, dass es (es gibt und) ihn nicht zu faszinieren weiß.

Auf ihn wartete zu Hause keine anmutige Gattin, die ihn umsorgt hätte und behutsam mit ihm umgegangen wäre.
Es gab keine anmutige Gattin, für die gilt, dass sie zu Hause auf ihn wartete und ihn umsorgte und behutsam mit ihm umging.

Es ist kein Mensch anwesend, der ihr gefiele.
Es gibt keinen Menschen, für den gilt, dass er anwesend ist und ihr gefällt.

Die Verneinung im übergeordneten Satz verneint gleichzeitig auch die Aussage im Relativsatz. Der Relativsatz drückt also etwas Irreales, etwas nicht Bestehendes aus. Solche Relativsätze stehen häufig im Konjunktiv II. Es ist aber auch möglich, sie im Indikativ zu formulieren:

In diesem Wald lebte niemand, der ein edler Kerl war.
Es gibt nichts, was ihn nicht zu faszinieren weiß.
Auf ihn wartete zu Hause keine anmutige Gattin, die ihn umsorgte und behutsam mit ihm umging.
Es ist kein Mensch anwesend, der ihr gefällt.

Ich bin mit Ihnen einverstanden, dass die Formulierung im Konjunktiv besser klingt. Sie gibt auch nachdrücklicher an, dass das im Relativsatz Gesagte nicht der Fall ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wenn ich eins nicht bin, dann …

In letzter Zeit scheinen viele Fragesteller und Fragestellerinnen mit der Verneinung zu hadern, vor allem der doppelten. Deshalb heute noch einmal das Thema Verneinung

Frage

Wenn ich eins nicht bin, dann bin ich nicht dumm. Doppelte Verneinung oder nicht?

Antwort

Guten Tag R.,

beim Thema Verneinung muss man manchmal aufpassen, dass man eher sprachlich als mathematisch vorgeht. Während minus mal minus in der Mathematik immer plus ist (so weit ich das gelernt und verstanden habe), heben sich zwei nebeneinander erscheinende Verneinungen nicht immer auf. Und nun zu Ihrer Frage:

Nur einmal nicht steht normalerweise in diesen Fällen:

Wenn ich eins nicht bin, dann dumm.
Wenn ich eins nicht bin, dann ist es dumm.

Nach dann folgt in diesen Aussagen die Angabe, was mit eins gemeint ist, und eins steht hier für dumm, nicht für nicht dumm. Deshalb sollte man vor allem beim zweiten Satz besser nicht sagen:

Wenn ich eins nicht bin, dann ist es nicht dumm.

Man könnte dann nämlich nicht ganz zu Unrecht verstehen, dass ich nicht nicht dumm, also dumm bin. (Allerdings erschließt sich in der Regel aus dem Kontext klar, was gemeint ist.)

In Ihrem Beispielsatz folgt aber nach dann nicht einfach die Angabe, was mit eins gemeint ist. Nach dann wird der ganze Satz wiederholt. In der Wiederholung wird eins durch die Angabe ersetzt, was damit gemeint ist: dumm. Und weil die ganze Satzkonstruktion wiederholt wird, muss auch die Verneinung nicht wiederholt werden:

 Wenn ich eins nicht bin, dann bin ich nicht dumm.

Sie können es auch mit diesen Konstruktionen vergleichen:

Was bin ich nicht? – Dumm.
Was bin ich nicht? – Ich bin nicht dumm.

Es handelt sich in Ihrem Beispielsatz also nicht um eine doppelte Verneinung, sondern um eine wiederholte einfache Verneinung.

Und weil es hier heute eins nicht ist, nämlich kühl, höre ich nun lieber auf, bevor mir die doppelten und wiederholten nicht durcheinandergeraten und die Finger von der Tastatur rutschen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Zweimal verneint ist nicht doppelt verneint

Frage

Heute möchte ich mich mit einem für mich nicht ganz eindeutigen Fall der Verneinung an Sie wenden. Der Satz lautet:

Sie blieben auch dann bei ihrer Meinung, als keiner mehr daran glaubte, weder hier noch in anderen Ländern.

oder

Sie blieben auch dann bei ihrer Meinung, als keiner mehr daran glaubte, sowohl hier als auch in anderen Ländern.

Da im Deutschen im Gegensatz zu einigen anderen Sprachen ja die doppelte Verneinung eigentlich eine Bejahung bedeutet, sollte eigentlich die zweite Variante für die Aussage zutreffen, dass weder im In- noch im Ausland jemand daran glaubte. Mir scheint aber auch die erste Variante nicht abwegig.

Antwort

Sehr geehrter Herr G.,

es stimmt, dass im Deutschen – zumindest in seiner Standardvariante – die doppelte Verneinung zu einer bejahten Aussage führt:

Ich habe nie nichts gesagt.
= Ich habe immer etwas gesagt.

Sie haben niemandem nichts geglaubt.
= Sie haben allen etwas geglaubt.

Weder im In- noch im Ausland glaubte keiner daran.
= Sowohl im In- als auch im Ausland glaubte jemand daran.

Man formuliert deshalb korrekt ohne doppelte Verneinung:

Sie blieben auch dann bei ihrer Meinung, als weder hier noch in anderen Ländern noch jemand daran glaubte.

oder

Sie blieben auch dann bei ihrer Meinung, als sowohl hier als auch in anderen Ländern keiner mehr daran glaubte.

Und trotzdem bin ich bei Ihrem Beispiel für die erste Variante:

Sie blieben auch dann bei ihrer Meinung, als keiner mehr daran glaubte, weder hier noch in anderen Ländern.

Das liegt nicht daran, dass ich mich plötzlich zur doppelten Verneinung bekehrt hätte. Nein, ich bin einfach der Meinung, dass hier keine doppelte Verneinung vorliegt, weil die Wortgruppe weder… noch… als Nachtrag sozusagen aus dem Satz ausgelagert wird. Die Verneinung im Satz hat deshalb keinen Einfluss mehr auf den Nachtrag. Der Nachtrag gehört nicht zu ihrem Wirkungsbereich, so dass die Verneinung im Satz und die Verneinung im Nachtrag einander nicht aufheben.

Ich weiß, dass dies keine wissenschaftlich fundierte Argumentation ist, aber so scheint es im Deutschen zu funktionieren: Nachträge zu etwas Verneintem gehören nicht mehr zum Wirkungsbereich der Verneinung und müssen deshalb ggf. ebenfalls verneint werden. Weitere Beispielpaare a) ohne Nachtrag und b) mit einem Nachtrag:

a) Sie hatte weder im Haus noch im Garten jemanden gesehen.
b) Sie hatte niemanden gesehen, weder im Haus noch im Garten.

a) Ich habe auch zu Hause nie geraucht.
b) Ich habe nie geraucht, auch nicht zu Hause.

a) Sie können nirgendwo jemanden für diese Aufgabe finden.
b) Sie können niemanden für diese Aufgabe finden, wirklich nirgendwo.

Ich hoffe, dass dies dazu beitragen kann, Ihre Zweifel an der Variante zu beseitigen, die Sie zu Recht für nicht abwegig halten. Es ist die richtige, weil ein Nachtrag separat verneint sein will. Zweimal verneint ist nicht immer doppelt verneint.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wenn ja und nein unklar werden: „halbverneinte“ Fragen

Frage

Lautet die Antwort auf die folgende Frage „Ja“ oder „Nein“?

– Heißt das, er wurde nicht entlassen?
– Ja. (Ja, das heißt es.)
– Nein. (Nein, er wurde nicht entlassen.)

Antwort

Guten Tag H.,

es ist besser, diese positiv eingeleitete Frage (heißt das?) mit verneintem Inhalt (er wurde nicht entlassen) nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Logisch Veranlagte können Ihnen sicher erklären, warum die eine oder die andere Antwort eindeutig ist, doch für die Normalsterblichen ist nicht immer klar, was mit der einfachen Antwort Ja oder Nein gemeint ist. Man kann ja nicht immer davon ausgehen, dass sowohl die fragende als auch die antwortende Person die Regeln der Logik so gut beherrschen. Und daran, was richtig wäre, hat man nicht viel, wenn man sicher sein will.

Hier ein paar Beispiele, wie eine Antwort verstanden werden kann:

– Heißt das, er wurde nicht entlassen?
– Ja.
= Ja, das heißt, er wurde nicht entlassen.

Eine andere relativ eindeutige Antwort ist „doch“:

– Heißt das, er wurde nicht entlassen?
– Doch.
= Doch, er wurde entlassen.

Bis hierher gibt es nicht viel Zweideutiges zu verzeichnen. Schwieriger wird es bei dieser Antwort:

– Heißt das, er wurde nicht entlassen?
– Nein
= Nein, das heißt, er wurde entlassen.
= Nein, er wurde nicht entlassen.

Wird mit Nein geantwortet, kann man nicht sicher sein, ob diese Antwort den einleitenden Teil Heißt das? negiert oder den eigentlichen Inhalt der Frage er wurde nicht entlassen.

Beide Antwortvorschläge, die Sie in Ihrer Frage machen, sind also möglich:

– Heißt das, er wurde nicht entlassen?
– Ja = Ja, das heißt es.
– Nein = Nein, er wurde nicht entlassen.

Dummerweise kann Nein aber auch bedeuten, dass er sehr wohl entlassen wurde (s. o.).

Die Antworten ja und doch sind hier ziemlich eindeutig. Man muss aber als normalbegabtes Mitglied der Sprachgemeinschaft doch kurz nachdenken, bis man das auch so interpretiert. Bei der Antwort nein ist meiner Meinung ganz einfach unklar, was ausgesagt werden soll. Es ist deshalb zu empfehlen, keine solchen „halbverneinten“ und allgemein keine verneinten Fragen zu stellen, wenn es um etwas Wichtiges geht. Und wenn jemand Ihnen doch eine Frage mit Verneinung stellt, ist es meistens besser, nicht nur mit Ja oder Nein zu antworten (siehe auch hier).

Oder finden Sie, dass ich nicht recht habe?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Kein und nicht bei dummen Fragen

Frage

„Dumme Fragen gibt es nicht!“ Warum steht hier „nicht“ statt „kein“? Ist „kein“ nicht die Verneinung bei Substantiven ohne Artikel (hier Plural)? „Keine dumme Fragen gibt es“ klingt schon ein bisschen komisch, aber bei anderer Wortstellung ist es doch richtig: „Es gibt keine dumme Fragen“?

Antwort

Guten Tag B.,

man sagt tatsächlich:

Es gibt keine dummen Fragen.

Nur in gewissen Fällen kann man auch sagen:

Es gibt nicht dumme Fragen …

Was aber, wenn ich den Satzteil (keine) dumme Fragen im Satz an die erste Stelle setzen möchte? Ohne Verneinung ist das ganz einfach:

Es gibt dumme Fragen.
Dumme Fragen gibt es.

Mit Verneinung ist die Umstellung ein bisschen komplexer:

Es gibt keine dummen Fragen.
Dumme Fragen gibt es nicht.

Man sagt seltener auch

Dumme Fragen gibt es keine.

aber nie

*Keine dummen Fragen gibt es.

Die Verneinung ist im Deutschen ziemlich komplex. Es gibt häufig verschiedene, einander widersprechende Tendenzen und deshalb kaum „Regeln“, die in allen Fällen gelten. Das ist auch hier der Fall. Wenn im Prinzip kein stehen könnte oder müsste, aber die Verneinung durch eine Umstellung (Hervorhebung) im Satz nicht direkt vor dem Substantiv steht, verneint man den Satz oft mit nicht statt kein:

Wir verkaufen keine Einzelstücke.
Einzelstücke verkaufen wir nicht.

Sie sprechen dort keine Fremdsprachen.
Fremdsprachen sprechen sie dort nicht.

Es gibt keine dummen Fragen.
Dumme Fragen gibt es nicht.

Es gibt also auch im Bereich der Verneinung keine ausnahmslos in allen Fällen geltendend Regeln, oder: Ausnahmslos in allen Fällen geltende Regeln gibt es auch im Bereich der Verneinung nicht. Keine Regel ohne Ausnahme!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp