Wortarten: Adverb oder adverbial verwendetes Adjektiv?

Frage

Meine Tochter nimmt in einer Woche an [einer Aufnahmeprüfung] teil. Wie man früheren Sprachprüfungen entnehmen kann, müssen dort regelmäßig Wortarten bestimmt werden. In diesem Zusammenhang wurde auch schon nach der Bestimmung von Wörtern gefragt, bei denen es schwierig zu entscheiden ist, ob es sich um ein adverbial verwendetes Adjektiv (z.B.: „Hans arbeitet fleißig für die Prüfung“) oder um ein echtes Adverb handelt („Hans arbeitet gern für die Prüfung“). Gibt es […] eine Methode, wie man allfällige Zweifelsfälle – Wörter, die sowohl Adjektiv als auch Adverb sein können – sicher unterscheiden kann?

Antwort

Guten Tag Herr K.,

im Prinzip ist es recht einfach: Ein adverbial verwendetes Adjektiv kann auch gebeugt vor einem Substantiv oder einem substantivierten Verb stehen. Ein Adverb dahingegen kann nicht gebeugt werden. Ein paar Beispiele, die dies illustrieren sollen:

Hans arbeitet fleißig für die Prüfung.
mit fleißigem Arbeiten / sein fleißiges Arbeiten
fleißig = adverbial verwendetes Adjektiv

Hans arbeitet gern[e] für die Prüfung
nicht: mit *gernem Arbeiten / sein *gernes Arbeiten
gern[e] = Adverb

Sarah spielt häufig im Garten.
mit häufigem Spielen / ihr häufiges Spielen
häufig = adverbial verwendetes Adjektiv

Sarah spielt oft im Garten
nicht: mit *oftem Spielen / ihr *oftes Spielen
oft = Adverb

Der Zug wird (zu) spät ankommen
bei (zu) spätem Ankommen / sein (zu) spätes Ankommen
spät = adverbial verwendetes Adjektiv

Der Zug wird bald kommen
nicht: bei *baldem Kommen / sein *baldes Kommen
-> bald = Adverb

Mit diesem groben Hilfstest kann man in den meisten Fällen bestimmen, ob ein Verb mit einem adverbial verwendetes Adjektiv (fleißig, häufig, spät) oder einem Adverb steht (gern[e], oft, bald).

Ganz so einfach ist es nicht immer. Hier noch zwei Sonderfälle:

In einem Satz wie Der Zug wird gleich ankommen, haben wir es mit dem Adverb gleich zu tun, das nicht gebeugt werden kann (nicht: das *gleiche Ankommen). Es gibt zwar auch ein Adjektiv gleich, es hat aber eine andere Bedeutung (dasselbe, egal).

Die Wörter viel und wenig werden meist als Indefinitpronomen oder unbestimmte Zahlwörter und als Adverb bezeichnet. In viel arbeiten oder wenig arbeiten sagt man häufig, dass viel und wenig Adverbien sind. Es ist aber möglich, viel und wenig zu beugen: ihr vieles Arbeiten, mit wenigem Arbeiten. Entsprechend ist es auch nicht falsch, hier viel als adverbial verwendetes unbestimmtes Zahlwort oder Zahladjektiv zu bezeichnen. (Man lässt deshalb in einer Prüfung zur Wortartenbestimmung besser Sätze mit viel und wenig weg.)

Ich hoffe, dass dies ein bisschen weiterhilft, und wünsche viel Erfolg bei der Prüfung

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das ist ein Haus – Was ist „Das“?

Was ein Haus ist, dürfte bekannt sein. Es geht um die Frage nach der Funktion und Wortklasse von „Das“ in „Das ist ein Haus“.

Frage

In dem Satz „Das ist ein (Haus, Apfel, Tisch, etc.)“ übernimmt das Wort „Das“ vermutlich die Funktion des Subjekts. Um welche Wortart handelt es sich aber dabei? Die klassischen Definitionen im Internet schließen Nomen, (Demonstrativ-)Pronomen und Artikel aus. Handelt es sich um einen Sonderfall oder bin ich ganz auf dem Holzweg?

Antwort

Guten Tag Herr K.,

Sie sind nicht auf dem Holzweg. Im Satz „Das ist ein Haus“ hat das tatsächlich die Funktion des Subjekts. Es ist das Subjekt in einem Gleichsetzungssatz:

  • Das = Subjekt
  • ist = Verb (Kopula)
  • ein Haus = Prädikativ (prädikativer Nominativ, Gleichsetzungsnominativ)

Dabei wird das gewöhnlich als Demonstrativpronomen bezeichnet. Es weist stellvertretend auf etwas hin (hier auf Haus). Wie die sächlichen Demonstrativpronomen dies und jenes oder das sächliche Fragepronomen welches kann es sich auch auf nicht Sächliches und nicht im Singular Stehendes beziehen:

Das ist ein Apfel.
Dies/Jenes ist ein Apfel.
Welches ist der leckerste Apfel?

Das ist meine Zahnbürste.
Dies/Jenes ist meine Zahnbürste.
Welches ist deine Zahnbürste?

Das sind meine Möbel.
Dies/Jenes sind meine Möbel.
Welches sind deine Möbel?

Eine weitere Besonderheit ist erwähnenswert: In den letzten Beispielen steht das Verb im Plural. In Gleichsetzungssätzen steht das Verb im Plural, wenn das Subjekt und der Gleichsetzungsnominativ nicht den gleichen Numerus haben:

Mein größter Besitz sind meine Kinder.
Eine gute Idee wären optische Warnsignale.
Wer sind diese Leute?
Das sind meine Möbel.

Siehe auch hier unter „Subjekt und Gleichsetzungsnominativ mit unterschiedlichem Numerus“.

Wir haben es bei diesem das also tatsächlich mit einer Art Sonderfall zu tun.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Die Wortart von „teil“

Frage

Zu welcher Wortart gehört „teil“ in diesem Satz: „Er nahm an der Veranstaltung teil“?

Antwort

Guten Tag Herr Z.,

das Wort „teil“ in Ihrem Beispielsatz ist der abtrennbare Teil des trennbaren Verbs „teilhaben“. Es gehört zum Verb und wird trennbares Präfix, Verbzusatz, Verbpartikel oder Präverb genannt (im Weiteren verwende ich „Verbpartikel“). Ursprünglich war es ein Substantiv, doch in der Verbindung „teilhaben“ hat es keine substantivischen Merkmale mehr. Das ist der Grund dafür, dass es vor dem Verb stehend mit diesem zusammengeschrieben  und bei getrennter Stellung kleingeschrieben wird („teilnehmen“ – „ich nehme teil“).

Die Verbpartikeln entsprechen häufig Wörtern aus anderen Wortarten:

  • Präpositionen: an, ab, auf, aus, mit, nach, unter, über, zu
  • Adverbien: fort, her, hin, herunter, hinauf, weg, zusammen
  • Adjektive: fest, frei, hoch, schwarz
  • Substantive: heim, leid, stand, teil

Ob man diese Elemente bei der Bestimmung der Wortarten Verbpartikeln nennt oder ob man die Bezeichnung der „ursprünglichen“ Wortart verwendet, ist vor allem einen Definitionsfrage. In allen Fällen zufriedenstellend ist keine der beiden Lösungen. Wenn man „zusammen“ in „Sie stellt das Menü zusammen“ als Adverb bezeichnet, was ist es dann in „dass sie das Menü zusammenstellt“? Umgekehrt ist es nicht unproblematisch, „blau“ in „Sie färbt den Stuhl blau“ als Verbpartikel zu bezeichnen, nur schon weil man ja nicht nur „blaufärben“, sondern auch „blau färben“ schreiben kann.

Die Schwierigkeit liegt hier darin, dass die Verbpartikeln einen unterschiedlichen Grad an Selbstständigkeit bewahrt haben. Während „blau“ in „Sie färbt den Stuhl blau“ noch einen stark adjektivischen Charakter hat, kann „an“ in „Sie streicht den Stuhl an“ kaum mehr als Präposition oder Adverb bezeichnet werden. Eine rein praktische Lösung nennt alles „Verbpartikel“, was im Infinitiv mit dem Verb zusammengeschrieben wird.

Auch „teil“ sollte nicht Substantiv, sondern Teil des Verbs (Verbpartikel o. trennbares Verbpräfix, Verbzusatz, Präverb) genannt werden. Mit anderen Worten: In „er nimmt teil“ wird „teil“ vom Substantiv zum Verbanhängsel degradiert.