Eine zunehmend wichtige/wichtigere Rolle?

Frage

Kürzlich las ich in einer wissenschaftlichen Publikation die Formulierung „eine zunehmend wichtige Rolle“. Da mir nur der Ausdruck „eine zunehmend wichtigere Rolle“ geläufig ist, stutzte ich. Nach kurzem Nachdenken befand ich aber die gelesene Variante für die bessere, da mir „zunehmend“ + Komparativ tendenziell pleonastisch erscheint. Wie sehen Sie das? Mögliche Beispiele wären:

Sie kamen in zunehmend größere Schwierigkeiten.
Sie kamen in zunehmend große Schwierigkeiten.

Man denke auch an einen Fall wie diesen, in dem man von der Verwendung von „zunehmend“, wie mir scheint, überhaupt Abstand nehmen sollte.

Sie wird zunehmend älter.
Sie wird zunehmend alt.
Sie wird älter.

Antwort

Guten Tag Herr K.,

was „richtig“ ist, hängt davon ab, wie viel und welche eigenständige Bedeutung man zunehmend zugesteht. Wörtlich genommen bedeutet es so etwas wie immer mehr. Dann passt in Ihren Beispielen die Grundstufe (Positiv) besser als die Höherstufe (Komparativ)

eine zunehmend wichtige Rolle
zunehmend große Schwierigkeiten
Sie wird zunehmend alt

Etwas weiter weg von der wörtlichen Bedeutung steht zunehmend, wenn es gleich wie immer (also ohne mehr) vor einem Komparativ verwendet wird. Dieses immer gibt vor einem Komparativ eine stetige Steigerung an:

ein zunehmend wichtigere Rolle
zunehmend größerer Schwierigkeiten
Sie wird zunehmend älter.

Ich halte diese Verwendung von zunehmend für (stilistisch) weniger gut, sie kommt aber auch häufig vor und ist entsprechend nicht als falsch anzusehen. Und beim letzten Beispiel haben Sie recht: Manchmal sollte man sich überlegen, zunehmend ganz einfach wegzulassen oder durch immer zu ersetzen.

NB: Sprache ist ist nicht Logik. Strikt wörtlich genommen ist eine zunehmend wichtigere Rolle entweder pleonastisch (es wird zweimal dasselbe ausgedrückt) oder es drückt eine immer schneller verlaufende (exponentielle) Steigerung aus. Im „normalen“ Sprachgebrauch wird aber zunehmend nicht nur mit der Bedeutung immer mehr vor einem Positiv, sondern auch wie einfaches immer vor einem Komparativ verwendet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp.

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