Frage
Ich beschäftige mich gerade damit, die Masterarbeit einer Freundin zu korrigieren, und dabei bin ich auf eine Satzstruktur gestoßen, die mich ein wenig ins Grübeln bringt. Ich hoffe, Sie können helfen.
Die Position des Schriftstellers miteinbeziehen bedeutet, auch die Entstehung des Werkes zu berücksichtigen.
Diese Satzstruktur kommt recht häufig vor und aus dem Gefühl heraus würde ich sagen, dass hier im ersten Teil ein Infinitiv mit „zu“ stehen müsste („die Position des Schriftstellers miteinzubeziehen bedeutet“). Oder sind hier beide Varianten möglich?
Antwort
Guten Tag Herr M.,
hier gibt es mehr als eine Möglichkeit. Wenn eine Infinitivgruppe im Satz Subjekt ist, kann sie auch ohne zu stehen. Das Komma entfällt dann.
Dich zu verstehen, ist nicht immer einfach.
Dich verstehen ist nicht immer einfach.Mit vollem Mund zu reden, gilt als unhöflich.
Mit vollem Mund reden gilt als unhöflich.Zusammen mit anderen zu spielen, macht mehr Spaß.
Zusammen mit anderen spielen macht mehr Spaß.
Das gilt auch in Ihrem Satz:
Die Position des Autors miteinzubeziehen, bedeutet, auch die Entstehung des Werkes zu berücksichtigen.
Die Position des Autors miteinbeziehen bedeutet, auch die Entstehung des Werkes zu berücksichtigen.*
(* Nicht alle finden es allerdings gut, Infinitivgruppen mit zu und Infinitivgruppen ohne zu in dieser Weise zu kombinieren.)
Bei Verben wie sein, heißen, bedeuten kann die Infinitivgruppe auch als Prädikativ o. Akkusativergänzung ohne zu stehen:
Wellness heißt, sich wohlzufühlen.
Wellness heißt sich wohlfühlen.Zusammen mit anderen zu spielen, bedeutet, mehr Spaß zu haben.
Zusammen mit anderen spielen bedeutet mehr Spaß haben.
Möglich ist entsprechend auch:
Die Position des Autors miteinbeziehen bedeutet auch den Kontext der Entstehung des Werkes berücksichtigen.
Ich würde hier, wie Sie offenbar auch, die erste Formulierung mit zweimal zu wählen. Die Formulierungen ohne zu sind aber nicht falsch. Dabei gilt allerdings, dass die Kombination von Infinitivgruppe ohne zu und Infinitivgruppe mit zu in einem Satz nicht von allen gleichermaßen akzeptiert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp