Falls Sie komplizierte Verbformen mögen, hier noch einmal das Passiv im Futur, aber diesmal das Zustandspassiv im Konjunktiv II.
Frage
Ist es richtig, dass Konjunktiv II-Formen im Futur beim Zustandspassiv aus semantischer Sicht nicht unbedingt Sinn machen?
Antwort
Guten Tag Herr S.,
wenn ich Sie richtig verstehe geht es um die die Formen des Konjunktivs II Futur I und Futur II im Zustandspassiv. Für die Beispielverben öffnen und erledigen sehen diese Formen so aus:
Futur I Konjunktiv II Zustandspassiv:
würde geöffnet sein
würde erledigt sein
Futur II Konjunktiv II Zustandspassiv:
würde geöffnet gewesen sein
würde erledigt gewesen sein
Die Frage ist nun nicht so sehr, ob die diese Konjunktivs-II-Formen Sinn machen oder nicht. Der Konjunktiv II hat in der Regel keine ganz bestimmte Bedeutung. Er ist vielmehr an bestimmte Satzarten gebunden (siehe hier). So hat der Konjunktiv II Futur meist nichts mit Zukunft zu tun. Die Frage lautet deshalb meiner Meinung nach eher, ob solche Formen verwendet werden.
In vielen Fällen sind die Formen, um die es hier geht, stilistisch zweifelhaft. Man verwendet in der Regel nicht die würde-Formen, sondern die einfachen Konjunktiv-II-Formen.
Also besser nicht:
Wenn die Tür geöffnet sein würde, …
…, wenn die Aufgabe erledigt sein würdeWenn die Tür geöffnet gewesen sein würde, …
…, wenn die Aufgabe erledigt gewesen sein würdeAch, wenn die Tür nur geöffnet sein würde!
Würde die Aufgabe nur schon erledigt gewesen sein!
sondern:
Wenn die Tür geöffnet wäre, …
…, wenn die Aufgabe erledigt wäreWenn die Tür geöffnet gewesen wäre, …
…, wenn die Aufgabe erledigt gewesen wäreAch, wenn die Tür nur geöffnet wäre!
Wäre die Aufabe nur schon erledigt gewesen!
Ausgeschlossen sind die Formen aber nicht, zum Beispiel als Zukunft in der Vergangenheit:
Noch war die Tür geschlossen, aber bald würde sie geöffnet sein.
Ich glaubte damals nicht, dass die Aufgabe bald erledigt sein würde.Noch war der Eingang offen, aber bald würde die Tür [nicht mehr geöffnet sein, sondern] geöffnet gewesen sein.
Wir hatten erwartet, dass die Aufgabe bei der nachträglichen Kontrolle bereits erledigt gewesen sein würde.
Inwieweit vor allem die letzten Formen (Konjunktiv II Futur II) in der Sprachrealität wirklich häufig vorkommen, sei hier dahingestellt. Nicht alles was möglich ist, kommt auch regelmäßig vor. Das Risiko, dass man bei solchen komplexen Formen den Faden verliert, ist sehr groß. Außerden ergibt sich die konkrete Bedeutung im Deutschen oft stärker aus dem Kontext als aus den verwendeten Verbformen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp