Die Mütze, sie/diese/die ist rot

Frage

Ich habe eine Frage zur Verwendung von Demonstrativpronomina: In meiner Schulzeit habe ich gelernt, dass man „diese(r/s)“ verwenden muss, wenn man sich auf das letzte Substantiv im vorherigen Satz bezieht. Beispiel:

Die Ente trägt eine Mütze. Diese ist rot.

Nun hat es sich aber eingebürgert, dass stattdessen oft „der/die/das“ verwendet wird, also:

Die Ente trägt eine Mütze. Die ist rot.

Das klingt in meinen Ohren schrecklich umgangssprachlich. Da meine Schulzeit aber schon eine Weile zurückliegt, würde mich interessieren, wie die offizielle Regelung hierzu aussieht. Gibt es eventuell eine Stelle im Duden, die man heranziehen kann? Mittlerweile habe ich sowohl das Internet als auch die Duden-Grammatik durchforstet, ohne einen brauchbaren Hinweis zu finden.

Antwort

Guten Tag Frau M.,

Sie finden hier keine festen Regeln, weil die Wahl des Pronomens (diese, die bzw. sie) keine grammatische, sondern eine stilistische Entscheidung ist. Dafür gibt es keine verbindlichen oder offiziellen Regeln.

Keine der folgenden Formulierungen ist falsch:

a) Die Ente trägt eine Mütze. Sie ist rot.
b) Die Ente trägt eine Mütze. Diese ist rot.
c) Die Ente trägt eine Mütze. Die ist rot.

Während bei a) mit etwas gutem Willen auch die Ente rot sein könnte, ist bei b) und c) deutlicher, dass die Mütze rot ist. Dabei ist diese formeller und die etwas weniger formell, ohne gleich umgangssprachlich zu sein. Für einen formellen Text würde ich deshalb diese oder sie empfehlen. In der Alltagssprache ist die aber auch gut vertretbar. Ebenso zum Beispiel:

Wir schauen in den Himmel und er ist blau.
Wir schauen in den Himmel und dieser ist blau.
Wir schauen in den Himmel und der ist blau.

Beim Bezug auf Personen gilt die Wahl von die oder der statt sie bzw. er allerdings als unhöflich und/oder umgangssprachlich:

Frau S. ist meine Nachbarin, aber die sieht man kaum.
Kennst du Rolf? Dem würde ich nicht vertrauen.

Hier geht es aber nicht um eine Person. Es ist also nicht gleich schrecklich umgangssprachlich, wenn man sich mit die auf die Mütze der Ente bezieht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wenn auch „alles“ passt: Und es waren alles/alle harte Taler

Frage

Ich stehe auf dem Schlauch bei einem Satz aus einem Übungsbuch:

Da fielen auf einmal die hellen Sterne vom Himmel und es waren alles harte Taler.

Hier ist „alles“ richtig, aber ich kann nicht erklären, warum es nicht „alle“ heißen muss, denn eigentlich sind es ja „alle Sterne, die sich in Taler verwandelt haben“. Mir hat jemand diese Frage gestellt […]

Antwort

Guten Tag Frau I.,

der sächliche Singular alles kann sich in Verbindung mit dem Verb sein (in Kopulasätzen) nicht nur auf ein sächliches Substantiv im Singular beziehen, sondern auch allgemeiner auf etwas, eine Gruppe usw. von gleich welchem Genus und Numerus. Das ist auch in Ihrem Beispielsatz der Fall:

Und es waren alle harte Taler.
Und alle waren harte Taler.
(= Alle gefallenen Sterne waren harte Taler)

Und es waren alles harte Taler.
Und alles waren harte Taler.
(ungefähr: Die Gesamtheit der gefallenen Sterne waren harte Taler)

Die Umschreibungen sind nicht sehr aussagekräftig und entsprechend auch nicht sehr hilfreich bei der Unterscheidung zwischen alle und alles. Am besten beschränken Sie sich bei der Erklärung darauf, dass die sächliche Form sich in Fällen wie diesen auch auf nicht Sächliches und nicht im Singular Stehendes beziehen kann. Weitere Beispiele:

Wir sind alles Menschen.
Es waren über hundert Personen und fast alles (waren) Deutsche.
Es waren alles schöne Geschäfte, die wir besucht haben.

Dies gilt übrigens auch für beides:

Zwei Sterne fielen vom Himmel und es waren beides harte Taler.
Wie sind beides Thüringer.
Die Corona-Pandemie und die Klimakrise sind beides globale Erscheinungen.

In den meisten Fällen ist auch die „normale“ Form mit Übereinstimmung in Numerus und Genus möglich:

Wir sind alle Menschen.
… und fast alle waren Deutsche.
… und es waren beide harte Taler.
Wir sind beide Thüringer.

Kurzum: In Kopulasätzen mit sein können die sächlichen Formen alles und beides mit Substantiven jeglicher Art kombiniert werden. Deshalb waren die gefallenen Sterne im Märchen ganz korrekt alles harte Taler.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp