Das Praktikumszeugnis, das Korrekturprogramm und das Fugen-s

Frage

Bei einer Bewerbung hat mein Word-Rechtschreibprogramm mir das Wort Praktikumszeugnis in Praktikumzeugnis korrigiert. Auf allen Zeugnissen, die ich aus Praktika erhalten habe, steht aber Praktikumszeugnis. Was ist richtig?

Antwort

Sehr geehrter Herr M.,

das s ist ein sogenanntes Fugenelement. Es entsprach früher dem s des Genitivs. Zum Beispiel:

Essenszeit = Zeit des Essens
Gesprächsleitung = Leitung des Gesprächs

Diese Funktion hat es aber im Laufe der Sprachgeschichte verloren. So kann es zum Beispiel bei weiblichen Wörtern gar kein Genitiv-s sein, weil diese Wörter kein Genitiv-s haben:

Heiratsanzeige
Flüchtigkeitsfehler
Mitternachtsmahl

Im heutigen Deutschen gibt es einfach nur an, dass zwei Wörter zusammengesetzt sind. Nach bestimmten Endungen (z.B. -heit, -keit, -tum, -ion) MUSS es stehen. Bei anderen Gruppen von Wörtern KANN es stehen. Mehr Angaben dazu finden Sie auf dieser und dieser Grammatikseite.

Wenn man nun zweifelt und ein Wort – wie hier Praktikum(s)zeugnis – nicht im Wörterbuch steht, kann man die folgende grobe Faustregel anwenden: Schauen Sie bei anderen Zusammensetzungen mit dem gleichen Wort an erster Stelle nach, ob sie mit oder ohne Fugenelement gebildet werden, und machen Sie es dann gleich.

In unserem Wörterbuch stehen zwei zusammengesetzte Wörter mit Praktikum an erster Stelle:

Praktikumsplatz
Praktikumsstelle

Sie haben beide ein Fugen-s. Demnach heißt es also tatsächlich auch:

Praktikumszeugnis

Diese Methode funktioniert nicht zu hundert Prozent, sie ist aber im Allgemeinen eine gute Faustregel bei Unsicherheiten.

Man kann natürlich auch mit Hilfe von Webbrowsern das Internet absuchen. Diese Methode ist aber mit sehr großer Vorsicht zu genießen, da vor allem bei einer geringen Anzahl Fundstellen eine ganze Reihe von störenden Faktoren eine Rolle spielen kann. Hier ist die Bilanz aber sehr deutlich: über 40.000 Fundstellen für “Praktikumszeugnis” gegenüber nur etwas mehr als 400 für “Praktikumzeugnis”. Man kann also davon ausgehen, dass die Form Praktikumszeugnis eindeutig die im Deutschen übliche Form ist.

Am besten verlassen Sie sich in solchen Fällen ganz einfach auf Ihr Sprachgefühl und darauf, was Sie in Ihrer sprachlichen Umgebung als allgemein üblich wahrnehmen. Ein Rechtschreibprogramm erfüllt die Kontrolle der Fugenelemente nämlich oft nur (sehr) unvollständig.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Fugen-s und Bindestrich

Frage

Eine Frage zur Wortbildung mit Bindestrich: Ist es erlaubt, einen Bindestrich zu setzen, wenn der erste Wortteil ein Fugenelement enthält, oder fällt dieses dann weg?

Beispiel: Schaltvorgangs-Beschreibung oder Schaltvorgang-Beschreibung oder Schaltvorgangsbeschreibung?

Antwort

Sehr geehrte Frau M.,

stilistisch gesehen ist es meist nicht so schön, direkt nach einem Fugenelement einen Bindestrich zu schreiben. Schließlich gibt ja das Fugenelement schon an, wo die Trennstelle zwischen den beiden Wortteilen liegt. Am besten schreiben Sie also Schaltvorgangsbeschreibung. Meistens kann man nämlich seinen Lesern und Leserinnen problemlos viel längere Wörter zumuten, als man denkt.

Es ist aber nicht verboten, nach einem Fugenelement zur Verdeutlichung einen Bindestrich zu setzen. Manchmal muss sogar ein Bindestrich verwendet werden:

Festtags-Make-up
Installations-CD
Herren-WC
Fugen-s

Und bei einem Wortungetüm wie Hochgeschwindigkeits-Internetzugang ist ein Bindestrich zur Verdeutlichung sicher gerechtfertigt. Wenn Sie also „unbedingt“ die Struktur des zusammengesetzten Wortes verdeutlichen wollen, können Sie einen Bindestrich verwenden: Schaltvorgangs-Beschreibung.

Sehen Sie auch die entsprechende Rechtschreibseite.

Zu guter Letzt: Ein Fugenelement fällt vor einem Bindestrich nicht weg.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Zusammensetzungen mit E-Mail: Fugen-s und Bindestrich

Frage

Seit langem quält mich folgende Frage: Wie schreibt man das Wort Erinnerungsemail richtig? Dass man E-Mail heute E-Mail schreibt, ist inzwischen bekannt, dass aber nach einem Verbindungs-s kein Bindestrich folgt, auch.

Wie schreibe ich das nun also richtig?

Erinnerungs-E-Mail
Erinnerungse-Mail

Antwort

Sehr geehrte Frau H.,

Dir richtige Schreibweise ist Erinnerungs-E-Mail. In Wortzusammensetzungen, die ein Wort mit Bindestrich enthalten (hier E-Mail), muss zwischen allen Teilen der Zusammensetzung ein Bindestrich geschrieben werden. Siehe die entsprechende Rechtschreibregel. Man schreibt also auch zum Beispiel Bewerbungs-E-Mail, Reklamations-E-Mail und Abwesenheits-E-Mail.

Die Regel, dass man nach einem Verbindungs-s keinen Bindestrich schreiben darf, kenne ich nicht. Ein zugegebenermaßen wenig subtiler Einwand wäre ja, dass der Widerspruch zur Regel bereits in der Regel selbst stünde: Verbindungs-s. Der übrigens gebräuchlichere Ausdruck Fugen-s zeigt, dass auch nach anderen Fugenelementen ein Bindestrich stehen darf oder ggf. muss.

Es ist aber stilistisch gesehen bestimmt richtig, nach einem Fugen-s noch zurückhaltender als sonst zu sein und nur dann einen Bindestrich zu setzen, wenn er wirklich notwendig ist. Im Prinzip gibt ja das s schon an, wo die Grenze zwischen zwei Wortbestandteilen liegt. Deshalb sollte man Wörter wie die folgenden ohne Bindestrich schreiben: Zeitungsartikel, Lieblingsgericht, Eigentumswohnung und Amtsarzt statt Zeitungs-Artikel, Lieblings-Gericht, Eigentums-Wohnung oder gar Amts-Arzt.

In Fällen wie Verbindungs-s und Erinnerungs-E-Mail verlangen aber andere Regeln unbedingt einen Bindestrich. Weiter ist die Verwendung eines Bindestrichs auch in langen, unübersichtlichen Wörtern wie Sozialversicherungsfachangestellte möglich und angebracht: Sozialversicherungs-Fachangestellte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Verlospreis oder Verlosepreis?

Sehr geehrte Frau L.,

Sie stellten die Frage, welche der beiden Formen ‘Verlospreis’ / ‘Verlosepreis’ richtig sei. Da dieses Wort in keinem Wörterbuch und keiner “offiziellen” Wörterliste zu finden ist, können wir Ihnen leider keine eindeutige Antwort geben.

Als allgemeine Faustregel für solche Fälle gilt, dass man neue Wörter dieser Art gleich bildet, wie bestehende Wörter, die das gleiche Erstelement haben. Das Erstelement ist in diesem Fall “verlosen”. Leider sind in den Wörterbüchern auch keine anderen zusammengesetzten Wörter zu finden, die mit “verlosen” gebildet wurden.

Die Grammatiken sagen, dass nach einem stimmhaften s ein e stehen kann. Siehe z.B. bei Canoonet. Die Grammatik hilft uns hier also auch nicht weiter.

Wir haben es somit mit einem Wort zu tun, das weder in Wörterbüchern noch in der Grammatik festgelegt ist. Somit dürfen Sie als Benutzerin des Wortes wählen, welche Variante sie benutzen wollen.

Ganz neu scheint das Wort allerdings nicht zu sein. Mit der Suchmaschine Google habe ich ein paar wenige Web-Seiten gefunden, in denen das Wort ‘Verlosepreis’ resp. ‘Verlospreis’ vorkommt. Sie können also in diesem Fall tatsächlich diejenige der beiden Formen wählen, die Ihnen besser gefällt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp