Ein „zu jung“ oder „zu alt“?

Frage

Wieder einmal geht’s um Groß- und Kleinschreibung. Ich habe neulich folgen Satz gefunden:  „Ein zu jung oder zu alt gibt es nicht“ (Es ist egal, wie jung oder alt jemand ist). Ich kann mir zwar nicht recht vorstellen, dass man hier „jung“ oder „alt“ großschreibt, aber das „ein“ am Satzanfang irritiert mich. Wissen Sie Rat?

Antwort

Guten Tag Herr A.,

wir haben hier wieder einmal einen Fall, in dem die übliche Schreibweise und die am ehesten regelkonforme Schreibung nicht übereinstimmen. Es geht um eine besondere Art der Substantivierung.

Durch den Artikel ein sind die Wortgruppen zu jung und zu alt substantiviert. Substantivierte Wortgruppen schreibt man mit Bindestrichen. In der amtlichen Regelung stehen dafür als Beispiele hauptsächlich a) substantivierte mehrteilige Konjunktionen und b) substantivierte Infinitivgruppen (siehe hier):

a) das Entweder-oder, das Sowohl-als-auch
b) das An-den-Haaren-Herbeiziehen

Man kann diese Regel auf andere substantivierte Gruppen ausweiten. Dies tut zum Beispiel auch Duden mit Substantivierungen wie das Gewusst‑wie oder kein Weiter‑so (vgl. hier).

Für Ihr Beispiel bedeutet dies, dass man wie folgt schreiben sollte:

Ein Zu-jung oder Zu-alt gibt es nicht.
Es gibt kein Zu-klein oder Zu-groß.

Diese Schreibungen sind gut vertretbar, sie wirken aber sehr ungewohnt.

Man könnte auch  erwägen, wie beim gut eingebürgerten und übersichtlichen das Zuviel zusammenzuschreiben:

Ein Zujung oder Zualt gibt es nicht. [?]
Es gibt kein Zuklein oder Zugroß. [?]

Da diese Begriffe aber nicht eingebürgert und entsprechend auch weniger übersichtlich sind, ist die Zusammenschreibung vor allem theoretisch eine Lösung.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Wendungen als eine Art Zitate in Anführungszeichen zu setzen:

Ein „zu jung“ oder „zu alt“ gibt es nicht.
Es gibt kein „zu klein“ oder „zu groß“.

Die am häufigsten vorkommende Schreibweise (ein zu jung oder zu alt; kein zu klein oder zu groß) ist streng nach der Rechtschreibregelung nicht korrekt. Die alle überzeugende Ideallösung gibt es hier also nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

3 Gedanken zu „Ein „zu jung“ oder „zu alt“?“

  1. Ich dachte, die Regeln bei substantivierten Wortgruppen war, dass zumindest das erste und das letzte Wort jedenfalls großzuschreiben sind? Müsste es also z. B. nicht »ein Zu-Klein« heißen?

  2. Nach § 55(1) der Rechtschreibregelung gilt Folgendes:

    Die Großschreibung gilt auch
    1. für nichtsubstantivische Wörter, wenn sie am Anfang einer Zusammensetzung mit Bindestrich stehen, die als Ganzes die Eigenschaften eines Substantivs hat […]

    Beispiele zu § 55(1):

    die Ad-hoc-Entscheidung, der A-cappella-Chor (vgl. auch § 55 E2), das In-den-Tag-hinein-Leben (vgl. auch § 57(2)), der Trimm-dich-Pfad, die X-Beine, die S-Kurve

    Nicht großgeschrieben werden nichtsubstantivische Wörter im Innern oder am Ende einer Zusammensetzung. Das ergibt sich indirekt aus der oben stehenden Regel und aus Beispielen zu anderen Regeln der Rechtschreibregelung.

    Beispiele zu § 43:

    das Entweder-oder, das Teils-teils, das Als‑ob, das Sowohl‑als‑auch

    Beispiele zu § 45(E2):

    Count‑down (Countdown), Come‑back (Comeback), Knock‑out (Knockout), Stand‑by (Standby)

    Beispiele aus Duden Rechtschreibregeln D26:

    kein Weiter-so, das Gewusst-wie

    Daraus ergibt sich für die folgende Schreibung, wenn man oben die Bindestrichvariante wählt:

    ein Zu-jung, kein Zu-groß

    Vielleicht meinen Sie mit der Großschreibung des letzten Wortes die Regel, die für substantivierte Inifinitvgruppen mit Bindestrichen gilt. Dort wird nach § 57(2) der Rechtschreibregelung auch der Infinitiv am Schluss großgeschrieben:

    Bei mehrteiligen Fügungen, deren Bestandteile mit einem Bindestrich verbunden werden, schreibt man das erste Wort, den Infinitiv und die anderen substantivischen Bestandteile groß (siehe auch § 55(1) und (2)), zum Beispiel:
    es ist zum Auf-und-davon-Laufen, das Hand-in-Hand-Arbeiten, das In-den-Tag-hinein-Leben

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