Frage
In einem Videoclip las ich gerade: „So einfach war Kiwi schälen und schneiden noch nie!“ Meiner Meinung nach müsste es heißen: „So einfach war Kiwischälen und -schneiden noch nie!“ Oder ist beides richtig?
Antwort
Guten Tag Herr A.,
hier kann man sowohl groß- als auch kleinschreiben. Man schreibt groß, wenn man die Verbgruppe als substantivierte Infinitivgruppe ansieht:
So einfach war Kiwischälen und -schneiden noch nie.
= das Kiwischälen und -schneiden.
Man schreibt klein, wenn man die Verbgruppe als Subjektsinfinitiv ohne „zu“ interpretiert:
So einfach war Kiwi schälen und schneiden noch nie.
= Kiwi zu schälen und zu schneiden
Beides ist möglich und korrekt.
Ebenso zum Beispiel:
Kuchenbacken macht glücklich (das Kuchenbacken)
Kuchen backen macht glücklich (Kuchen zu backen)Neinsagen will gelernt sein (das Neinsagen)
Nein sagen will gelernt sein (Nein zu sagen)
Je länger die Infinitivgruppe ist, desto üblicher ist die Kleinschreibung:
So einfach war reife Kiwi schälen und schneiden noch nie.
Selbst Kuchen backen macht glücklich.
Im richtigen Moment Nein sagen will gelernt sein.
Und wenn ein gebeugtes Adjektiv oder ein Attribut beim Infinitiv steht, kommt nur die Großschreibung in Frage:
Schälen und Schneiden von Kiwis war noch nie so einfach.
Gemeinsames Kuchenbacken macht glücklich,
Dein Neinsagen nervt.
Zum Glück geht es wenigsten bei dieser letzten Gruppe (meistens) automatisch gut.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Hallo Herr Dr. Bopp,
fehlen bei diesem Satz (“= So einfach war Kiwi zu schälen und zu schneiden noch nie.”) nach den neuen Rechtschreibregeln keine Kommas? Liegt hier ein Ausnahmefall vor? Danke für Ihre immer so hilfreichen Antworten und Ihren tollen Blog.
Freundliche Grüße
Vielen Dank für den Hinweis. Das vorher fakultative Komma bei Infinitivgruppen ist mit der neueste Version der Rechtschreibregelung vom August letzten Jahres zu einem obligatorischen Komma bei “Infiniten Nebensätzen ohne einleitenden Ausdruck” geworden (§73):
Diese Verpflichtung habe ich offensichtlich noch nicht ganz verinnerlicht, insbesondere nicht für den eher ungewöhnlichen Fall, dass der infinite Subjektsatz eingeschoben ist:
Ich halte diese Zeichensetzung für gewöhnungsbedürftig, kann aber in der Rechtschreibregelung keine Ausnahmebestimmng finden, die es rechtfertigen würde, die Kommas wegzulassen. Ich habe deshalb der Einfachheit halber das entsprechende Beispiel oben im Artikel geändert.
Guten Tag, Herr Dr. Bopp,
zu Ihrem letzten Beispiel, wo die Kommasetzung doch sehr gewöhnungsbedürftig ist, habe ich in einem Duden-Newsletter folgenden Hinweis gefunden: “Es darf auch dann kein Komma gesetzt werden, wenn der Infinitiv und der übergeordnete Satz nicht klar voneinander zu trennen sind. Beispiel: Den Betrag bitten wir auf unser Konto zu überweisen.” Ich denke, dass man deshalb die Kommas in Ihrem
letzten Beispiel durchaus weglassen darf (oder sogar muss).
Viele Grüße
L. Abenstein
Der Fall, um den es im Duden-Newsletter geht, liegt etwas anders. Im dort gegebenen Beispiel wird die Infinitivgruppe durch den übergeordneten Satz unterbrochen:
In unserem Satz hingegen wird die Infinitivgruppe in den Satz eingeschoben:
Ich zweifle deshalb, ob man hier dieselbe Duden-Ausnahmeregel anwenden kann (würde es aber spontan tun, was ich ja in der ersten Version des Artikels tatsächlich getan hatte).
Ebenfalls keine Kommas werden in Fällen wie den folgenden gesetzt:
Der Satz, der im Artikel steht, passt aber nicht hierzu (die Infinitive des Infintivsatzes können nicht gleichzeitig Teil des Subjekts und Teil des Prädikats sein).