Der Urlaub war schön, lehrreich und vor allem auch erholsam. Ich war im Süden Portugals, genauer gesagt in der Algarve. Für Puristen müsste ich jetzt sagen im Algarve, denn im Portugiesischen ist das Wort männlich o Algarve. Üblicher und allgemein akzeptiert ist aber im Deutschen doch die weibliche Form die Algarve. Dort bin ich der deutschen Sprache außer im eigenen Hausgebrauch, auf einigen Menükarten und erstaunlicherweise auf Bioprodukten in Supermärkten kaum begegnet. Die Konversation mit den Einheimischen verlief entweder in sehr dürftigem Portugiesisch meinerseits oder viel besserem Englisch seitens der Portugiesen (also meistens Englisch …).
Die üblichen Redewendungen wie bitte – faz favor, danke – obrigado und die Begrüßungen bom dia, boa tarde und boa noite hatten wir natürlich schon aus dem Reisebüchlein gelernt. Aber danach wird es schwieriger. Wenn man schon eine andere romanische Sprache wie zum Beispiel Französisch, Italienisch oder insbesondere Spanisch kann, kommt man beim Lesen des Portugiesischen noch recht weit. Viele Wörter werden ähnlich oder sogar gleich geschrieben. Natürlich versteht man nicht alles, aber man begreift oft, worum es geht. Dieses Begreifen hat abrupt ein Ende, wenn man Portugiesisch hört. Dann trifft einen ein recht wohlklingender Wortschwall mit viel sss und sch und wenig Selbstlauten. Portugiesen haben die Neigung, Selbstlaute zu verschlucken oder sie nur anzudeuten. Wenn dann doch einmal ein Vokal zu hören ist (auch Portugiesen kommen nicht ohne Selbstlaute aus), klingt er oft anders, als man das aus dem Schriftbild erwarten würde. So spricht man o aus wie u, ou wie o und a oft wie unbetontes e. Und wenn dahinter ein n oder m folgt oder darauf ein ~ steht, wird der Laut wie im Französischen nasaliert (durch die Nase gesprochen). Wenn Sie einmal einen portugiesischen Wein aus der Douro-Region bestellen, sagen Sie also nicht – wie die meisten das erwarten würden – „einen Duro bitte“, sondern mit gut vorbereiteter Kennermiene „einen Doru bitte“. Die Aussprache für Weine aus der Dão-Region ist dann etwas für Fortgeschrittene.
Diese Aussprachehürden führten ganz schnell dazu, dass ich abgesehen von den genannten Höflichkeitsfloskeln meist aufs Englische ausweichen musste. Nach ausreichender Vorbereitung gelang es mir zwar, eine offenbar sogar einigermaßen verständliche Frage zu formulieren, aber von der Antwort habe ich dann meistens nur das erste oder das letzte Wort verstanden. Das genügt normalerweise leider nicht.
Manchmal konnte man aber nicht auf Englisch übergehen. Auf einer Wanderung begegneten wir einem älteren Ziegenhirten (so richtig malerisch mit Ziegen, Hunden und durch die Witterung zerfurchtem Gesicht), dem ein Gespräch mit Touristen wohl gerade recht war. Er sprach langsam und verschluckte nur wenige Vokale. Ich habe den Mann verstanden! Ich war also doch des Portugiesischen mächtig!! Dieser Eindruck verschwand aber wieder vollständig am Abend zwischen viertel vor sieben und sieben Uhr während des Aktualitätensprogramms auf RTP 1. Irgendwann während dieser Viertelstunde wurde nämlich der Wetterbericht ausgesendet. Die Präsentatorin der Sendung war nicht nur äußerlich das pure Gegenteil des Ziegenhirten (blond, Deuxpièces, glatt geschminkter Teint). Sie sprach auch ganz anders, nämlich so, als ob es ihr erklärtes Ziel wäre, möglichst viele Vokale wegzulassen. So sprach sie den im Bild eingeblendeten Namen Kristina aus wie krschtna und ein Wort, das representar geschrieben wird, klang bei ihr wie chpchsntar. Keine Chance auch nur einen Satz von ihr zu verstehen! Den Wetterbericht präsentierte dann immer jemand anders, den man mit Hilfe der Wetterbildchen viel besser verstand. Wir hatten vierzehn Tage lang ohnehin ungefähr das gleiche Wetter, so dass der Wortschatz diesbezüglich zum Glück sehr beschränkt bleiben konnte: céu pouco nublado oder céu limpo: leicht bewölkt oder unbewölkt!