Warum geht einem ein Licht auf und nicht an?

Frage

Warum geht jemanden ein Licht auf ? Das Licht geht doch eigentlich an.

Antwort

Guten Tag C.,

woher der Ausdruck genau stammt, weiß ich leider nicht. Er ist nämlich schon recht alt. So kommt die Wendung schon in der Lutherbibel 1545 vor:

… die da sassen / am ort vnd schatten des tods / den ist ein Liecht auffgangen.
… und die da saßen am Ort und Schatten des Todes, denen ist ein Licht aufgegangen.
(Matthäus 4, 16)

Gemeint ist weniger das Licht als Glühbirne, die als Zeichen einer Erleuchtung oder guten Idee über dem Kopf von zum Beispiel Daniel Düsentrieb und anderen Donald-Duck-Figuren angeht. Gemeint ist vielmehr das Licht als leuchtender Himmelskörper, der in der Finsternis der Unwissenheit aufgeht und Klarheit bringt. Meistens ist es heute allerdings etwas nüchterner gemeint, wenn man sagt, dass einem ein Licht aufgegangen ist. Das Bild hat im Laufe der Zeit an Kraft verloren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Als oder zum Dank

Frage

Wie lautet der Satz richtig:

– Als Dank für seine Firmentreue wird Herr … geehrt.
– Zum Dank für seine Firmentreue wird Herr … geehrt.

Antwort

Sehr geehrte Frau G.,

beides ist üblich und richtig:

Als Dank für seine Firmentreue wird Herr M. geehrt.
Zum Dank für seine Firmentreue wird Herr M. geehrt.

Die erste und wichtigste Begründung lautet, dass im Deutschen beide Formulierungen verwendet, verstanden und akzeptiert werden. Bei fest(er)en Wendungen ist oft keine bessere Erklärung als diese möglich. Manchmal hilft selbst ein Abstecher in die Sprachgeschichte nicht oder nur bedingt weiter (vgl. diesen älteren Beitrag).

In diesem Fall sind allerdings beide Formulierungen auch grammatisch erklärbar: Die Formulierung mit als drückt aus, dass Herrn M.s Ehrung der Dank für seine Firmentreue ist. Die Ehrung dient als Dank. Mit zum wird gesagt, dass der Dank für die Firmentreue der Anlass, der Grund für Herrn M.s Ehrung ist. Gemeint ist in beiden Fällen, dass man Herrn M. für seine Firmentreue dankbar ist und ihn deshalb ehrt.

Ich nehme an, dass die Ehrung aus hoffentlich wohlgemeinten positiven Worten besteht. Ich hoffe weiter, dass Herr M. als oder zum Dank dafür, dass er so lange bei der Firma war, neben dem unvermeidlichen Blumenstrauß auch einen seinem Einsatz entsprechenden Bonus erhält, auch wenn er nicht zum vielleicht schon bonusgewöhnten obersten Management gehört. Doch hier beginne ich mich in Personalangelegenheiten einzumischen, die mich als „Sprachdoktor“ gar nichts angehen. Nichts für ungut.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Artikellos von Herzen

Frage

Warum heißt es eigentlich von Herzen und nicht vom Herzen? Eine Vermutung: Es handelt sich um einen feststehenden Ausdruck. Julius Cäsar soll einmal gesagt haben „ab imo pectore“, was unserem von ganzem Herzen entspricht. „Ab“ bedeutet im lateinischen von und wurde einfach 1:1 ins Deutsche übersetzt, ohne es unserer Grammatik anzupassen. Hätte man das getan, würde man vom Herzen sagen.

Antwort

Guten Tag T.,

es handelt sich tatsächlich um einen feststehenden Ausdruck, den es im Deutschen schon lange gibt. Eine „ungrammatische“ Übernahme aus dem Lateinischen bezweifle ich, zumal es im Deutschen ja auch die Wendungen von ganzem Herzen und noch wörtlicher aus tiefstem Herzen gibt.

Der Ausdruck ist nicht neu. So dichtete bereits Walther von der Vogelweide (ca. 1170-1230):

ir kumber manicvalter
der tuot mir von herzen wê
[König-Heinrichston, 9-10]

Aus ungefähr 1254 stammt die folgende Zeile von Rudolfs von Ems:

Nu ist mir von herzen lait
[Willehalm von Orlens, 10629]

Später schrieb zum Beispiel der Barockdichter Friedrich von Logau (1605-1655) in seinen „Sinngedichten“:

Deutsche mühen sich jetzt hoch, deutsch zu reden fein und rein;
Wer von Hertzen redet deutsch, wird der beste Deutsche seyn.
[Sinngedichte, II, 8, 13]

Wer die Freundschaft brechen kann, fing sie nie von Herzen an

Und auch bei Goethe geschah hin und wieder etwas von Herzen. So schrieb er 1768:

Wir lieben lange so, bis wir zuletzt erfahren,
Daß wir, statt treu zu sein, von Herzen närrisch waren.
[Die Laune des Verliebten, 4. Auftritt]

Den Ausdruck von Herzen gibt es also schon lange. Es ist deshalb schwierig, zu ergründen, weshalb man im übertragenen Sinne nicht vom Herzen sagen muss. Mir ist es leider nicht gelungen. Als einzige „Erklärung“ könnte ich anführen, dass dies bei festen Wendungen häufiger vorkommt. So kann etwas nicht nur von Herzen geschehen, es kann auch zu Herzen gehen. Auch hier fehlt eigentlich der Artikel. Ebenso zum Beispiel:

an Bord, auf See, außer Konkurrenz, gegen Abend, nach Laune, ohne Gewähr, über Nacht, zu Bett

Im übertragenen Sinne tut man also etwas von Herzen (wie?). Im wörtlich[er]en Sinne (woher?) braucht es dann wieder einen Artikel: Venen führen Blut zum Herzen, arterielles Blut kommt vom Herzen. Und auch wahre Schönheit, sagt ein in der Kosmetikindustrie selten verwendetes Sprichwort, kommt vom Herzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Was für ein „moppel“ steckt in doppelt gemoppelt?

Frage

Woher stammt der Ausdruck doppelt gemoppelt?

Antwort

Sehr geehrter Herr A.,

leider kann ich Ihnen nur eine sehr unvollständige Antwort geben. Ich weiß weder, wann und wo der Ausdruck entstanden ist, noch, was für ein moppel genau in gemoppelt steht. Mit der umgangssprachlichen Wendung doppelt gemoppelt drückt man wie mit doppelt genäht hält besser aus, dass etwas (meist unnötigerweise) zweimal ausgedrückt wird.

Das umgangssprachliche Substantiv Moppel bezeichnet einen dicklichen Menschen, einen molligen Hund oder eine vollschlanke Katze. Das umgangssprachliche Verb moppeln hat unter anderem die Bedeutung – sagen wir es einmal ganz gesittet – beischlafen. Der Bedeutungszusammenhang mit doppelt gemoppelt ist mir in beiden Fällen ziemlich schleierhaft. Vielleicht gibt es auch eine Verbindung mit moppen (mit einem Mopp saubermachen). Es ist eigentlich gar nicht so wichtig, woher gemoppelt genau kommt. Es geht vor allem um die lautliche Wiederholung, die die Bedeutung der Wendung so schön wiedergibt. Wichtig ist bei gemoppelt also vielmehr der Klang als der Inhalt.

Vielleicht kennt ja ein Leser oder eine Leserin des Blogs die Antwort  – oder einen Teil davon – und ist so nett, dieses Wissen hier mit uns zu teilen. Das Wetter soll ja am Pfingstwochenende nicht überall ganz so schön werden, wie wir es gerne hätten. Freie Zeit und mäßige meteorologische Verhältnisse sind eine gute Voraussetzung für eine kurzen Griff zur Tastatur. Dr. Bopp ist eben auch nur ein Mensch und nicht allwissend. Dies festzustellen ist wohl noch nicht doppelt gemoppelt, aber eine Binsenwahrheit ist es in jedem Fall.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Pfingstwochende

Dr. Bopp

An und auf der Stelle

Frage

Darf ich sowohl „Auf deiner Stelle würde ich …“  als auch „An deiner Stelle würde ich …“ schreiben?

Antwort

Guten Tag J.,

die Redewendung lautet üblicherweise:

An deiner Stelle würde ich …

Etwas steht, liegt, ist, befindet sich, ruht usw. an einer Stelle. Auch in der übertragenen Bedeutung wenn ich an deiner Stelle stünde verwendet man an:

Was würdest du an meiner Stelle tun.
An deiner Stelle würde ich sofort damit aufhören.
Er behauptete, dass er an ihrer Stelle schneller reagiert hätte.

Es heißt also in der Regel an einer/deiner Stelle, nicht auf einer/deiner Stelle. Damit es aber für zum Beispiel Deutschlernende nicht allzu einfach wird, sagt man manchmal doch auf der Stelle. Es handelt sich dann aber um eine andere feste Wendung:

auf der Stelle = sofort
Der Führerschein wurde ihr auf der Stelle entzogen.
An deiner Stelle würde ich auf der Stelle damit aufhören.

Ebenfalls mit auf steht der folgende, eher umgangssprachliche Ausdruck:

auf der Stelle treten = nicht vorwärts kommen; keine Fortschritte machen
Ich habe das Gefühl, dass ich beruflich schon lange auf der Stelle trete.

So viel zu an und auf der Stelle.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Der Adverbialgenitiv

Lassen Sie sich durch den ziemlich fachsprachlichen Titel nicht abschrecken! Wieder einmal hat mich eine Frage eines Nicht-Muttersprachigen auf eine Eigenheit des Deutschen hingewiesen, durch die unsere Sprache zwar nicht einfacher, aber dafür oft ein bisschen schöner wird.

Frage

Ich habe eine Frage zu diesem Satz: „Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, …“ Warum heißt es dort „eines Morgens“? Ich habe gesehen, dass es in vielen literarischen Texten eine ähnliche Struktur im Genitiv gibt. Warum ist das so?

Antwort

Sehr geehrter Herr D.,

es handelt sich bei eines Morgens um eine im Genitiv stehende feste Wendung. Sie ist eine unbestimmte Zeitangabe und hat als solche die Funktion einer Adverbialbestimmung. Der Genitiv wird nicht durch ein Verb oder durch ein anderes Wort im Satz bestimmt. Solche im Genitiv stehenden Adverbialbestimmungen werden Adverbialgenitive genannt (vgl. hier und hier). Adverbialgenitive sind häufig wie in Ihrem Beispiel unbestimmte Zeitangaben, sie können aber auch andere Bedeutungen haben. Weitere Beispiele:

Eines Tages wirst du es verstehen.

Der Kriminalkommissar erhielt eines späten Abends telefonisch einen anonymen Hinweis.

Letzen Endes zählt nicht, was war, sondern was ist.

Die Rohstoffpreise bleiben unseres Erachtens auf einem hohen Niveau.

Das Zitat stammt meines Wissens von Max Liebermann.

Er war aufgebrochen, um um Hilfe zu bitten, kehrte jedoch unverrichteter Dinge zurück.

Dem stimme ich leichten Herzens zu.

Welche Fische kann man ruhigen Gewissens essen?

Beleidigt drehte er sich auf dem Absatz um und verließ schnellen Schrittes das Motel.

Selbst als der Kaiser stolzen Hauptes splitternackt durch die Straßen schreitet, hört man lauter Ahs und Ohs.

Es gibt noch viel mehr Adverbialgenitive, für die wie für die obenstehenden Beispiele gilt: Gezielt eingesetzt können sie sehr schön sein, aber an der falschen Stelle und übermäßig verwendet drohen sie zu papierdeutschen Klischees zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wunder weiß was wie schön

Frage

„Sie meinte, wunderweißwas wie schön sie sei.“ Ist das ein Wort und schreibt man es so?

Antwort

Guten Tag U.,

der Ausdruck gehört eigentlich nur zur gesprochenen Umgangssprache. Wenn Sie ihn dennoch aufschreiben möchten, tun Sie dies am besten wie folgt:

Sie meinte, Wunder weiß was wie schön sie sei.

Man schreibt nämlich Wunder in etwas weniger wortreichen Verstärkungen wie den folgenden ebenfalls von anderen Wörtern getrennt und groß:

Ich kam mir Wunder wie schlau vor.
Ihr bildet euch Wunder was ein.
Er meint Wunder wer zu sein und Wunder was geleistet zu haben.

Sehen Sie auch Wunder in Canoonet.

Im Prinzip ist Wunder weiß was wie eine Zusammenziehung von Wunder wie (siehe Beispiel oben) und Wunder weiß was (siehe unten):

Die können einem Wunder weiß was andrehen.
Er guckte auf seine Schuhspitzen, als gäbe es da Wunder weiß was zu entdecken.

Mit Wunder wer, Wunder was, Wunder wie (oder eben der aneinandergereihten „Turboversion“ Wunder weiß was wie) drückt man aus, dass man eine Einschätzung übertrieben findet. Diese Ausdrucksweise gehört aber, wie gesagt, vor allem zur gesprochenen Umgangssprache. Die richtige Schreibung ist deshalb eigentlich gar nicht so wichtig.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Nach mir die Sintflut

Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen war und ist, aber bei mir hier sieht es in den letzten Tagen öfter aus, als würde es nie mehr aufhören zu regnen. Manchmal drängt sich sogar der Ausdruck „sintflutartige Regenfälle“ auf. Ganz so schlimm ist es natürlich nicht, denn wir kommen noch problemlos ohne Sandsäcke und Wasserpumpen aus, und wenn man an die Flutkatastrophe in Pakistan denkt, haben wir hier erst recht nichts zu klagen. Ich befürchte dann auch nicht, die Sintflut habe wirklich schon angefangen. Verdient hätten wir sie ja vielleicht schon, wenn man bedenkt, dass die Menschheit nicht allzu viel tut, um den drohenden Klimawandel abzuschwächen. In dieser Hinsicht könnte man bei sehr vielen von uns von einer „Nach-mir-die-Sintflut-Haltung“ sprechen.

Mit der Redewendung „Nach mir die Sintflut“ benennt man die egoistische Haltung, bei der jemand nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist und den Nachfolgenden völlig gleichgültig gegenübersteht. Wenn Leute Picknickplätze völlig verdreckt hinterlassen, wenn Banker ausschließlich auf ihre Boni aus sind, wenn die Menschheit die Erde zum eigenen Profit ausbeutet, dann kann man von „Nach mir die Sintflut“ sprechen. Im letzen Fall ist der Ausdruck in vielen Landstrichen der Erde vielleicht sogar wörtlicher zu nehmen, als es den dort Wohnenden lieb sein wird.

Die Redewendung ist eine Übersetzung aus dem Französischen. „Après nous le déluge“, soll der Überlieferung nach Madame de Pompadour, die Mätresse Ludwigs XV., nach der verlorenen Schlacht bei Roßbach (1757) gesagt haben, als sie trotz der Niederlage ihre politischen Pläne nicht aufgeben und weiter Krieg führen wollte. Deshalb machte man sie auch noch nach ihrem Tod für alle französischen Fehlschläge des Siebenjährigen Krieges verantwortlich. Doch das ist ihr eingedenk des ihr zugeschriebenen Mottos wahrscheinlich ziemlich egal.

Das Wort Sintflut hat noch etwas Interessantes: Es ist ein häufig erwähntes Beispiel für die sogenannte Volksetymologie. Es kommt nicht, wie immer wieder angenommen wurde, von Sündflut. Die alt- und mittelhochdeutsche Vorsilbe sin hatte die Bedeutung andauernd, umfassend. Als man diese Vorsilbe nicht mehr verstand, wurde sie durch das „Volk“ zu Sünde umgedeutet. Diese Erklärung drängt sich ganz natürlich auf, wenn man bedenkt,  dass der alttestamentarische rächende Gott die Menschheit mit der Sintflut bestrafte. Bestraft wird man ja im biblischen Kontext für seine Sünden.

Inzwischen meldet der Wetterbericht, dass es in den nächsten Tagen doch wieder Aussicht auf Sonnenschein gibt. So viel zum weltweit meistbesprochenen Thema, dem Wetter.

Viel Erfolg, viel Spaß und vielen Dank!

Frage

Warum heißt es „Vielen Dank!“, aber „Viel Erfolg!“ oder „Viel Spaß!“?

Antwort

Sehr geehrte Frau B.,

den genauen Grund kenne ich nicht. Bei festen Wendungen wie diesen lässt sich oft nicht so einfach sagen, weshalb sie genau so lauten, wie sie lauten. Es handelt sich hier in allen drei Fällen um einen Akkusativ, denn die Ausdrücke sind eigentlich verkürzte Sätze wie diese:

Haben Sie vielen Dank!
Ich sage Ihnen vielen Dank!

Habt viel Spaß/viel Erfolg!
Ich wünsche euch viel Erfolg/viel Spaß!

Wenn viel ohne Artikel vor einem Nomen in der Einzahl steht, bleibt es heute im Gegensatz zu anderen Adjektiven meist ungebeugt:

Du hast großen Erfolg gehabt.
Du hast viel Erfolg gehabt.

Sie verdient gutes Geld.
Sie verdient viel Geld.

(Mehr dazu finden Sie in der canoonet-Grammatik)

Die Ausdrücke Viel Erfolg! und Viel Spaß! entsprechen diesem heutigen Gebrauch: Man sagt nicht *Vielen Erfolg! oder *Vielen Spaß!, auch wenn sie im Akkusativ stehen. In der Wendung Vielen Dank! hingegen wird viel gebeugt. Man kann daraus schließen, dass die Wendung wahrscheinlich älter ist als die beiden anderen oder zumindest schon früher zur festen Wendung geworden ist.

Solche festen Wendungen und Floskeln entziehen sich oft der „normalen“ Grammatik, weil sie nicht als eine Reihe einzelner Wörter, sondern als Ganzes eine eigene Entstehungs- oder Entwicklungsgeschichte durchgemacht haben. Andere „ungrammatische“ Beispiele dieser Art, die mir hier ganz spontan in den Sinn kommen, sind eines Nachts und aus aller Herren Länder. Nacht ist weiblich und im Genitiv endungslos. Länder müsste eigentlich im Dativ stehen: aus … Ländern. In bestimmten Zusammenhängen sind also selbst gröbere Verstöße gegen die Grammatikregeln richtig!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Warum die Katze nicht gewöhnt ist, Trockenfutter zu fressen

Hinweis für Tierliebhaber: Das ist an dieser Stelle keine Frage der Tierhaltung, sondern der Grammatik. Die standardsprachliche Katze ist nämlich gegebenenfalls [es] gewohnt oder daran gewöhnt, Trockenfutter zu erhalten.

Frage

Sind die beiden Sätze „Ich bin es gewöhnt“ und „Ich bin es gewohnt“ ihrer Meinung nach korrekt und gleichbedeutend? […] Könnte man sagen: „Ich bin das Klima gewöhnt/gewohnt“?

Antwort

Sehr geehrter Herr C.,

die beiden Wörter gewohnt und gewöhnt haben tatsächlich eine sehr ähnliche Bedeutung. Sie werden aber im Satz unterschiedlich verwendet. Standardsprachlich sind diese Formulierungen üblich:

etwas gewohnt sein
an etwas gewöhnt sein

Daraus ergeben sich für Ihr Beispiel die folgenden Möglichkeiten:

Ich bin das Klima gewohnt.
Ich bin an das Klima gewöhnt.

Ich bin es gewohnt.
Ich bin daran gewöhnt.

Die Formulierung Ich bin das Klima gewöhnt gilt standardsprachlich als nicht korrekt.

Auch in Verbindung mit einer Infinitivkonstruktion (zu+Infinitiv) formuliert man unterschiedlich, wobei gewohnt mit oder ohne es stehen kann:

Die Katze ist [es] gewohnt, Trockenfutter zu fressen.
Die Katze ist daran gewöhnt, Trockenfutter zu fressen.

Auch hier gilt, dass man standardsprachlich nicht sagt: Die Katze ist [es] gewöhnt, Trockenfutter zu fressen.

Mit gewöhnt drückt man aus, dass etwas das Resultat einer Gewöhnung ist. Mit gewohnt sagt man, dass etwas eine Gewohnheit ist, dass etwas als Selbstverständlichkeit empfunden wird, weil es immer so ist. Die beiden Bedeutungen liegen nicht sehr weit auseinander, so dass es öfter möglich ist, sowohl eine Sache gewohnt sein als auch an eine Sache gewöhnt sein zu sagen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp