Warme Temperaturen?

Frage

Im Zusammenhang mit dem Klimawandel hat sich seit einiger Zeit der Begriff „warme Temperaturen“ eingebürgert. Ich halte das für falsch, denn die Temperaturen sind m. E. hoch (oder niedrig), aber nicht warm. Warm sind Luft, Wasser oder das Klima. Wie stehen Sie zu dem Ganzen?

Antwort

Guten Tag Herr A.,

in der Standardsprache heißt es stilistisch gut:

hohe Temperaturen
niedrige/tiefe Temperaturen

Formulierungen wie warme Temperaturen und kühle Temperaturen sollte man vermeiden. Warm oder kühl ist die Luft, nicht ihre Temperatur.

Noch deutlicher ist der Unterschied zwischen „stilistisch gut“ und „standardsprachlich zu vermeiden“ bei folgenden Beispielen.

Standardsprachlich nicht:

teure Preise, teure Mieten
billige Preise, billige Mieten

sondern:

hohe Preise, hohe Mieten
niedrige/tiefe Preise, niedrige/tiefe Mieten

Teuer ist das Flugticket, nicht sein Preis. Der ist hoch.

Keine dieser Formulierungen ist aber logisch oder grammatisch grundsätzlich falsch. Es ist, wie gesagt, eine Frage der guten Wortwahl und des guten Stils. Man kann für mehr oder weniger billige Preise in die heißen Temperaturen des Südens fliegen, aber stilistisch reist man besser für niedrige Preise in die Hitze des Südens – und klimabewusster fliegt man ohnehin am besten nicht, damit die Temperaturen nicht noch höher werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Die Mütze, sie/diese/die ist rot

Frage

Ich habe eine Frage zur Verwendung von Demonstrativpronomina: In meiner Schulzeit habe ich gelernt, dass man „diese(r/s)“ verwenden muss, wenn man sich auf das letzte Substantiv im vorherigen Satz bezieht. Beispiel:

Die Ente trägt eine Mütze. Diese ist rot.

Nun hat es sich aber eingebürgert, dass stattdessen oft „der/die/das“ verwendet wird, also:

Die Ente trägt eine Mütze. Die ist rot.

Das klingt in meinen Ohren schrecklich umgangssprachlich. Da meine Schulzeit aber schon eine Weile zurückliegt, würde mich interessieren, wie die offizielle Regelung hierzu aussieht. Gibt es eventuell eine Stelle im Duden, die man heranziehen kann? Mittlerweile habe ich sowohl das Internet als auch die Duden-Grammatik durchforstet, ohne einen brauchbaren Hinweis zu finden.

Antwort

Guten Tag Frau M.,

Sie finden hier keine festen Regeln, weil die Wahl des Pronomens (diese, die bzw. sie) keine grammatische, sondern eine stilistische Entscheidung ist. Dafür gibt es keine verbindlichen oder offiziellen Regeln.

Keine der folgenden Formulierungen ist falsch:

a) Die Ente trägt eine Mütze. Sie ist rot.
b) Die Ente trägt eine Mütze. Diese ist rot.
c) Die Ente trägt eine Mütze. Die ist rot.

Während bei a) mit etwas gutem Willen auch die Ente rot sein könnte, ist bei b) und c) deutlicher, dass die Mütze rot ist. Dabei ist diese formeller und die etwas weniger formell, ohne gleich umgangssprachlich zu sein. Für einen formellen Text würde ich deshalb diese oder sie empfehlen. In der Alltagssprache ist die aber auch gut vertretbar. Ebenso zum Beispiel:

Wir schauen in den Himmel und er ist blau.
Wir schauen in den Himmel und dieser ist blau.
Wir schauen in den Himmel und der ist blau.

Beim Bezug auf Personen gilt die Wahl von die oder der statt sie bzw. er allerdings als unhöflich und/oder umgangssprachlich:

Frau S. ist meine Nachbarin, aber die sieht man kaum.
Kennst du Rolf? Dem würde ich nicht vertrauen.

Hier geht es aber nicht um eine Person. Es ist also nicht gleich schrecklich umgangssprachlich, wenn man sich mit die auf die Mütze der Ente bezieht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das höfliche „Sie“ für eine und für mehrere Personen

Frage

Ich habe gelesen, dass die Höflichkeitsform im Plural identisch sei mit der Höflichkeitsform im Singular. Ist das richtig? […]

Singular, zu einer einzelnen Person: „Haben Sie alles gefunden, was Sie brauchen?“
Plural, zu einer Personengruppe: „Haben Sie alles gefunden, was Sie brauchen?“

Singular, zu einer einzelnen Person: „Ich gebe Ihnen den Schlüssel zu den Gebäuden.“
Plural zu einer Personengruppe: „Ich gebe Ihnen den Schlüssel zu den Gebäuden.“

Folgendes irritiert mich:

Wir können in der Nicht-Höflichkeitsform zwischen Singular und Plural unterscheiden, deshalb gibt es ja den Plural. Ich finde es sehr merkwürdig, dass man in der Höflichkeitsform nicht zwischen Singular und Plural unterscheidet.

Wenn es den Plural in der Höflichkeitsform nicht braucht, wieso den Plural nicht auch in der Nicht-Höflichkeitsform abschaffen?

Weshalb hat man den Plural überhaupt eingeführt? Offenbar geht es auch ohne […]

Antwort

Guten Tag Herr W.,

die Höflichkeitsform ist im Deutschen tatsächlich für eine und für mehrere Personen identisch. Man verwendet in beiden Fällen die dritte Person Plural:

Haben Sie alles gefunden, was Sie brauchen?
Ich gebe Ihnen den Schlüssel zu den Gebäuden.

Was gemeint ist, ergibt sich in der Regel problemlos aus dem Kontext. Wenn dem nicht so ist, hilft in der gesprochenen Sprache meist ein Blick oder man ergänzt zum Beispiel in der folgenden Weise:

Ich gebe Ihnen, Frau M., den Schlüssel zu den Gebäuden.
Ich gebe Ihnen allen den Schlüssel zu den Gebäuden.

Das gleiche „Problem“ gibt es zum Beispiel auch im Französischen mit dem höflichen vous oder ganz allgemein im Englischen mit you. Auch dort ist ohne Kontext nicht erkennbar, ob man sich an eine oder an mehrere Personen richtet.

Zu Ihren Fragen: Man verwendet die Anredepronomen so, weil es sich im Verlauf der Sprachentwicklung so ergeben hat und es im Allgemeinen so funktioniert. Es liegt keine bewusste und „logisch“ begründete Entscheidung zu Grunde. Es ist ja auch nicht logisch, die dritte Person für die Höflichkeitsform zu verwenden. Man kann also nicht sagen, dass der Plural gezielt eingeführt wurde oder umgekehrt abgeschafft werden könnte.

Grob vereinfacht dargestellt sieht die Entwicklung der Höflichkeitsform im Deutschen wie folgt aus: Zuerst gab es als Anrede für eine Person nur du. Ab dem 9. Jahrhundert begann man die Pluralform ihr als höfliche Anrede für eine Person  zu verwenden. Später kam daneben die dritte Person Einzahl er bzw. sie auf, die eine größere Distanz zur angeredeten Person schafft. Noch später wurde diese Einzahl (unter dem Einfluss des Majestätsplurals) auch für nur eine Person langsam durch die Pluralform Sie ersetzt. Seit ca. dem 19. Jahrhundert sind nur noch du und Sie üblich. Letzteres, wie gesagt, für eine und für mehre Personen.

In anderen europäischen Sprachen gibt es andere „Lösungen“ für die höfliche Anrede. Zum Beispiel:

  • Französisch: vous, 2. Pers. Plur. für eine und mehrere Personen
  • Italienisch: Lei, 3. Pers. Sing. für eine Person; voi, 2. Person Plural für mehrere Personen
  • Spanisch: Usted + Verb in der 3. Pers. Sing. für eine Person; Ustedes + Verb in der 3. Pers. Plur. für mehrere Personen
  • Niederländisch: u + Verb in der 2. oder 3. Pers. Sing. für eine und für mehrere Personen

Von einem einheitlichen Prinzip kann hier also nicht die Rede sein – zumal für all diese Sprachen gilt, dass die richtige Verwendung der Höflichkeitsformen in verschiedenen Situationen noch ein bisschen komplizierter sein kann.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

An Weihnachten, zu Weihnachten oder einfach nur Weihnachten

Ob Sie einen Weihnachtsbaum oder einen Christbaum schmücken oder ob bei Ihnen der Weihnachtsmann oder das Christkind die Geschenke darunterlegt, kann verraten, aus welcher Sprachregion Sie (ungefähr) kommen. Aber auch ob Sie etwas an Weihnachten tun, zu Weihnachten tun oder einfach Weihnachten tun, kann ein Hinweis auf Ihre sprachliche Herkunft sein.

In der Schweiz, in Süddeutschland und in Westdeutschland bis nach Westfalen geht man – wenn man geht – an Weihnachten in die Kirche. Im Norden und Osten Deutschlands und in Österreich tut man dies zu Weihnachten. In der nördlichen Hälfte Deutschlands wird daneben auch ganz ohne Präposition Weihnachten zur Kirche gegangen.

Wie diese Verteilung auf einer Karte aussieht, sehen Sie auf der entsprechenden Seite des Atlas zur deutschen Alltagssprache.

Natürlich sind dies verallgemeinernde Angaben. Durch die wachsende Mobilität und den Einfluss der Massenmedien verwischen solche regionalen Sprachgrenzen immer mehr. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie an Weihnachten sagen, obwohl Sie in einer Region wohnen, in der man gemäß der Karte zu Weihnachten sagt.

Ganz egal, ob das Wort Weihnachten bei Ihnen mit an, mit zu oder ohne Präposition steht: Schöne Feiertage!

Dr. Bopp

Eine zunehmend wichtige/wichtigere Rolle?

Frage

Kürzlich las ich in einer wissenschaftlichen Publikation die Formulierung „eine zunehmend wichtige Rolle“. Da mir nur der Ausdruck „eine zunehmend wichtigere Rolle“ geläufig ist, stutzte ich. Nach kurzem Nachdenken befand ich aber die gelesene Variante für die bessere, da mir „zunehmend“ + Komparativ tendenziell pleonastisch erscheint. Wie sehen Sie das? Mögliche Beispiele wären:

Sie kamen in zunehmend größere Schwierigkeiten.
Sie kamen in zunehmend große Schwierigkeiten.

Man denke auch an einen Fall wie diesen, in dem man von der Verwendung von „zunehmend“, wie mir scheint, überhaupt Abstand nehmen sollte.

Sie wird zunehmend älter.
Sie wird zunehmend alt.
Sie wird älter.

Antwort

Guten Tag Herr K.,

was „richtig“ ist, hängt davon ab, wie viel und welche eigenständige Bedeutung man zunehmend zugesteht. Wörtlich genommen bedeutet es so etwas wie immer mehr. Dann passt in Ihren Beispielen die Grundstufe (Positiv) besser als die Höherstufe (Komparativ)

eine zunehmend wichtige Rolle
zunehmend große Schwierigkeiten
Sie wird zunehmend alt

Etwas weiter weg von der wörtlichen Bedeutung steht zunehmend, wenn es gleich wie immer (also ohne mehr) vor einem Komparativ verwendet wird. Dieses immer gibt vor einem Komparativ eine stetige Steigerung an:

ein zunehmend wichtigere Rolle
zunehmend größerer Schwierigkeiten
Sie wird zunehmend älter.

Ich halte diese Verwendung von zunehmend für (stilistisch) weniger gut, sie kommt aber auch häufig vor und ist entsprechend nicht als falsch anzusehen. Und beim letzten Beispiel haben Sie recht: Manchmal sollte man sich überlegen, zunehmend ganz einfach wegzulassen oder durch immer zu ersetzen.

NB: Sprache ist ist nicht Logik. Strikt wörtlich genommen ist eine zunehmend wichtigere Rolle entweder pleonastisch (es wird zweimal dasselbe ausgedrückt) oder es drückt eine immer schneller verlaufende (exponentielle) Steigerung aus. Im „normalen“ Sprachgebrauch wird aber zunehmend nicht nur mit der Bedeutung immer mehr vor einem Positiv, sondern auch wie einfaches immer vor einem Komparativ verwendet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp.

Wann steht was: für etwas schwärmen und von etwas schwärmen?

Frage

Können Sie mir mir erklären, was der Unterschied zwischen „schwärmen für“ und „schwärmen von“ ist? In einem Übungsbuch steht, dass im Satz „Viele junge Mädchen schwärmen für Pferde und Reiten“ nur die Präposition „für“ korrekt ist und nicht „von“. Warum ist das so?

Antwort

Guten Tag Herr T.,

es gibt einen Unterschied zwischen für jemanden/etwas schwärmen  und von jemandem/etwas schwärmen:

Wenn man für jemanden/etwas schwärmt, mag man jemanden/etwas sehr gern; man verehrt jemanden/etwas schwärmerisch:

für Taylor Swift schwärmen = großer Fan der Sängerin sein

für Pferde und Reiten schwärmen = Pferde und Reiten sehr mögen

Wenn man von jemandem/etwas schwärmt, äußert man sich in schwärmerischen Worten über diese Person/darüber:

von Taylor Swift schwärmen =  sich schwärmerisch über die Sängerin äußern, sehr positiv über sie reden

von Pferden und Reiten schwärmen = sich schwärmerisch über Pferde und Reiten äußern, sehr positiv darüber reden

Die Unterscheidung ist aber nicht immer so streng. Mit für jemanden/etwas schwärmen kann manchmal auch gemeint sein, dass man schwärmerisch über jemanden/etwas redet.

Dann noch zum Satz im Übungsbuch: Ohne weiteren Zusammenhang ist es wahrscheinlicher, dass gemeint ist, dass viele junge Mädchen für Pferde und Reiten schwärmen, also Pferde und Reiten sehr mögen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch gemeint sein könnte, dass sie von Pferden und Reiten schwärmen, also sehr positiv über Pferde und Reiten reden. In dem Lückentext passt aber rein grammatisch nur für Pferde, nicht von Pferde, weil es ja von Pferden heißen müsste.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

„Feste Zeiten, an/in/während/zu denen …“ – manchmal ist vieles möglich

Frage

Eine Frage zu einer Präposition: „Ich möchte feste Zeiten einführen, in denen ich online bin.“ Die Präposition „in“ scheint mir fragwürdig. Wäre „zu“ nicht besser?

Antwort

Guten Tag Herr L.,

Die Antwort auf diese Frage ist wahrscheinlich unbefriedigend für diejenigen, die eindeutige und klare Verhältnisse mögen. Für alle anderen mag es schön sein, zu sehen, wie viel Freiheit uns die Sprache lässt. Für diese Formulierungen kommen nämlich (mindestens) vier Formulierungen in Frage:

feste Zeiten, in denen ich online bin
feste Zeiten, zu denen ich online bin
feste Zeiten, an denen ich online bin

Bei der vierten Variante sollte man allerdings standarsprachlich nicht (wie es oben im Titel der Einfachheit halber geschehen ist) den Dativ denen, sondern den Genitiv derer wählen:

feste Zeiten, während derer ich online bin

Gibt es dabei Unterschiede? Eigentlich nur Folgendes: Wenn es um einen Zeitpunkt oder verschieden Zeitpunkte geht, drängt sich eher an oder zu auf als in:

feste Zeiten, an denen sie aufstehen
feste Zeiten, zu denen sie aufstehen
(feste Zeiten, in denen sie aufstehen)

Wirklich ausgeschlossen ist in aber nicht. Die Präposition während hingegen ist nur bei Angaben einer Zeitdauer möglich. Sie klingt (wegen des Genitivs?) auch ein bisschen gehobener also an, in und zu.

Im Übrigen werden diese Präpositionen bei Angaben dieser Art bunt gemischt, ohne dass dabei wesentliche Anwendungs- oder Bedeutungsunterschiede zu erkennen sind. Dazu, ob es eventuell regionale Unterschiede gibt, konnte ich so schnell nichts finden. Im persönlichen Sprachgebrauch gibt es aber bestimmt Vorlieben und Abneigungen, wie Ihre Frage zeigt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Es muss nicht unbedingt „zu der Zeit, zu der“ sein

Frage

Ich frage mich schon länger, ob man „zu der Zeit, als/wenn“ sagen kann oder ob man „zu der Zeit, zu der“ sagen muss?

Antwort

Guten Tag Frau E.,

man kann zu der Zeit, zu der sagen, es ist aber wegen der Wiederholung von zu der nicht die schönste Formulierung, die das Deutsche je hervorgebracht hat:

zu der Zeit, zu der die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
zu dem Zeitpunkt, zu dem  er verhaftet wurde

Es gibt daneben zum Glück noch verschieden andere Möglichkeiten:

Mit zu der Zeit ist meistens ein Zeitpunkt in der Vergangenheit gemeint (zu der Zeit = damals). Dann ist ein Anschluss mit als sehr gebräuchlich, aber auch da, in der und wo sind möglich:

zu der Zeit, als die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
zu der Zeit, da die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
zu der Zeit, in der die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war
(zu der Zeit, wo die Müllabfuhr noch mit Pferdewagen unterwegs war)

zu dem Zeitpunkt, als er verhaftet wurde
zu dem Zeitpunkt, da er verhaftet wurde
zu dem Zeitpunkt, an dem er verhaftet wurde
zu dem Zeitpunkt, in dem er verhaftet wurde
(zu dem Zeitpunkt, wo er verhaftet wurde)

Dabei gehört da eher zum gehobenen Sprachgebrauch. Bei wo scheiden sich die Geister. Es ist im Prinzip auch standardsprachlich akzeptiert, aber manche schließen wo aus, wenn es sich auf eine Zeitangabe bezieht. Sie müssen deshalb auf mögliche Kritik mehr oder weniger wohlwollender Mitmenschen gefasst sein, wenn Sie hier wo verwenden.

Mit zu der Zeit kann seltener auch ein allgemeiner Zeitpunkt oder ein gegenwärtiger oder zukünftiger Zeitpunkt gemeint sein (zu der Zeit = dann). Dann kann mit wenn oder wie oben mit da, in der oder wo angeschlossen werden:

zu der Zeit, wenn die Rosen blühen
zu der Zeit, da die Rosen blühen
zu der Zeit, in der die Rosen blühen
(zu der Zeit, wo die Rosen blühen)

bis zu dem Zeitpunkt, wenn der Vertrag aufgelöst wird
bis zu dem Zeitpunkt, da der Vertrag aufgelöst wird
bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Vertrag aufgelöst wird
bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Vertrag aufgelöst wird
(bis zu dem Zeitpunkt, wo der Vertrag aufgelöst wird)

Man muss also nicht unbedingt zu der Zeit, zu der sagen. Es gibt eine Auswahl an Alternativen für zu der: allgemein übliches als oder wenn, eher gehobenes da, neutrales in der und „urtümliches“, aber nicht von allen gleichermaßen akzeptiertes wo.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Speakerinnen und Speaker oder Sprecherinnen und Sprecher

Frage

Mich würde Ihre Ansicht zur Verwendung von „Speakerinnen und Speaker“ im PR-Bereich etc. im Sinne von „Sprecherinnen und Sprecher“ sehr interessieren. Zumindest laut Duden eigentlich nur Verwendung von „Speaker“ im politischen Sinn. Ist die Verwendung des englischen Begriffes deshalb im PR-Bereich etc. bislang noch abzulehnen?

Antwort

Guten Tag Frau L.,

in Duden und in anderen Wörterbüchern erscheint Speaker als Personenbezeichnung meist nur für die entsprechenden Amtsbezeichnungen in Großbritannien und in den USA. Die Bedeutung Sprecher/Sprecherin oder Redner/Rednerin findet man dort nicht. Wenn ein Wort nicht in den Wörterbüchern steht, heißt das nicht zwangsläufig, dass man es nicht verwenden darf oder nicht verwenden sollte. Es heißt häufig einfach, dass ein Wort es noch nicht ins Wörterbuch geschafft hat.

Duden nennt weiter auch Speaker als Fachwort für Lautsprecher. Als solches ist es ein Fremdwort für einen Begriff, für den es auch ein deutsches Wort mit der gleichen Bedeutung gibt. Inwieweit das Lehnwort dann „sinnvoll“ ist, sei hier dahingestellt. Tatsache ist, dass Speaker häufig für Lautsprecher verwendet wird und so Eingang in den deutschen Wortschatz gefunden hat.

Wenn im Marketing, im PR-Bereich usw. Speaker/Speakerin für Sprecher/Sprecherin geläufig ist, kann man diese Verwendung für unnötig oder unschön halten, falsch ist sie aber nicht. Die Wörter werden sogar der deutschen Grammatik angepasst, wie unter anderem die folgenden Wortformen zeigen: des Speakers, die Speaker; Speakerin, Speakerinnen.

Es gibt keine Instanz, die die Verwendung von Fremdwörtern in Fachsprachen und in der Allgemeinsprache verbindlich verurteilen kann. Ich persönlich würde Speaker/Speakerin nicht verwenden, weil der englische Begriff im Vergleich zu den deutschen Entsprechungen Sprecher/Sprecherin oder Redner/Rednerin keine wesentlich andere Bedeutung oder Bedeutungskomponente hat. Gerade im PR-Bereich u. Ä. soll aber Englisch einen moderneren, internationaleren oder professionelleren Eindruck machen. Dies ist wahrscheinlich häufig der Grund für die Wahl des englischen Begriffs. Vielleicht findet man auch einfach, dass Speaker besser zu zum Beispiel Keynote passt als Sprecher, Redner oder gar Referent.

Ob man den Begriff Speaker/Speakerin ablehnt oder nicht, ist keine „offizielle Entscheidung“, sondern eine Frage des (persönlichen) Stils. Meine Empfehlung: Innerhalb der entsprechenden Fachsprachen ist der Begriff bereits gebräuchlich (aber man muss ihn natürlich nicht verwenden). In der Allgemeinsprache vermeidet man ihn besser.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Aus Angst oder vor Angst?

Frage

Erlauben Sie bitte die folgende Frage: Wo liegt in Bezug auf die Semantik der Unterschied zwischen „aus Angst“ und „vor Angst“?

Antwort

Guten Tag Herr M.,

man kann sagen, dass aus Angst den Grund für eine bewusste Handlung angibt. Man hat Angst und diese Angst ist die Ursache für eine bewusste Reaktion:

aus Angst schweigen
aus Angst handeln
aus Angst vor etwas flüchten

Mit vor Angst gibt man den Grund für eine unwillkürliche Reaktion an. Man hat Angst und diese Angst löst eine Reaktion aus, auf die man selbst keinen Einfluss hat:

vor Angst zittern
vor Angst weinen
vor Angst außer sich sein

Die Trennung wird aber nicht immer von allen genau so eingehalten. Sie ist auch nicht immer so eindeutig. So wäre es zum Beispiel bei einem verängstigten Hund schwierig zu entscheiden, ob er sich bewusst aus Angst oder unbewusst vor Angst hinter dem Sofa versteckt.

Auch der bildliche Sprachgebrauch, dessen wir uns häufig bedienen, steht einer genauen Trennung im Weg. Wenn wir aus Angst wegrennen, haben wir Angst und beschließen wir selbst, wegzurennen. Wenn wir vor Angst wegrennen, haben wir Angst und rennen unwillkürlich weg, ohne dass wir dies vorher bewusst entscheiden. Im ersten Fall entscheiden wir selbst, im zweiten Fall übernimmt bildlich die Angst die Entscheidung. Und wenn die Angst groß genug ist oder unerwartet schnell aufkommt, lässt sich wahrscheinlich kaum entscheiden, ob wir nun aus oder vor Angst wegrennen.

Mehr hierzu und dass es auch für zum Beispiel aus/vor Freude, aus/vor Zorn, aus/vor Leidenschaft, aus Überzeugung und vor Anstrengung gilt, finden Sie in diesem schon ziemlich alten Blogartikel.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Bopp