zusammenraufen oder zusammen raufen

Frage

Ich frage mich, wie man zusammen raufen schreibt. Zusammen oder getrennt?

Antwort

Sehr geehrte Frau H.,

ob man zusammenraufen oder zusammen raufen schreibt, hängt davon ab, was gemeint ist. Man schreibt zusammenraufen, wenn man damit meint: sich zusammenraufen = sich erst streiten und dann doch gut verstehen. Getrennt schreibt man zusammen raufen, wenn es miteinander kämpfen, balgen bedeutet. Achten Sie dabei auch auf die Betonung:

Die Parteien sollten das Kriegsbeil begraben und sich zusammenraufen.
Ihr Jungs solltet nicht immer zusammen raufen.

Weitere Informationen finden Sie auf dieser Seite.

Ganz ähnlich liegt das auch in den folgenden Fällen:

Es ist nicht das Gleiche, ob man Stimmen zusammenzählt (addiert) oder zusammen zählt (gemeinsam zählt).
Man kann etwas schneller zusammenbasteln, wenn man zusammen bastelt.
Ein größerer Betrag ist schneller zusammengeklaut, wenn man zusammen klaut.

Die Liste ließe sich noch um einiges verlängern.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Jein!

Frage

Gibt es bereits ein Wort das weder Ja noch Nein beschreibt. Wie wäre es mit Jain oder Jein?

Antwort

Ein solches Wort gibt es. Es ist sogar ein ziemlich bekanntes und vielverwendetes Wort: jein.

Seine Bedeutung ist meistens ja, aber; nein, außer; einerseits ja, andererseits nein. Es verlangt normalerweise eine sowohl die Jaseite als auch die Neinseite erläuternde Ergänzung. Als allein stehende Antwort kann jein eigentlich nur scherzhaft oder abwertend gemeint sein:

Auf die Frage, ob sie bereit sei, antwortete sie mit einem eindeutigen Jein.
Im Brustton der Überzeugung antwortet er: „Jein!“
Klare Antworten erhält man von ihm nie, er sagt immer nur jein.

Falls Sie an der Groß- und Kleinschreibung interessiert sind: Es gelten die gleichen Regeln wir für ja und nein.

Ein Wort wie jein wird Kofferwort (engl. portmanteau) genannt. Der Ausdruck stammt aus dem 6. Kapitel von Lewis Carrolls Alice hinter den Spiegeln:

“That’s enough to begin with,? Humpty Dumpty interrupted: “there are plenty of hard words there. ‘Brillig’ means four o’clock in the afternoon – the time when you begin broiling things for dinner.?

“That’ll do very well?, said Alice, “and ‘slithy’??

“Well, ‘slithy’ means ‘lithe and slimy’. ‘Lithe’ is the same as ‘active’. You see it’s like a portmanteau – there are two meanings packed up into one word.?

„Das ist erst mal genug“, unterbrach Hampti Dampti, „da sind ja schon eine ganze Menge schwerer Wörter. ,Brollig’ bedeutet vier Uhr nachmittags – die Zeit also, zu der man mit dem Brodeln von Sachen für das Abendessen beginnt.“

„Das passt sehr gut“, freute sich Alice, „Und ,schleimdig’?“

„Nun, ,schleimdig’ bedeutet ,schleimig’ und ,geschmeidig’. Siehst du, das ist wie bei einem Koffer – du packst zwei Bedeutungen in ein Wort.”

(Übersetzung von Dieter H. Stündel)

Andere Kofferwörter sind zum Beispiel:

Demokratur (Demokratie + Diktatur)
Eurasien (Europa + Asien)
Teuro (teuer + Euro)
Transistor (engl. transfer + resistor)
verschlimmbessern (verschlimmern + verbessern)
Nescafé (Nestlé + Café)
Osram (Osmium + Wolfram)

Und auf gut Denglisch (Deutsch + Englisch):

Brunch (breakfast + lunch)
Infotainment (Information + Entertainment)
Podcasting (iPod + broadcasting)

Natürlich gibt es in der Sprachwissenschaft noch ein paar andere Ausdrücke für die gleiche oder ähnliche Erscheinungen: Neben den leicht verständlichen Ausdrücken wie Wortkreuzung, Wortmischung und Wortverschmelzung gibt es Begriffe wie Kontamination und Amalgamierung. Der erste klingt nach Verunreinigung und der zweite – zumindest für die Älteren unter uns – nach Zahnfüllungen. Kontaminierung geht auf das lateinische contaminare zurück, das tatsächlich durch Berührung, Verschmelzung, Vermengung verderben bedeutete. Deshalb wurden und werden manchmal nur fehlerhafte Vermengungen von Wörtern und Ausdrücken als Kontaminationen bezeichnet (zum Beispiel unzweifellos oder Auch ein blindes Huhn legt einmal ein Ei). Ein Amalgam ist in erster Linie eine Legierung mit Quecksilber. Amalgame wurden für Zahnfüllungen verwendet, sind aber in dieser Verwendung mittlerweile sehr umstritten. Im übertragenen Sinne wird das Wort auch mit der Bedeutung Mischung verwendet. Und über diesen letzten Schritt versteht man den Begriff Amalgamierung für Wörter wie jein wahrscheinlich etwas besser.

Die Sprachwissenschaft wäre nicht die Sprachwissenschaft, wenn sich alle über die genaue Definition der genannten Begriffe einig wären. Wenn Sie mich also fragen, ob alle obengenannten Wörter eindeutig Kofferwörter sind, müsste ich mit einem klaren Jein antworten.

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Die heutige Frage ist eigentlich ein Kommentar zu einem anderen Beitrag, der aber schon etwas weiter zurücklieg. Ich wollte deshalb nicht dort, sondern etwas prominenter an dieser Stelle darauf reagieren.

Mein Mitarbeiter oder ich stehe, stehen, steht …?

Frage

Heißt es bei dem Satz: Für Rückfragen stehe(n) ich oder mein Mitarbeiter Ihnen gerne zur Verfügung. Heißt es hier stehe oder stehen? Wie lautet die Regel ?

Antwort

Sehr geehrter Herr S.,

es gibt leider (oder je nach Einstellung zur Grammatik: zum Glück) keine allgemeingültige Regel zu dieser Frage. Es gibt allerdings eine starke allgemeine Tendenz, die auf der unten erwähnten Grammatikseite aufgezeigt wird.

Kurz zusammengefasst lautet die Tendenz, dass bei mit oder verbundenen Subjektteilen, die sich in Person und/oder Anzahl voneinander unterscheiden, das Verb sich nach dem ihm am nächsten stehenden Subjektteil richtet. In Ihrem Beispielsatz sind die Subjektteile erste Person Einzahl (ich) und dritte Person Einzahl (mein Mitarbeiter). Das Verb steht am nächsten bei ich und wird deshalb am ehesten in der ersten Person Einzahl verwendet:

Für Rückfragen stehe ich oder mein Mitarbeiter Ihnen gern zur Verfügung.
oder „umgekehrt“:
Für Rückfragen steht mein Mitarbeiter oder ich Ihnen gern zur Verfügung.

Am besten vermeidet man solche Konstruktionen, denn sie klingen für viele Deutschsprachige irgendwie unbefriedigend. Beispiele für mögliche Umschreibungen sind:

Für Rückfragen stehen ich und mein Mitarbeiter Ihnen gerne zur Verfügung.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an mich oder meinen Mitarbeiter.

Weiter Informationen finden sie auf dieser Grammatikseite, insbesondere unter

  • Problemfälle: Zwei verschiedene Personen mit oder
  • Problemfälle; 1. Person und 3. Person

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Liebe Auszubildende(n)?

Frage

Ich habe eine Frage zur Flexion von substantivisch verwendeten Partizipien: Wenn ich meine Azubis anschreiben möchte, heißt es dann Liebe Auszubildende oder Liebe Auszubildenden?

Antwort

Sehr geehrte Frau S.

Die richtige Anrede lautet in diesem Fall:

Liebe Auszubildende

Das Partizip wird hier wie ein substantiviertes Adjektiv verwendet. Es muss deshalb wie ein ohne Artikelwort stehendes Adjektiv gebeugt werden. Es hat die gleiche Endung wie das vor ihm stehende Adjektiv liebe.

Ohne Artikelwort stehende Adjektive werden stark gebeugt und Anreden stehen im Nominativ. Daraus folgt, dass die beiden Wörter in der Anrede die folgende Form haben müssen: Nominativ Plural starke Flexion.

  • Die Endug des Nominativ Plural der starken Flexion ist -e (vgl. Sie sind auszubildende Jugendliche)
    => Auszubildende
  • Die Regeln zur Deklination von substantivieren Adjektiven, die einem deklinierten Adjektiv folgen, stehen hier.
    => Liebe Auszubildende

Andere Beispiele sind:

Lieber Auszubildender
Liebe Studierende
Sehr geehrte Beamtinnen und Beamte

Die Anrede mit der Endung en (Liebe Auszubildenden) wird wohl in Anlehnung an die Pluralform mit Artikelwort (die Auszubildenden) oder Anreden mit anderen Wörter (zum Beispiel Liebe Kollegen) gebildet. Sie kommt recht häufig vor, ist aber als falsch anzusehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Die Semmel

Frage

Ich hätte eine Frage und zwar: Schreibt man 1 Paar Wienerle im Semmel oder 1 Paar Wienerle in der Semmel?

Antwort

Sehr geehrte Frau K.,

im Standarddeutschen ist Semmel weiblich: die Semmel. Sehen Sie hierzu die Angaben auf Canoonet. Richtig ist somit: 1 Paar Wienerle in der Semmel. Falls Sie es noch etwas hochdeutscher formulieren wollen, lautet die Formulierung: 1 Paar Wiener Würstchen in der Semmel. Wienerle gilt nämlich als umgangssprachlich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

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So weit die „offizielle“ Antwort. Mit der Semmel bewegen wir uns aber im Bereich des Essens und der Küche. Es gibt wohl keinen anderen Bereich – mit Ausnahme vielleicht der Namen für einheimische Blumen und andere Pflanzen – in dem Bezeichnungen so viele regionale Varianten kennen. Es ist deshalb nicht unmöglich, dass es Regionen gibt, in denen man mundartlich oder umgangssprachlich die Wiener Würstchen nicht in die, sondern in das Semmel klemmt. Irgendwie kann ich mir in den Semmel nicht vorstellen, denn das klingt nicht mehr so lecker. Bei uns zu Hause war es das Semmeli, aber das heißt nicht viel, denn alles auf -li ist dort eine sächliche Verkleinerungsform (wie im Hochdeutschen alles auf -lein und -chen). Eine nicht verkleinerte Form kenne ich im Zürichdeutschen nicht.

Das ist aber noch nicht alles. Die „Übersetzung“ des vor allem im süddeutschen Sprachraum verwendeten Wortes Semmel ins Allgemeindeutsche lautet Brötchen. Aber was für ein Brötchen? Um gleich wieder in die Schweiz zurückzukehren: Gemäß vielen Quellen soll die Semmel in der Schweiz Weggli heißen. Nein! In einem Land, in dem sich die über zwanzig Kantone erst vor einigen Jahren auf einen gemeinsamen Schuljahresbeginn einigen konnten, ist diese Aussage nur schon wegen des Teils „in der Schweiz“ nicht haltbar. Es gibt wohl beinahe so viele Bezeichnungen für die verschiedenen Arten von Brötchen, wie es Kantone gibt, in denen man Deutsch spricht. Was in Zürich ein Semmeli ist, ist im Apenzellerland ein Bürli. Das Wort Bürli verwenden die Zürcher auch (es ist dunkler und knuspriger als ein Semmeli), aber was der Zürcher einfach ein Bürli nennt, ist beim Appenzell ein St. Galler Bürli. In der Zentralschweiz, aber auch in anderen Gebieten, nennt man ein Semmeli ein Mutschli (das ist allerdings auch noch ein Käse, sonst wäre es ja viel zu einfach …). Weggli bezeichnet übrigens nur eine Brötchenart, die man andernorts Milchbrötchen nennt.

Dieser Exkurs sollte nur dazu dienen, anzuzeigen, dass das Wort Semmel an verschiedenen Orten verschieden verwendet wird und unterschiedliche Arten von Brötchen bezeichnen kann. Machen Sie einmal einen Test. Sie kennen wahrscheinlich verschiedene Arten von Brötchen mit unterschiedlichen Namen. Fragen Sie nun ein paar andere Leute, wie sie diese Brötchen nennen. Tun Sie dies vielleicht nicht gerade bei Ihren Geschwistern oder der alten Schulfreundin, die Sie schon seit vor dem Kindergarten kennen, sondern am besten bei Menschen, die in einem anderen Dorf aufgewachsen sind. Es würde mich nicht wundern, wenn Sie sich dann über die Antwort wundern.

So haben sich auch einmal ein paar niederländische Freunde in einem Kölner Restaurant darüber gewundert, dass der „studierte“ Deutschsprachige ihnen die Antwort schuldig bleiben musste, als sie wissen wollten, was die auf der Menükarte stehenden Röggelchen denn seien. Davon hatte ich noch nie gehört. Wissen Sie es? Da es in diesem Beitrag um Brötchen geht, ist die Lösung des Rätsels nicht gar so schwierig: ein Röggelchen ist ein Roggenbrötchen („aus zwei zusammengebackenen Hälften bestehend“ präzisiert mein Wörterbuch).

Jeder Onkel und jede Tante hat/haben nette Verwandte?

Frage

Nach mehrtägigem „Streit“ an meiner Schule und einer Wette um eine Flasche Champagner wende ich mich nun an Sie in der Hoffnung, dass Sie bei folgenden Sätzen weiterhelfen können. Es geht in den Beispielsätzen um die Verbbildung (Singular oder Plural):

Vater und Mutter geht/gehen ins Kino.
Fritz und Hans läuft/laufen Marathon.
Der Turner und die Turnerin übt/üben ihre Kür.
Jeder Schüler und jede Schülerin hat/haben ein Recht auf Unterricht.
Jede Frau und jeder Mann läuft/laufen lange Strecken.
Jeder Onkel und jede Tante hat/haben nette Verwandte.

Diese Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Mir geht es darum: Gibt es bei solchen Satzbildungen feste Regeln (welche?) oder kann man die Singular- oder Pluralform nach eigenem Ermessen bzw. Empfinden ausdrücken.

Antwort

Sehr geehter Herr M.,

in Ihren Beispielsätzen geht es immer um ein mehrteiliges Subjekt, dessen Teile mit und verbunden sind. Die Grundregel lautet, dass das Verb dann im Plural steht:

Vater und Mutter gehen ins Kino.
Fritz und Hans laufen Marathon.
Der Turner und die Turnerin üben ihre Kür.

Es gibt allerdings Ausnahmen, bei denen von dieser Regel abgewichen wird. Eine Ausnahmeregel lautet, dass das Verb im Singular steht, wenn beide Subjektteile in der Einzahl stehen und kein, jeder oder mancher vor ihnen steht.

Jeder Schüler und jede Schülerin hat Recht auf Unterricht.
Jede Pflanze und jedes Tier ist schützenswert.
Jeder Onkel und jede Tante hat nette Verwandte.
Kein Onkel und keine Tante hat nette Verwandte.
Mancher Onkel und manche Tante hat nette Verwandte.

Ebenso:

Jede und jeder hat Recht auf Unterricht.

Weshalb wird hier der Singular gewählt? Im Gegensatz zu alle, das sich auf sämtliche Individuen einer Gruppe bezieht, gibt jeder an, dass immer jeweils ein einzelnes Individuum aus einer Gruppe gemeint ist. Deshalb steht das Verb in der Einzahl:

Jede Schülerin hat …
= Jedes Individuum aus der Gruppe “Schülerinnen” hat …

Bei jedes A und jedes B fasst das und die beiden Gruppen A und B zusammen. Obwohl jedes zweimal vorkommt, ist der Nachdruck auf einzelnes Individuum aus der Gesamtgruppe A und B so stark, dass das Verb in der Einzahl bleibt:

Jeder Schüler und jede Schülerin hat
= Jedes Individuum aus der Gesamtgruppe “Schüler und Schülerinnen” hat

Wenn Sie mich zum Schiedsrichter machen würden, hätten also diejenigen, die auf den Plural in allen Beispielsätzen gewettet haben, die Flasche Champagner – so leid es mir tut – verloren. Mögen die Sieger den Verlierern auch ein Gläschen gönnen!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ich fahre zu oder nach …?

Sagt man nach oder zu? Das ist eine Frage, die schon an verschiedenen Orten behandelt worden ist. Da sie aber immer wieder auftaucht, kann ich es nicht lassen, hier auch einmal meine Antwort zu veröffentlichen.

Frage

Wir streiten uns ob es heissen muss:

Ich fahre zu OBI oder
Ich fahre nach OBI

(OBI ist ein Baumarkt)

Antwort

Sehr geehrter Herr G.,

es lohnt sich meistens nicht, über Sprachfragen zu streiten. Sehr oft haben nämlich beide Seiten irgendwie recht. So auch in diesem Fall.

Im Standarddeutschen sagt man:

Ich fahre zu Obi.

Man verwendet nach in diesem Zusammenhang nur bei geographischen Namen (Länder, Regionen, Ortschaften, Inseln), die keinen Artikel haben:

Ich fahre nach Österreich.
Ich fahre nach Bayern.
Ich fahre nach Barcelona.
Ich fliege nach Hawaii.

Außerdem verwendet man nach noch in nach Hause und bei den Himmelsrichtungen (zum Beispiel nach Norden).

Bei geographischen Namen mit Artikel verwendet man in – außer bei Inseln:

Ich fahre in den Schwarzwald.
Ich fahre in die Tschechische Republik.
Ich fliege in die Vereinigten Staaten.
Ich fliege auf die Hawaii-Inseln.

Sonst verwendet man meistens zu:

Ich fahre zum Bäcker.
Ich fahre zum Bahnhof.
Ich fahre zum Standesamt.
Ich fahre zur Kirche.

Bei Personen- und Firmennamen:

Ich fahre zu meiner Schwester.
Ich fahre zu Herrn G.
Ich fahre zu Bauhaus/Globus/Hellweg/Hornbach/Toom/…
Ich fahre zu Obi.

Soweit die Standardsprache. In der Umgangssprache hält man sich nicht überall an diese Regeln. So verwendet man zum Beispiel im nördlichen/nordwestlichen deutschen Sprachraum oft nach statt zu: Ich fahre nach Obi. Und im süddeutschen Sprachraum, wo ich herkomme und wo man Namen meisten mit Artikel verwendet, wundert sich niemand, wenn Sie sagen: Ich fahre zum Obi.

Standardsprachlich korrekt ist nur Ich fahre zu Obi. Zu Obi fährt man aber meistens in einer Situation, in der man sich in der Umgangssprache unterhält. Wenn Sie also in Norddeutschland sind oder norddeutsche Wurzeln haben, können Sie ohne Weiteres auch Ich fahre nach Obi sagen. In einer informellen Situation kann Ihnen das niemand übelnehmen. Wenn Sie allerdings zum Beispiel einen formellen Brief schreiben, ein offizielles Interview geben oder einen Prospekt für Obi gestalten, sollten Sie nur das im der Standardsprache übliche zu verwenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Schaltjahr und Schalttag

Zum heutigen 29. Februar (endlich kann unser Nachbarsjunge wieder einmal seinen „echten“ Geburtstag feiern – ich grautliere!) erlaube ich mir einen kleinen mehrsprachigen Exkurs, denn die deutschen Wörter Schaltjahr und Schalttag geben nicht viel Interessantes her. Es geht schließlich einfach um einen speziellen Tag, der in speziellen Jahren eingeschaltet wird.

Wenn wir sprachfamiliär in der Nähe bleiben, dann haben wir zum Beispiel im Niederländischen den schrikkeldag und das schrikkeljaar und im Schwedischen den skottdagen und das skottår. Während die niederländische Variante noch wenig spektakulär ist (Mittelniederländisch schrikken = springen), wird es beim Schwedischen und den anderen skandinavischen Sprache schon etwas poetischer: Wenn man wörtlich übersetzt, kommt man nämlich auf Schusstag und Schussjahr (oder Sprosstag und Sprossjahr? – mein Skandinavisch lässt leider viel zu wünschen übrig).

Wie die Niederländer und die Flamen springen auch die Englischprachigen: leap day und leap year (leap = springen, Sprung). Aber wie so oft kann sich der englische Wortschatz natürlich nicht einfach auf einen Ausdruck beschränken. Weitere Wörter sind: intercalary day und intercalary year oder bissextile day und bissextile (year). Sie bilden die Brücke zu den romanischen Sprachen, die fast alle fast die gleichen Bezeichnungen verwenden

Französich:
jour bissextil – anée bissextile
jour intercalaire – année intercalaire

Italienisch
giorno intercalare – anno bisestile

Spanisch
día del año bisiesto, día intercalar – año bisiesto,

Das Adjektiv intercalaire, intercalar(e) geht auf das lateinische intercalaris oder intercalarius zurück, das eingeschaltet, eingeschoben bedeutet und auch damals offenbar viel im Zusammenhang mit im Kalender eingeschalteten Tagen und Monaten verwendet wurde.

Das andere Wort ist interessanter. Es hat nicht mit sexus (Geschlecht), sondern mit bis (zweimal, doppelt) und sextus (sechste) zu tun. Das Wort bissextilis könnte man frei mit doppelsechste übersetzen. Es geht auf den römischen Kalender zurück, in dem auch schon geschoben werden musste, um ihn wieder parallel zum Sonnenjahr verlaufen zu lassen. Was hat nun der 29. Februar mit einem Doppelsechsten zu tun? Eigentlich nichts. Die Römer zählten nämlich rückwärts. So hieß unser 24. Februar der sechste Tag vor Anfang März. In einem Schaltjahr wurde nun vor diesen sechsten Tag vor Anfang März noch ein sechster Tag vor Anfang März eingeschoben, so dass es zweimal hintereinander einen sechsten Tag vor Anfang März gab. Der eigentliche Schalttag war also nicht der 29., sondern der 24. Februar.

So interessant das auch sein mag, wenn dieses Jahr kein Schaltjahr wäre, wäre es heute schon Samstag und brauchte ich nicht zu arbeiten.

eBay und iPod: Namen mit kleinem Anfangssbuchstaben

Frage

Ihr Internetangebot ist sehr hilfreich. Beim Thema Markennamen bin ich allerdings nicht fündig geworden.

Bspw. eBay (wie vom Unternehmen geschrieben).

Ist es erlaubt diesen Begriff in etwas wie E-Bay umzuformen? Wenn der Begriff in der eBay-Form geschrieben wird, bleibt er dann bei Verwendung am Satzanfang ebenfalls in dieser Form (kleines e)?

Antwort

Sehr geehrter Herr B.,

Markennamen unterliegen insofern nicht den Rechtschreibregeln, als man ein Unternehmen oder ein Produkt im Prinzip so nennen kann, wie man will (solange man nicht mit einem geschützten Markenzeichen o. Ä. in Konflikt kommt). Namen wie eBay oder iPod verstoßen dann auch gegen ein bis zwei amtliche Rechtschreibregeln, sind aber dennoch nicht falsch oder gar „illegal“. Man kann sich höchstens darüber streiten, ob sie in dieser Form wünschenswert sind.

Es steht Ihnen frei, in einem nicht geschäftlichen Umfeld zum Beispiel E-Bay oder I-Pod zu schreiben, aber es ist nicht sicher, ob die Leser dann noch wissen, wer oder was gemeint ist. Diese Namen sind vor allem wegen ihres auffälligen optischen Effekts so gewählt worden. Bei der ursprünglichen Schreibung entsteht am Satzanfang tatsächlich ein kleines Problem, aber auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: Sie können entweder sämtliche Proteste ihres Sprachgefühls und aller Rechtschreib- und Grammatikkorrekturprogramme außer Acht lassen und mit einem Kleinbuchstaben beginnen, oder Sie formen den Satz so um, dass ein solcher Produktname nicht am Anfang steht:

eBay ist ein Firmenname. iPod ist ein Produktname.

oder zum Beispiel:

Der Name eBay ist ein Firmenname und iPod ist ein Produktname.

Ich persönlich würde Ihnen in den meisten Fällen die zweiten Lösung empfehlen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

sich einer Sache sicher sein

Frage

Heute in der deutschen Tagesschau: „… wenn sich die SPD dem grünen Partner nicht mehr sicher sein kann.“ (http://www.tagesschau.de/inland/hamburgwahl104.html). Ich bin mir (sic!) nicht sicher, ob das stimmt… 😉

Antwort

Sehr geehrter Herr B.,

Sie können sich dessen sicher sein, dass der deutschen Tagesschau hier ein Fehler unterlaufen ist. Der Ausdruck lautet sich jemandes/einer Sache sicher sein. Er verlangt den Genitiv. Richtig ist somit „… wenn sich die SPD des grünen Partners nicht mehr sicher sein kann.“ Sehen Sie hierzu auch diese Grammatikseite.

Normalerweise bin ich nicht so streng, wenn es darum geht, dass „der Dativ dem Genitiv sein Tod“ sein soll. In diesem Fall handelt es sich aber um einen Ausdruck der eher gehobenen Sprache, den man in einer Sendung wie der Tagesschau – wennschon, dennschon – korrekt verwenden sollte. Wir machen allerdings alle Fehler. Die Tagesschau sei in diesem Sinne nicht allzu harsch verurteilt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp