Zahlen schreiben

Herr H. stellte die folgende Frage:

Wann werden Zahlen in literarischen Texten wörtlich und wann in Ziffern geschrieben?

Antwort:

Sehr geehrter Herr H.,

es gibt keine allgemeine Regel, wann Zahlen in Worten und wann in Ziffern geschrieben werden. Ich kann mich erinnern, in der Schule gelernt zu haben, dass man die Zahlen bis und mit zwölf in Worten und Zahlen über zwölf in Ziffern schreibt. Dies ist nicht mehr als eine Faustregel, die ich nur in technisch-wissenschaftlichen und evtl. journalistischen Texte anwenden würde. Im Allgemeinen gilt wohl, dass Zahlen in wissenschaftlichen und technischen Texten eher in Ziffern geschrieben werden, während man sie in literarischen Texten üblicherweise in Worten schreibt.

Letzteres gilt auch für größere und große Zahlen: siebenundzwanzig Stufen, vierzig Räuber, tausendundeine Nacht, hundertzwanzigtausend Golddublonen usw. Bei Jahrzahlen und anderen unübersichtlichen Zahlen würde ich allerdings Ziffern verwenden. Zum Beispiel:

1782 statt siebzehnhundertzweiundachtzig
125 738 statt hundertfünfundzwanzigtausendsiebenhundertachtunddreißig

Zahlen wie die zweite kommen allerdings in literarischen Texten kaum je vor.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Goethe und die Rechtschreibreform

Nein, es geht hier nicht darum, was der große Dichter zur Rechtschreibreform gemeint hätte. Solche Spekulationen überlasse ich lieber anderen. Es geht hier nur darum, wie man seinen Namen schreibt.

Frage:

Letztens sah ich im Internet für den Dichter und Denker Goethe die Schreibweise Göthe mit ö statt oe. Können Sie mir bitte sagen, ob die seltsame Schreibweise Göthe nach neuer Rechtschreibung tatsächlich erlaubt ist?

Antwort:

Sehr geehrte Frau S.,

die geltende offizielle Rechtschreibregelung gibt an verschiedenen Stellen an, dass die Schreibung von Eigennamen von den allgemeinen Rechtschreibregeln abweichen kann. Die Reform wirkt sich also nur bedingt auf die Schreibung von Eigennamen aus. Denken Sie nur z.B. an Schmitt und Schmidt, Schmied und Schmid oder Meier, Meyer, Maier und Mayer. Bei der Schreibung ö und deren Variante oe hat sich ohnehin nichts geändert. Außerdem war das oe im Namen des Dichterfürsten schon vor der Reform eine orthographische Ausnahmeerscheinung.

Wir vertreten die Ansicht, dass Eigennamen nach den offiziellen Registern und/oder dem allgemeinen Gebrauch geschrieben werden sollten. Wir (wie z. B. auch die Rechtschreibwörterbücher von Duden und Wahrig) empfehlen deshalb nach wie vor als einzig richtige Schreibung: Goethe.

Siehe im Canoonet-Rechtschreibwörterbuch Goethe (und zur Kontrolle auch Göthe).

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

zu Beginn dieses/diesen Jahres?

Auch am ersten Februar ist diese Frage noch aktuell, denn man kann ja bis am 31. Dezember über den Anfang dieses/diesen? Jahres reden. Hier die Antwort:

Sehr geehrter Herr B.,

Richtig ist:

zu Beginn dieses Jahres

Das Pronomen dieser/diese/dieses wird im Gegensatz zu Adjektiven immer stark dekliniert. Vergleichen Sie z. B.

trotz schlechten Wetters – trotz dieses Wetters

Sie finden diese Informationen unter dem Titel „dieses/jenes im Genitiv Singular“ auf der folgenden Grammatikseite. Sie könnten diese Seite u. a. finden, indem sie im Suchfeld der Grammatik „dieser“ eingeben und dann dem Grammatiklink ‚1.5.1.5.2: dieser / jener‘ folgen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Sprachbezeichnungen „Deutsch“ und „das Deutsche“

Eine Deutsch lernende Benutzerin von Canoo. net fragte uns etwas verwirrt, wie man denn nun eigentlich die Bezeichnung für die deutsche Sprache dekliniere. Die Verwirrung wird schnell verständlich, wenn man die Bezeichnung für die deutsche Sprache im Wörterbuch nachschlägt. Es gibt nämlich zwei Bezeichnungen:

  • Deutsch, im Genitiv mit oder ohne s, und
  • das Deutsche, wie ein Adjektiv dekliniert.

Bei meinen „Nachforschungen“ bin ich darauf gestoßen, dass dies für alle von einem Adjektiv abgeleiteten Sprachbezeichnungen gilt. Eine Gewissensfrage an die Leser und Leserinnen deutscher Muttersprache: Hätten Sie es gewusst und den Unterschied auf Anhieb erklären können? Ich nicht.

Nun denn:

Deutsch, Französisch, Russisch usw.
Diese Bezeichnungen sind bis auf den Genitiv immer endungslos. Im Genitiv kann die Endung s verwendet werden. Man verwendet sie unter anderem dann, wenn eine bestimmte, näher gekennzeichnete Art der Sprache gemeint ist. Beispiele:

Mein Deutsch / das Französisch dieser Schüler könnte besser sein.
gepflegtes Deutsch / schlechtes Englisch schreiben
mit Touristenspanisch / in modernem Französisch
die Eigenheiten des gesprochenen Deutsch / Russisch oder
die Eigenheiten des gesprochenen Deutschs / Russischs

Ebenfalls diesen Formen verwendet man in Verbindung mit Verben, wenn die Kenntnis, die Beherrschung der Sprache gemeint ist:

Russisch können
Französisch lernen
Ungarisch studieren
Chinesisch verstehen
Deutsch sprechen (= die deutsche Sprache beherrschen)
aber:
deutsch sprechen (= sich in der deutschen Sprache äußern)

das Deutsche, das Französische, das Russische usw.
Diese Bezeichnungen stehen mit dem bestimmten Artikel und werden wie ein Adjektiv gebeugt. Sie werden eher dann verwendet, wenn die Sprache im Allgemeinen gemeint ist, oft im Gegensatz zu anderen Sprachen. Beispiele:

Das Deutsche ist eine germanische Sprache.
(auch: Deutsch ist eine germanische Sprache.)
aus dem Deutschen ins Französische übersetzen
Das sagt man im Spanischen anders als im Italienischen.
die Stellung des Spanischen als Fremdsprache
die Satzstruktur des Mittelhochdeutschen

Und dann gibt es noch die Fälle, in denen man beide Varianten verwenden kann: Ist es da verwunderlich, dass Deutsch / das Deutsche einen manchmal verwirren kann?

Canoonet und Wikipedia

Hier der „Beweis“, dass Canool.net die Wünsche der Benutzer ernst nimmt. Herr A. machte die folgende Anregung:

Ihre Seite ist sehr gut und sehr hilfreich. Bin begeistert und froh ein solches Angebot kostenlos im Internet zu wissen. Ich hätte einen Vorschlag, Ihr Angebot abzurunden: Ein Link von gefundenen Worten zur Wikipedia-Suche fände ich manchmal ganz nützlich.

Wir haben Herrn A. um etwas Geduld bitten müssen, aber seit gestern ist es soweit: Bei den Links auf die verschiedenen Wörterbücher, die hinter einem Eintrag in der Resultatliste angezeigt werden, steht nun auch die Möglichkeit, einen direkten Suchauftrag in Wikipedia auszulösen. Siehe zum Beispiel Herzinfarkt oder etwas fröhlicher und bald schon wieder aktuell: Karneval. Klicken Sie auf den Link „Wikipedia?“. So starten Sie direkt eine Anfrage in Wikipedia.

In dieser Weise können Sie in einfachster Weise Hintergrundinformationen zu einem bestimmten Begriff suchen. Da Wikipedia eine ständig wachsende und sich verändernde Wissensquelle ist, ist eine feste Verlinkung der Einträge leider nicht möglich. Wir können deshalb nicht garantieren, dass bei jeder Abfrage ein Treffer gefunden wird. Es kann auch vorkommen, dass ein gefundener Wikipedia-Eintrag nicht genau zum Canoonet-Eintrag passt, von dem die Abfrage ausging. In den meisten Fällen wird das Ergebnis aber befriedigend sein.

Wir hoffen, dass wir in dieser Weise noch mehr Informationen zu unseren Wörterbucheinträgen erschließen können, aber auch dass durch die Verlinkung das Stöbern nach Wörtern und Begriffen auf dem Internet noch schneller und interessanter wird. In diesem Sinne: fröhliches Wörtersurfen!

„Tollpatsch“ und „toll“

Eine Frage zur Ableitung von Wörtern:

Die Rechtschreibreform hat die falsche Schreibung Tollpatsch (statt korrekt Tolpatsch) legalisiert und zur einzig gültigen Version erklärt. Das Wort kommt aber aus dem Magyarischen (talpas; s. „Wasserzieher“ u. andere Quellen) und hat mit dem deutschen toll nichts zu tun, weder sprachgeschichtlich noch der Bedeutung nach. Der Vermerk „abgeleitet von toll“ in canoonet ist deshalb falsch (allenfalls hätten Sie das Wort „volksetymologisch“ einfügen müssen.).

Antwort:

Sehr geehrter Herr P.,

wir danken Ihnen für Ihren Beitrag. Es ist uns bekannt, dass Tollpatsch etymologisch gesehen nicht mit toll verwandt ist. Dies gilt zum Beispiel ebenso für belämmert, das nicht auf Lamm sondern auf das mittelniederdeutsche Verb belemmern (hindern, hemmen, beschädigen) zurückgeht.

Es ist uns ebenfalls bekannt – und wir verstehen auch sehr gut –, dass Neuschreibungen wie Tollpatsch und belämmern Etymologen und anderen an der Wortgeschichte Interessierten gar nicht gefallen. Wir bieten aber nicht ein historisch-etymologisches Wörterbuch an, sondern versuchen für den durchschnittlichen Sprachgebraucher in der Gegenwartssprache geltende Wortverwandtschaften aufzuzeigen. Wenn die Reform dem modernen Sprachempfinden folgend Tollpatsch dem Adjektiv toll beiordnet, folgen wir dieser gegenwartssprachlichen Sichtweise. Das Gleiche tun wir beim Wort belämmert, das wir in der Wortbildung neben Lamm stellen. Siehe Wortbildung von belämmert.

Ich muss allerdings zugeben, dass wir in diesem Bereich nicht ganz konsequent den Interpretationen der Reform folgen. Das Wort Quäntchen leiten wir immer noch von Quent und nicht von Quantum ab, weil das Wort Quent (= altes deutsches Handelsgewicht) zwar selten ist, aber in den meisten Wörterbüchern der modernen deutschen Sprache immer noch aufgeführt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Verbformen mit „sein“, Aktiv oder Passiv?

Auch Grammatikfragen werden an Canoonet gestellt:

Wir sitzen derzeit über der Frage: was ist der Unterschied zwischen Aktiv und Zustandspassiv; es war passiert, es war besetzt, er war angekommen, er war überzeugt, es war eingezäumt. Welche Erkennungsmerkmale gibt es?

Für einen Hinweis wären wir dankbar!!

Antwort:

Sehr geehrte Frau B.,

Der wichtigste Unterschied liegt in der Bedeutung. Beim Aktiv tut/tat jemand etwas, geschieht/geschah etwas. Mit dem Zustandspassiv wird das Resultat einer Handlung oder eines Geschehens ausgedrückt. Siehe in Canoonet Aktiv und Passiv, Bedeutung.

Dieser Unterschied ist aber offenbar nicht immer ganz so einfach ersichtlich, vor allem dann nicht, wenn man Vergangenheitsformen verwendet. Deshalb hier ein paar formale Faustregeln:

Im Wörterbuch steht, mit welchem Hilfsverb ein Verb die Formen der Vergangenheit bildet. Wenn ein Verb, das die Vergangenheit mit haben bildet, mit dem Hilfsverb sein steht, handelt es sich in der Regel um ein Zustandspassiv:

besetzen, Hilsverb haben:
er hat die Stadt besetzt = Aktiv, Vorgegenwart
die Stadt ist besetzt = Zustandspassiv, Gegenwart

Verben, die die Vergangenheit mit sein bilden, können kein Zustandspassiv haben. Wenn ein solches Verb mit sein steht, handelt es sich somit um das Aktiv:

passieren, Hilfsverb sein:
es ist passiert = Aktiv, Vorgegenwart

Ein Zustandspassiv (sein-Passiv) kann in ein Vorgangspassiv (werden-Passiv) oder ein Aktiv mit man umgewandelt werden:

es war besetzt – es wurde besetztman besetzte es
er ist überzeugt – er wird überzeugtman überzeugt ihn

Bei einer mit sein gebildeten Form des Aktivs, ist dies nicht möglich:

es war passiert NICHT: es wurde passiert NICHT: man passierte es
er ist angekommen NICHT: er wird angekommen NICHT: man kommt ihn an

Weitere Informationen hierzu finden Sie in Canoonet unter Zustandspassiv und andere Konstruktionen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

vor diesem Hintergrund

Eine Frage von Frau B:

Ich habe eine Frage bezueglich der deutschen Grammatik: Gibt es die Redewendung: „vor diesem Hintergrund“? Als Beispiel:

Vor diesem Hintergrund habe ich das Thema Deutsch gewaehlt.

Sagt man nicht: „aus diesem Grund“?

Vielen Dank für Ihre Hilfe

Antwort:

Sehr geehrte Frau B.,

Den Ausdruck „vor diesem Hintergrund“ gibt es im Deutschen. Er leitet die Angabe von Umständen oder Bedingungen im Zusammenhang mit einem Geschehen oder einer Situation ein. Zum Beispiel:

„Der Roman spielt vor dem Hintergrund der Französischen Revolution.“
„Die hier gezeigten Lebensverhältnisse waren extrem schwierig. Erst vor diesem Hintergrund können seine Zivilcourage und Menschlichkeit angemessen gewürdigt werden.“

Der Ausdruck unterscheidet sich also vom Ausdruck „aus diesem Grund“ (= „deshalb“), der die Angabe einer direkten Ursache für ein Geschehen oder das Entstehen einer Situation einleitet. Es gibt Sätze, in denen man sowohl „vor diesem Hintergrund“ als auch „aus diesem Grund“ verwenden kann. Mit dem ersten Ausdruck gibt man eher einen Umstand an, mit dem zweiten eher eine direkte Ursache. Zum Beispiel:

„Die Wirtschaftslage verschlechtert. Vor diesem Hintergrund / aus diesem Grund ist die Diskussion über die Lohnentwicklung wichtiger denn je.“

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

letztendlich

Herr S. schickte uns diese Reaktion:

Das Wort „letztendlich“ gibt es in der deutschen Sprache nicht. Es gibt nur „letztlich“ und „endlich“, die das Gleiche bedeuten. „Letztendlich“ wäre also eine Tautologie. Bitte streichen Sie dieses Wort aus Ihrem Wörterbuch.

Antwort:

Sehr geehrter Herr S.,

leider können wir Ihnen nicht zustimmen, dass es „letztendlich“ im Deutschen nicht gibt. Es ist nur schon deshalb ein deutsches Wort, weil es sowohl in der geschriebenen als auch der gesprochenen Sprache sehr häufig verwendet wird.

Rein logisch könnte man argumentieren, dass „letzt-“ und „endlich“ die gleiche Bedeutung haben und deshalb nicht zusammen verwendet werden sollten. Wir Sprachbenutzer verhalten uns aber nicht immer ganz so logisch. Wir verwenden die Kombination „letztendlich“ absichtlich, um hervorzuheben, dass wir „ganz am Schluss“ meinen. Ähnliche Hervorhebungen sind „schließlich und endlich“, „letzten Endes“ oder eben „ganz am Schluss“. Solche nicht logischen Konstruktionen werden auch an anderer Stelle häufig zur Hervorhebung verwendet: so z.B. die Verwendung von „aller“ in „allerbeste“, obwohl rein logisch gesehen „beste“ bereits den höchsten Grad bezeichnet.

Darüber hinaus scheinen auch andere unserer Meinung zu sein: Auch andere Wörterbücher, worunter der Duden, führen das Wort „letztendlich“ auf und geben dabei nicht an, dass es falsch oder unschön sei. Wir werden dieses Wort also nicht aus unserem Wörterbuch streichen und hoffen, dass die obenstehenden Ausführungen erklären, weshalb wir Ihre Meinung nicht teilen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

an alle

Frau V. aus R. stellte uns die folgende Frage:

Wird im Ausdruck „Rundschreiben an Alle“ „Alle“ groß- oder kleingeschrieben? Ich würde es spontan großschreiben.

Antwort:

Sehr geehrte Frau V.,

Spontane Eingebungen sind oft die besten, aber in diesem Fall leider nicht. Die korrekte Schreibweise ist:

Rundschreiben an alle

Gemäß der offiziellen Rechtschreibregeln werden Pronomen wie „alle“, „jeder“, „mancher“, „keiner“ auch dann kleingeschrieben, wenn sie als Stellvertreter eines Substantivs verwendet werden. Das Pronomen „alle“ muss also auch in ihrem Beispiel kleingeschrieben werden. Sehen Sie hierzu die entsprechende Rechtschreibregel.

Tipp: Schreiben Sie „alle“, „alles“, „allem“, „allen“, „aller“ immer klein, außer neu in der Redewendung „sein Ein und Alles„.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp