Was für ein „moppel“ steckt in doppelt gemoppelt?

Frage

Woher stammt der Ausdruck doppelt gemoppelt?

Antwort

Sehr geehrter Herr A.,

leider kann ich Ihnen nur eine sehr unvollständige Antwort geben. Ich weiß weder, wann und wo der Ausdruck entstanden ist, noch, was für ein moppel genau in gemoppelt steht. Mit der umgangssprachlichen Wendung doppelt gemoppelt drückt man wie mit doppelt genäht hält besser aus, dass etwas (meist unnötigerweise) zweimal ausgedrückt wird.

Das umgangssprachliche Substantiv Moppel bezeichnet einen dicklichen Menschen, einen molligen Hund oder eine vollschlanke Katze. Das umgangssprachliche Verb moppeln hat unter anderem die Bedeutung – sagen wir es einmal ganz gesittet – beischlafen. Der Bedeutungszusammenhang mit doppelt gemoppelt ist mir in beiden Fällen ziemlich schleierhaft. Vielleicht gibt es auch eine Verbindung mit moppen (mit einem Mopp saubermachen). Es ist eigentlich gar nicht so wichtig, woher gemoppelt genau kommt. Es geht vor allem um die lautliche Wiederholung, die die Bedeutung der Wendung so schön wiedergibt. Wichtig ist bei gemoppelt also vielmehr der Klang als der Inhalt.

Vielleicht kennt ja ein Leser oder eine Leserin des Blogs die Antwort  – oder einen Teil davon – und ist so nett, dieses Wissen hier mit uns zu teilen. Das Wetter soll ja am Pfingstwochenende nicht überall ganz so schön werden, wie wir es gerne hätten. Freie Zeit und mäßige meteorologische Verhältnisse sind eine gute Voraussetzung für eine kurzen Griff zur Tastatur. Dr. Bopp ist eben auch nur ein Mensch und nicht allwissend. Dies festzustellen ist wohl noch nicht doppelt gemoppelt, aber eine Binsenwahrheit ist es in jedem Fall.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Pfingstwochende

Dr. Bopp

Es wird getwittert und gefacebookt

Schon wieder geht es darum, wie neue Wörter entstehen:

Frage

Anscheinend bin ich nicht die einzige, die Sätze wie „ich facebooke“, „Das muss ich gleich mal facebooken“ oder „Heute schon getwittert?“ sagt.

– Wie werden neue Wörter in ein Wörterbuch aufgenommen?
– Warum bilden wir neue Verben?
– Welche Regeln gibt es für neue Wortbildungen?

Das Verb „googeln“ steht ja schon ein paar Jahre im Duden und auch in Canoonet.

Antwort

Sehr geehrte Frau W.,

ein neues Wort wird in der Regel dann in Wörterbücher aufgenommen, wenn es über eine längere Zeit (ein paar Jahre) häufiger in Zeitungen, Büchern, Artikeln usw. erschienen ist. Das ist, grob gesagt, das Hauptkriterium.

Neue Verben bilden wir dann, wenn es neue Tätigkeiten und Vorgänge gibt, die wir benennen wollen oder müssen. Deshalb sind vor einiger Zeit die Verben morsen, funken, telegrafieren, telefonieren, faxen usw. entstanden. Das Gleiche findet nun auch im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationsmittel statt.

Das Verb twittern scheint schon ziemlich eingebürgert zu sein und ist auch bereits in den ersten Wörterbüchern zu finden. Bei uns steht es zurzeit auf der „Liste der noch aufzunehmenden Wörter“. Anders sieht es bei facebooken aus. Dieses Verb wird offenbar (noch?) weit weniger verwendet. Das hat vielleicht damit zu tun, dass Facebook eher als etwas Statisches empfunden wird, das man nicht einfach tut, sondern in dem man verschiedene Tätigkeiten ausführen kann (schreiben, mitteilen, lesen, reagieren usw.). Letzteres ist nur ein in keiner Weise überprüfter spontaner Erklärungsversuch von mir.

Das Verb facebooken ist aber wie twittern eine völlig regelmäßige Wortbildung:

Twitter –> twittern, twitterte, getwittert
Facebook –> facebooken, facebookte, gefacebookt

Diese relativ häufig vorkommende Art der Wortbildung wird u. a. Konversion oder Nullableitung (Ableitung ohne Wortbildungselemente) genannt. Eines der jüngsten allgemein bekannten Beispiele haben Sie bereits genannt: googeln. Andere, ältere und neuere Beispiele sind: kellnern, föhnen, lasern, faxen, mailen, internetten usw. usw.

Es genügt jedoch nicht, dass ein Wort korrekt gebildet worden ist, damit es in Wörterbücher aufgenommen wird. Es muss sich, wie gesagt, auch beweisen, indem es über eine gewisse Zeit regelmäßig und an verschiedenen Orten verwendet wird. Wenn Sie das Verb facebooken weiterhin fleißig benutzen, wird es vielleicht auch einmal in den Wörterbüchern erscheinen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ein Wort erfunden, was nun?

Frage

Ich würde gerne wissen, ob es möglich ist, ein neues Wort zu etablieren. Ich arbeite für eine Firma, die auf Metallverarbeitung spezialisiert ist. Nun hat diese Firma vor einigen Jahren eine neue Maschine entwickelt. Mit dieser Maschine lassen sich […]. Für ein solches Verfahren gibt es offiziell noch kein Wort, deshalb nannten wir es […]ieren, was sich vom Namen der Maschine ableitet. Da es sich hier natürlich um eine Wortfindung handelt, würde ich gerne wissen, was getan werden muss, damit dies ein offizielles Word wird.

Antwort

Sehr geehrter Herr S-,

es gibt im deutschen Sprachraum keine „offiziellen“ Wörter. Wörterbücher und Wörterlisten nehmen Wörter auf, die nachweisbar in der deutschen Sprache verwendet werden. Es gibt keine Möglichkeit, ein neues Wort bei einer bestimmten offiziellen Stelle anzumelden. Eine solche Stelle gibt es nicht. Der wirkliche Sprachgebrauch bestimmt, ob ein Wort in Wörterbüchern u. Ä. aufgenommen wird. Eine ähnliche Registrierungsmöglichkeit gibt es nur für Produkte und Einstellungen, deren Name markenrechtlich geschützt werden soll.

Das Einzige, was sie zurzeit tun können, ist das Wort in Ihrem Umfeld, gegenüber Lieferanten, Kunden, Konkurrenten usw. zu verwenden. Sie können auch versuchen, das Wort über Ihre Webseiten, Werbung, Prospekte u. Ä. in Ihrem Fachbereich zu positionieren. Kurzum, sie benötigen eher die Unterstützung von Marketingprofis als Ratschläge von Sprachkennern. Danach „entscheiden“ die Sprachbenutzer, ob sie das Wort verwenden oder nicht. Wenn es eine gewisse Zeit lang an mehreren Stellen verwendet wird, erscheint es irgendwann einmal auch in Wörterbüchern.

Es hilft im Allgemeinen nichts, ein neues Wort bei Wörterbuchverlägenverlagen anzumelden oder eigenhändig in zum Beispiel Wikipedia einzutragen. Das können Ihnen viele bestätigen, die schon einmal ernsthaft oder einfach zum Spaß ein neues Wort lancieren wollten. Wenn keine repräsentative Anzahl Fundstellen – an verschiedenen Orten und über eine längere Zeit – nachgewiesen werden kann, werden die Wörterbuchmacher und -macherinnen das Wort nicht aufnehmen und werden die wachsamen Geister, die bei Wikipedia am Werke sind, Ihren Neueintrag wieder löschen.

Umgekehrt gilt Folgendes: Die Tatsache, dass ein Wort nicht in Wörterbüchern steht, bedeutet keineswegs, dass es ein Wort nicht gibt. Es werden täglich neue Wörter gebildet (z. B. Orakelkrake) oder eingeführt (z. B.Vuvuzela). Viele von Ihnen verschwinden bald wieder, nur einige etablieren sich im Sprachgebrauch und finden nach ein paar Jahren Eingang in Duden, Langenscheidt, Pons, Wahrig, ‘canoonet’ usw. Andere Wörter sind so sehr auf einen gewissen Fachbereich beschränkt, dass sie nie in allgemeinen Wörterbüchern erwähnt werden. Sie können und dürfen […]ieren also benutzen. Das einzige Problem dabei ist, dass nicht alle ohne Erklärung verstehen werden, was dieses Wort bedeutet.

Vergessen Sie nicht, Ihre Neuschöpfung […]ieren, falls möglich und gewünscht, markenrechtlich schützen zu lassen! Wie das genau vor sich geht, weiß ich leider nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Das neue Wort heißt natürlich nicht buchstäblich […]ieren. Ich habe das Wort in Hinblick auf die allen Besuchern bei der Veröffentlichung von Fragen garantierte Anonymität sozusagen anonymisiert.

Das Feierbiest und die Gladiolen

Ich muss noch einmal auf den neuen holländischen Liebling der Nation (genauer: der deutschen Nation) zurückkommen. Vor kurzem habe ich dank Herrn van Gaal die Tradition der Bierdusche für den Meisterschaftssieger und das Wort Tulpengeneral kennen gelernt. Seit kurzem kennt die deutsche Sprache dank Herrn van Gaal zwei neue Ausdrücke (mindestens!):

der Tod oder die Gladiolen
Feierbiest

Die erste Wendung lautet auf Niederländisch de dood of de gladiolen und bedeutet ungefähr alles oder nichts. Sie wird dem Radrennfahrer Gerrie Knetemann (1951-2004) zugeschrieben, der sie als Erster verwendet haben soll. Auch ein anderer Spruch, der die Radler, die an einer langen Etappe der Tour de France teilnehmen, treffend charakterisiert, soll von diesem Amsterdamer stammen: Verstand auf null, Blick auf unendlich. Ich wollte Ihnen diese zweite Redewendung hier nicht vorenthalten, weil eine solche Haltung im Fußballsport so wenig empfehlenswert ist, dass wir wahrscheinlich lange warten müssen, bis Herr van Gaal den Ausdruck für uns importiert.

Aber weshalb Tod oder Gladiolen? Hier die Erklärung, die ich finden konnte: Bei Radrennen erhielt der Sieger oft Gladiolen. Auch beim viertägigen Nijmegenmarsch erhalten die Teilnehmer am Ziel von den Zuschauern Gladiolen. Gerrie Knetemann meinte also, dass man sich so sehr anstrengen soll, dass man entweder tot hinfällt oder die Ziellinie (als Sieger) erreicht.

Die Gladiole verdankt ihren Namen ihrer Form. Das lateinische Wort gladiolus bedeutet kleines Schwert. Mit einem solchen Schwert wurden die Blätter der Gladiole verglichen. So weit, so gut. Nun beginnt der historisch eher wacklige Teil der Erklärung: Auch das Wort Gladiator ist vom lateinischen Wort gladius = Schwert abgeleitet. In einem Gladiatorenkampf gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man verlor und fand den Tod oder man siegte und wurde mit Gladiolen überschüttet.

Irgendwie habe ich diesen Gladiolenregen in Filmen wie „Ben Hur“, „Spartacus“ und „Gladiator“ verpasst. Auch sonst konnte ich nirgendwo eine Bestätigung dieser römischen Variante der Bierdusche finden. Es bleibt aber eine schöne Erklärung, auch wenn sie nicht wahr sein sollte.

Wie dem auch sei, Herr van Gaal durfte die neu-sprichwörtlichen Gladiolen als Feierbiest so richtig schön feiern. Mit dem Wort feestbeest scheint man im Niederländischen jemanden zu bezeichnen, der weiß, wie man Feste feiert.

Gerrie Knetemann mit Gladiolen 1978
Weltmeister Gerrie Knetemann mit Gladiolen, 1978

Freigebig und freigiebig

Frage

Im CanooNet-Wörterbuch erscheinen die Formen freigiebig und Freigiebigkeit ebenso wenig wie in meinem RS-Duden von 1986, im Warig DWb 1968 […] oder in verschiedenen PONS-Fremdsprach-Wörterbüchern. Andere Wörterbücher verweisen jedoch unter freigiebig, Freigiebigkeit auf freigebig, Freigebigkeit. Das Wort freigiebig taucht auch im gehobenen Sprachgebrauch Deutschlands bis zu Johannes Rau und dem Deutschen Kulturrat sehr häufig auf und ist auch in der NZZ zu finden […]. Gilt freigiebig mittlerweile also als hochsprachlich? Wie kam es überhaupt zur Differenzierung nachgiebig, ausgiebig vs. freigebig?

Antwort

Guten Tag Frau K.,

vielen Dank für diese Frage! Sie zeigt nämlich, dass es an der Zeit ist, unser Wörterbuch um zwei Einträge zu erweitern.

Das Wort freigiebig und das von ihm abgeleitete Freigiebigkeit galten und gelten bei einigen immer noch als falsch, weil es ausschließlich freigebig heißen dürfe. Wie ist das Wort freigiebig entstanden? Es wurde in Analogie mit ausgiebig und ergiebig gebildet. Diese Wörter gehen aber auf die Verben ausgeben und ergeben zurück (über ausgibig resp. ergibig, dann auch mit ie). Ein Verb freigeben gibt es zwar (zum Beispiel jemandem freigeben, Informationen freigeben), aber bedeutungsmäßig kann freigiebig nicht davon abgeleitet sein. Es kommt nämlich von der Wortgruppe frei geben (ungehindert, gern geben). Da es zu geben kein Adjektiv giebig (mehr) gibt, sei also freigiebig eine falsche Wortbildung. Zumindest so wurde und wird auch heute noch manchmal argumentiert.

Inzwischen ist freigiebig aber – wie Sie selbst auch festgestellt haben – im deutschen Sprachraum so weit eingebürgert, dass man es wirklich nicht mehr als falsch bezeichnen kann. Wir werden deshalb bei der nächsten Datenaktualisierung freigiebig und Freigiebigkeit neben freigebig und Freigebigkeit in unser Wörterbuch aufnehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wer hat im (T)raumschiff den Oberbefehl: der Captain, der Kapitän oder der Käpten?

Frage

Ich muss eine kleine Geschichte über ein Raumschiff schreiben und meine Frage ist: Welche der folgenden Formen ist korrekt?

Cepten, Ceptain, Capten, Captain, Cäpten, Cäptain,
Kepten, Keptain, Kapten, Kaptain, Käpten, Käptain

Mein Duden schlägt noch Kapitän vor, der allerdings ein Boot oder Schiff, aber kein Raumschiff dirigiert. Darauf komme ich, weil doch, egal ob „Star Trek“, „Raumschiff Enterprise“ oder „Traumschiff Surprise“, überall nach dem Cäpten und nicht nach dem Kapitän gerufen wird. Oder ist der Ausdruck Cäpten einfach nur Umgangssprache oder vielleicht sogar erfunden?

Antwort

Sehr geehrter Herr W.,

Sie finden den Titel, den Herr Kirk im Raumschiff Enterprise trägt, deshalb nicht in deutschen Wörterbüchern, weil es ein englischer Titel ist. Sehen Sie hierzu den folgenden Wikipedia-Artikel: Captain Kirk. Auch andere Figuren in dieser Raumschiffserie tragen englische Titel: zum Beispiel Commander Spock und Lieutenant Uhura.

Der Film „Traumschiff Surprise – Periode 1“ ist zwar eine deutsche Kinokomödie, aber die Handlung (soweit sie auf der Erde stattfindet) spielt in den Vereinigten Staaten. Außerdem wird dort der Oberbefehlshaber in einer der sehr vielen sehr gewollten Analogien mit dem Raumschiff Enterprise Captain Kork genannt (meist Käpt’n Kork geschrieben).

In der Fernsehserie „Das Traumschiff“ trägt der oberste Schiffsoffizier den deutschen Titel Kapitän. Es wird aber öfter mit dem norddeutschen umgangssprachlichen Ausdruck Käpten nach ihm gerufen. Käpten und Captain klingen aus deutschem Munde genau gleich. Auch die Schreibung Käpt’n Kork greift wohl auf diese norddeutsche Form zurück.

Ein Kapitän ist der Kommandant eines Schiffes oder eines Flugzeuges. Da man bei einem Raumschiff wie bei einem Schiff oder Flugzeug an Bord und von Bord geht, kann man dessen Kommandanten sicher auch Kapitän nennen.

Es gibt also verschieden Möglichkeiten, wie Sie den obersten Chef Ihres Raumschiffes nennen können: Captain W., Kapitän W., Kommandant W. Und wenn man etwas kumpelhaft nach ihm ruft (oder aus Ihrer Geschichte eine deutsche Kinokomödie macht …): Käpten W. oder Käpt’n W.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Blanc de Noirs im Genitiv

Frage

Heute bekamen wir Infopost einer Kellerei. Im Anschreiben heißt es da: Aufgrund des großen Erfolgs unseres Blanc de Noirs haben wir beschlossen…

Nun frage ich mich: Ist das s der Genitiv-Angleichung bei diesem französischen Wort richtig? […] Nach meinem Sprachgefühl werden fremdsprachliche Wörter im Deutschen nicht dekliniert, darum stolperte ich beim Lesen über das angehängte s.

Antwort

Sehr geehrte Frau R.,

es ist nicht grundsätzlich falsch, bei Fremdwörtern ein Genitiv-s zu verwenden. Oft sind sowohl Formen mit als auch ohne s üblich. Zwei Beispiele aus dem gleichen Bereich:

der Chianti – des Chianti oder des Chiantis
der Muscadet – des Muscadet oder des Muscadets
der Armagnac – des Armagnac oder des Armagnacs

Bei Blanc de Noirs spielt aber etwas anderes eine Rolle: In Ihrem Zitat ist es zwar eine Genitivform, aber das s hinter Noir ist kein Genitiv-s. Es geht hier um eine Art Weißwein (Blanc), der aus roten Trauben hergestellt wird (de Noirs). Das s ist also eine französische Pluralendung, die übrigens auch im Deutschen nicht ausgesprochen wird. Die im Deutschen übliche Schreibweise ist deshalb:

der Blanc de Noirs
des Blanc de Noirs
die Blancs de Noirs

Das s im Schreiben der Kellerei ist also richtig. Das Gleiche gilt auch für die Weißweine aus weißen Trauben:

der Blanc de Blancs
des Blanc de Blancs
die Blancs de Blancs

Im Genitiv sind solche fremdwörtlichen Wendungen in der Regel wie die oben stehenden Beispiele endungslos. In einigen wenigen Fällen gibt es allerdings Formen mit einem Genitiv-s. Die Genitivendung steht dann am gleichen Ort wie die Pluralendung:

der Chef de Cuisine
des Chefs de Cuisine oder des Chef des Cuisine
die Chefs de Cuisine

So kompliziert das alles klingt, etwas ist wenigstens ganz einfach: Ein Genitiv-s schreibt man auch bei Fremdwörtern nur dann, wenn man es auch ausspricht. Beim Plural-s ist das allerdings schon wieder viel komplizierter …

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Argumente einbrauchen

Frage

I cannot find the verb einbrauchen. Canoonet says „Keine Einträge gefunden“. What does this word mean?

Antwort

Auf die Frage, was das Wort einbrauchen bedeute, musste ich Herrn G. die Antwort vorerst schuldig bleiben. Ich weiß, dass man neue Autos einfahren sollte. Ich habe gelesen, dass Musiker neue Instrumente einspielen. Ich habe auch schon in verschiedenen Western gesehen, dass wagemutige Cowboys wilde Mustangs einreiten. Das Verb einbrauchen kenne ich aber nicht.

Eine erste Nachfrage ergab, dass Herr G. das Partizip eingebraucht in einer Zeitung gelesen hatte. Aber auch mit dem Partizip konnte ich nicht viel mehr anfangen. Erst mit Hilfe des Kontextes wurde es klarer: „Eine entsprechende Initiative solle nach der Sommerpause […] eingebraucht werden …“ Vielleicht wäre es ganz gut, wenn eine Initiative erst einmal ein bisschen eingebraucht würde, bevor man sie lanciert. Doch was tut man normalerweise mit der Initiative: Man ergreift sie, überlässt sie anderen, entfaltet sie und – wenn es sich um eine politische Initiative handelt – man bringt sie zum Beispiel in den Bundesrat ein.

Damit war mir die Sache endlich klar: ein Tippfehler. Gemeint ist nicht eingebraucht sondern eingebracht: „Die Initiative solle nach der Sommerpause […] eingebracht werden“. Fall gelöst: nicht einbrauchen, sondern einbringen. Und doch ist es ein bisschen schade, denn das Verb einbrauchen fing schon an mir zu gefallen. Es wäre manchmal gar nicht so schlecht, wenn Argumente zur Erhöhung ihrer Stichhaltigkeit erst einmal kurz eingebraucht würden, bevor sie eingebracht werden. Das könnte manche langwierige Diskussion um einiges verkürzen.

Geht man ins „Rheingold“ oder in „Das Rheingold“?

Frage

Meine Freundin fragte gestern ihre Mutter, ob sie mit ihr ins Rheingold komme, woraufhin die Mutter fragte, ob das eine Kneipe sei. Meine Freundin hat gelacht und sich gewundert, dass sie die Oper „Das Rheingold“ nicht kenne. Ich sagte, dass man dann auch nicht ins sagen dürfe sondern in „Das Rheingold“ sagen müsse. Können Sie mir sagen, wer recht hat und weswegen?

Antwort

Sehr geehrte Frau D.,

Ihre Freundin hat zwar recht, aber es ist nicht sehr erstaunlich, dass ihre Mutter zuerst meinte, es handle sich um ein Lokal. Die Formulierung ins „Rheingold“ gehen klingt relativ locker, sodass außer vielleicht eingefleischten Opernliebhabern und natürlich Bayreuthern nicht unbedingt jeder als Erstes an ein hehres Wagnerwerk denkt. Aber wie bereits gesagt: Sie hat recht.

Auch in diesem Satz steht ins einfach für in das. Wenn man die Oper „Das Rheingold“ besucht, kann man also sagen, dass man ins „Rheingold“ geht. Man kann übrigens auch sagen, dass man in „Das Rheingold“ geht. In ähnlicher Weise sind beide der folgenden Formulierungen korrekt:

Er tritt in der „Walküre“ auf, die ebenfalls zum „Ring des Nibelungen“ gehört.

oder seltener

Er tritt in „Die Walküre“ auf, die ebenfalls zu „Der Ring des Nibelungen“ gehört.

Werktitel werden üblicherweise gleich gebeugt wie normale Wortgruppen (ins „Rheingold“ gehen). Der gebeugte Artikel wird dabei aus dem Titel gelöst und kann wie ein „normaler“ Artikel mit einer Präposition verschmelzen (vgl. diese Rechschreibregel).

Wenn der Titel nicht gebeugt wird (in „Das Rheingold“ gehen), sollte man unbedingt Anführungszeichen verwenden. Aber auch bei der üblicheren, gebeugten Form empfiehlt sich die Verdeutlichung durch Anführungszeichen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Jein!

Frage

Gibt es bereits ein Wort das weder Ja noch Nein beschreibt. Wie wäre es mit Jain oder Jein?

Antwort

Ein solches Wort gibt es. Es ist sogar ein ziemlich bekanntes und vielverwendetes Wort: jein.

Seine Bedeutung ist meistens ja, aber; nein, außer; einerseits ja, andererseits nein. Es verlangt normalerweise eine sowohl die Jaseite als auch die Neinseite erläuternde Ergänzung. Als allein stehende Antwort kann jein eigentlich nur scherzhaft oder abwertend gemeint sein:

Auf die Frage, ob sie bereit sei, antwortete sie mit einem eindeutigen Jein.
Im Brustton der Überzeugung antwortet er: „Jein!“
Klare Antworten erhält man von ihm nie, er sagt immer nur jein.

Falls Sie an der Groß- und Kleinschreibung interessiert sind: Es gelten die gleichen Regeln wir für ja und nein.

Ein Wort wie jein wird Kofferwort (engl. portmanteau) genannt. Der Ausdruck stammt aus dem 6. Kapitel von Lewis Carrolls Alice hinter den Spiegeln:

“That’s enough to begin with,? Humpty Dumpty interrupted: “there are plenty of hard words there. ‘Brillig’ means four o’clock in the afternoon – the time when you begin broiling things for dinner.?

“That’ll do very well?, said Alice, “and ‘slithy’??

“Well, ‘slithy’ means ‘lithe and slimy’. ‘Lithe’ is the same as ‘active’. You see it’s like a portmanteau – there are two meanings packed up into one word.?

„Das ist erst mal genug“, unterbrach Hampti Dampti, „da sind ja schon eine ganze Menge schwerer Wörter. ,Brollig’ bedeutet vier Uhr nachmittags – die Zeit also, zu der man mit dem Brodeln von Sachen für das Abendessen beginnt.“

„Das passt sehr gut“, freute sich Alice, „Und ,schleimdig’?“

„Nun, ,schleimdig’ bedeutet ,schleimig’ und ,geschmeidig’. Siehst du, das ist wie bei einem Koffer – du packst zwei Bedeutungen in ein Wort.”

(Übersetzung von Dieter H. Stündel)

Andere Kofferwörter sind zum Beispiel:

Demokratur (Demokratie + Diktatur)
Eurasien (Europa + Asien)
Teuro (teuer + Euro)
Transistor (engl. transfer + resistor)
verschlimmbessern (verschlimmern + verbessern)
Nescafé (Nestlé + Café)
Osram (Osmium + Wolfram)

Und auf gut Denglisch (Deutsch + Englisch):

Brunch (breakfast + lunch)
Infotainment (Information + Entertainment)
Podcasting (iPod + broadcasting)

Natürlich gibt es in der Sprachwissenschaft noch ein paar andere Ausdrücke für die gleiche oder ähnliche Erscheinungen: Neben den leicht verständlichen Ausdrücken wie Wortkreuzung, Wortmischung und Wortverschmelzung gibt es Begriffe wie Kontamination und Amalgamierung. Der erste klingt nach Verunreinigung und der zweite – zumindest für die Älteren unter uns – nach Zahnfüllungen. Kontaminierung geht auf das lateinische contaminare zurück, das tatsächlich durch Berührung, Verschmelzung, Vermengung verderben bedeutete. Deshalb wurden und werden manchmal nur fehlerhafte Vermengungen von Wörtern und Ausdrücken als Kontaminationen bezeichnet (zum Beispiel unzweifellos oder Auch ein blindes Huhn legt einmal ein Ei). Ein Amalgam ist in erster Linie eine Legierung mit Quecksilber. Amalgame wurden für Zahnfüllungen verwendet, sind aber in dieser Verwendung mittlerweile sehr umstritten. Im übertragenen Sinne wird das Wort auch mit der Bedeutung Mischung verwendet. Und über diesen letzten Schritt versteht man den Begriff Amalgamierung für Wörter wie jein wahrscheinlich etwas besser.

Die Sprachwissenschaft wäre nicht die Sprachwissenschaft, wenn sich alle über die genaue Definition der genannten Begriffe einig wären. Wenn Sie mich also fragen, ob alle obengenannten Wörter eindeutig Kofferwörter sind, müsste ich mit einem klaren Jein antworten.

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Die heutige Frage ist eigentlich ein Kommentar zu einem anderen Beitrag, der aber schon etwas weiter zurücklieg. Ich wollte deshalb nicht dort, sondern etwas prominenter an dieser Stelle darauf reagieren.