Es tut mir leid, …

… wenn Sie schon wissen, wie man leidtun schreibt, blättern Sie einfach weiter. Heute geht es wieder einmal um einen Klassiker unter den Rechtschreibfragen. Es ist also kein neues, aber für viele von uns immer wieder leidiges Thema:

Frage

In Ihrem Rechtschreibwörterbuch steht bei „Es tut mir leid“, dass das Wort „leid“ in diesem Zusammenhang kleingeschrieben wird. Im Duden steht jedoch eindeutig, dass es gerade in diesem Fall großgeschrieben wird: „Es tut mir Leid.“ Was ist denn nun richtig?

Antwort

Sehr geehrte Frau G.,

nach der seit 2006 geltenden amtlichen Rechtschreibregelung schreibt man leidtun zusammen:

Das wird dir noch leidtun!
Es braucht dir nicht leidzutun.
Sie haben mir sehr leidgetan.

Wenn das Verb im Satz getrennt erscheint, schreibt man leid klein:

Es tut mir leid.
So leid es mir tut, ich kann euch nicht helfen.
Die Kinder taten ihm sehr leid.

Sehen Sie hierzu leidtun, leid und die entsprechende Rechtschreibregel in CanooNet.

Ihre Verwirrung, Frau G., ist allerdings nicht unbegreiflich. Sie verwenden wahrscheinlich eine veraltete Duden-Ausgabe. Vor der Rechtschreibreform, d.h. bis 1996, schrieb man leid tun. Danach war es bis 2004 nur Leid tun. Von 2004 bis 2006 konnte man dann zwischen Leid tun und leidtun wählen und seit 2006, d.h. nach der jetzt geltenden Regelung, schreibt man ausschließlich leidtun.

Man könnte hier natürlich wieder einmal die Diskussion über Sinn und Unsinn der Rechtschreibreform(en) aufgreifen, doch das lohnt sich meiner Meinung nach nicht mehr. Am besten versucht man einfach, sich leidtun und Es tut mir leid zu merken. Und wenn man es wie ich doch immer wieder vergisst, gibt es ja noch CanooNet!

Die Zusammenschreibung gilt übrigens nur, wenn leidtun die Bedeutung bedauern hat. Wenn wörtlicher Leid zufügen gemeint ist, schreibt man Leid als Substantiv groß und vom Verb getrennt:

jemandem ein Leid tun

Wenn Sie schon wussten, wie man leidtun schreibt, tut es mir leid, sie hiermit belästigt zu haben. Ich hoffe, dass Sie dieses Blog trotzdem nicht leid werden …

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Frühstück auf amerikanisch

Frage

Heißt es Frühstück auf Amerikanisch (wie Rede auf Deutsch) oder Frühstück auf amerikanisch?

Antwort

Sehr geehrte Frau M.,

gehen wir einmal davon aus, dass Sie ein Frühstück nach amerikanischer Art und nicht das amerikanische Wort für Frühstück meinen. Dann scheint die Frage nach der Groß- oder Kleinschreibung nicht eindeutig geklärt zu sein. Ich finde jedenfalls nirgendwo eindeutige Angaben dazu. Meine Empfehlung lautet:

Frühstück auf amerikanisch
Liebe auf italienisch
einparken auf französisch
Scheidung auf katholisch

Wenn mit der Verbindung von auf und einem unflektiertem Adjektiv die Art und Weise gemeint ist, sollte man kleinschreiben. Dies gilt auch zum Beispiel für die umgangssprachliche Wendung auf cool machen. Ich stütze mich dabei auf diese Rechtschreibregel.

Wenn eine Sprache gemeint ist, schreibt man aber nach auf tatsächlich groß (Regel):

ein Rede auf Deutsch halten
Wie heißt Frühstück auf Amerikanisch?
Wie sagt man Liebe auf Italienisch?
einparken auf Französisch 

Man schreibt also einparken auf Französisch, wenn es darum geht, wie das Wort im Französischen lautet (se garer). Mit einparken auf französisch ist die Art und Weise gemeint, wie man in Frankreich einparkt (hinten ein bisschen schubsen, vorne etwas schieben  – voilà! – schon ist der Wagen perfekt geparkt).

Diese an Haarspalterei grenzende Unterscheidung lässt sich m. E. damit begründen, dass es das Substantiv das Französisch als Sprachbezeichnung gibt, nicht aber als Bezeichnung der Art und Weise.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Herzlich willkommen und das kleine w

Heute wieder einmal ein Dauerbrenner im Bereich der Groß- und Kleinschreibung:

Frage

Schreibt man: herzlich willkommen oder herzlich Willkommen?

Antwort

Sehr geehrte Frau S.,

auch wenn man es sehr oft und vielerorts anders liest, sollte man immer und überall schreiben:

Herzlich willkommen!

Diese Formulierung steht nämlich für: „Seien Sie herzlich willkommen!“ Das Wort willkommen ist hier ein Adjektiv, das man entsprechend kleinschreibt. Vergleichen Sie die folgenden Sätze.

Sie sind ein willkommener Gast.
Seien Sie herzlich willkommen!
Herzlich willkommen!

Die Großschreibung ist aber nicht völlig ausgeschlossen. Wenn willkommen als Substantiv verwendet wird, schreibt man es groß:

Ein herzliches Willkommen!

Mehr zum Wort willkommen finden Sie auf dieser Rechtschreibseite und in einem älteren Blogeintrag.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das große Eszett

Da man das Jahr mit frischem Schwung, aber nicht gleich übertrieben hektisch beginnen sollte, hier etwas leichtere* Kost zum Auftakt des Jahres 2010:

Frage

Wie schreibt man das Wort Maßstab nur mit Großbuchstaben?

Antwort

Sehr geehrter Herr K.,

die amtlichen Rechtschreibregelung § 25 E3 sagt:

Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS.

Man schreibt also:

MASSSTAB

Seit einiger Zeit gibt es das Eszett allerdings auch als Großbuchstabe: Am 4. April 2008 wurde ein Großbuchstabe für ß in den Zeichensatz Unicode 5.1 aufgenommen. Die internationale Organisation für Normung (ISO) hat mit der Veröffentlichung des Zusatzes 4:2008 zum internationalen Zeichensatz ISO-10646 ebenfalls ein Zeichen für das große Eszett festgeschrieben.

42px-Capital_ß.svg

Dieser Großbuchstabe kommt aber in der amtlichen Rechtschreibung nicht vor. In den Vorbemerkungen zur Laut-Buchstaben-Zuordnung steht:

Die Schreibung des Deutschen beruht auf einer Buchstabenschrift. Jeder Buchstabe existiert als Kleinbuchstabe und als Großbuchstabe (Ausnahme ß)

Wenn Sie sich an die amtliche Rechtschreibregelung halten, schreiben Sie also, wie bereits gesagt, SS für großes ß.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

* Für einige Leute ist diese Frage allerdings manchmal nicht ganz so „leicht“. In Dokumenten wird gelegentlich das kleine ß auch bei Großschreibung angewendet, um Verwechslungen mit ss auszuschließen:

GROßE, Henriette
WEIß, Michael

Wenn jemand nun Große oder Weiß heißt und im Ausland ein solches Dokument vorlegen muss, kann es zu Schwierigkeiten kommen. Es ist dann nämlich oft nicht einfach, glaubhaft zu machen, dass man nicht Grobe oder Weib heißt. Das ß ist auf der internationalen Bühne schon als Kleinbuchstabe recht unbekannt – als Großbuchstabe verwendet ist es das erst recht.

Zum Ende der Nullerjahre

Dieser Eintrag kommt eigentlich zu spät, denn die Rückblicke, Bestenlisten und Aufzählungen der unterschiedlichsten Höhepunkte des sich dem Ende neigenden Jahrzehnts sind ja schon fast alle zusammengestellt und veröffentlicht worden. Mir fällt dabei unter anderem auf, dass eine Frage, die viele am Anfang dieses Jahrhunderts beschäftigte, beantwortet zu sein scheint: Wie nennt man die Jahre des ersten Jahrzehnts eines Jahrhunderts? In sehr vielen Rückblicken findet man dafür das Wort Nullerjahre.

Die Nullerjahre. Ich finde es kein besonders schönes Wort – doch das ist reine Geschmackssache. Es ist ein praktisches Wort. Es bezeichnet ziemlich genau das, was gemeint ist, und es fügt sich problemlos in den Wortschatz des Deutschen ein. Die Siebzigerjahre, die Achtzigerjahre, die Neunzigerjahre – in diese Reihe passen die Nullerjahre ausgezeichnet. Auch strengste Anglizismenjäger können nichts daran auszusetzen haben. Es findet sich bestimmt jemand, der „logische“ oder andere Einwände gegen diese Wortschöpfung hat, doch seit über die Sprache nachgedacht, gesprochen und geschrieben wird, hat es wohl noch nie eine sprachliche Neuerung gegeben, gegen die niemand etwas einzuwenden gehabt hätte. Die Nullerjahre sind also ganz zu Recht auf dem Weg, sich durchzusetzen.

Eigentlich wollte ich nur ganz kurz etwas zur Rechtschreibung sagen. Während man sehr oft ganz richtig die Nullerjahre liest, begegnet man auch hin und wieder anderen Schreibungen wie die Nuller-Jahre und die Nuller Jahre.  Die erste Schreibung enthält einen unnötigen, aber nicht grundsätzlich falschen Bindestrich. Die zweite Schreibung ist falsch. Wenn Nuller ein Substantiv ist, muss es mit Jahre zusammengeschrieben werden: die Nullerjahre. Wenn man es als vorangestelltes Adjektiv interpretierte, müsste es wie zum Beispiel achtziger kleingeschrieben werden: die nuller Jahre (wie achtziger Jahre, neunziger Jahre). Sie schreiben also am besten in den Nullerjahren des 21. Jahrhunderts (oder, wie ich es rein stilistisch vorziehe, im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts).

Guten Rutsch in die Zehnerjahre und ein glückliches neues Jahr!

Dr. Bopp

Wegen nichts, für nichts, um nichts

Auch zwischen Weihnachten und Silvester sind wir für Sie da. Die Besucherzahlen auf CanooNet zeigen zwar jedes Jahr, dass das Interesse an sprachlichen Fragen aus nicht völlig unbegreiflichen Gründen über die Feiertage auf einen absoluten Tiefpunkt sinkt, aber wir möchten ja die wenigen verbleibenden Interessierten nicht gänzlich vor dem Nichts stehen lassen. Deshalb hier eine Frage zum Wort nichts:

Frage

„Wegen Nichts bekommt er einen vor den Kopf.“

Meine Frage zum Wort nichts: Ist im Beispielsatz nur die Kleinschreibung nichts erlaubt oder wäre auch die Großschreibung Nichts möglich?

Antwort

Sehr geehrter Herr E.,

hier ist nur die Kleinschreibung richtig:

Wegen nichts bekommt er einen vor den Kopf.

Ebenso:

…, weil nichts und niemand uns aufhalten kann.
alles oder nichts
Danke für nichts!
mit nichts zufrieden sein
Man kann ihm nichts erzählen, ohne dass es nachher das ganze Dorf weiß.

Das Pronomen nichts schreibt man also grundsätzlich klein. Man muss allerdings großschreiben, wenn nichts als Substantiv verwendet wird. Das ist dann der Fall, wenn es von einem Artikelwort begleitet wird. Zum Beispiel:

Wegen eines Nichts bekommt er einen vor den Kopf.
vor dem Nichts stehen
aus dem Nichts erscheinen

[Siehe auch die Angaben zur Rechtschreibung von nichts im CanooNet-Wörterbuch.]

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Alles bleibt selbst höflich klein

Eine häufiger gestellte Frage, die ausnahmsweise einmal (fast) ohne Wenn und Aber zu beantworten ist:

Frage

Jetzt, zu Weihnachten, möchten wir uns bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken. Da die Wörter Kolleginnen und Kollegen im Text nicht noch einmal vorkommen sollen, lautet der Satz: „Wir möchten uns bei allen für das Engagement bedanken.“ Nun kam die Frage auf, ob allen groß- oder kleingeschrieben wird?

Antwort

Sehr geehrter Herr B.,

man schreibt alle/alles immer klein. Es wird nur in der Wendung sein Ein und (sein) Alles sowie natürlich am Satzanfang und wie oben als erstes Wort in einer Überschrift großgeschrieben. Ihr Satz ist also richtig geschrieben:

Wir möchten uns bei allen für das Engagement bedanken.

Ebenso zum Beispiel:

Hast du alle informiert?
Ich habe mit allen geredet.
Wenn alle nur noch Hbf. verstehen

Die Kleinschreibung gilt also auch dann, wenn alle sich auf Personen bezieht. Sie gilt sogar dann, wenn man sich direkt in der Höflichkeitsform an mehrere Personen richtet:

Wir danken Ihnen allen für Ihren Einsatz
Ich möchte Sie alle herzlich einladen …

Sehen Sie auch diese Seiten zur Rechtschreibung von alle und zur Kleinschreibung von Pronomen im Allgemeinen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Warum „am besten“ kein großes B hat

Frage

Ich weiß nicht, ob es auf folgende Frage überhaupt eine Antwort gibt, aber wieso werden Superlative, die mit am gebildet werden, nicht wie Nomen behandelt und großgeschrieben? Spielt mir mein Sprachgefühl hier einen Streich und macht mich glauben, dass diese Superlative großgeschrieben werden „sollten“, da nach der verschmolzenen Präposition (an + dem = am) großgeschrieben wird?

Antwort

Sehr geehrter Herr B.,

warum schreibt man Superlativformen mit am wie zum Beispiel am besten klein, wenn man mit wie nach ihnen fragen kann? Die einfachste Antwort auf diese Frage lautet: weil dies in den Rechtschreibregeln ausdrücklich so steht (amtl. Regelung § 58.2).

Es geht hier um eine Frage, die zeigt, dass es in Sprache und Rechtschreibung oft mehr als eine „logische“ Lösung gibt. Man könnte nach der allgemeinen Regel sagen, dass ein Adjektiv nach am (an dem) wie ein Nomen verwendet wird und deshalb großgeschrieben werden sollte (wie zum Beispiel in: sich nur mit dem Besten zufriedengeben). Andererseits kann man sagen, dass diese Superlativform einfach eine gebeugte Form des Adjektivs ist, die mit am und der Endung -sten gebildet wird. Entsprechend schreibt man klein.

Die Rechtschreibregelung wählt die zweite Variante. Warum? – Die Superlativform mit am wird genau gleich verwendet wie die ungebeugten Formen des Positivs und des Komparativs:

Ich finde das gut/besser/am besten.
Dieses Auto fährt schnell/schneller/am schnellsten.
das schnell/schneller/am schnellsten fahrende Auto

Die Form am …sten übernimmt die Rolle der ungebeugten Superlativform, die es bis auf wenige Ausnahmen wie herzlichst (in herzlichst grüßen) nicht gibt. Sie wird deshalb nicht als Substantivierung gesehen, sondern als eine besondere Beugungsform des Adjektivs. Dafür spricht auch die Tatsache, dass das am in dieser Verwendung auch bei besonderer Betonung nicht in an dem aufgelöst werden kann:

Ich bin nur am Besten interessiert
Ich bin nur an dem Besten interessiert

Du weißt am besten, was du brauchst.
NICHT: Du weißt an dem besten, was du brauchst.

Bei der Schreibung der mit am gebildeten Superlativformen hat also eine „logische“ Begründung (Kleinschreibung als Flexionsform) die besseren Karten als die andere (Substantivierung durch bestimmten Artikel).

Natürlich geht es auch hier nicht ganz ohne Komplikationen. Wenn man nicht mit wie, sondern mit woran fragen kann, „gewinnt“ die Substantivierung aus syntaktischen Gründen. Man schreibt die Superlativform dann auch nach am groß:

Das brauchen sie am nötigsten (Wie brauchen sie das?)
Es fehlt ihnen am Nötigsten (Woran fehlt es ihnen?)

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Großes Du in E-Mails?

Wenn wir schon beim Thema Anreden in Briefen sind (siehe den vorhergehenden Eintrag), hier eine weiter Frage in diesem Zusammenhang:

Frage

In einem großen Internetforum kam die Frage eines älteren Mitglieds auf, ob die Anrede du nicht großgeschrieben werde. Es entfachte eine kleine Diskussion, die sich auf die folgende Frage reduzieren lässt: Kann die Sonderregel in §66 der amtlichen Rechtschreibregelung auch auf andere Dinge als den klassischen Brief erweitert werden oder ist es auch nach diesen Regeln zwingend notwendig, Forenanreden (hinzu kommen vielleicht sogar noch Chats und sogar E-Mails?) kleinzuschreiben?

Antwort

Sehr geehrter Herr P.,

es steht zu befürchten, dass ich die Diskussion nicht endgültig beschließen kann. Die Frage lautet, was die amtliche Regelung genau meint:

§ 66: Die Anredepronomen du und ihr, die entsprechenden Possessivpronomen dein und euer sowie das Reflexivpronomen sich schreibt man klein.

E: In Briefen können die Anredepronomen du und ihr mit ihren Possessivpronomen auch großgeschrieben werden

Wenn man sich buchstäblich an den Text hält  (es gibt nun einmal Leute, die das immer tun …), ist die Großschreibung von du nur in Briefen möglich. Doch was ist mit „in Briefen“ gemeint? Ich und andere interpretieren es so, dass damit nicht nur klassische Briefe, sondern schriftliche Äußerungen aller Art gemeint sind, in denen sich du oder ihr direkt an jemanden richtet. Es kann sich also auch um Widmungen, interne Memos, E-Mails, Forenbeiträge usw. handeln. Warum?

Es geht um die Möglichkeit (also nicht um die Verpflichtung), die Anrede du oder ihr als Ausdruck der Höflichkeit großzuschreiben. Diese Möglichkeit sollte einem in allen schriftlichen Äußerungen zur Verfügung stehen. Außerdem ist es in der heutige Zeit recht schwierig zu definieren, was genau ein Brief ist. Muss er zum Beispiel unbedingt auf Papier geschrieben sein? Muss er in einem Umschlag stecken? Hat nicht unter anderem die E-Mail in vielen Bereichen die Rolle des Briefes übernommen?

Es ist also eine Frage der Interpretation. Ist mit „in Briefen“ nur der klassische Brief gemeint – oder einfach eine direkt an jemanden gerichtet schriftliche Äußerung? Meine Interpretation kennen Sie nun. Ich bin halt auch schon ein bisschen älter …

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Bopp

Vom Wissenwollen und dem Nicht-begreifen-Können

Manchmal kommen bestimmte Fragen wie in Wellen auf. In letzter Zeit war die Frage nach der Schreibung von substantivierten Infinitivgruppen Ihr großer Favorit. Keine Angst, substantivierte Infinitivgruppe klingt „gefährlicher“ als es ist.

Fragen

  • Schreibt man das Wissen wollen oder das Wissenwollen, das Verzeihen können oder das Verzeihenkönnen?
  • Bei der Suche nach Regeln für die Schreibweise des folgenden Ausdrucks bin ich leider nicht fündig geworden: das Gefundenwerden?
  • Wie werden im folgenden Satz die Worte Erwachsen werden geschrieben: „Es gehört zum Erwachsen werden, dass man Verantwortung übernimmt“?
  • Wie schreibt man vom Gefüttertwerden bis zum allein Essen?
  • Könnten Sie mir bitte sagen, wie man das unter Druck setzen richtig schreibt, d.h. welche Wörter groß, welche klein, wo Bindestrich?
  • Wie wird das Folgende geschrieben:  ein Gefühl des Nicht begreifen könnens?

Antwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn ein Infinitiv, das heißt die Grundform eines Verbs, als Substantiv verwendet wird, schreibt man groß:

das Lesen
beim Stricken einnicken
zum schnellen Aufwärmen
die Zeit mit Spielen und Fernsehen verbringen

Wenn man statt eines allein stehenden Infinitivs eine Infinitivgruppe als Substantiv verwendet, schreibt man ebenfalls groß. Bei einfacheren, in der Regel aus zwei Teilen bestehenden Gruppen schreibt man zusammen:

das Bücherlesen
beim Winterpulloverstricken einnicken
zum schnellen Selbstaufwärmen

Das bedeutet für die Beispiele in Ihren Fragen:

das Wissenwollen
das Verzeihenkönnen
das Gefundenwerden
das Erwachsenwerden
vom Gefüttertwerden bis zum Alleinessen

Bei komplexeren Infinitivgruppen verwendet man Bindestriche. Weiter schreibt man das erste Wort, den (letzten) Infinitiv und ggf. Substantive groß. Das führt dann zu solchen Schreibungen:

das Dicke-Bücher-Lesen
beim Für-die-ganze-Familie-Pullover-Stricken
zum schnellen In-der-Mikrowelle-Aufwärmen

Sie schreiben also auch:

das Unter-Druck-Setzen
ein Gefühl des Nicht-begreifen-Könnens

Es gäbe wahrscheinlich noch einiges zu sagen. Ich glaube aber, dass die Beispiele zeigen, wie es im Allgemeinen gemacht wird. Sie zeigen auch, dass man mit solchen Formulierungen vorsichtig und sparsam umgehen sollte. Sie sind nämlich schwerfällig und – vor allem wenn sie länger sind – nicht gerade einfach zu verstehen. Meist ist eine andere Formulierung vielleicht etwas länger, dafür eleganter und lesefreundlicher. Das war zwar nicht die Frage, aber ich möchte nicht, dass man mir noch den Vorwurf des Den-stilistischen-Aspekt-völlig-außer-Acht-Lassens macht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Wenn Sie sich die entsprechenden Rechtschreibregeln ansehen möchten, finden Sie sie hier: