Wie man ins Deutsche übernommene „marketing qualified leads“ schreibt

Es gibt kaum eine Bereich in der Rechtschreibung, in dem die regelkonforme Schreibweise (gemäß der amtlichen Rechtschreibregelung) und die übliche Schreibweise so weit auseinanderklaffen wie bei den mehrteiligen Ausdrücken aus dem Englischen. Hier folgt ein Beispiel, in dem die regelkonforme Schreibweise praktisch nie vorkommt.

Frage

Ich bin mir nicht sicher, wie man folgenden Begriff im Deutschen richtig schreibt: Marketing-Qualified-Lead.

Ich meine, es ist nur mit einem Bindestrich richtig (Marketing-Qualified), aber sicher bin ich mir nicht.

Antwort

Guten Tag Frau D.,

Zusammensetzungen und Mehrwortausdrücke aus dem Englischen stellen häufig ein Problem dar, wenn sie nach den Regeln der deutschen Rechtschreibung geschrieben werden sollen. Das ist auch bei Ausdrücken dieser Art der Fall.

Wenn man es ganz richtig nach der Rechtschreibregelung machen will, kommt hier eine Schreibweise heraus, der man fast nirgendwo begegnet:

Marketing-qualified Leads und Sales-qualified Leads
Ein Lead ist Marketing-qualified oder Sales-qualified.

Vgl. die stärker eingedeutschten Varianten:

Marketingqualifizierte Kontakte und verkaufsqualifizierte Kontakte
Ein Kontakt ist marketingqualifiziert oder verkaufsqualifiziert.

Oder mit „verdeutlichendem“ Bindestrich:

Marketing-qualifizierte Kontakte und verkaufsqualifizierte Kontakte
Ein Kontakt ist Marketing-qualifiziert oder verkaufsqualifiziert.

Der Teil Marketing-qualified ist ein zusammengesetztes Adjektiv/Partizip. Es wird im Deutschen am besten mit einem Bindestrich geschrieben  (marketingqualified wäre allerdings auch möglich). Dabei erhält Marketing als Substantiv in einer Zusammensetzung mit Bindestrich einen großen Anfangsbuchstaben. Das Partizip qualified bleibt klein (vgl. Amerika-freundlich, Fett-triefend, Computer-unterstützt).

Dieses zusammengesetzte adjektivische Partizip steht vor dem Substantiv Lead. Verbindungen aus dem Englischen, die aus einem Adjektiv und einem Substantiv bestehen, werden getrennt geschrieben:

Big Bang
Public Relations
Human Resources
Electronic Banking

Analog auch:

Asset-backed Security
Computer-aided Design
Location-based Management (so auch in Duden)
Web-based Training

Marketing-qualified Lead
Sales-qualified Lead

Wenn Sie die Schreibung Marketing-qualified Leads verwenden, machen Sie es also richtig.

Aber: Sie riskieren, dass man Sie wegen dieser ungewohnten Schreibweise kritisiert. Wenn Ihnen das nicht gleichgültig ist, könnten Sie auch erwägen, die zwar nicht regelkonforme, aber bei Begriffen dieser Art am meisten vorkommende Schreibweise anzuwenden, die (abgesehen von den Großbuchstaben) direkt aus dem Englischen übernommen ist: Marketing Qualified Leads. Man kann dann sogar argumentieren, es sei eine fachsprachliche Schreibung. Die Schreibung mit zwei Bindestrichen Marketing-Qualified-Leads würde ich nicht empfehlen, da sie weder den Rechtschreibregeln noch der englischen Schreibweise gerecht wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Beim Lesen- und Schreibenlernen

Frage

„Viel Spaß und Geduld beim Rechnen, Lesen und Schreiben Lernen“

Je länger ich mir den Satz anschaue, desto verwirrter bin ich. Es geht um das „beim Rechnen, lesen, schreiben Lernen.“ Das „beim“ bezieht sich doch auf das Lernen, daher wird es in dem Fall doch großgeschrieben. Beim Rest bin ich mir nicht ganz sicher.

Antwort

Guten Tag Frau K.,

das „beim“ bezieht sich nicht nur auf Lesen, sondern auf alle folgenden Infinitive. Es wird nur nicht jedesmal wiederholt:

Viel Spaß und Geduld beim Rechnen, Lesen und Schreibenlernen
= Viel Spaß und Geduld beim Rechnen, beim Lesen und beim Schreibenlernen.

Gemeint ist wahrscheinlich aber das Folgende:

Viel Spaß und Geduld beim Rechnen-, Lesen- und Schreibenlernen
= Viel, Spaß und Geduld beim Rechnenlernen, beim Lesenlernen und beim Schreibenlernen.

Substantivierte erweiterte Infinitive werden zusammengeschrieben, wenn sie aus zwei Teilen bestehen (zum Beispiel: das Autoputzen, gemeinsames Kaffeetrinken, beim Zusammenwohnen). Das gilt auch dann, wenn eine Wortgruppe mit zwei Infinitiven substantiviert wird:

einkaufen gehen → das Einkaufengehen
arbeiten müssen → das traditionelle Arbeitenmüssen
schreiben lernen → beim Schreibenlernen

Das erklärt, warum in beiden Fällen oben Schreibenlernen zusammengeschrieben wird:

beim Schreibenlernen

Bei Zusammenziehungen der folgende Art muss für den wegfallenden Wortteil ein Ergänzungsstrich geschrieben werden:

das Zugfahren und das Busfahren → das Zug- und Busfahren
beim Lesenlernen und beim Schreibenlernen → beim Lesen- und Schreibenlernen

Das erklärt, warum bei der zweiten (und wahrscheinlicheren) Bedeutung Ergänzungsstriche verwendet werden müssen:

beim Rechnen-, Lesen- und Schreibenlernen

Hier müssen also gleichzeitig zwei Regeln beachtet werden, die im Zusammenhang mit Infinitiven zu (auf den ersten Blick) ungewöhnlichen Schreibungen führen. Kein Wunder, dass Sie unsicher geworden sind und dass solche Wendungen häufig nicht ganz korrekt geschrieben werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Die Schreibweise beim Schreiben lernen ist auch möglich, sie hat aber eine andere Bedeutung: während des Schreibens lernen.

beim Schreibenlernen = während man schreiben lernt
beim Schreiben lernen = lernen, während man schreibt

Wenn man kleiner wohnen will: der Traum vom kleiner Wohnen oder vom Kleinerwohnen?

Frage

Ich habe eine Frage zur korrekten Schreibung von substantivierten Verben mit adjektivischem Begleiter. Kürzlich wurde im TV eine Reportage gesendet mit dem Titel »Der Traum vom kleiner Wohnen«. Der Ausdruck »kleiner Wohnen« kommt mir hinsichtlich der Schreibung und auch stilistisch irgendwie seltsam vor, wobei ich nicht sicher bin, ob ich hier möglicherweise ein Problem sehe, wo gar keines ist.

Da es sich um eine Substantivierung des Verbs handelt, wird »Wohnen« folgerichtig großgeschrieben, das ist klar. Wenn es nun hieße »Der Traum vom kleineren Wohnen« hätte ich auch kein Problem, aber das »kleiner« scheint mir bei der Substantivierung des Verbs enger an letzteres gebunden zu sein. Müsste es deshalb nicht vielleicht »Traum vom Kleinerwohnen« oder »Traum vom Kleiner-Wohnen« heißen? […]

Noch ein paar Beispiele, die dem »kleiner Wohnen« ähneln, bei denen ich mir ebenfalls unsicher bin:

das gesünder Essen
das nachhaltiger Einkaufen
das umweltbewusster Reisen
das schonend Kochen
das fettarm Backen
das hübsch Verzieren

Völlig unproblematisch sind diese Wendungen, wenn das Adjektiv anders dekliniert wird:

das gesündere Essen
das nachhaltigere Einkaufen
das umweltbewusstere Reisen
das schonende Kochen
das fettarme Backen
das hübsche Verzieren

Drücken diese Wendungen aber wirklich dasselbe aus wie die obenstehenden? […]

Antwort

Guten Tag Herr K.,

Ihre Analyse ist korrekt. Hier ist die ganze Infinitivgruppe kleiner wohnen substantiviert. Dann gilt, dass aus zwei Wörtern bestehende (o. übersichtliche) Infinitivgruppen groß- und zusammengeschrieben werden:

das Kleinerwohnen
also: Der Traum vom Kleinerwohnen

das Gesünderessen
das Nachhaltigereinkaufen
das Schonenderkochen
das Umweltbewussterreisen
das Schonendkochen
das Fettarmbacken
das Hübschverzieren

Getrennt geschrieben wird, wenn das Adjektiv gebeugt ist:

das kleinere Wohnen
das gesündere Essen
das nachhaltigere Einkaufen
das schonendere Kochen
das umweltbewusstere Reisen
das schonendere Kochen
das fettarme Backen

Häufig gibt es keinen wesentlichen Bedeutungsunterschied zwischen den beiden Formulierungen. Dann ist stilistisch eindeutig die Variante mit einfachem Infinitiv und gebeugtem Adjektiv vorzuziehen. Substantivierte Infinitivgruppen verdienen selten den Schönheitspreis und sehen manchmal, wie die Beispiele oben von das Kleinerwohnen bis das Hübschverzieren, eher seltsam und gewöhnungsbedürftig aus.

In gewissen Fällen kann die Bedeutung unterschiedlich sein, wenn wie zum Beispiel bei das gesündere Essen der substantivierte Infinitiv eine andere Bedeutung hat oder haben kann als die reine Verbbedeutung (das Essen als Verbhandlung und das Essen als Mahlzeit oder Speise). Manchmal ist die getrennte Formulierung nicht möglich, wenn wie zum Beispiel bei hübsch verzieren das Adjektiv sich nicht auf das Verb, sondern auf ein Objekt bezieht (hübsch ist nicht das Verzieren, sondern das, was verziert wird). Und manchmal bin ich unsicher, ob eine Formulierung möglich ist: das kleinere Wohnen?? Eher nicht.

Ein ähnliches Thema behandelt dieser ältere Blogartikel.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wird die Produktion auf elektrisch oder auf Elektrisch umgestellt?

Frage

Wird das Wort „elektrisch/Elektrisch“ in diesem Satz groß- oder kleingeschrieben: „Das Unternehmen stellt seine Produktion auf elektrisch/Elektrisch um“?

Könnte man argumentieren, dass „elektrisch“ eine substantivierte Verwendung des Adjektivs ist? Ähnliche Beispiele wären:

Die Ampel schaltet auf Rot
Wir bestellen das Produkt in Klein

Beim ersten Beispiel kann man natürlich die Rechtschreibregeln für Sprach- und Farbadjektive anführen, aber zumindest das zweite Beispiel zeigt die Parallele zum fraglichen Satz.

Antwort

Guten Tag Herr F.,

meine Empfehlung ist hier die Kleinschreibung:

Das Unternehmen stellt seine Produktion auf elektrisch um.

Dies ist allerdings auch für mich ein Zweifelsfall. Es geht um eine Verbindung aus einer Präposition und einem ungebeugten Adjektiv. Hier ist die Rechtschreibregelung in Bezug auf die Groß- und Kleinschreibung zum Teil undeutlich.

1. Nach § 58(3.1) werden „bestimmte feste Verbindungen aus Präposition und nichtdekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel“ kleingeschrieben. Es geht dabei um Fälle wie:

Ich hörte von fern ein dumpfes Grollen.
Die Ware wird nur gegen bar ausgeliefert.
Damit habe ich mich von klein auf beschäftigt.

2. Nach der Ausnahmeregel § 58(E2) werden „Substantivierungen, die auch ohne Präposition üblich sind“, auch dann großgeschrieben, wenn sie mit einer Präposition verbunden werden. Es geht hier u. a. um Fälle wie:

Die Ampel schaltete auf Rot.
Wir liefern das Gerät in Grau.
Mit Englisch kommst du überall durch.

Die Rechtschreibregelung ist hier insofern undeutlich, als sie nicht explizit angibt, wie man Verbindungen aus einer Präposition und einem ungebeugten Adjektiv schreibt, die keine festen Verbindungen sind (vgl. 1) und bei denen die ungebeugte Adjektivform nicht als Substantivierung üblich ist (vgl. 2).

Die Formulierungen in klein bestellen und auf elektrisch umschalten sind keine festen Verbindungen. Sie gehören somit nicht zu den nach §58(3.1) kleinzuschreibenden Verbindungen. Die ungebeugten Formen klein und elektrisch sind  auch keine ohne Präposition üblichen Substantivierungen (vgl. §58[E2]). Es gibt zwar ein leuchtendes Rot, aber nicht ein *durchschnittliches Klein oder *nachhaltiges Elektrisch.

Ich halte in solchen Fällen die Kleinschreibung für angebrachter, da die Verbindungen zwar nicht fest sind, sie aber nicht der Ausnahme-Regelung entsprechen. Dies ist meine Interpretation. Andere kommt hier zum Teil[!] zu einem anderen Schluss: Gemäß Duden, „Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle“, Stichwort in, schreibt man ungebeugte Adjektive nach in groß (→ ein Produkt in Klein bestellen; dies wahrscheinlich in Analogie mit in Rot bestellen). Nach dem Rechtschreibwörterbuch desselben Verlages schreibt man aber zum Beispiel: die Flamme auf klein drehen.

Nach all diesen Überlegungen kann ich nur noch erschöpft wiederholen, dass ich hier für die Kleinschreibung bin:

Das Unternehmen stellt seine Produktion auf elektrisch um.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Ist man ü40, ü-40, ü 40 oder ü. 40, wenn man über vierzig ist?

Frage

Ich habe eine Frage zu einer Schreibweise, bei der ich mir trotz Wälzung der Rechtschreibregeln unsicher bleibe:

Das betrifft nicht nur die Generation zwischen zwanzig und dreißig, sondern inzwischen auch die Menschen Ü-vierzig.

„Ü-vierzig“ sieht für mich seltsam aus, aber ich weiß nicht, wie es besser wäre, insbesondere, wenn man die „vierzig“ als Wort belassen möchte: „ü‑vierzig“, „ü vierzig“?

Antwort

Guten Tag Herr S.,

mit den Rechtschreibregeln kommt man hier nicht sehr weit und die Wörterbücher geben auch nicht viel her. Es gibt deshalb keine eindeutige, allgemein gültige Antwort auf Ihre Frage.

Im Prinzip müsste man „über“ in „über vierzig“ mit Hilfe eines Abkürzungspunktes abkürzen:

die Menschen, die ü. vierzig sind
die Menschen, die ü. 40 sind

Der Abkürzungspunkt ist aber nicht bei allen Abkürzungen üblich. Weiter ist es fraglich, ob Wendungen dieser Art nicht schon zu einer eigenständigen Formulierung mit eigener Schreibweise geworden sind. Die folgenden Varianten kommen u. a. vor (ich nenne nur die Schreibungen mit kleinem ü, siehe weiter unten):

die Menschen ü 40
die Menschen ü-40
die Menschen ü40

In Wörterbüchern ist, wie gesagt, nur wenig zu diesem Thema zu finden. Erwähnt wird nur die Verwendung dieser Abkürzungsart als Erstglied in Zusammensetzungen:

die Ü-30-Party o. die Ü30-Party

Die Verwendung der Abkürzung als eigenständiges Zahlwort wird nicht erwähnt. Sie haben hier also eine gewisse Freiheit, da die Schreibung (noch) nicht standardisiert ist. Es liegt an Ihnen, welche der oben genannten Varianten (ü. 40, ü 40, ü‑40, ü40) Sie wählen. Am nächsten bei der traditionellen Schreibweise ist ü. 40. Sie ist für mich auch die am besten geeignete Variante in Verbindung mit dem ausgeschriebenen Zahlwort: die Menschen, die ü. vierzig sind. Sonst könnte ich mich auch mit ü 40 und ü40 anfreunden, denn sie passen am besten zu die Ü-30-Party bzw. die Ü30-Party.

Vom Großbuchstaben Ü, der auch häufiger vorkommt, würde ich bei der Zahlenangabe „über vierzig“ abraten, weil er eigentlich durch nichts zu rechtfertigen ist. In „Ü-30-Party“ wird er verwendet, weil er am Wortanfang eines Substantivs steht. [Nachtrag: Für die vor allem im Sport übliche Großschreibung in Alterklasse Ü40 siehe Kommentare zum Artikel.]

Wir haben es hier mit einem verhältnismäßig neuen Sprach- und Schreibphänomen zu tun, das sich den hergebrachten Gebräuchen und Regeln entzieht und noch nicht durch den Gebrauch und/oder die Wörterbücher standardisiert ist. Den Fans von Eindeutigkeit bleibt hier deshalb nur, über vierzig auszuschreiben und abzuwarten, ob sich eine der Varianten durchsetzen wird. Bis dann bin ich vielleicht einiges weiter ü 40, als dies ohnehin schon seit längerer Zeit der Fall ist. Vielleicht bleibt diese Ausdrucksweise auch nur eine zeitlich beschränkte Modeerscheinung, die  irgendwann wieder außer Gebrauch kommt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Noch einmal die Regel mit den 2 G, diesmal mit +

Frage

In einem Ihrer stets lesenswerten Blog-Artikel haben Sie bereits die Frage bezüglich der korrekten Schreibung(en) „2-G-Regel“ bzw. „2G-Regel“ geklärt [siehe hier]. Eine Frage stellt sich mir diesbezüglich aber immer noch:

Warum wird das G großgeschrieben? Es steht doch für die Adjektive „geimpft“, „genesen“, „getestet“. Wann immer die Abkürzung „2G“ oder „3G“ erklärt wird, erfolgt ein Verweis auf diese drei Adjektive, praktisch nie auf die Nomen „Geimpfte“, „Genesene“, „Getestete“. […]

Inzwischen ist es sogar noch komplizierter geworden, denn die Begriffe „2G“ und „2G-Regel“ wurden noch um ein „Plus“ erweitert. In den vergangenen Tagen habe ich u. a. in meiner Tageszeitung die verschiedensten Schreibvarianten hierzu gefunden – offenbar schreibt jeder einfach nach Gefühl. Hier ein paar Beispiele:

2G-Plus-Regel / 2G-plus-Regel
Ab sofort gilt in vielen Bereichen 2G plus / 2G Plus / 2G-plus / 2G-Plus

Vollends durcheinander geht es, wenn das „Plus“ durch das Pluszeichen + ersetzt wird, was zurzeit auch immer häufiger geschieht. Dann kommen solche Varianten dabei heraus (ebenfalls in Printmedien entdeckt):

2G+
2G +
2G+ Regel
2G+-Regel
2G + Regel
2G-+-Regel

Was ist richtig? […]

Antwort

Guten Tag Herr K.,

gerade bei Abkürzungen regeln die Regeln nicht alles. Außerdem stimmt bei Abkürzungen das, was streng nach Regeln sein müsste, oft nicht mit dem überein, was ist. Das gilt auch hier. Mit einer Argumentation, die sich, so gut es geht, an die wenigen Angaben hierzu in der amtlichen Rechtschreibregelung hält, kommt man zu diesen Schreibungen:

2 G plus
2 G +
2-G-plus-Regel
2-G-+-Regel oder 2-G +-Regel [?]
Zwei-G-plus-Regel

Das große G lässt sich damit erklären, dass nur Substantive zählbar sind, nicht aber Adjektive. Nur in Fällen wie Man schreibt Egge mit zwei g ist die Kleinschreibung richtig. Sonst schreibt man nach Zahlwörtern groß: die Regel mit den zwei G.

Das Wort „plus“ sollte kleingeschrieben und ohne Bindestrich angefügt werden,  wie dies zum Beispiel bei fünf Grad plus, eine Zwei plus bekommen oder im Alter von 70 plus der Fall ist.

Wie das Pluszeichen in Zusammensetzungen behandelt werden soll, bleibt schwierig, weil nicht klar ist, wie bei Zeichen dieser Art vorzugehen ist. Ein ähnlicher Fall ist das Prozentzeichen. So schreibt man gemäß Duden 5 %-Klausel. DWDS hingegen schreibt 5-%-Hürde und gibt 5 %-Hürde und 5%-Hürde als ungültige Schreibungen an.

Wichtig ist hier aber, sich (auch) nach dem zu richten, was allgemein üblich ist, nämlich 2G und 3G. Zusammen mit plus bzw. + komme ich dann zu den folgenden Schreibungen:

2G plus
2G+ (eigentlich: 2G +)
2G-plus-Regel
2G+-Regel

Da diese Schreibungen, wie erwähnt, nicht vollständig durch Regeln belegbar „richtig“ sind, sind Abweichungen davon nicht automatisch „falsch“.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Allen ein frohes Fest im Kreis ihrer/Ihrer[?] Familie

Frage

Ich bin mir nicht sicher, ob im folgenden Satz das Wort „Ihrer“ groß- oder kleingeschrieben werden muss:

Ich wünsche allen ein frohes Fest im Kreise Ihrer/ihrer Familie.

Ich tendiere eher zur Großschreibung. Ganz klar ist es für mich, wenn der Satz lauten würde: „Ich wünsche Ihnen allen ein frohes Fest im Kreise Ihrer Familien.“ Dann würde ich zwei Mal Großschreibung nehmen. Aber welche Schreibweise ist beim ersten Satz richtig?

Antwort

Guten Tag Frau O.,

im ersten Satz sollten Sie die Kleinschreibung wählen, wie es die Grammatik „verlangt“. Der Possessivartikel ihrer bezieht sich auf das Pronomen alle, das keine Anredeform ist und somit keine Großschreibung von ihrer rechtfertigt:

Ich wünsche allen ein frohes Fest im Kreise ihrer Familie.
vgl.:
Ich wünschen allen [Mitarbeitenden] ein frohes Fest im Kreise ihrer Familie.

Ich verstehe aber, dass Sie die Großschreibung in Erwägung ziehen, wenn Sie alle im Sinne von Sie alle verwenden. Die Großschreibung richtet sich dann nicht nach der Grammatik, sondern nach der Bedeutung. Wenn Sie tatsächlich Sie alle meinen, können Sie allerdings die Anredeform Ihnen am besten auch nennen:

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes Fest im Kreise Ihrer Familie.

Dann stimmen – sozusagen – Grammatik, Bedeutung und Orthografie wieder überein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Auch ich wünsche allen ein frohes Fest allein, zu zweit oder in welchem angenehmen Kreis auch immer!

Mehrere van Goghs und ein da Vinci

Frage

Ein Kollege hat mich gerade gefragt, wie ich „ein da Vinci von 1 Mio.“ schreiben würde. Meine Antwort: Ich bin nicht sicher. […]

Antwort

Guten Tag Herr F.,

es geht hier um einen Personennamen, der nicht die Person, sondern ein von der Person geschaffenes Werk o. Ä. bezeichnet. Es gibt rechtschreiblich keinen Grund, einen Personennamen dann anders zu schreiben.

Bei vielen Familiennamen wird eine Partikel wie von, van, de, di, da usw. kleingeschrieben (wenn sie nicht am Satzanfang oder am Anfang einer substantivischen Zusammensetzung steht; vgl. hier). Das gilt auch dann, wenn der Name allein nicht die Person, sondern etwas anderes bezeichnet. Auch dann bleibt die Partikel klein und auch dann geht es ganz ohne Bindestrich:

Das Museum besitzt mehrere Gemälde von van Gogh.
Das Museum besitzt mehrere van Goghs.

Mit etwas Glück findet man im Secondhandladen ein Kleidungsstück von Gaultier oder de la Renta.
Mit etwas Glück findet man im Secondhandladen einen Gaultier oder einen de la Renta.

ein Brunnen mit Plastiken von Nikki de Saint Phalle und Jean Tinguely
ein Brunnen mit de Saint Phalles und Tinguelys

Dieses Werk von da Vinci kostet eine Million.
Dieser da Vinci kostet eine Million.

Wenn mit „da Vinci“ nicht ein Werk des italienischen Künstlers und Gelehrten, sondern ein Roboter des Da-Vinci-Operationssystems gemeint ist (die sind ja auch nicht gerade billig), zweifle ich ein wenig. Namen von Marken und Produkten werden oft abweichend geschrieben. Es scheint aber so zu sein, dass auch dieses Produkt außerhalb von Zusammensetzungen mit kleinem d geschrieben wird:

In vielen Operationssälen steht bereits ein da Vinci.

Die meisten von uns können sich keinen van Gogh und keinen da Vinci leisten, aber wir wissen nun wenigsten, wie wir „Ich hab grad einen van Gogh gekauft“ schreiben müssten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wie man „intravenös“ am besten abkürzt

Frage

Meine Kolleginnen baten mich, Sie zu fragen, wie „I.v.-Injektion“ („intravenöse Injektion“) richtig geschrieben wird. Die Überlegungen gingen zum einen dahin, ob Bindestriche gesetzt werden, zum andern auch, ob das I groß geschrieben werden muss.

Wir haben in unseren Transkriptionsregeln irgendwann mal festgelegt, dass wir i.v. ohne Leerschritt schreiben wollen. Aber strenggenommen ist das ja falsch. […]

Antwort

Guten Tag Frau N.,

genaue und verbindliche Regeln, wie Wörter abzukürzen sind, gibt es kaum. Ich würde die folgenden beiden Schreibweisen empfehlen:

die iv. Injektion
die i.v. Injektion

Üblicherweise schreibt man nur am Schluss eines abgekürzten Wortes einen Abkürzungspunkt:

Ggs. = Gegensatz
Mrd. = Milliarde
ahd. = althochdeutsch
bspw. = beispielsweise
vgl. = vergleiche

Entsprechend würde ich „intravenös“ wie folgt abkürzen:

iv. = intravenös

Diese von mir bevorzugte Schreibweise scheint aber in der Fachsprache nicht oder kaum vorzukommen.

Üblicher ist die Schreibung mit zwei Punkten. Dabei muss nach dem ersten Punkt kein Leerzeichen stehen, denn es steht auch auch kein Leerzeichen vor dem v in „intravenös“. (Ein Leerzeichen sollte dann gesetzt werden, wenn auch in der nicht abgekürzten Schreibung eines steht, also bei aus mehr als einem Wort bestehenden Ausdrücken: z. B. = zum Beispiel, s. u. = siehe unten.)** Entsprechend also:

i.v. = intravenös

Dann noch zur Frage nach dem Bindestrich: Auch wenn „intravenös“ abgekürzt wird, bleibt es ein Adjektiv. Auch die Abkürzung wird deshalb kleingeschrieben (außer am Satzanfang, wo man Abkürzungen allerdings besser vermeidet) und sie bleibt vom folgenden Substantiv getrennt:

iv. Injektion
i.v. Injektion

Ob Sie die meiner Meinung nach bessere „einpunktige“ Variante oder die üblichere Schreibweise mit zwei Punkten wählen, bleibt Ihnen überlassen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

** Die in einigen Wörterbüchern neben „ao.“ angegebene Abkürzung „a. o.“ (mit Leerschritt) für „außerordentlich“ halte ich für zweifelhaft, denn man schreibt gemäß der Rechtschreibregelung „Abt.-Leiter“ („Abteilungsleiter“) auch ohne Leerschritt. Ich würde also „a.o.“ schreiben (oder besser „ao.“). Die beiden Fälle sind aber wegen des Bindestrichs nur schlecht vergleichbar, so dass meine Interpretation wieder einmal nicht die einzig mögliche ist.

Zum Unterschied zwischen einer Superidee und einer super Idee

Frage

Ich möchte mich mit einer Frage zur deutschen Sprache an Sie wenden. Und zwar geht es um die Verschriftlichung von Formulierungen, die man vorwiegend in der Umgangssprache antrifft. […] Kürzlich las ich folgenden Dialog, der das Problem, auf das ich hinauswill, aufzeigt:

»Ich schlafe eigentlich immer gut, ich habe nämlich ein super Bett!«
»Du Glückliche! Vielleicht schlafe ich deshalb häufig nicht gut, weil ich kein Superbett habe.«

Sie ahnen es vielleicht schon – es geht um die beiden verschiedenen Schreibweisen von „super Bett“ versus „Superbett“. Mir ist nicht klar, wieso hier überhaupt verschiedene Schreibweisen gewählt wurden – vielleicht einfach eine versehentliche Inkonsistenz? Aber wenn man sich für eine Variante entscheiden müsste, welche wäre die richtige? Ich will im Folgenden einige weitere Beispiele anführen, um die Frage noch besser zu veranschaulichen:

Ich habe eine super Idee!
Ich habe eine Superidee!
Du hast ein klasse Resultat erzielt!
Du hast ein Klasseresultat erzielt!
Das war eine mega Party.
Das war eine Megaparty.
Das ist ein riesen Problem.
Das ist ein Riesenproblem.

Welche Schreibvariante ist die korrekte? Oder hat man freie Wahl? Und falls ja: Gibt es Bedeutungsunterschiede zwischen den Schreibweisen? Und auf welche Rechtschreibregel(n) lässt sich die Entscheidung für die eine oder andere Schreibung zurückführen? […]

Antwort

Guten Tag Frau K.,

bei der Wiedergabe von umgangssprachlichen Äußerungen dieser Art ist vor allem die Betonung wichtig:

Das ist eine Súperidee
Das ist eine super Idéé

ein Súperbett
ein super Bétt

Das Affix „Super-“ trägt die Hauptbetonung in der Verbindung und wird mit dem Substantiv zusammengeschrieben. Wenn „super“ bei neutraler Aussprache nicht die Hauptbetonung trägt, wird es als unveränderliches Adjektiv angesehen und klein und vom Substantiv getrennt geschrieben. Vgl. Unterschied bei Betonung und Schreibung in:

ein Rósenstrauß
ein rosa Stráúß

Es gibt vielleicht einen leichten Bedeutungsunterschied zwischen „Super-“ und „super“: Ein super Bett ist ein großartiges Bett, ein Superbett ist ein Bett das qualitativ oder in anderem Sinne weit über einem normalen Bett steht. Ein super Mann und eine super Frau sind nicht gleich Superman und Superwomen, aber es wäre schwierig oder unmöglich, immer eine genaue Bedeutungsgrenze zwischen „Super-“ und „super“ anzugeben. So gibt es zum Beispiel außer der Betonung kaum einen Unterschied zwischen einer „Superidee” und „super Idee”.

Die Unterscheidung zwischen dem dem Affix „Super-“ und dem unveränderlichen Adjektiv „super“ ist schon so weit eingebürgert, dass sie auch in der Verschriftlichung in dieser Weise üblich geworden ist. Bei anderen Affixen, die umgangssprachlich als unveränderliche Adjektive verwendet werden, ist die Getrenntschreibung gemäß den Wörterbüchern (noch) nicht überall vorgesehen. Sie sollte aber bestimmt in Erwägung gezogen werden, wenn wirkliche Umgangssprache schriftlich wiedergegeben wird.

Es gibt manchmal – also nicht immer – einen mehr oder weniger großen Bedeutungsunterschied zwischen dem betonten Affix (resp. Erstelement einer Komposition) und dem weniger betonten unveränderlichen Adjektiv. Hier einige Beispiele:

ein Klásseresultat
ein klasse Resultát

Kein Bedeutungsunterschied Klasse-/klasse [?]

eine Mégaparty (eine sehr große Party)
eine mega Párty (eine großartige Party)

Bedeutungsunterschied: Mega- = sehr groß / mega = großartig

ein Ríésenproblem
ein riesen Problém

Kein Bedeutungsunterschied Riesen-/riesen

diese Schéíßwurst
diese scheiß Wúrst

Kein Bedeutungsunterschied Scheiß-/scheiß, außer wenn mit Scheiß- nicht schlecht, miserabel, sondern Kot- gemeint ist. Was gemeint ist, ergibt sich dabei in der Regel deutlich aus dem Kontext.

mit extra Käse (mit zusätzlichem Käse)
mit Extrakäse (mit Käse der besonderen Klasse o. Ä.)

Bedeutungsunterschied: Extra- = Sonder- o. zusätzlich / extra = zusätzlich

Die getrennt geschriebenen und entsprechend betonten gesprochenen Varianten gehören der Umgangssprache an. In der Standardsprache kommen die getrennt geschriebenen Varianten also nicht vor. Auch die meisten der oben zusammengeschriebenen Varianten gehören nur der Umgangssprache an. In formellen standardsprachlichen Texten stellt sich das hier behandelte Problem somit kaum – aber man sollte ja auch Umgangssprachliches aufschreiben können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Zu dieser Frage gibt es auch einen schon ziemlich alten Blogartikel.