Die Delachaux(s) trinken gerne Bordeaux – mit oder ohne Pluralendung s?

Frage

Könnten Sie mir bitte verraten, wie die korrekte Pluralform für auf -x endende französische Namen wie Delachaux heißt: „die Delachaux“ oder „die Delachauxs“?

Antwort

Guten Tag Frau F.,

die kurze Antwort lautet:

die Delachaux

Und hier ein etwas längere Erklärung: Eine Regel, die genau diesen Fall beschreibt, kenne ich nicht. Ich würde analog zu anderen Eigennamen vorgehen.

Im Genitiv Singular gilt Folgendes:

Strauß’ Walzer
Schulz’ letzter Roman
Clairvaux’ Leben
Delachaux’ Tochter

Die Regel lautet: Bei auf s, ss, ß, x, z und ce endenden Namen setzt man im Genitiv Singular ein Apostroph statt der Endung s, und zwar auch dann, wenn im Genitiv ein s gesprochen wird. Das Beispiel auch der Rechtschreibregelung § 80(1) ist Clairvaux’ Leben und Wirken.

Im Nominativ Plural geht man so vor:

die Strauß sind / die Straußens sind
die Schulz haben / die Schulzens haben
die Clairvaux haben
die Delachaux sind

Hier gibt es keine explizite Regel. Deutsche Familiennamen mit s, ss, ß, x oder z am Schluss können endungslos sein oder die Endung –ens annehmen. Weiter gilt analog zur Genitivform für fremdsprachige Namen auf s, ss, x, z oder ce, dass keine Endung geschrieben wird, auch wenn die Endung s gesprochen wird (die Endung -ens kommt hier nicht in Frage).

Diese Sichtweise wird auch von geschriebenen Pluralformen wie diesen unterstützt:

die Bordeaux (mit oder ohne Endung s gesprochen)
die Grands Prix (meist ohne Endung s gesprochen)
die Cachenez (mit oder ohne Endung s gesprochen)
die Pincenez (mit Endung s gesprochen)

Die beiden alten Delachaux konnten die Etiketten der Bordeaux nur mit Hilfe ihrer Pincenez lesen – und dies ganz ohne geschriebene Endungen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp

Der Brief von Russlands Präsident/Präsidenten Putin – mit oder ohne Endung?

Frage

Ich mir unsicher bei folgender Aussage: „der Brief von Russlands Präsident/en Wladimir Putin.“

Meinem Gefühl nach würde ich zu „Präsident“ tendieren, auf der andern Seite erfragt man: „Der Brief von wem?“, was eigentlich einen Dativ zur Folge haben müsste. […]

Antwort

Guten Tag Frau S.

hier ist sowohl die ungebeugte Form Präsident als auch die gebeugte Form Präsidenten möglich. Bei der Erklärung, warum das so ist, muss ich etwas weiter ausholen:

Titel, Berufsbezeichnungen, Verwandtschaftsbezeichnungen u. Ä. können in Verbindung mit einem Namen unveränderlich sein oder gebeugt werden. Mit welcher Konstruktion man es zu tun hat, sieht man in der Regel daran, ob ein Artikelwort verwendet wird oder nicht:

Ungebeugt ohne Artikelwort:

eine geheime Unterredung mit Fürst Metternich
ein Treffen mit US-Präsident Trump
Krimiautor Mario Puzzos berühmter Roman
Onkel Alberts Fiat und Tante Lisas BMW
Königin Margrethes Abdikation

Gebeugt mit Artikelwort:

eine geheime Unterredung mit dem Fürsten Metternich
ein Treffen mit dem US-Präsidenten Trump
der berühmter Roman des Krimiautors Mario Puzzo
der Fiat meines Onkels Anton und der BMW deiner Tante Lisa
die Abdikation der Königin Margrethe

Auch das Wort Präsident kann also ohne Artikel vor dem Namen stehen. Es bleibt dann ungebeugt (gebeugt wird ggf. der Name):

ein Treffen mit Präsident Putin
der Brief von Präsident Wladimir Putin
Präsident Wladimir Putins Brief

Präsident kann auch Kern der Wortgruppe sein und den Namen als nähere Bestimmung (Apposition) bei sich haben. Dann hat es ein Artikelwort vor sich und wird gebeugt (der Name bleibt ungebeugt):

ein Treffen mit dem Präsidenten Putin
(der Brief vom Präsidenten Wladimir Putin [nur umgangssprachlich])
der Brief des Präsidenten Wladimir Putin

Und nun kommen wir endlich zu Ihrem Beispiel. In Russlands Präsident Wladimir Putin hat Präsident ein vorangestelltes Genitivattribut. Ein solches Attribut ersetzt ggf. den Artikel:

das Auto von Frau Müller = Frau Müllers Auto
die Wälder Russlands = Russlands Wälder

Ebenso:

der Brief des Präsidenten von Russland Wladimir Putin
= der Brief von Russlands Präsidenten Wladimir Putin

Man kann aber auch ohne Artikel formulieren:

der Brief von Präsident Wladimir Putin von Russland
= der Brief von Russlands Präsident Wladimir Putin

Was Sie wählen, hängt also davon ab, ob es sich um einen Brief des Präsidenten von Russland Putin (→ von Russlands Präsidenten Putin) oder um einen Brief von Präsident Putin von Russland (→ von Russlands Präsident Putin) handelt. Da es hier m.M.n. keinen wesentlichen Bedeutungsunterschied gibt, passt, wie am Anfang gesagt, beides. Wirklich wichtig wäre ohnehin, dass in einem solchen Brief etwas gemeint Friedliches stünde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Morbus helveticus, Heimweh und Auffahrt

Frage

Wie schreibe ich folgenden Begriff korrekt: „Schweizer Krankheit“ oder „Schweizerkrankheit“? Oder sind beide Schreibweisen gleichermaßen möglich? Im WWW finden sich genauso viele Belege für „Schweizer Krankheit“ wie für „Schweizerkrankheit“ .

Antwort

Guten Tag Herr B.,

es gibt hier offenbar keine gefestigte Schreibung. Möglich und vertretbar ist beides:

Schweizer Krankheit = schweizerische Krankheit
Schweizerkrankheit = Krankheit der Schweizer
(Morbus helveticus = Heimweh)

Welches der beiden mit Morbus helveticus gemeint ist, lässt sich nicht eindeutig festlegen. Vergleiche hierzu ähnlich aufgebaute Krankheitsbegriffe und deren Schreibung in den Wörterbüchern:

französische/Französische Krankheit o. Franzosenkrankheit
(Morbus gallicus = Syphilis)
englische/Englische Krankheit
(Morbus Anglorum = Rachitis)

Sie können also Schweizer Krankheit oder Schweizerkrankheit schreiben. Es empfiehlt sich allerdings, innerhalb eines Textes oder einer Textreihe immer die gleiche Variante zu verwenden.

Der Begriff ist eine Bezeichnung für (krankhaftes) Heimweh, das Ende des 17. Jahrhunderts wahrscheinlich zum ersten Mal in der Schweiz beschrieben wurde. Dass die „Krankheit“ Schweizerkrankheit oder Schweizer Krankheit genannt wurde, soll an den vielen im Ausland engagierten Schweizer Söldnern gelegen haben, die daran litten.

Dass es gerade hier zu unterschiedlichen Schreibungen kommt, hat zwar nicht damit zu tun, es sieht aber wie ein Symptom einer anderen Schweizer „Krankheit“ aus: andere Rechtschreibgepflogenheiten als im Rest des deutschen Sprachraumes. So genießt man in der Schweiz zum Beispiel die Aussicht auf den Genfersee und wohnt man an der Baslerstrasse statt auf den Genfer See und an der Basler Straße (siehe diesen uralten Blogartikel zum Tessinerbrot).

Der morgige Tag zeigt übrigens, dass es auch bei der Wortwahl gewissen Eigenheiten gibt: Während man morgen im Allgemeinen Christi Himmelfahrt feiert und viele sich ein verlängertes Himmelfahrtswochenende gönnen, nennt man dies in der Schweiz Auffahrt und Auffahrtswochenende (mit Auffahrt ist also selbst in Schweizer Wintersportregionen nicht die Bergfahrt in einer Bergbahn vor der Skiabfahrt gemeint).

Schöne Himmelfahrt oder eben Auffahrt!

Dr. Bopp

Leipziger Allerlei im Genitiv

Frage

Heute eine Frage zur (Weglassung der) Flexionsendung: Heißt es „wie im Falle des ‚Leipziger Allerlei‘“ oder „wie im Falle des Leipziger Allerleis“? „Leipziger Allerlei“ steht in dem betreffenden Text in Anführungszeichen, deshalb bin ich mir nicht sicher. Meiner Meinung nach müsste es „Allerleis“ heißen. Stimmen Sie mir zu?

Antwort

Guten Tag Herr A.,

richtig ist hier eigentlich die Beugung des Namens des Gerichtes:

im Falle des Leipziger Allerleis
im Falle des „Leipziger Allerleis“

Immer häufiger kommt aber bei Bezeichnungen dieser Art – wie bei Eigennamen mit Artikel (siehe hier) – auch in der Standardsprache die Variante ohne Genitiv-s vor:

im Falle des Leipziger Allerlei
im Falle des „Leipziger Allerlei“

Wie die Beispiele zeigen, spielt es dabei im Prinzip keine Rolle, ob der Name in Anführungszeichen steht oder nicht.

Ich würde hier die Varianten mit der Genitivendung empfehlen, aber bei Leipziger Allerlei ist die endungslose Variante mindestens ebenso üblich. Nicht empfehlen würde das Weglassen der Endung bei Gerichten u. Ä. die noch näher an „gewöhnlichen“ Wörtern liegen. Sie sagen und schreiben also besser nicht des Schwarzwälder Schinken oder eines Wiener Schnitzel, sondern des Schwarzwälder Schinkens und eines Wiener Schnitzels.

Ob mit oder ohne Genitiv-s: Hauptsache, es schmeckt!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Wer nicht weiß, was Leipziger Allerlei ist, schaut zum Beispiel hier nach.

Titel und Eigenname im Genitiv: im Leben des Pater[s] Pio

Frage

Ich bin Korrektorin und versuche mich gerade zu rechtfertigen, warum ich den Titel „Ein Tag im Leben des Pater Bio“ (ohne Genitiv-s bei „Pater“) habe durchgehen lassen. […] Ich selbst hätte zwar das Genitiv-s gesetzt, es klang aber ohne nicht völlig falsch, und ich hatte wohl auch Hochachtung vor dem Autor, der sich im Gegensatz zu mir in Kirchenbelangen auskennt.

Antwort

Guten Tag Frau Z.,

bei erweiterten Eigennamen im Genitiv ist es gar nicht so einfach, ob und wie man beugen soll. Entscheidend ist dabei, ob ein Artikel mitspielt oder nicht.

Verwandtschaftsbezeichnungen, Berufsbezeichnungen, Anredeformen, Titel u. Ä. gehören zum Namen, wenn sie ohne Artikelwort verwendet werden. Dekliniert wird der ganze Name:

Tante Annas Cabriolet
König Arthurs Tafelrunde
die Tafelrunde König Arthurs
Pater Browns Geheimnisse
Pater Pios Leben

Wenn sie von einem Artikelwort begleitet werden, sind Verwandtschaftsbezeichnungen, Berufsbezeichnungen, Anredeformen, Titel u. Ä. in der Regel nicht Teil des Namens und werden gebeugt. Der Name ist Apposition und bleibt ungebeugt:

das Cabriolet meines Onkels Anton
die Tafelrunde des Königs Arthur
die Geheimnisse des Paters Brown
das Leben des Paters Pio

In formeller oder gehobener Sprache können solche Verbindungen aber auch mit Artikel als Ganzes als Name aufgefasst werden. Allgemein gilt, dass nachgestellte Personennamen mit Artikel im heutigen Deutschen ungebeugt bleiben:

das Spielzeugauto des kleinen Joachim
das sagenhafte Reich der Kleopatra

Entsprechend bleiben auch diese Verbindungen endungslos, wenn sie als Ganzes als Eigennamen aufgefasst werden:

das Vermögen des Onkel Dagobert
die Tafelrunde des König Arthur
die Geheimnisse des Pater Brown
das Leben des Pater Pio

Immer zum Namen gerechnet wird übrigens der Titel Doktor, auch wenn er mit einem Artikel daherkommt:

der Blog des Doktor Bopp

Sie haben also Ein Tag im Leben des Pater Pio zu Recht durchgehen lassen. Es klingt nicht falsch, weil es in eher gehobenem/formellem Sprachgebrauch möglich ist, die Verbindung ‚Titel + Name‘ auch mit Artikel als Ganzes wie einen Eigennamen zu behandeln. In „neutralerem“ Sprachgebrauch hätte auch ich Ein Tag im Leben des Paters Pio gewählt – oder ohne Artikel: Ein Tag in Pater Pios Leben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Eigenname oder nicht: der Sächsische Landtag oder der sächsische Landtag?

Frage

Derzeit „streite“ ich mich mit meiner Frau über die Frage, ob in „der sächsische Landtag“ „sächsisch“ groß- oder kleinzuschreiben ist. Es wird großgeschrieben, wenn es sich um einen Eigennamen wie in „die Sächsische Schweiz“ handelt. Nach meiner Meinung handelt es sich bei „der sächsische Landtag“ nicht um einen Eigennamen, da es in den meisten Bundesländern einen Landtag gibt, somit wäre „sächsisch“ ein ganz gewöhnliches Adjektiv. Meine Frau dagegen vertritt die Eigennamen-These. Können Sie schlichten?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

eigentlich ist die Antwort ganz einfach, aber wie  das Wort eigentlich schon ankündigt, ist die Sache doch ein bisschen schwieriger:

In den meisten Bundesländern gibt es einen Landtag und all diese Landtage haben einen Namen. Man kann entsprechend sagen und schreiben:

Der baden-württembergische Landtag heißt Landtag von Baden-Württemberg

Der brandenburgische Landtag heißt Landtag Brandenburg

Der mecklenburg-vorpommerische Landtag heißt Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Der nordrhein-westfälische Landtag heißt Landtag Nordrhein-Westfalen

Der rheinland-pfälzische Landtag heißt Landtag Rheinland-Pfalz

Der saarländische Landtag heißt Landtag des Saarlandes

Der sachsen-anhaltische Landtag heißt Landtag von Sachsen-Anhalt

Der thüringische Landtag heißt Thüringer Landtag

Soweit ist alles auch orthografisch recht einfach und übersichtlich.

Bei den folgenden Landtagen hingegen stimmen die allgemeine Bezeichnung und der Name überein. Sie unterscheiden sich nur durch die Großschreibung des Adjektivs im Namen:

Der bayerische Landtag heißt Bayerischer Landtag

Der hessische Landtag heißt Hessischer Landtag

Der niedersächsische Landtag heißt Niedersächsischer Landtag

Der schleswig-holsteinische Landtag heißt Schleswig-Holsteinischer Landtag

Das gilt auch für das Land Sachsen:

Der sächsische Landtag heißt Sächsischer Landtag
(und tagt im Sächsischen Landtag [Name des Gebäudes])

Bei den Landesparlamenten Bayerns, Hessens, Niedersachsens, Schleswig-Holsteins und Sachsens ist es also oft schwierig bis unmöglich, zu entscheiden, ob die allgemeine Bezeichnung (mit kleingeschriebenem Adjektiv) oder der Name (mit großgeschriebenem Adjektiv) gemeint ist. Während die empfehlenswerte Schreibweise hier noch einigermaßen einfach zu bestimmen ist:

die Abgeordneten des brandenburgischen und des sächsischen Landtages

die Abgeordneten des Landtages Brandenburg und des Sächsischen Landtages

… sind sonst oft beide Interpretationen und entsprechend beide Schreibweisen möglich:

die Abgeordneten des sächsischen / Sächsischen Landtages

Das mag unbefriedigend sein, wenn man eindeutige Antworten vorzieht, es hat aber diesen schönen Vorteil: Sie haben beide recht!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Der Vollständigkeit halber seien auch noch die Parlamente der Stadtstaaten erwähnt: das Abgeordnetenhaus von Berlin, die Bremische Bürgerschaft und die Hamburgische Bürgerschaft.

Schweizer, Norweger, Ägypter – Einwohnerbezeichnungen als Adjektiv

Frage

Im Zusammenhang mit Toponymen gibt es jeweils Suffixe zur Bildung der Einwohnerbezeichnung und Herkunftsbezeichnung. Für England zum Beispiel haben wir so den Engländer, die Engländerin und die englische Woche. Aber für die Schweiz unterscheide ich die schweizerischen Eisenbahnen, die Schweizerischen Bundesbahnen und den Schweizer (indeklinables Adjektiv) Käse.

Das Suffix -er gibt es anscheinend immer für Bundesländer und Städte, so wie in der Thüringer Rostbratwurst und dem Hamburger Rathaus, nicht aber für alle Länder und Staaten, denn z. B. das Adjektiv „Engländer“ kenne ich nicht. […]

Kennen Sie eine Regel, für welche Toponyme es die zugehörigen Adjektive mit der Endung -er gibt?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

viele Einwohnerbezeichnungen auf -er können tatsächlich auch als unveränderliche Adjektive verwendet werden. Bei Städten, Regionen, Bundesländern und Kantonen scheint dies fast überall der Fall zu sein. Wenn es eine Einwohnerbezeichnung auf -er gibt, kann dieselbe Form auch als ungebeugtes Adjektiv verwendet werden:

Berliner Pfannkuchen, Dresd[e]ner Tourismus, Frankfurter Banken, Grazer Bürgermeisterin, Salzburger Verkehrsbund, Thuner Altstadt, Zür[i]cher Bevölkerung; Florentiner Innenstadt, Osloer Verträge, New-Yorker Wolkenkratzer, Pariser Metro, Seouler Garten

Bayerische Weißwurst, Baden-Württemberger Wein, Thüringer Bratwurst, Mecklenburger Sauerfleisch, Tiroler Speck, Vorarlberger Bergkäse, Aargauer Karottenkuchen (Rüeblitorte), Tessiner Luganighe

Nicht alle Einwohnerbezeichnungen sind gleichermaßen auch als Adjektiv gebräuchlich und manche wie Pommer oder Sizilianer kommen nicht oder kaum adjektivisch vor. Im großen Ganzen handelt es sich aber beim oben Gesagten um eine sehr starke Tendenz.

Wie Sie richtig bemerken, sieht die Lage bei Ländern bzw. Staaten anders aus. Während

Schweizer, Liechtensteiner, Luxemburger, Moldauer, Hongkonger, Kameruner, Singapurer

als Adjektive sehr oder relativ gebräuchlich sind, kommen die folgenden Adjektive mehr oder weniger selten vor:

Litauer, Malteser, Norweger, Ukrainer

Nicht als Adjektiv verwendet werden üblicherweise:

Albaner, Andorraner, Belgier, Bosnier (aber: Herzegowiner Bevölkerung), Engländer, Isländer, Italiener, Montenegriner, Niederländer, Österreicher, Spanier;
Ägypter, Amerikaner, Argentinier, Äthiopier, Australier, Brasilianer, Equadorianer, Georgier, Indier, Iraker, Kanadier, Koreaner, Indonesier, Japaner, Mexikaner, Sudaner, Surinamer …

Die Einteilung in drei Gruppen ist mehr oder weniger willkürlich und die Grenzen dazwischen sind fließend.

Der langen Rede kurzer Sinn: Ich kann keine festen Regeln finden oder herleiten, die beschreiben, bei welchen Ländern die Einwohnerbezeichnung auf -er auch als nicht beugbares Adjektiv verwendet wird. Warum Formulierungen wie die Schweizer Berge üblich, die Norweger Fjorde selten und die Ägypter Pyramiden unüblich sind, vermag ich also leider nicht zu erklären.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das Café Huber im Genitiv und im Plural

Frage

Ich möchte „Café Huber“ deklinieren, und zwar Genitiv und Plural. Kann man beim Gesamtbegriff das -s weglassen?

Antwort

Guten Tag Frau W.,

der Genitiv des Namens Café Huber kann mit und ohne Genitiv-s gebildet werden (vgl. hier und hier):

des Cafés Huber
des Café Huber

Ebenso zum Beispiel:

des Hotels Central
des Hotel Central

des Bahnhofs Altona
des Bahnhof Altona

des Theaters an der Wien
des Theater an der Wien

Ich halte allgemein die Varianten mit Genitiv-s für besser und entsprechend für empfehlenswert. Da aber die Tendenz, bei Eigennamen mit Artikel die Genitivendung wegzulassen, sehr stark ist, kann man die endungslose Variante nicht mehr als falsch bezeichnen.

Nicht richtig ist es, bei Namen dieser Art das Genitiv-s ganz am Ende anzuhängen:

nicht: *des Café Hubers
nicht: *des Hotel Centrals
nicht: *des Bahnhof Altonas

So viel zum Genitiv. Bei der Pluralbildung bin ich eigentlich überfragt, denn ohne Kontext ist es nur schwer vorstellbar, was gemeint ist. Ein Beispiel könnte sein, dass es irgendwo zwei Cafés mit demselben Namen gibt. Dann könnte man wie folgt formulieren (auch hier mit und ohne Endung, aber der Fall ist so selten, dass es weder Regeln noch allgemeine Tendenzen gibt):

die beiden Cafés Huber
die beiden Café Huber

Meist ist es wahrscheinlich besser, je nach Kontext anders zu formulieren. Zum Beispiel:

die Lokale/Cafés mit dem Namen »Café Huber«
die Cafés der Huber-Kette

Man kann also jemanden zu einem Besuch des Cafés Huber oder des Café Huber einladen. Und wenn es deren zwei gibt, sollte man angeben, in welches der beiden Cafés Huber, der beiden Café Huber oder der beiden Cafés mit dem Namen Huber man einlädt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Das Adektiv zum Familiennamen: -isch, -sch oder -er?

Frage

Ich habe hier einen alten Roman, der vor Urzeiten verlegt wurde. Er wurde verändert, und ich lese ihn jetzt Korrektur. Die Familie in dem Roman heißt Steinbach. Es kommen dann immer wieder Wendungen vor wie „Steinbachische Erbschaft“, „Steinbachisches Vermögen“, „Steinbachischer Besitz“. Mir kommt das ein bisschen fremd vor. […]

Was meinen Sie? Wenn ich es so lasse, müsste „Steinbachische“ heute kleingeschrieben werden, nicht wahr? Oder ich schreibe „Steinbacher Erbschaft“ usw. und dann groß? Was finden Sie besser und richtiger?

Im Grunde habe ich noch eine Frage. Wann das Adjektiv mit „isch“ und wann mit „sch“ gebildet wird, ist mir auch nicht klar.

Antwort

Guten Tag Frau M.,

von Familiennamen abgeleitete  Adjektive werden – wenn überhaupt – mit den Endungen isch oder sch gebildet. Nach der geltenden Rechtschreibregelung werden solche Adjektive im Prinzip kleingeschrieben (außer mit Apostroph vor sch)1:

Müller → müllerisch o.  müllersch/Müller’sch
Schmidt → schmidtisch o. schmidtsch/Schmidt’sch
Frankenstein → frankensteinisch o. frankensteinsch/Frankenstein’sch
Dante → dantisch o. dantesch/Dante’sch

Ableitungen mit er kommen bei Ortsnamen häufig vor:

Hamburg → Hamburger
Bern → Berner
Salzburg → Salzburger
Mailand → Mailänder

Sie sind aber bei Familiennamen nicht üblich. Das Adjektiv Steinbacher würde also zu einer Ortschaft Steinbach, aber nicht zur Familie Steinbach passen.

Bei Familiennamen sind, wie gesagt, isch und sch gebräuchlich. Es gibt keine allgemein gültige Regel, wann man welche der beiden Endung verwendet. Beides ist im Prinzip möglich; so auch bei Ihren Beispielen:

die steinbachische Erbschaft
steinbachisches Vermögen
steinbachischer Besitz

die steinbachsche Erbschaft
steinbachsches Vermögen
steinbachscher Besitz

Da im Originaltext die Form steinbachisch vorkommt, würde ich sie so beibehalten. Nur bei der Groß- und Kleinschreibung sollten Sie eingreifen, falls die aktuell geltende Rechtschreibregelung als Richtschnur gilt.

Wenn Sie sich gar nicht mit dem Adjektiv steinbachisch anfreunden können, könnten Sie auch auf Umformulierungen der folgenden Art ausweichen:

die Erbschaft der Familie Steinbach / der Steinbachs
Vermögen der Familie Steinbach / der Steinbachs
Besitz der Familie Steinbach / der Steinbachs

So weit die boppsche Meinung, die  boppische Meinung oder Bopps Meinung zu dieser Frage.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

1 Großgeschrieben wird dann, wenn man vor der Endung sch einen Apostroph verwendet, um den Eigennamen zu verdeutlichen:

des steinbachschen Besitzes o. des Steinbach’schen Besitzes
die müllersche Bäckerei o. Müller’sche Bäckerei (= Bäckerei der Familie Müller)

Vgl. hier

Ebenfalls großeschrieben wird dann, wenn das Adjektiv Teil eines Namens ist:

die Müllersche Bäckerei o. Müller’sche Bäckerei (= Bäckerei mit diesem Namens)

Direktor des Amsterdamer Rijksmuseum(s): (fremdsprachige) Eigennamen mit Artikel im Genitiv

Frage

Es geht um die Beugung von Eigennamen, und zwar im Speziellen solchen, die aus anderen Sprachen stammen wie dem Englischen etwa oder dem Niederländischen. Würden Sie bei „Direktor des Amsterdamer Rijksmuseum(s)“ ein Genitiv-s verwenden oder nicht? Oder bei „Musik des (fiktiven) Westminster Trio(s)“? […] „Museum“ und „Trio“ sind auch deutsche Wörter, weswegen es mir wehtut, diese nicht zu beugen, nur weil sie zu einem nichtdeutschen Eigennamen gehören. Wie sehen Sie das? Oder gibt es gar eine Duden-Regel, die mir entgangen ist?

Antwort

Guten Tag Herr H.,

es gibt im Deutschen eine Tendenz, Eigennamen im Genitiv ungebeugt zu lassen, wenn sie mit einem Artikel o. Ä. stehen. Das gilt für alle Namen, nicht nur für solche, die aus einer anderen Sprache kommen.

Im heutigen Deutschen gilt dies praktisch immer für Personennamen:

die Werke des jungen Goethe
das Spielzeug des kleinen Mark
die Liebe des Otto Weidt

Bei geografischen Namen kommen häufig sowohl die gebeugte als auch die ungebeugte Form vor:

die Hauptstadt des Irans / des Iran
die Berge des Engadins / des Engadin
die Geschichte des modernen Europas / des modernen Europa
die Sehenswürdigkeiten des kaiserlichen Wiens / des kaiserlichen Wien

Dies gilt allerdings nicht für alle geografischen Namen. Nach der Art eines kleinen gallischen Dorfes widerstehen einige männliche und sächliche Namen noch tapfer der Endungslosigkeit. Praktisch immer mit einer Genitivendung stehen zum Beispiel:

die Mündung des Rheins
die Hauptstadt des Baskenlandes
die größte Insel des Mittelmeers

Auch für viele Namen anderer Art gilt, dass sie im Genitiv mit oder ohne Endung verwendet werden:

Besuch des Praters / des Prater in Wien
der Eingang des Kopenhagener Tivolis / des Kopenhagener Tivoli
die Gäste des Hiltons / des Hilton in Malta
die Filialleiterein des Aldis / des Aldi in unserer Stadt

Das erstreckt sich auch auf Namen mit „gewöhnlichen“ Wörtern:

die Direktorin des Frankfurter Zoos / des Frankfurter Zoo
die Besucher des Nationalparks Hohe Tauern / des Nationalpark Hohe Tauern
der Neubau des Kunsthauses Zürich / des Kunsthaus Zürich

Bei der letzten Gruppe halte ich die gebeugte Version für besser. Ich kann aber die ungebeugte Version nicht (mehr) als grundsätzlich falsch bezeichnen (siehe auch hier).

Das gilt ähnlich auch für anderssprachige Namen, die deutschen Namen gleichen und (fast) wie deutsche Namen ausgesprochen werden:

der Direktor des Amsterdamer Rijksmuseums / des Amsterdamer Rijksmuseum
die Musik des Westminster Trios / des Westminster Trio

Namen, die eindeutig nur fremdsprachig sind, werden häufig nicht gebeugt, sie können aber auch mit Genitiv-s stehen:

die Direktion des Louvre / des Louvres
die Gemäldesammlung des Prado / des Prados
das Atrium des New Yorker MoMA / des New Yorker MoMAs

Wie Sie sehen, geht es hier mehr um Tendenzen als um Regeln. Daran kann oder könnte auch der Duden nichts ändern.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp